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Der Wolfsbenjamin Teil 4

Friedrich Gerstäcker
Der Wolfsbenjamin
Aus den Backwoods Amerikas

Teil 4

Weiter und weiter ging er. Immer verworrener wurde das Gestrüpp, immer wilder der Wald, und nun, nun versank die Sonne dort drüben in ihrem Blätterbett. Noch immer hatte er den Wasserstreifen nicht erreicht, der ihm als Wegweiser dienen sollte, um wieder auf den Weg zu kommen. So konnte es nicht weitergehen. Wenn er jetzt genau nach Norden ging, musste er den Weg wieder finden, und jetzt konnte er noch mit seinem Kompass die Richtung genau halten, aber wenn es erst dunkel wurde, dann half ihm auch der nicht mehr, und die Sterne waren in dem Dickicht nicht zu sehen. Da aber ging der Mond auf, und mit seinem Bewusstsein schlug er ohne weiteres Zögern die nördliche Richtung ein.

Und die Sonne ging unter, aber wie schnell! So schnell hatte er sie in seinem ganzen Leben noch nicht verschwinden sehen und kaum für möglich gehalten, denn das Dickicht saugte sie auf, und die Nacht folgte ihr auf dem Fuße, wie überhaupt auf dem ganzen amerikanischen Kontinent. Und immer wilder wurde das Dickicht, immer verwachsener der Wald, und nun – vor Schreck und Entsetzen erstarrt stand er da – sah er einen Schilfbruch vor sich, der, das wusste er genau, hier nicht liegen konnte, wenn er in der richtigen Bahn gewesen wäre.

So verirrt – es war völlig dunkel geworden, und als er zögernd und ratlos stehen blieb und gerade einen Notruf ausstoßen wollte, um den Wolfsben, der doch vielleicht in der Nähe oder in Rufweite war, zu einer Antwort zu veranlassen, da stockte ihm plötzlich das Blut; denn rechts in dem Dickicht vor ihm krachte und brach es, und klar und deutlich hörte er den langen Sprung eines Wolfes, der ihm auf seiner Fährte folgen musste.

Waren sie gekommen? Hatte der Lockruf so schnell gewirkt? Er fühlte, wie sein Herz fast aufhörte zu schlagen, und unwillkürlich griff er nach seinem Messer, um zu sehen, ob es lose in der Scheide steckte, und hob seine Büchse, um der ersten Bestie, die sich zeigen würde, die Kugel zu schicken. Er fürchtete nicht, sie zu verfehlen.

Nun war es einen Augenblick still, aber weiter hinten im Dickicht wurde es plötzlich laut, da knackte und brach es und stand wieder still, wie sicher im Wald.

Da tönte leise und klagend das einzelne Heulen eines alten Wolfes zu ihm herüber, zwei-, dreimal in abgerissenen Pausen. Jetzt antwortete er von drüben und von dort, wo er das letzte Geräusch gehört hatte – jetzt ganz nahe, wo die ersten Zweige geknickt hatten. Einen Augenblick war wieder alles still, und nun brach es herein, nun krachte und krachte es von allen Seiten, und die Meute war ihm auf der Spur.

Von Questen stand unschlüssig da. Wenn er jetzt auf den nächsten Baum kletterte – noch konnte er sich retten – aber in dem Dornengewirr konnte er sich nicht schnell genug bewegen. Er warf sich die Büchse über die Schulter und floh in aller Eile vorwärts – wohin, wusste er selbst nicht; nur einen schützenden Baum wollte er erreichen, der ihn aus dem Bereich der blutgierigen Meute bringen würde. Aber die nächsten Stämme starrten ihm hoch und glatt entgegen; es war unmöglich, einen von ihnen zu erklimmen, und näher und näher kamen die wütenden Bestien.

Schon hörte er ihren langen Galopp, wie sie über die Dornenranken sprangen, die sich ihnen in den Weg stellten, schon hörte er ihr beißendes Knurren. Er wollte die Schuhe ausziehen und barfuß fliehen, aber zu spät, es war keine Zeit mehr, hätte er hoffen dürfen, mit bloßen Füßen in dieser Masse von Dornen und abgebrochenem, scharfem Holz davonzukommen. Kein rettender Baum war in der Nähe, außer den niedrigen, schwachen Depwoods, die ihn kaum zehn Fuß vom Boden erhoben. Aber es blieb ihm keine Rettung mehr, die Bestien kamen immer näher. Als er den scheuen Blick zurückwarf, konnte er trotz der hereinbrechenden Nacht sehen, wie sich die Büsche bewegten und schwankten, durch die sie sich hindurchschlängelten. In wenigen Sekunden mussten sie ihn erreicht haben.

Hier stand zu seiner Rettung ein Depwood, dessen untersten Ast er im Sprung mit der Hand fassen konnte; die Verzweiflung gab ihm Kraft; mit wenigen Sätzen war er dicht am Stamm, warf seine Büchse am Riemen über den Rücken und sprang nach dem Ast. Es war höchste Zeit, denn dicht hinter sich hörte er die Verfolger. Mit aller Kraft sprang er hinauf, aber die Dornen, in denen sich seine Füße verfangen hatten, hielten ihn zurück. Seine Finger berührten den Ast, konnten ihn aber nicht fassen und halten. Er stürzte zurück und hörte im selben Augenblick, wie die Meute wutschnaubend über die nächsten Dornbüsche flog.

Eine Flucht war nicht mehr möglich, aber er wollte wenigstens sein Leben so teuer wie möglich verkaufen. So viel Zeit blieb ihm noch, die Doppelbüchse von der Schulter zu reißen und beide Läufe zu spannen, der nächste Wolf war keine zwei Schritte von ihm entfernt und der todbringende Lauf auf ihn gerichtet, da – klack – schlug der Hahn auf das eine, klack – auf das andere Zündhütchen – beide Rohre versagten. Der Wolf sprang ihm an die Brust, und die zitternde Hand suchte nach dem Messer; aber Gott, es war fort, verloren auf der Flucht. Mit einem Faustschlag warf er den ersten Wolf beiseite, mit einem anderen den zweiten, der ihm dicht auf den Fersen war. Er wollte seine Büchse wieder aufheben und sich wenigstens mit dem Kolben verteidigen, aber das ganze Rudel sprang in diesem Augenblick gegen ihn an, und mit einem wilden Angstschrei fühlte er, wie sie ihn zu Boden rissen.

»Nun?«, sagte eine ruhige und sehr erstaunte Stimme dicht vor ihm, und von Questen her drückte er sich mit der Hand die Stirn, denn vor ihm stand Wolfsben, die lange Büchse in der Hand, und sagte, ganz erstaunt den Kopf schüttelnd: »Was schreit Ihr denn so? Was ist denn los?«

»Mr. Benjamin!«, rief von Questen, kaum seiner Sinne mächtig, sich umblickend. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, er selbst lag auf seiner Decke neben dem niedergebrannten Feuer, und der kleine Amerikaner sah ihn noch zweifelnd an, während sein Mund sich zu einem breiten Lachen verzog.

»Mr. Benjamin … ich … dachte … ich muss geträumt haben, dass …«

»Dass Sie die Wölfe am Kragen haben, hm?«, brachte der kleine Mann jetzt lachend heraus. »Wahrscheinlich schon. Aber es wird Zeit, dass Ihr Euch auf die Beine macht, denn wir haben höchstens noch gut anderthalb Stunden Sonnenschein, und so lange werdet Ihr wohl für den Rundmarsch brauchen.«

Der junge Deutsche sprang auf. So lebhaft hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht geträumt, aber es war wirklich so, es konnte nicht anders sein, und um seine Verlegenheit zu verbergen, machte er sich an seiner Kugeltasche zu schaffen, die hinter ihm am Baum hing.

Aber Benjamin war ein viel zu praktischer Mensch, um sich lange mit einem Traum aufzuhalten. Vor allem blies er das fast erloschene Feuer wieder an und legte ein paar frische Holzstücke nach; dann schnitt er für sich ein Stück Wild ab, um einen kleinen Imbiss zu haben.

»Und haben Sie unterwegs etwas gefunden?«, fragte der Deutsche.

»Hm, ja«, sagte Wolfsben, beugte sich wieder zum Feuer und blies sich die Asche in die Augen, »zwei Hirsche – verdammt, die beißen – nicht weit voneinander.«

»Und keiner konnte schießen?«

»Weiß der Henker, was aus der alten Büchse geworden ist«, sagte der kleine Mann und wischte sich die Augen, »einen habe ich verfehlt, einen habe ich getroffen; aber auch er ist fort, und er soll wiederkommen.«

Von Questen wunderte sich, dass ein so alter Jäger auf einem einzigen Pirschgang zwei Hirsche verfehlen konnte, aber er hatte in der Tat keine Zeit, sich weiter zu unterhalten, denn bei der Erinnerung an den Traum, den er soeben gehabt hatte, war es ihm nicht ganz angenehm, dass ihn die Dunkelheit im Walde wirklich überraschen konnte. Er hatte auch keine Vorbereitungen mehr zu treffen, schulterte seine Büchse und sagte, sich noch einmal zu Ben umdrehend: »Hören Sie, Herr Benjamin, der Henker könnte seine Hand im Spiel haben, dass ich mich da drin im Wald verirre.«

»Das wird nicht geschehen, die Sonne steht noch hoch am Himmel.«

»Ich setze auch nur den Fall; dann werde ich mein Gewehr abfeuern, und Sie werden wohl so gut sein und antworten.«

»Mit dem größten Vergnügen; aber Sättel und Satteltasche mit den Decken will ich oben auf den Baum bringen. Sicher ist sicher. Kommt nur bald wieder.«

Von Questen nickte ihm noch einmal zu und schritt dann rasch den Weg hinab; aber der Traum wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen; zu lebendig war er gewesen, und sein Herz schlug ihm fast hörbar, als er in den Wald eintrat und rasch hineinschritt. Aber er biss die Zähne zusammen. »Unsinn«, murmelte er leise vor sich hin, »ein Traum soll dich doch nicht erschrecken.« Aber er achtete genau auf die Richtung, die er einschlug, und auf das Wasser – er konnte sich in diesem kleinen Bezirk auch fast nicht irren – und kam schneller, als er geglaubt hatte, zum Rohrbruch. Ein seltsames Gefühl überkam ihn, als er hier, wie im Traum, auf einem umgestürzten Baum saß, von denen viele im Wald lagen, und sich die Sohlen mit der scharfen Mischung beschmierte. Aber er fühlte keine Furcht; er setzte nur frische Zündhütchen auf, obwohl er sich auch dieser sicher wusste, und steckte sein Messer unter den Rock, damit es ihm nicht in einem der Dornen stecken bleibe. Dann schritt er mutig vorwärts, den ganzen Rand des Rohrbruchs entlang, und einige Male, wo er auf Stellen stieß, wo man deutlich sehen konnte, dass das Wild aus- und eingewechselt hatte, auch ein Stück hinein. Er erneuerte auch unterwegs einige Male die Farbe, da sie sich zu schnell ablöste, und erreichte schließlich nach etwa einer guten Stunde das Wasser des Brushy Lake, von wo aus ein Verirren nicht mehr möglich war.

Hier lauschte er eine Weile in das Dickicht hinein, aber der Wald war totenstill. Kein Lüftchen rührte sich, kein Blatt bewegte sich, und als die Sonne am Horizont unterging, machte er sich auf den Rückweg, um gerade noch vor Sonnenuntergang die Straße und den schützenden Baum zu erreichen.

»Nichts gesehen?«, fragte ihn hier Wolfsben, der inzwischen den Kaffee wieder zum Kochen gebracht hatte.

»Nicht das Geringste.«

»Na, das wird sich schon zeigen«, sagte Ben, »wenn der Mond erst aufgegangen ist. Und jetzt wollen wir Suppe essen, denn wer weiß, ob wir die Nacht vom Baum herunterkommen.«

Die beiden Männer verzehrten ihr einfaches Abendbrot, von Questen natürlich seine Büchse auf den Knien und dem geringsten Geräusch aufmerksam horchend. Dann nahm Ben einige glühende Kohlen in ein schon bereitgeleg­tes Stück Baumrinde und trug sie auf den Weg unter den Baum.

»Aber wozu das?«, fragte der Deutsche.

»Erstens«, sagte der kleine praktische Bursche, »hält uns der aufsteigende Rauch die verdammten Moskitos ein wenig vom Leib, denn die sind heute Abend rein des Teufels, als ob es mitten im Sommer wäre; und dann wollen wir auch auf den Kohlen die bewusste Räucherung versuchen. Ihr habt doch noch von dem Zeug, wie hieß es gleich – Fassig edita?«

»Asa foedita – ja noch genug; es ist wahr: Kommen sie wirklich dennoch, so laufen sie uns hier gleich unters Rohr.«

Das alles war rasch gemacht, und als von Questen oben die Sitze probierte, fand es sich, dass Wolfsben damit ein wahres Meisterstück hergestellt hatte. Mit den Sattel­decken zur Unterlage, konnte man so bequem darin sitzen, wie in einem Lehnstuhl, und noch vor völliger Nacht hatten die beiden Jäger, der Dinge wartend, die da kommen soll­ten, ihre Sitze eingenommen. Und die Nacht brach an; der Whip-poor-will rief sein monotones Abendlied, aus dem Busch heraus antwortete ihm eine Eule mit ihrem klagenden Huhp, huhp, huhp, hu – ah – dann war alles wieder totenstill, wohl mehrere Stunden lang. Die Nacht würde kühl, und die beiden Jäger hatten sich schon fest in ihre Decken eingewickelt, um den stark fallenden und kalten Tau von sich abzuhalten.

»Die nehmen sich Zeit«, sagte Benjamin, »es muss zehn Uhr sein.«

»Was war das?«, rief von Questen, in sei­nen Sitz emporfahrend.

»Das war einer,« sagte Wolfs­ben, dort hinüber horchend. Und von Süden her tönte das wehmütige, langgezogene Geheul eines alten Wolfes. Als ob dies aber nur das Signal gewesen wäre, so setzte nun das Rudel ein, und Alte mit tiefen und Junge mit feinen Stimmen heulten und winselten um die Wette.

»Jetzt das Zeug auf die Kohlen,« rief Ben, sich vergnügt die Hände reibend, »der Rauch schlägt dort hinunter zu, und sie müssen es in die Nase bekommen.«

Von Questen ließ es sich nicht zweimal sagen und sprang rasch die Leiter hinab, störte dort die Kohlen aus­einander und streute das schon vorher zerriebene Asa foedita hinein, was einen penetranten Geruch verbreitete. Aber er hielt sich unten nicht lange auf, denn die Wölfe kamen näher, und einen konnte man schon ganz in der Nachbarschaft hören. Wieder blieb alles ruhig. Einmal war es den beiden, als ob drüben im Dickicht ein Busch geknackt hätte, und, die Büchse im Anschlag, lauschte von Questen in peinlichster Spannung über den Weg hinab, aber es kam nichts. Der Mond stieg höher und höher, und er sah auf seine Uhr, es war gerade zwölf Uhr. Da begann das Wolfskonzert aufs Neue, und genau in dem Distrikt, den er selbst um­gangen hatte. Sie mussten seine Fährte gekreuzt haben.

»Jedes Mal genau um Mitternacht heulen die Bestien«, sagte Wolfsben, »aber nach Mitternacht hört man sie schmählich selten. Die alten Jäger sagen, sie zögen sich um die Zeit wieder in ihre Höhlen zurück.«

»Ich denke, sie haben jetzt die Witterung bekommen«, flüsterte von Questen, »mir ist immer, als ob ich da gegenüber etwas hörte.«

Wolfsben antwortete nichts mehr. Er horchte erst noch einmal, schüttelte dann mit dem Kopf und wickelte sich wie­der in seine Decke ein. Da fühlte er plötzlich seinen Arm ge­fasst, und als er rasch den Kopf hob, konnte er deutlich hören, wie in dem nächsten Dickicht irgendein Tier langsam vor­wärts schritt. Von Questen sah sich halb die Augen aus dem Kopf, aber kein lebendes Wesen trat auf den vom Mond beschienenen Weg heraus. Nun war wieder alles ruhig, da heulte plötzlich ein Wolf, kaum dreihundert Schritte von ihnen entfernt, und weit, weit im Wald antwortete ein an­derer; dann war alles vorbei.

Es wurde zwei, drei, vier, fünf, sechs Uhr, im Osten dämmerte der Tag; der Whip-poor-will fing wieder an zu rufen; nun wurde es hell, und endlich stieg die Sonne lang­sam aus dem Blättermeer empor. Die Wolfsjagd war jeden­falls vorbei, denn mit hellem Tag ließ sich keiner mehr hier auf dem Weg blicken.

»Guten Morgen, Kamerad«, sagte Wolfsben, der die letzten vier Stunden auf seinem Sitze sanft geschlafen hatte, nun auswachte und in das missmutige Gesicht seines Nach­barn sah, »das hätten wir bequemer haben können.«

»Aber nun bitte ich Sie um Gotteswillen«, rief von Que­sten in vollem Unmut über die total missglückte Jagd, »wie und auf welche Art und Weise haben Sie nur all die vie­len Wölfe erlegt und gefangen?«

»Ich?«, fragte Wolfs­ben erstaunt, während er sich gerade von seinem Sitz hob und in etwas wunderlicher Stellung nach von Questen hinum sah, »ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Wolf geschossen oder gefangen.«

»Keinen Wolf?«, sprach der Deutsche, seinen Ohren kaum trauend, »aber Sie heißen doch Wolfsben und verkaufen die vielen Wolfsskalpe in Little Rock?«

»Dass mich die Jungen Wolfsben nennen – nichtsnutziges Gesindel!«, brummte der Kleine, »dafür kann ich nichts; wenn ich aber nur die Wolfsskalpe hätte ver­kaufen wollen, die ich selbst erlegt habe, da sollte ich noch den ersten Cent dafür einnehmen. Ich kaufe sie von den Jägern.«

»Und sind Sie denn nicht selbst Jäger?«

»Ich? – ne«, prustete Wolfsben los, »dazu habe ich zu viel Ver­stand und zu viel Fett. Gestern war es das zweite Mal in meinem Leben, dass ich überhaupt eine Büchse in der Hand hatte. Aber ich glaube wirklich, dass ich etwas treffen könnte, wenn ich nur nicht immer vor dem Abdrücken die Augen zumachen müsste. Das stört furchtbar.«

Von Questen sagte kein Wort weiter; er warf die Sat­tel und Decken wieder vom Baum hinunter und kletterte dann langsam nach. Unten wurde dann ein tüchtiges Feuer angemacht und Kaffee gekocht, um hier wenigstens vor dem Aufbruch zu frühstücken. Ehe sie aber noch mit ihrem Früh­stück fertig waren, kam Stuart schon auf seinem Rappen an­gesprengt. Er hatte die Zeit nicht erwarten können, zu hören, wie die Nachtwache abgelaufen wäre.

»Hallo, Boys, was ist das?«, rief er aber schon von Weitem, indem er sich hoch im Sattel aufrichtete. »Wo sind denn eure Wölfe? Ich hatte geglaubt, wir würden heute Morgen ein paar Stun­den Arbeit haben, um die Bestien alle zu skalpieren, und bin deshalb so früh gekommen.«

Von Questen erzählte ihm etwas kleinlaut das Resultat der vergangenen Nacht, und wie sie nichts versäumt hätten, es ordentlich zu betreiben; aber vergebens.

»Gerade, wie ich es mir gedacht habe«, schmunzelte der alte Jäger still vor sich hin, »ganz genau so, und habe auch deshalb nicht anbeißen mögen. Gebt mir eine gute Meute Hunde, ein tüchtiges Pferd und eine gute Büchse mit einem frischen Start – das ist nachher Jagd, all den anderen Firlefanz kaufte ich nicht teuer. Aber schneidet kein so erbärmliches Gesicht, Fremder, das nächste Mal mehr Glück. Vielleicht bringe ich es doch noch dahin, dass Ihr dabei seid, wenn ein alter Bär vom Baum herunterschlägt. Jetzt wollen wir machen, dass wir nach Hause kommen, denn der Prediger ist richtig gestern Abend eingetroffen, und Scipio wird gleich mit den Pferden da sein.«

Scipio kam wirklich bald danach, und sie kehrten in die Ansiedlung zurück. Von Questen hatte aber jedes Gefühl der Achtung vor Wolfsben verloren, und war ordentlich froh, als er am nächsten Morgen seinen Weg nach Batesville fortsetzte.

Stuart hielt Wort, und acht Tage später nahm er den jungen Deutschen mit zu einer Bärenhatz hinaus, auf der es ihnen wirklich gelang, einen Bären aufzubäumen und zu erlegen. Aber zu der Beschreibung dieser Jagd ist hier kein Raum mehr, denn die kleine Skizze sollte ja auch nur den Wolfsben dem Leser vorführen.

Von Questen hielt sich aber trotz diesem einen Erfolg nicht mehr lange in Arkansas auf, denn er hatte herausbekommen, dass mehr dazu gehörte, in diesen Waldungen eine ordentliche Jagd zu machen, als nur eben mit Büchse und Munition gerüstet auszuziehen. Vier Wochen später kehrte er mit seinem noch immer fieberkranken Jäger nach New Orleans und von da nach Deutschland zurück und hatte doch wenigstens die Genugtuung, die nicht vielen Europäern dort wird: ein Bärenfell nach Hans zu bringen, in das seine eigene Kugel ein Loch eingeschlagen hatte.

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