Der Märkische Eulenspiegel 22
Der Märkische Eulenspiegel
Seltsame und kurzweilige Geschichten von Hans Clauert in Trebbin
Niedergeschrieben von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Leipzig, 1847
Überarbeitete Ausgabe
Hans Clauert, Schlosser aus Trebbin
Wie Clauert Herr und Narr im Haus wurde
Wenn Hans Clauert gefragt wurde, wer zu Trebbin ein böses Weib hätte, so pflegte er zu sagen, er wisse sonst keinen, als nur einen Einzigen, der dort Bürger geworden wäre, und der ein sehr böses Weib hätte; derselbe hieße Jedermann und unter diesen Orden rechne er auch sich selbst mit, da er ein sehr herbes Kraut im Haus hätte. Weil aber Clauert sehr kurzweilig und scherzhaft war, wie auch aus seinen Geschichten wohl zu sehen ist, so hatte ihn ein jeder gern bei sich, ungeachtet sie für ihn stets bezahlen mussten.
Einstmals nun waren die Ratsherren versammelt und hatten Clauert auch bei sich. Dieser war seit einigen Tagen nicht viel in seinem Haus gewesen, weshalb seine Frau sich bewogen fühlte, ihn zu suchen. Sie fand ihn endlich und deckte ihn mit hässlichen Schimpfreden zu. Clauert aber saß vor dem Tisch und tat, als hätte er es nicht gehört. Er trank herum und machte sich lustig. Die Ratsherren riefen die Frau herbei und boten ihr zu trinken an. Darüber wurde sie noch grimmiger, schalt noch viel heftiger als zuvor und ging mit vielem Brummen davon.
Als sie nun hinweggegangen war, sprach einer nach dem anderen zu Clauert: »Hans, Ihr mögt nun wohl nach Hause gehen und Euch baden lassen, denn die Lauge ist gut gewärmt.«
Clauert erwiderte: »Wieso? Warum sollte ich denn nicht nach Hause gehen?«
Die Herren sagten zu ihm: »Habt Ihr nicht gehört, wie Euer Weib Euch die Lektion gelesen hat? Geht nur nach Hause, sie wird Euch willkommen heißen.«
Clauert antwortete: »Meine Frau sollte mir ein böses Wort geben? Das kann ich nicht glauben. Meine Frau soll heute noch mit mir tanzen!«
Darüber musste ein jeder lachen und sie wetteten mit ihm um eine Tonne Bier, wofern sie ungebeten und ohne Nachricht, dass er gewettet hätte, mit ihm tanzen würde.
Clauert sagte: »Das sollt Ihr bald erfahren, und damit Ihr ganz sicher wisst, dass es wahr sei, so sendet aus Eurer Mitte zwei Männer mit mir, die es mit ansehen und mit anhören können, ob sie nicht ungebeten mit mir tanzen wird.«
Die Ratsherren schickten zwei Männer mit ihm. Diesen befahl Clauert in seinem Haus vor der Stubentür zu warten und durch ein kleines Fensterchen, welches aus dem Haus in die Stube ging, hineinzuschauen, wo sie alles genau sehen und hören konnten, was sie in der Stube begannen.
Als nun Clauert in die Stube kam, saß seine Frau am Kachelofen und spann. Clauert sagte zu ihr kein Wort, sondern stützte beide Hände in die Seiten, tanzte in der Stube auf und nieder, hin und her, und sang sich selbst ein Tanzliedchen dazu mit folgenden Worten: »Und bin ich denn nicht Herr im Haus? Und bin ich denn nicht Herr im Haus?« Diese Worte wiederholte er in einem fort.
Darüber wurde das Weib so grimmig, dass sie vor Zorn hätte zerbersten mögen. Endlich konnte sie es nicht länger mehr aushalten. Da nahm sie im Zorn ihren Rocken und warf ihn hinter den Ofen; dann setzte sie auch beide Hände in die Seiten, tanzte hinter ihrem Mann her, und wenn Clauert seinen Tanz sang Und bin ich denn nicht Herr im Haus rc., so sang sie jedes Mal dagegen: »Und bist du denn nicht Narr im Haus? rc.« Diesen Tanz trieben sie so lange, bis die zwei Ratsherren im Haus mit heller Stimme zu lachen anfingen.
Als Clauert dies hörte, ging er stillschweigend wieder aus der Stube hinaus, mit den zwei Abgesandten zu der Versammlung der Ratsherren zurück und ließ seine Frau zu Hause singen und tanzen, so viel sie wollte. Jene zwei Männer aber, die mit dort gewesen waren, erzählten den Ratsherren, wie Clauert es gemacht hatte, damit seine Frau ungebeten getanzt und auch dazu gesungen hätte. Da wurden sie vor Lachen alle erschüttert und gaben Clauert die Tonne Bier gern gewonnen, welche sie auch am folgenden Tag in aller Fröhlichkeit miteinander austranken.
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