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Der Märkische Eulenspiegel 18

Der Märkische Eulenspiegel
Seltsame und kurzweilige Geschichten von Hans Clauert in Trebbin
Niedergeschrieben von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Leipzig, 1847
Überarbeitete Ausgabe

Hans Clauert, Schlosser aus Trebbin

Wie Clauert der Vogelsteller des Hauptmanns Eustachius von Schlieben auf Zossen war und diesen zu Gast lud

Eustachius von Schlieben hatte Clauert als seinen kurz­weiligen Rat sehr gern bei sich. Deshalb nahm er ihn zu seinem Vogelsteller an, was Clauert auch sehr gut verstand. Einstmals bat er seinen Herrn auf dem Vogelherd zu Gast, jedoch so, dass der Hauptmann Essen und Trinken mitbringen sollte. Der Herr von Schlieben erbot sich, es zu tun und schickte am folgenden Tag ganz früh zu sieden und zu braten hinaus, dazu auch seinen Koch, der die Mahlzeit bereiten musste. Mittlerweile kam der Hauptmann selbst mit seiner Mutter Katharina und Hans von Riesen hinaus. Clauert hatte ihnen den Tisch bereitet und trug Essen und Trinken auf. Als sie sich aber zu Tisch setzen wollten, legte Clauert das Seil, mit welchem man die Vogelnetze vollzieht, direkt unter Eustachius von Schlieben, nach der Angabe seiner Mutter Katharina. Als sie nun mitten in der Mahlzeit waren, kam Clauert gelaufen und rief: »Ach lauft, Junker, lauft, die Vögel sind auf dem Herd, ich muss rücken«, während doch kein einziger Vogel vorhanden war, da den ganzen Tag Rauch und Feuer dort gewesen war. Eustachius von Schlieben, der nicht gut zu Fuß war, sagte: »Du Schelm, du musst die Pesti­lenz gehabt haben, soll ich denn jetzt laufen, da ich schon seit etlichen Jahren nicht gut habe gehen können?« Und wurde ganz zornig auf seinen Vogelsteller. Clauert gedachte seinen Herrn zu versöhnen und sprach, sie sollten ein wenig still sein, die Vögel kämen häufig geflogen, so solle denn die Mutter Katharina die Vögel berücken, wenn er es nicht vermochte; denn er wisse wohl, dass diese es längst gewünscht hätte. Er richtete nun das Brett, auf welchem man in der Vogelhütte sitzt, so zu, dass es hinter sich hinabfallen musste, und sagte dann zu der Hausfrau: »Nun, Mutter Katharina, jetzt sollt Ihr Vögel fangen.«

Diese glaubte, die Sache verhalte sich so, setzte sich nach Clauerts Anordnung auf das Brett und zog mit aller Gewalt. Als nun die Leine nachgab, fiel sie mit dem Brett rücklings in die Hütte, sodass der Kopf unten und die Füße oben waren. Eustachius von Schlieben und Hans von Riesen mussten vor Lachen davonlaufen, bis sie sich wieder aufgerichtet hatte. So mussten sie eins über das andere lachen, was ihnen doch bei Clauert nichts Seltenes war.

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