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Al Capone – Band 9

Al Capone
Band 9
Al Capone ist tot! Es lebe Al Capone!

1. Kapitel
Im Totenhaus

»Al Capone ist ermordet worden!«

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Nachricht in ganz Chicago.

Alle diejenigen, die wussten oder ahnten, von welchen Gefahren Al Capone täglich umgeben war, waren überzeugt, dass er früher oder später auf eine solche Weise enden würde.

Endlich war auch seine Stunde gekommen!

Einige Zeitungen schrieben einen Nekrolog und lobten den Toten über alle Maßen, während andere aufatmeten, von diesem gefährlichen Menschen befreit zu sein. Sie lästerten und spotteten über ihn, weil sie sich sicher fühlten, weil sie der Überzeugung waren, er könnte nicht mehr aus dem Sarg heraussteigen, um sie für ihre Lästerzungen zu bestrafen.

Selbst vor dem Tod hatten gewisse Kreise keinen Respekt, für sie war der Tod von Al Capone in der der Tat ein Fest.

Die Menschen strömten in das Lexington-Hotel, in dem Capone vor längerer Zeit zwei Stockwerke gemietet hatte. Man nannte dieses Haus, das in der Stadt als Gesellschaftshaus für Capone galt, Die vier Zweier.

Dort hatte er sich als Antiquitäten- und Möbelhändler installiert. Noch immer standen verstaubte Vitrinen herum, obwohl Al nur noch selten dieses Haus aufgesucht hatte.

In diesem Hotel Die vier Zweier befand sich eine versteckte, aber sehr berühmte Bar desselben Namens.

Im gleichen Stockwerk, das Capone früher bewohnt hatte, wurde sein vermeintlicher Leichnam ausgestellt.

Frank Rio hatte das Testament des Schmugglerkönigs geöffnet.

Sehr lebhaft wurde die Verfügung Capones vonseiten seiner Getreuen debattiert, wonach der Eintritt in das Zimmer, in dem der Leichnam ausgestellt war, selbst seinen ärgsten Feinden gestattet sein sollte. Sie unterhielten sich aufgeregt darüber, was nach der neuntägigen Andacht unternommen werden sollte, um den Tod ihres Chefs zu rächen. Keiner wagte es, die letzten Verfügungen Capones zu verschweigen, denn es war der Wille des Verblichenen, dass der Inhalt des Testamentes veröffentlicht werde. Aber sie alle schworen dem Anstifter dieses Mordes blutige Rache.

Den Totenschein hatte der bekannte Doktor Death ausgestellt. Durch besondere Verbindungen hatte es dieser Freund Capones erreicht, dass die Leiche dem amtlichen Schauhaus für die Autopsie nicht sofort, sondern erst 24 Stunden nach dem erfolgten Ableben übergeben werden sollte.

Bis dahin konnte der Tote im Haus bleiben und in der üblichen Weise ausgestellt werden, damit alle, die den toten Bandenführer sehen wollten, ihre Neugierde befriedigen konnten.

Es ist absolut nicht gebräuchlich, dass von den Behörden eine derartige Autorisation genehmigt wird. Man sah in dieser Tatsache den mächtigen Einfluss, den Al Capone ausgeübt hatte, denn bis zum letzten Tag seines Lebens war er der wirkliche Herr von Chicago gewesen.

Für die Ausstellung der Leiche hatte man einen großen, breiten Salon gewählt, dessen Wände mit schwarzem, von gelben Borten eingefassten Krepp ausgeschlagen waren.

Inmitten des Salons stand auf einem weißen Katafalk ein Sarg aus Mahagoniholz, durch dessen Glasscheibe man den Toten betrachten konnte.

Dessen Kopf ruhte auf einem seidenen Kissen, eine breite Binde war um die Stirn gebunden und zeigte einige Blutflecken, die aus der tödlichen Wunde in das weiße Tuch gesickert waren. Vier große Armleuchter trugen dicke Wachskerzen, deren Flammen leise knisternd brannten und das Wachs da und dort herabtropfen ließen.

Im Zimmer war nur ein einziges Möbelstück stehen geblieben, ein ungeheurer Bücherschrank, der halb in die Wand eingelassen war. In diesem Bücherschrank hielt sich ein Mann versteckt, der durch das Schlüsselloch mit blitzenden Augen alles verfolgte, was im Totenzimmer vor sich ging.

Es war nicht zu verwundern, dass selbst bärenstarke Männer mit harten Gesichtern und noch härteren Herzen in ihrer Trauer wie die Kinder weinen konnten, weil sie ihren Chef für immer verloren glaubten, ihren Chef – ihren unersetzlichen Al!

Der Mann, der im Schrank verborgen war und der kein anderer war als Capone in höchsteigener Person, musste sich alle Mühe geben und sich scharf zusammennehmen, um nicht aus seinem Versteck herauszuspringen, die Arme zu öffnen und seinen getreuen Kameraden zuzurufen: »Lasst euer Wehklagen! Ich bin so lebendig und gesund wie ihr! Alles, was hier vorgeht, ist nichts anderes als eine groteske Komödie!«

Mit diesen Worten hätte er aber die ganze Posse zerrissen, die sich ohne jedes Hindernis glatt und programmgemäß abspielte. Hinter den Anhängern Capones warteten die Gangster der ihm feindlichen Banden auf den Einlass in das Totenzimmer. Die Neugierde zog sie wie ein starker Magnet in das Haus Die vier Zweier. Diejenigen, die Capone gehasst hatten, wollten sich von seinem erfolgten Tod überzeugen, indem sie den Leichnam betrachteten.

Ja – es war kein Zweifel mehr: Der Tote war Scarface, der Mann, der es bisher immer verstanden hatte, sich auf wunderbare Weise heil durch alle Attentate und Finten der Revolverhelden hindurchzuwinden.

Nun hatte ihn sein Schicksal erreicht.

Al Capone war tot, seine Herrschaft in Chicago war gebrochen. Nun war der Weg frei für Dion O’Banion, der sich nunmehr zum unumschränkten König aller Gangster aufschwingen würde, und wenn es sein musste – mit Gewalt.

Ein Mann stand grimmig in der Ecke, seinen Lippen entrang sich ein leiser Fluch.

Es war Frank Rio, Capones Getreuester und außer Sarah Lawlor der einzige Mitwisser der Komödie. Er murmelte: »Lache nur nicht zu früh, Dion O’Banion! Capone ist tot! Aber … er wird wieder leben!« Dann gab er sich einen Ruck und befahl, die draußen wartenden Mitglieder der feindlichen Bande hereinzulassen.

Ein Lächeln der Befriedigung huschte über die Gesichter der O’Banion-Leute, als sie nun das angebliche Sterbezimmer Capones betraten und den gefürchteten Scarface, das Narbengesicht, tatsächlich tot in einem prächtigen Mahagonisarg liegen sahen. Sie mussten sich zusammennehmen, um ihrer Freude nicht allzu sichtbaren Ausdruck zu verleihen.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.

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