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Marshal Crown – Band 47

Die weiße Hölle von Montana

Es war kurz vor Mittag, als ein Mann mit tief in die Stirn gezogenem Hut die Schalterhalle der City-Bank von Amarillo betrat. Außer dem Kassierer und einem älteren, grauhaarigen Kunden war um diese Zeit deshalb niemand mehr in der Bank.

Der Mann, der die typische Tracht eines Weidereiters trug, blickte sich einen Moment lang um und ging dann mit federnden Schritten auf den vergitterten Kassenschalter zu, wo Bob Wellingham, der Kassierer der City-Bank, gerade einen missmutigen Blick auf seine silberne Taschenuhr warf.

Es gab nichts, was Wellingham mehr hasste als Leute, die eine Minute vor Schalterschluss noch die Bank betraten, und erst recht hasste er es, wenn es sich dabei auch noch um einen Fremden handelte. Solcherlei Kundschaft kostete ihn in der Regel mindestens eine Viertelstunde seiner ohnehin knapp bemessenen Mittagspause. Wellinghams Miene war dementsprechend mürrisch, als der Mann an den Schalter kam.

Er war gerade dabei, sich ein paar schroffe Worte zurechtzulegen, schluckte diese aber augenblicklich wieder hinunter, kaum dass der Mann vor ihm stand und sich mit dem Zeigefinger seiner Rechten den breitkrempigen Hut aus der Stirn schob.

Der Fremde hatte ein hageres, von scharfen Linien durchzogenes Gesicht, helle, bösartig funkelnde Augen und einen Mund, der wie die Narbe eines Messerschnitts wirkte.

Wellingham schluckte erneut.

Er war erfahren genug, um auf die Warnsignale seines Instinkts zu hören. Dieser Mann war alles andere als ein Weidereiter. Bei seinem Anblick musste Wellingham unwillkürlich an einen Revolvermann oder sogar Killer denken.

»Sie wünschen?«, fragte er deshalb mit einer Stimme, in der leichte Unsicherheit mitschwang.

»Ich möchte Geld abheben«, antwortete der Mann.

»Gerne und wie viel?«, fragte Wellingham, indes er nach einem Auszahlungsformular griff.

»Alles, was du in deiner Schublade hast, und auch das, was da hinten in dem offenen Tresor liegt«, erwiderte der Mann, der plötzlich wie durch Zauberei einen Revolver in der Hand hielt und den Kassierer in die Mündung blicken ließ.

Wellingham wurde bleich wie ein frisch gestärktes Laken.

Sekundenlang war in der Bank nur das Ticken der Wanduhr zu hören.

»Ich fürchte, daraus wird nichts, Harris«, sagte dann eine Stimme aus dem Hintergrund.

Clint Harris zuckte zusammen, als wäre er auf eine Klapperschlange getreten. Vorsichtig drehte er den Kopf, während er die Mündung seines Revolvers weiterhin auf Wellingham gerichtet hielt.

Harris fluchte, als er den Besitzer der Stimme ausgemacht hatte. Es war niemand anderes als der ältere Mann, der bei seinem Eintreten am Stehtisch an der Tür irgendein Formular ausgefüllt hatte. Er hatte sich durch seine gebückte Haltung und die grauen Haare täuschen lassen. Ein Fehler, wie er sich zähneknirschend eingestehen musste.

»Halt dich da raus, Alter, sonst wirst du den nächsten Sonnenuntergang nicht mehr erleben.«

»Das kann ich leider nicht«, sagte der Mann, der ihn mit seinem Namen angesprochen hatte.

Dabei schob er mit dem Daumen der Linken seine ärmellose Kalbfellweste so weit zurück, dass der sechszackige Marshalsstern, der auf der Brusttasche seines Baumwollhemdes prangte, deutlich zu erkennen war.

Harris’ Gesicht verwandelte sich augenblicklich in eine wütende Fratze.

»Du verdammter Sternschlepper! Woher zum Teufel wusstest du …«

»Du hättest deine Spuren besser verwischen sollen, Clint. Deine Fährte war so deutlich, dass sie sogar mein vierjähriger Enkel nicht übersehen hätte. Ich hatte keine Mühe, dir bis in die Stadt zu folgen, und nachdem du die Bank über eine Stunde lang beobachtet hast, war für mich sowieso alles klar.«

Clint Harris bleckte die Zähne und grinste hinterhältig.

»Schön für dich, aber du wirst jetzt trotzdem tun, was ich dir sage. Mein Revolver zielt genau auf den Kopf des Kassierers und ich brauche nur den Finger krumm zu machen und sein Schädel zerplatzt wie eine reife Melone.«

Der Marshal lächelte kalt, als er Harris antwortete.

»Mag sein, aber du wirst ihn keine Sekunde überleben, weil ich dir danach ebenfalls eine Kugel in deinen Schädel jage.«

Harris lachte meckernd.

»Du nimmst den Mund ziemlich voll, Sternschlepper.«

Er hatte kaum ausgeredet, als er förmlich explodierte.

Mit einer einzigen, fließenden Bewegung wirbelte er herum, richtete den Revolver auf den Marshal und gab einen schnellen Schnappschuss ab. Er hatte allerdings nicht mit der Erfahrung des Sternträgers gerechnet, der fast doppelt so viele Dienstzeiten abgeleistet hatte, wie Harris an Lebensjahren zählte.

Der Marshal, der die Reaktion des Verbrechers vorausgeahnt hatte, machte einen gedankenschnellen Schritt zur Seite, während seine Rechte zum Halfter zuckte. Die Bewegung war kaum mit dem bloßen Auge zu verfolgen. Obwohl die Kugel des Verbrechers eine schmerzhafte Schmarre an seiner rechten Seite hinterließ, zog er seinen Revolver und feuerte zurück.

Einmal, zweimal.

Für Sekunden war in der Schalterhalle nur das belfernde Krachen der Schussdetonationen zu hören. Clint Harris wurde vom Aufprall der Geschosse fast aus den Stiefeln gehoben.

In seinen Augen spiegelten sich gleichermaßen Verwunderung und Entsetzen, als er mit dem Rücken gegen den Kassenschalter krachte und langsam daran hinunterrutschte. Der Revolver entfiel seiner Faust und polterte zu Boden, indes er einen Moment lang in sitzender Haltung auf dem Boden verweilte, um dann langsam zur Seite zu kippen.

Der Marshal wandte sich dem Kassierer zu, während er seine Linke auf die Stelle presste, an der ihn Harris erwischt hatte.

»Mein Name ist Bakerfield, US-Marshal Josh Bakerfield. Wenn Sie jetzt den Sheriff holen, sagen Sie ihm, das Clint Harris gerade versucht hat, Ihre Bank zu überfallen. Er weiß dann Bescheid, die Steckbriefe von diesem Bastard hängen in Texas schließlich fast an jedem Baum.«

Wellingham nickte, während er sich mit seinem karierten Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte. Seine Hände zitterten und seine Stimme klang schrill, als er aus seinem Kassenhäuschen herauskam.

»Ich … ich werde es Sheriff Johnson ausrichten.«

Der Marschall nickte.

Dabei nahm er seine Linke wieder von der Wunde, betrachtete sie einen Augenblick und fluchte dann wie ein Maultiertreiber, als er sah, dass sie voller Blut war.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.

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