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Die wunderbare und merkwürdige Geschichte vom Zauberer Virgilius … Teil 13

Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Die wunderbare und merkwürdige Geschichte vom Zauberer Virgilius,
seinem Leben, seinen Taten und seinem Ende
Volksbücher Nr.46, Verlag Otto Wigand, Leipzig

Wie der Kaiser die Stadt Neapel belagerte und dieselbe von Virgilius befestigt wurde

Der Kaiser sandte heimlich Briefe zu allen seinen Vasallen und befahl ihnen, so bald wie möglich ein Heer aufzubringen und nach Rom zu kommen, um von dort auszuziehen und die Stadt Neapel zu belagern. Dieses taten sie, brachten ein großes Heer zusammen, zerstörten Alles auf dem Wege und belagerten Neapel. Der spanische Ritter aber, der sich mit der Tochter des Sultans vermählt hatte, verteidigte die Stadt sehr tapfer gegen den Kaiser und dessen Heer und sandte mittlerweile einen Boten zu Virgilius, um ihn von allem, was sich zugetragen hatte, Kennt­nis zu geben. Darüber ergrimmte Virgilius sehr und ließ ihm wieder sagen, er solle sich nur tapfer behaupten, denn er würde ihm mit seiner ganzen Kunst und Zauberkraft Bei­stand leisten. Als der ausgesendete Bote dem Spanier diese Antwort zurückbrachte, war derselbe sehr beruhigt. Virgilius aber trocknete alle Quellen im kaiserlichen Lager aus, sodass es dem Kaiser und seinem Heer gänzlich an Trinkwasser fehlte, während die zu Neapel dessen im Überfluss hatten. Mittler­weile brachte aber auch Virgilius ein Heer auf und zog dem Kaiser entgegen; der Kaiser aber hatte durch den Wasser­mangel schon großen Verlust an Menschen und Pferden er­litten und war in großer Scham und Schmach wieder aufgebrochen und auf dem Rückweg nach Rom begriffen. Unterwegs stieß er auf Virgilius, der mit großer Heeres­macht nach Neapel zog. Als nun Virgilius des Kaisers gewahr wurde, begrüßte er denselben mit folgenden Worten: »O edler Kaiser, wie glücklich ist das für Euch, der Ihr ein so edler Fürst seid, dass Ihr die Belagerung von Neapel aufgebt und so gut wie geschlagen heimkehrt, ohne doch den geringsten Schaden angerichtet zu haben.

Über diesen Spott des Virgilius ergrimmte der Kaiser sehr. Vir­gilius zog dagegen nach Neapel und ließ die Herren und Bürger dort einen Eid schwören, dass sie keinen Römer fortan in ihrer Stadt dulden wollten. Darauf begab er sich nach Rom zurück, holte seine Bücher und andere bewegliche Güter und brachte sie nach Neapel. Seinen Palast zu Rom räumte er seinen Freunden ein und die Schätze, die er in dem Gewölbe aufbewahrte, ließ er auch dort. In Neapel angekommen, gründete er eine Schule, der er reiche Ländereien schenkte, sodass jeder Schüler, welcher dieselbe besuchte, von dem Ertrag dieser Ländereien in der Stadt leben konnte. Wer aber die Schule aufgab, verlor sein Ein­kommen. Es zogen viele aus Toledo zu dieser Schule.

Nachdem er nun die Stadt auf diese Weise mit Schülern wohl versehen hatte, machte er ein warmes Bad, sodass, wer wollte, sich baden konnte. Dieses Bad, das beste von allen Bädern, ist noch da. Dann machte er eine Brücke, die schönste, die man je gesehen hatte. Es kamen Schiffe und Leute aus allen Landen mit den reichsten und seltensten Waren dahin. Und zu jenen Zeiten war die Stadt Ne­apel die herrlichste und edelste von der Welt. Auf der oben erwähnten Schule hielt Virgilius Vorlesungen über die große Kunst und Wissenschaft der Zauberei; von allen, die vor oder nach ihm lebten, war er der Gelehrteste und Ge­schickteste in dieser Kunst.

Bald danach starb sein ehe­licher Gemahl, das ihm nie Kinder geboren hatte. Vor allen Menschen liebte Virgilius die Studenten und schenkte ihnen viel Geld, sich Bücher zu kaufen und leitete sie auf die edelste Weise, was er auch am besten konnte, denn er war einer der größten Menschen auf Erden und war der vor­nehmste Mann gewesen in ganz Rom.

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