Secret Service Band 3 – Kapitel 5
Francis Worcester Doughty
Secret Service No. 3
Old and Young King Brady Detectives
The Bradys after a million
Oder: Ihre Verfolgungsjagd zur Rettung einer Erbin
Eine interessante Detektivgeschichte aus dem Jahr 1899, niedergeschrieben von einem New Yorker Detective
Wer kennt ihn nicht, den berühmten Detektiv Old King Brady, der mehr Rätsel gelöst hat als jeder andere Detektiv, von dem man je gehört hat.
In der Reihe der Geschichten, die in SECRET SERVICE veröffentlicht werden, wird ihm ein junger Mann zur Seite stehen, der als Young King Brady bekannt ist und dessen einziges Lebensziel darin besteht, Old King Brady darin zu übertreffen, gefährliche Fälle aufzuklären und die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Wie gut ihm dies gelingt, wird in den folgenden, im SECRET SERVICE veröffentlichten Geschichten ausführlich geschildert.
Kapitel 5
Die große Belohnung
Die beiden King Bradys waren hereingelegt worden.
Auf mysteriöse Weise waren Gladys Baron und ihr Begleiter aus dem Haus von Meg Pierce verschwunden.
Aber wohin waren sie gegangen?
Die Frau protestierte heftig, dass keiner von beiden an diesem Abend in ihrem Haus gewesen sei. Von Gladys Baron habe sie noch nie etwas gehört.
Natürlich waren die Detektive nicht so leichtgläubig, ihr zu glauben.
Aber sie mussten sie freilassen.
Es gab nicht genug Beweise, um sie festzuhalten. Es gab auch nichts zu gewinnen.
Tatsächlich entschieden sich die Bradys, ihr die Freiheit zu schenken.
Das würde ihnen die Chance geben, sie im Auge zu behalten und vielleicht einen wichtigen Hinweis zu bekommen.
Die Suche ging die ganze Nacht weiter. Der Baron war wie von Sinnen.
Doch trotz aller Bemühungen konnte keine Spur von Gladys Baron gefunden werden.
Sie war spurlos verschwunden, als wäre sie von den Wellen des großen Atlantiks verschluckt worden.
Aber Old King Brady hatte eine neue Spur entdeckt. Er erzählte Young King Brady die Geschichte von Liscomb und seinen Drohungen, so wie der Baron sie ihm geschildert hatte.
»Das ist der Bursche, den wir suchen«, erklärte der junge Detektiv sofort.
»Das glaube ich auch«, stimmte Old King Brady zu.
»Aber ich glaube, er ist ein schlauer Bursche.«
»Genau!«
»Wir müssen verdeckt gegen ihn ermitteln.«
»Gute Verkleidungen werden es tun.«
»Ja.«
Am nächsten Tag beschatteten die beiden Detektive Liscomb. Er verbrachte den ganzen Tag im Grand Hotel.
Er versteckte sich im Büro, rauchte feine Zigarren und unterhielt sich mit den Stammgästen.
Es war schwierig, ihn mit der Entführung von Gladys Baron in Verbindung zu bringen, aber die Detektive erinnerten sich an die Geschichte, die Loyd Baron erzählt hatte.
Doch an jenem Abend betrat ein Mann die Lobby und unterhielt sich einige Sekunden mit Liscomb. Er war den Detektiven unbekannt, oder zumindest war seine Verkleidung perfekt.
Sie hielten ihn sofort für einen Gauner.
Old King Brady sagte: »Liscomb geht hier nicht weg. Lasst uns den Kerl beschatten.«
»Gut«, stimmte der jüngere Detektiv zu.
Und so folgten sie dem Unbekannten in eine enge Straße auf der East Side. Dort verloren sie ihn aus den Augen.
Die ganze Nacht suchten sie vergeblich, keine Spur war zu finden.
Am Morgen richtete sich Old King Brady auf und sagte überzeugt: »Harry, mein Junge, da ist eine schlaue Bande am Werk. Wir müssen unser Bestes geben. Das sind keine Anfänger.«
»Nur meine Meinung«, stimmte der junge Detektiv zu. »Aber wir werden sie schnappen.«
»Ich glaube schon!«
Eine halbe Stunde später waren die beiden Detektive in ihren Unterkünften und gönnten sich die dringend benötigten zwei Stunden Schlaf.
Gegen Mittag standen sie auf und gingen wieder auf die Straße.
Kaum draußen, hörte Young King Brady die Stimme eines Zeitungsjungen: »New Yorker Zeitungen! Alles über die Verhaftung im Grand Hotel!«
»Was soll das heißen?«, rief Old King Brady. »Hol uns eine Zeitung, Harry.«
Young King Brady nahm die Zeitung.
Ein Blick auf die Schlagzeile genügte.
Die beiden Detektive schnappten entsetzt nach Luft.
Sie lasen Folgendes:
Sensationelle Entwicklung im Entführungsfall Gladys Baron! Verhaftung von Bertrand Liscomb im Grand Hotel auf Anordnung des zutiefst traurigen Vaters Loyd Baron, der Liscomb für den Entführer hält und ihn beschuldigt, seine Tochter hypnotisiert zu haben.
»Jupiter!«, rief Young King Brady. »Das ruiniert den Fall!«
Old King Brady sah bedrückt aus.
Es war leicht zu erkennen, dass der Baron einen großen Fehler gemacht hatte.
Liscomb zu verhaften, würde nicht viel nützen, da es kaum direkte Beweise gegen ihn gab.
Es würde ihm nur zu einem Freispruch verhelfen und es viel schwieriger machen, seine mögliche Verbindung zu dem Fall herauszufinden.
»Schade«, war der einzige Kommentar von Old King Brady. »Er kann nicht gefasst werden.«
Und das sollte sich noch am selben Nachmittag bewahrheiten. Als Liscomb dem Richter vorgeführt wurde, gab es nicht die geringsten Beweise, um ihn festzuhalten.
Der Baron wiederholte sein Gespräch mit dem Mann im Grand Hotel. Aber es hatte kein Gewicht.
»Ich sehe keinen Grund, warum dieser Herr aufgrund der Anklage festgehalten werden sollte«, sagte der Richter. »Ich muss seine Entlassung anordnen.«
Mit einem spöttischen Lächeln des Triumphes verließ Liscomb die Anklagebank.
Der Baron, mit bleichem Gesicht, erkannte nun seinen Fehler.
Aber er blieb unerschütterlich in seiner Entschlossenheit, den schändlichen Entführer seiner Tochter zu fassen.
So kam es, dass in den Abendzeitungen eine aufregende Anzeige erschien. Man kann mit Sicherheit sagen, dass es die einzige und größte Belohnung dieser Art war, die je ausgesetzt wurde.
EINE MILLION DOLLAR BELOHNUNG!
Ich zahle eine Belohnung von einer Million Dollar in Gold, Devisen oder Anleihen an den Mann oder die Person, Detektiv oder nicht, der oder die mir meine entführte Tochter Gladys sicher und unversehrt zurückbringt und die Person oder die Personen, die für ihre feige Entführung verantwortlich sind, vor Gericht bringt.
(Gezeichnet) LOYD BARON.
Der Vorfall erregte großes Aufsehen. Die enorme Höhe der Belohnung und die allgemein bekannte Integrität des Mannes, der sie ausgesetzt hatte, motivierten ein Heer von reisenden und ansässigen Detektiven.
New York wurde durchkämmt, kein Winkel blieb unerforscht.
Die Polizei war tagelang in Aufruhr.
Doch nichts kam dabei heraus.
Gladys Baron wurde nicht zurückgebracht.
Ihr Entführer wurde nicht gefunden.
Alles blieb ein Rätsel.
Bertrand Liscomb schlenderte gelassen durch die Straßen und schien allen Verdächtigungen zu trotzen.
Die Big Six schienen spurlos verschwunden zu sein, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Sogar Meg Pierce war unauffindbar.
Die Polizei und die Detektive hatten überhaupt keine Spur.
Jegliche Verbindung Liscombs mit dem Fall war inzwischen von der Polizei verworfen worden. Auch die beiden King Bradys waren verschwunden.
Der Baron hatte überall nach dem alten King Brady gesucht. Er wollte die beiden gerissenen Detektive zu Rate ziehen.
Aber sie waren nirgends zu finden.
Das Verschwinden von Gladys Baron und die Belohnung von einer Million Dollar waren in aller Munde. Das Interesse war groß.
So war es auch, als Bertrand Liscomb eines Tages aus dem Grand Hotel trat und einen Moment lang den Broadway auf und ab blickte.
Er schien in Gedanken versunken. Er schwang einen Spazierstock und drehte ein Monokel über seinem Daumen.
Auf der anderen Straßenseite löste sich eine verschleierte Frau aus der Menge der Passanten und überquerte die Straße, an dem Schurken vorbei.
Liscomb warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu. Es gab keinen Grund, sie von den anderen Frauen zu unterscheiden.
Sie betrat das Hotel durch den Dameneingang. Kaum zwei Minuten später stand Liscomb immer noch vor dem Hotel, als ein Portier herauskam und ihn am Arm berührte.
»Mr. Liscomb?«
»Ja«, antwortete der Schurke und drehte sich um.
»Eine Dame ist im Salon und möchte Sie sprechen, Sir.«
»Eine Dame?«
»Ja, Sir.«
Liscomb war überrascht.
Wer konnte seine Besucherin sein?
Dann fiel ihm Meg Pierce ein.
»Wahrscheinlich ist sie es«, murmelte er. »Was könnte sie wollen?«
Aber er zögerte nicht und antwortete sofort. Sofort ging er in den Damensalon.
Als er eintrat, zuckte er zusammen. Da saß eine schlanke, tief verschleierte Frau. Zu seinem Erstaunen erkannte er, dass es die Frau war, die ihm am Hoteleingang begegnet war.
Sie stand auf, als er eintrat. Er lüftete seinen Hut.
»Ich bin Bertrand Liscomb«, sagte er. »Sie möchten mich sprechen?«
»Ja, Sir«, antwortete sie mit tiefer Altstimme. »Sie kennen mich nicht?«
»Ich muss zugeben, Sie sind im Vorteil«, antwortete Liscomb, »obwohl ich Ihr Gesicht nicht sehen kann.«
Sie hob den Schleier. Liscomb sah ebenmäßige Züge und ein kräftiges Gesicht mit olivfarbenem Teint. Die Augenbrauen waren dunkel und das Haar pechschwarz. Sie war ziemlich hübsch.
»Ah!«, sagte er und musterte ihr Gesicht. »Ich habe Sie noch nie gesehen.«
»Aber Sie müssen von mir gehört haben.«
»Sie sind …«
»Ich bin Jennie Duke, allgemein bekannt als Schwarze Jennie, die Ladendiebin. Pst! Verraten Sie mich nicht. Ich muss aus Angst vor der Polizei im Dunkeln bleiben.«
Liscomb war überrascht.
»Black Jennie!« rief er aus. »Nun, Ihr Name passt zu Ihnen. Aber was um alles in der Welt wollen Sie von mir?«
»Ein Geschäft abschließen.«
»Ein Geschäft?«
»Ja.«
»Seien Sie bitte etwas genauer. Wer hat Sie geschickt und was ist Ihr Anliegen?«
»Kennen Sie Howard Spero?«
»Einer der Big Six? Ja.«
»Nun, er und ich sind Partner bei allen krummen Geschäften. Er hat mich gebeten, mit Ihnen über einen Job zu sprechen, den Sie erledigen lassen wollen – Sie wissen schon – es geht um den Bankier, Baron. Ich kann das für Sie tun.«
Liscombs Gesichtszüge wurden für einen Moment undurchdringlich. Er atmete tief durch.
Dann sah er sich verstohlen um.
Sie waren allein.
Der große Salon war leer.
Er sank in einen Sessel. Seinen Besucher durchdringend musternd, sagte er leise: »Howard Spero hat Sie also geschickt?«
»Das habe ich gesagt.«
»Nun, Jennie, welche Garantie können Sie mir geben, dass Sie den Job erledigen können?«
»Sie werden überzeugt genug sein, wenn er erledigt ist.«
»Natürlich.«
»Nun, das ist die Garantie, die ich Ihnen gebe. Ich werde es tun.«
Liscombs Augen funkelten.
»Wie wollen Sie das anstellen?«, fragte er.
»Ich bin eine Frau und kann mich meinem Mann mit weniger Argwohn nähern als ein Mann. Ich bin entschlossen und verzweifelt und werde nicht versagen. Black Jennie ist nie gescheitert. Kommen wir zum Geschäft. Wie viel wollen Sie mir zahlen?«
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