Slaterman’s Westernkurier – Christmas special
Auf ein Wort, Stranger, wie war das eigentlich im Wilden Westen mit Weihnachten?
Grußkarten, Strümpfe am Kamin, das Schmücken des Weihnachtsbaums oder kirchliche Aktivitäten und Familientage voller Harmonie sind Bestandteile der amerikanischer Weihnachtstradition. Sie reichen zurück bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts, jedenfalls im Osten. Im sogenannten Wilden Westen jedoch, weit weg von den zivilisierten Gründerstaaten, war Weihnachten anders.
Dort war für viele Weihnachten eine schwierige Zeit. Die Präriebewohner wurden von schrecklichen Schneestürmen heimgesucht, die Miner in den Bergen hatten sich vor der eisigen Dezemberkälte schon lange vor den Feiertagen in ihre Behausungen zurückgezogen und Cowboys und Soldaten verbrachten an diesen Tagen so manch einsamen Abend ohne Festlichkeiten. Weihnachten war für sie eine dürftige Zeit, aber dennoch eine Gelegenheit, ihren harten Alltag für einige Momente zu vergessen.
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Im Gegensatz zum Osten gab es in den Häusern und Unterkünften der Pioniere im Westen nicht überall einen Weihnachtsbaum. An manchen Orten war Holz zu knapp, um es für einen Weihnachtsbaum zu verschwenden, an anderen Orten konnte man überhaupt keinen finden und viele der Wohnungen waren einfach zu klein und boten nirgendwo Platz, um einen Baum aufzustellen. Eine waschechte Pionierfrau ließ sich davon aber nicht abhalten, ihr Heim für die Feiertage zu schmücken. War kein Baum vorhanden, so wurden Tannenzapfen, Stechpalmen, immergrüne Pflanzen, aber auch Nüsse und Beeren zu weihnachtlichen Arrangements zusammengefügt und hier und da noch mit bunten Bändern, Strohpuppen und Keksteigornamenten verziert.
Auch bei der Art und Anzahl der Geschenke gab es zwischen dem Osten und Westen große Unterschiede. Waren es dort Schaukelpferde, Bauernhöfe und Puppenstuben aus Holz, Zinnsoldaten speziell für die Jungs und teure Spitzenkleidchen für die Mädchen, waren es bei den Menschen an der Frontier Puppen aus Maisblättern, ein herzförmiges Küchlein, eine glänzende neue Blechtasse oder einfach ein Pfefferminzbonbon. Wenn es die Zeit erlaubte, steuerte die Frau des Hauses noch bestickte Taschentücher, gestrickte Mützen, Socken und Schals oder Handschuhe als Geschenke bei, je nachdem, wieviel Zeit ihr der harte Alltag im Winter ließ.
Erst in den späten 70er Jahren des 19. Jahrhunderts war man im Westen dann auch zu einem gewissen Wohlstand gekommen, sodass die Geschenke üppiger ausfielen.
Zu essen gab es an Weihnachten bei den Pionierfamilien hauptsächlich Wild, eingelegtes Obst und Gemüse und Sauerteigbrötchen und zum Nachmittagskaffee dann schwedische Cracker, Essigkuchen oder eine Art Apfelstrudel. Wer es sich leisten konnte, servierte noch Plumpudding, Schinken oder Rindfleisch.
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Was natürlich in unserem kleinen Westernkurier-Weihnachtsspecial nicht fehlen darf, sind ein paar Fun Facts über Weihnachten, die typisch für Amerika sind. So ist kein Geringerer als der Weihnachtsmann der Schutzpatron von New York und es ist bis heute nicht geklärt, wer der erste Präsident war, der den Weihnachtsbaum ins Weiße Haus brachte.
Einige Historiker behaupten, es war Franklin Pierce im Jahr 1856, andere Benjamin Harris 1889. Unbestritten hingegen ist, dass Präsident Teddy Roosevelt, der 26. Präsident der USA, ein mehr als engagierter, ja fast radikaler Umweltschützer, 1901, in seinem ersten Amtsjahr, sofort Weihnachtsbäume im Weißen Haus verbot. Eine Amtshandlung, die nachfolgende Präsidenten aber umgehend wieder aufhoben. Calvin Coolidge rief zum Beispiel die Baumbeleuchtungszeremonie im Weißen Haus ins Leben.
Heutige Umweltschützer bedauern, dass Roosevelts Weihnachtsbaumverbot wieder aufgehoben wurde. Sie argumentieren damit, dass es in den USA landesweit nur etwa 21 000 Baumschulen gibt und ein solcher Baum mindestens sechs bis acht, in manchen Fällen sogar bis zu fünfzehn Jahre wachsen muss, bis er verkauft wird. Dem gegenüber stehen 35 Millionen Bäume, die jedes Jahr verkauft werden. Eine Rechnung, die nicht aufgeht und die Natur Amerikas irgendwann an ihre Grenzen bringt.
Das beliebteste Weihnachtsessen der Amerikaner ist hingegen unbestritten. Laut Google ist Truthahn zwar stets das Wort, das die Suchliste im November anführt, Schinken jedoch der absolute Hit im Dezember. Kein Wunder, allein 2013 kauften die Amerikaner in den beiden letzten Monaten des Jahres davon unglaubliche 318 Millionen Pfund.
Die Idee für den fliegenden Schlitten des Weihnachtsmannes wird übrigens Washington Irving zugeschrieben, demselben Autor, der auch die Geschichte vom kopflosen Reiter verfasste. Ebenfalls kaum zu glauben, aber das Lied »Jingle Bells« ist kein Weihnachtslied, sondern wurde eigentlich als Thanksgiving Lied geschrieben. Es wurde im Jahr 1857 von James Lord Pierpont in Savannah, Georgia, bei einem Thanksgiving-Konzert aufgeführt und hieß ursprünglich »The One Horse Open Sleigh«.
Zum Abschluss der Weihnachtskolumne nun noch ein weniger erfreulicher Fact, den man sich an den Feiertagen aber stets ins Gedächtnis rufen sollte.
Am 29. Dezember 1890 richteten Mayor Samuel Whitside und das Seventh U.S. Cavalry Regiment bei Wounded Knee ein Massaker unter den Minneconjou Indianern und ihrem Häuptling Big Foot an. Von 120 Männern und 250 Frauen und Kindern überlebten nur etwas mehr als fünfzig Indianer. Die Überlebenden wurden in die nahe Pine Ridge Agentur gebracht und in Ermanglung an Quartieren in der Episkopalkirche der Agentur untergebracht. Es war der fünfte Tag nach Heiligabend, und als sie dort eintraten, hungernd, frierend und blutend, konnten sie auf einem Tuch, das über den Altar gespannt war, lesen: »Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen«.
Ein Schriftzug, der an Zynismus und Unmenschlichkeit bis heute wohl Seinesgleichen sucht.
Merry Christmas
Euer C.C. Slaterman
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