Jim Buffalo – 2. Abenteuer – Kapitel 4
Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Der Schatz des Cagliostros
Das 2. Abenteuer Jim Buffalos
4. Kapitel
Kellergeheimnisse
»Heureka!«, gab er lachend von sich, als er den Schlafraum betrat und Frank Morton gerade dabei antraf, wie er eine der vier bewusstlos gemachten Frauen nach der anderen in die vier Betten legte und sie sorgsam zudeckte. »Heureka! Menschenskind, Frank! Sie eignen sich prächtig als Kindermädchen!«
Der Chauffeur machte ein verlegenes Gesicht.
»Ich kann die Damen doch nicht auf der Erde liegen lassen«, gab er zurück.
»Damen? Haha – gut gesagt. Es wäre schlimm um uns Männer bestellt, wenn unsere Damenwelt so gefährliche Eigenschaften besäße wie diese gefährlichen Giftnattern hier. Die Verbrecherin ist mir richtig entwischt!«
Die in künstlichen Schlaf versetzten Frauen boten ein unheimliches Bild. Der Mond tat sein Übriges, um die Szenerie in ein gespenstisches Licht zu rücken. Nachdem die Männer sich noch einmal überzeugt hatten, dass sie von der Seite dieser achtundzwanzig Frauen keine Überraschungen mehr erleben würden, verließen sie den Saal.
Dumpf hallten ihre Schritte in den Gängen wider. Den Browning schussbereit in der Faust, näherten sie sich der eisenbeschlagenen Tür, durch die die Vorsteherin verschwunden war.
Die Blendlaterne Jim Buffalos leistete ihnen gute Dienste, als sie die steinerne Treppe hinunterstiegen. Zuckend fuhr der grellweiße Schein an den roh behauenen Blöcken entlang. Die Stufen waren staubbedeckt und ausgetreten. Deutlich konnten die unerschrockenen Männer die Fußspur entdecken, die die Vorsteherin bei ihrer Flucht in die Unterwelt hinterlassen hatte.
Wie viele Generationen mochten hier schon hinunter und hinauf gestiegen sein?
Als sie rund hundert Schritte gezählt hatten, erreichten sie das Ende der Treppe. Ein langer Gang bildete die Fortsetzung. Nirgends war eine Tür oder Öffnung zu erblicken. Noch immer waren ihnen die Spuren im Staub die besten Wegweiser. Fast unhörbar drangen sie vorwärts.
Plötzlich blieb Jim Buffalo ruckartig stehen. Sein Blick war auf einen Fetzen Tuch gefallen, das auf dem Boden lag. Hastig hob er es auf. Ein Taschentuch war es.
»Das ist Blut!«, murmelte er, als er die roten Flecke auf dem Leinen bemerkte. »Und frisches sogar! Die Vorsteherin scheint sich verletzt zu haben …«
Mit einem leisen Pfiff der Überraschung brach er ab. Er sah zwei nischenartige Einbuchtungen in der rechtsseitigen Wand. Die erste Nische war leer. Die zweite ebenfalls, doch breiter und länger nach hinten gebaut. Die Fußspuren führten hier hinein.
In der äußersten Ecke glitzerte etwas, leuchtete und schimmerte in seltsamen Farben. Erregt trat Frank Morton darauf zu und griff danach.
Ein furchtbarer Aufschrei erfolgte.
»Hilfe!«, schrie er markerschütternd auf.
In eisigem Schreck sprang Jim Buffalo hinzu. Er prallte gegen eine stählerne Wand …
»Morton!«, rief er.
Keine Antwort erfolgte.
Der Chauffeur war nicht mehr in der Nische. Der hohle Berg schien ihn verschlungen zu haben.
Jim Buffalo warf sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen das Hindernis. Es war vergebene Mühe. Mit knirschenden Zähnen musste er einsehen, dass dem Stahl so nicht beizukommen war. Auf keinen Fall durfte er Morton einem ungewissen Schicksal überlassen. Wer wusste, welch furchtbare Gefahren hinter dieser geheimnisvollen Stahlwand schlummerten.
Plötzlich rann ihm ein Schauer über den Körper.
Eine Stimme, die aus weiter Ferne zu kommen schien, schlug ihm ans Ohr. Mit angehaltenem Atem lauschte Jim Buffalo.
»Morton! Morton!«, schrie er.
»Hallo – hier bin ich …«, scholl es wie aus einem Grab zurück. »Was ist das für ein Zauberladen hier?«
Buffalo atmete auf. »Treten Sie zurück!«, schrie er. »Ich sprenge!«
»Allright!«, hallte es zurück. »Keine Sorge um mich. Es geht mir ausgezeichnet!«
Jim Buffalo öffnete mit einem Taschenmesser drei der Patronen, die sich in der Kammer des Brownings befanden, und schüttete das gefährliche Pulver so gut es ging unter die stählerne Tür. Ein Päckchen Watte diente als Zündschnur. Er legte Wattebäuschchen an Wattebäuschchen. Als er sie in Brand setzen wollte, stellte er mit einem grimmigen Fluch fest, dass er keine Streichhölzer bei sich trug. Es half nichts – er musste noch einmal in das Stift hinauf! So schnell ihn seine Füße trugen, eilte er zurück. Drei Stufen auf einmal nehmend, jagte er die steinerne Treppe hinauf. Kreuz und quer eilte er durch das Stift, bis er den Raum fand, in dem er die zündenden Hölzer zu finden hoffte: die Stiftsküche. Suchend glitt sein Blick umher.
Die Küche war groß und hell, nur winklig gebaut, wie alles in diesem Überbleibsel verwehter Jahrhunderte. Töpfe in allen Farben und Größen standen ringsum auf langen Brettern, und wohl zwanzig blitzende Pfannen hingen an den nackten Seitenwänden.
Am Herd fand er das Gesuchte. Mit erleichtertem Aufatmen ließ er die Schachtel in der Tasche verschwinden. Gerade wollte er eilenden Fußes den Raum verlassen, als er eine Entdeckung machte, die ihn blitzschnell seinen Plan ändern ließ.
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