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Al Capone – Band 7

Al Capone
Band 7
Die Flucht einer Unschuldigen

1. Kapitel
Der Scharfsinn des Banditenkönigs

Die schöne Kunstreiterin Sarah Lawlor wartete auf schreckliche Dinge, als sie schuldbewusst Capone gegenüberstand, der ihr soeben in edelmütiger Weise das Leben geschenkt hatte. (Siehe Heft 6.)

»Vor allen Dingen sage mir eins, Sarah … bist du es wirklich nicht gewesen, die Thom Serolo getötet hat? Du musst mir die reine Wahrheit bekennen.«

»Nein«, murmelte sie schwach. »Ich habe Thom Serolo nicht getötet.«

Capone sah sie scharf an. »Lass mich in deine Augen schauen, Sarah. Hast du mit Serolo nicht eine ähnliche Liebeskomödie gespielt wie mit mir? Bin ich nicht auf den richtigen Weg? Willst du es trotz allem bestreiten, dass du Serolo getötet hast? Du kannst es nicht leugnen. Deine Augen verraten dich.«

Die schöne Gräfin hob abwehrend die Arme hoch. »Oh, wie entsetzlich ist das alles, Capone! Warum siehst du mich so an? Es scheint wirklich, als ob deine Augen in das Innerste meiner Seele drängen und dort alles sähen, alles bloßlegten.«

Capone nickte befriedigt. »Diese Antwort ist ebenso viel wert wie ein Geständnis. Du hast diesen Menschen getötet. Ich verlange also von dir, dass du die Beichte deines Verbrechens hier schriftlich niederlegst.«

»Wie – ich soll das schreiben?«, entgegnete sie schaudernd und fühlte, wie sich ihr Haar sträubte.

»Du wirst wohl wissen, dass ich kein gemeiner Angeber und Denunziant bin. Denke nicht daran, dass ich etwa dieses Papier der Polizei übergebe. Aber vergiss auch nicht, dass Regina Baglietto, wenn sie erfährt, dass diese ganze Schießerei nur eine Posse gewesen ist und dass du nicht tot bist, für dich eine strengere Richterin sein wird als die Geschworenen im Justizpalast. Ein liebendes Weib verzeiht niemals. Dein Leben hängt also davon ab, ob du diese Erklärung niederschreibst oder nicht, Sarah. Denke gut darüber nach!«

Die Irländerin sah Scarface lange an. In seinen Augen las sie klar und deutlich, dass ihr kein anderer Weg übrigblieb.

Bittend hob sie die Hände.

»Versprich mir, Al, dass du mich nicht der Polizei übergeben wirst, wenn ich das Geständnis des Verbrechens aufschreibe und unterzeichne! Ich habe die Tat nur begangen, weil ich Geld nötig hatte. Ich habe eine ausgeprägte Leidenschaft für den Luxus. Ich schwärme für schöne Kleiner, für Schmucksachen, die sich sonst nur Prinzessinnen leisten können … Aber mit dem Geld, das ich im Zirkus verdiene, kann ich nicht daran denken, mir derartige Kostbarkeiten zu kaufen. Wenn diese unglückselige Leidenschaft nicht wäre, würde es meinem Landsmann Dion O’Banion niemals gelungen sein, aus Sarah Lawlor, einer geborenen Gräfin, eine gemeine Verbrecherin zu machen. Ich erlag der Verlockung durch das Geld. Für den Tod Serolos hat mir Dion fünftausend Dollar bezahlt. Wenn ich dich tötete, sollte ich fünfzigtausend bekommen.«

Die Irländerin schluchzte laut. War es Reue? Oder war es nur das Bedauern über den Verlust der fünfzigtausend Dollar, die O’Banion ihr für Capones Kopf geboten hatte?

»Beruhige dich und schreibe, was ich von dir verlangt habe!«, befahl Capone, den Kopf schüttelnd über die Verwerflichkeit dieser Frau.

Die schöne und hinterlistige Amazone setzte sich an Al Capones Schreibtisch. Mit bebender Hand ergriff sie Papier und Feder; nervös und unruhig schrieb sie die geforderte Erklärung. Als sie das Schreiben beendet hatte, übergab sie es dem Banditenkönig von Chicago mit scheuem Blick.

»Was muss ich noch tun?«, fragte sie voller Angst und Schrecken, denn sie las in dem Gesicht Capones eine neue Forderung.

»Das ist sehr einfach«, entgegnete dieser kühl. »Hast du nicht zugegeben, dass der einzige Grund für dich, mein Leben auszulöschen, der war, die fünfzigtausend Dollar zu verdienen, die O’Banion dir für diese Tat versprochen hat?«

»Ja, ich habe nicht gelogen, Al. Ich habe dir die strikte Wahrheit gesagt. Nur wegen der fünfzigtausend Dollar wollte ich es tun.«

»Dann musst du jetzt gehen, sie zu holen.«

Sarah sah ihn ganz entsetzt an. »Glaubst du, Alfonso, dass O’Banion, der gar nichts Großzügiges an sich hat und sehr geizig ist, mir das Geld so ohne Weiteres geben wird?«

»Du kennst Dion schlecht, wenn du das glaubst. Er wird natürlich rasend sein, wenn er hört, dass der Streich nicht geglückt ist. Aber es ist ja gar nicht nötig, dass er es erfährt.«

»Wie … was … nicht nötig?«, fragte die Irländerin, die Augen groß aufreißend.

Capone hatte sein berühmtes ironisches Lächeln aufgesetzt. »Höre mich an, Sarah – du gehst zu Dion O’Banion und sagst ihm: ›Deinen Wünschen und Befehlen entsprechend habe ich Capone getötet.‹ Und der Irländer, der nichts Sehnlicheres zu hören wünscht, wird seine helle Freude daran haben.«

»Aber – er wird Beweise verlangen«, wagte die schöne Gräfin schüchtern einzuwenden.

»Gut – du wirst es ihm beweisen, meine schöne Freundin. Das wäre ja noch schöner, wenn du das nicht könntest.« Und Capone lachte hell auf.

»Ich kann das alles nicht begreifen«, stammelte Sarah.

»Pass auf! Du kannst dich darauf verlassen, dass es sich um keine komplizierte Intrige handelt. Du wirst sehen, wie die Wachsfigur die Rolle meiner Leiche spielen wird. Hinter den Kulissen werde ich die ganze Komödie leiten, die einer der drolligsten werden soll, die ich jemals erlebt habe. Meine eigenen Leute werden an meinen Tod glauben. Die ganze Wahrheit weiß nur Frank Rio, und der plaudert ebenso wenig wie ich selbst.«

Capone rieb sich die Hände vor Freude über das groteske Spiel, das er inszenieren wollte.

»Wenn Dion O’Banion Lust dazu verspürt, kann er mich auf meinem Sterbebett sehen. In meinem Testament werde ich hinterlassen, dass selbst meine ärgsten Feinde Zutritt zu dem Raum haben sollen, in dem ich aufgebahrt werde. Meine Leute werden den Ort respektieren, ebenso wie meine letzten Wünsche. Erst nach der neuntägigen Andacht werden sie daran denken, mich zu rächen.«

»Und Regina Baglietto?«, fragte Sarah mit ängstlicher Stimme. »Sie weiß alles und könnte dir sehr leicht die ganze Komödie verderben.«

»Regina wird eingeschlossen bleiben, bis diese interessante Posse vorbei ist. Regina ist nicht fähig, mich zu verraten«, betonte Capone, der den Charakter der Kunstschützin gut studiert hatte.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.

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