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Romantruhe-Western Band 50

Hal Warner
Romantruhe-Western Band 50
Skalpjäger

Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, April 2020, 64 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Romantruhe-Archiv
www.romantruhe.de

Kurzinhalt:
Sie nannten sich Jäger, aber sie waren erbarmungslose Bestien. Zweibeinige Bluthunde, die durch die Berge zogen und friedliche Indianer aus dem sicheren Hinterhalt abknallten wie wilde Tiere. Die Skalpe der Ermordeten, blutige Trophäen feiger, sinnloser Gemetzel, verkauften sie gegen harte Dollars in der kleinen Grenzstadt Las Cruces an einen gewissenlosen Schurken, der am Tod unschuldiger Menschen ebenfalls profitierte. Bis zu Tag, an dem der Halbapache Pascal nach Las Cruces kam. Es war der Anfang eines gnadenlosen Rachetrails …

Leseprobe:

Pascal musterte zärtlich seine junge Frau, die eine reinblütige Mescalero war. Er selbst war ein Halbblut, und er lebte hier in den Bergen mit Concha und dem alten Nakomi zusammen.

»Nun muss ich also wieder fort«, sagte Pascal. »Und es kann sein, dass der Mond sich zweimal runden wird, ehe ich wieder zurück bin. So lange kann es nämlich dauern, bis das Round-up auf der Harper Ranch vorüber ist.«

»Beim dritten Mond werde ich unser Kind bekommen«, entgegnete Concha lächelnd. »Wenn du bis dahin zurück bist, ist es gut.«

»Ich komme schon früher«, versprach Pascal. »Ja, ich werde rechtzeitig da sein. Diesmal muss es ein Junge werden, Concha. Du weißt doch, ich möchte einen Sohn.«

»Ja, ich weiß.« Die junge Indianerin lächelte erneut, wobei sie ihre schneeweißen Zähne zeigte. »Und es wird ein Junge sein, darauf kannst du dich verlassen, Pascal.«

Er lächelte sie an. In der Nacht hatte er sie noch einmal zärtlich geliebt, und er glaubte noch jetzt ihre samtweiche Haut zu spüren und ihre heißen Küsse.

Inzwischen war es Tag geworden. Bald würde die Sonne aufgehen. Sie standen vor der Hütte, die sich an einen roten Berghang schmiegte. Ringsherum war das Grün einiger Felder, wuchsen auch Bäume und Büsche. Es war ein einsamer, jedoch paradiesischer Ort.

Conchas Leib wölbte sich unter dem bunten Kattunkleid. Sie war im sechsten Monat schwanger. Aber sie bewegte sich noch immer so flink wie ein Reh und war schöner denn je mit ihren dunklen Mandelaugen und ihrem blauschwarzen, seidig schimmernden Haar.

An ihrer Stirn fiel eine fingerdicke helle Strähne auf. Sie hatte diese schon, seit sie denken konnte, und Nakomi behauptete, sie rühre davon her, weil Concha als kleines Kind einen blutigen Überfall auf die Apacheria ihres Stammes miterleben musste. Ihre Mutter war damals von brandschatzenden Soldaten getötet worden.

Nakomi war ihr Großvater und musste es wissen. Außer ihm und Concha hatten das von den Blauröcken angerichtete Massaker nur wenige überlebt.

Pascal streckte die Hand aus und streichelte das etwa ein Jahr alte Mädchen, das Concha im Arm hielt.

»Ich werde euch sehr vermissen«, sagte er dabei.

Nach diesen Worten wandte er sich an den alten, ledergesichtigen Apachen, der abwartend in ihrer Nähe stand.

»Du wirst auf die beiden doch achtgeben, Nakomi?«

»Sei unbesorgt«, antwortete der Greis lächelnd. »Ich bin zwar ein alter Mann, aber ich bin noch immer nützlich. Ich werde deine junge Frau während deiner Abwesenheit mit Wild und auch mit Holz für das Feuer versorgen. Nur die Felder muss sie selbst bestellen, weil das keine Beschäftigung für einen ehemaligen Krieger wäre. Aber das andere – du kannst wirklich unbesorgt sein.«

Pascal nickte zufrieden.

Er küsste Concha zum Abschied auf die Stirn.

Dann ging er zu seinem Pferd und sprang in den Sattel, nahm die Zügel auf und ritt an.

Bis zum Horse Creek, wo die Ranch von Lavinia Harper lag, waren es fast dreißig Meilen. Das wollte Pascal an diesem Tag schaffen.

Concha stand mit dem Baby im Arm vor der Hütte und winkte ihm nach, bis er zwischen den rot getönten Felsen verschwunden war.

 

*

 

Blätter bewegten sich raschelnd im Wind und sprenkelten mit ihrem ständig sich verändernden Schattenmuster den Boden. Pascal saß an den Baumstamm gelehnt und hatte seinen mit einem Schlangenhautband verzierten Hut tief in die Stirn gezogen.

Was er soeben in Gedanken erlebt hatte, lag bereits mehr als sechs Wochen zurück. Ja, so lange war es schon her, dass er sich von Concha verabschiedet hatte. Und nun hatte sich die Szene, während er im Schatten so dahindöste, in einem Tagtraum wiederholt.

Auf ziemlich unsanfte Weise wurde Pascal jetzt in die Gegenwart zurückgeholt.

Jemand verpasste ihm nämlich einen Tritt in die Seite.

»He, aufstehen!«, erklang eine raue Stimme. »Die Mittagspause ist vorbei! Hast lange genug gepennt, Halbblut!«

Pascal war unwillkürlich zusammengezuckt. Mit einer schnellen Handbewegung schob er seinen Hut hoch und sah einen stiernackigen Mann vor sich stehen, der ihn gehässig angrinste.

Dieser Mann hieß John Finney.

»Los, steh auf!«, knurrte er. »Oder denkst du, wir werden die ganze Arbeit allein machen?«

Als er noch einmal zutreten wollte, packte Pascal blitzschnell sein Bein und verdrehte es so jäh, dass er den Mann zu Fall brachte.

Aufbrüllend stürzte Finney zu Boden.

Bis er wieder auf die Beine kam, war Pascal längst aufgesprungen und aus dem Schatten des Baumes getreten.

»Du Hund!«, brüllte Finney. »Das zahle ich dir heim, du halbrote Kröte!«

Außer sich vor Wut stürzte er sich auf Pascal, dem er sich an Kräften weit überlegen fühlte. Immerhin war er um einiges größer und breiter und konnte ruhigen Gewissens von sich behaupten, ein kampferfahrener Mann zu sein.

Mit einem einzigen Schlag wollte er ihn von den Beinen fegen, und danach wollte er ihm seine Fäuste erst so richtig zu kosten geben.

Doch Pascal konnte ihn ein zweites Mal überraschen. Denn als er zuschlug, ging seine Faust ins Leere. Pascal war gewandt zur Seite geglitten und ließ ihn an sich vorbeilaufen.

Finney stürzte beinahe. Als er sich wieder gefangen hatte und herumwirbelte, traf ihn Pascals Faust im Gesicht.

Erneut brüllte John Finney auf. Es geschah aber weniger aus Schmerz denn aus Wut. Wie ein vorwärtsstürmender Büffel senkte er den Kopf und griff neuerlich an.

Pascal konnte zwei weitere Schläge abwehren, musste dann aber einen harten Treffer einstecken.

Die Wucht des Faustschlags ließ ihn zurücktaumeln und trieb ihn in die Arme von Ross Lambeth, der abwartend im Hintergrund gestanden hatte.

Lambeth war Finneys Freund. Jetzt mischte er ebenfalls mit. Grinsend versetzte er Pascal einen heftigen Stoß und brachte ihn damit wieder in die Reichweite von Finneys Fäusten. Der stiernackige Mann nutzte das prompt aus und hieb dem Halbblut seine Rechte an den Kopf.

Pascal ging zu Boden, war sekundenlang wie betäubt. Doch dann rollte er wie eine Katze zur  Seite, sprang wieder auf die Beine und wich einem neuen Angriff aus.

Er hatte sich von dem Schlag bereits erholt. In seinem Schädel summte es zwar noch, aber das beeinträchtigte nicht sein Handlungsvermögen.

Ehe Finney begriff, wie ihm geschah, explodierte Pascals Faust an seinem rechten Auge.

Im nächsten Moment bekam auch Lambeth einen ordentlichen Hieb verpasst. Er taumelte rückwärts und wirkte ziemlich verdattert.

Die beiden schienen schon eine Weile darauf gewartet zu haben, an dem jungen Halbblut ihr Mütchen zu kühlen. Pascal hatte schon die ganze Zeit gespürt, dass sie etwas gegen ihn im Schilde führten.

Doch nun entwickelte sich die Sache ganz anders, als sie es erwartet hatten. Sie waren plötzlich keine Angreifer mehr, die ihr Opfer mühelos fertigmachen würden, sondern mussten sich nun selbst ihrer Haut erwehren.

Pascal schlug einmal in diese, einmal in jene Richtung. Dabei tänzelte er spielerisch umher und war für die Gegner nicht zu fassen.

Als sie einmal zugleich auf ihn zusprangen, um ihn in die Zange zu nehmen, entwischte er ihnen im letzten Moment, indem er sich zwischen ihnen nach rückwärts fallen ließ. So prallten sie nicht auf ihn, was sicher nicht gut für ihn ausgegangen wäre, sondern gegeneinander. Wütend starrten sie sich an.

Pascal hatte einen Überschlag gemacht und stand wieder auf den Beinen. Seine Faust schnellte vor, traf John Finneys Nasenbein. Das war seine empfindlichste Stelle.

Finney schossen die Tränen in die Augen. Er war einige Sekunden lang völlig hilflos.

Doch dann blitzte es in seinem linken Auge – das rechte war mittlerweile zugeschwollen – tückisch auf.

Nur wenige Schritte von ihm entfernt brannte ein Feuer. Darin lagen die glühenden Brandeisen, mit denen sie seit dem frühen Morgen Mavericks gebrändet hatten. Entschlossen sprang Finney auf das Feuer zu.

Pascal war gerade mit Ross Lambeth beschäftigt, achtete im Moment nicht auf ihn. Schon packte Finney zu und riss eines der Brandeisen aus der Glut.

Im nächsten Augenblick wollte er mit dieser gefährlichen Waffe auf Pascal losgehen.

Da bohrte sich plötzlich etwas Hartes von hinten zwischen seine Rippen.

»Lass das, Mister, hörst du?«, sagte jemand drohend. »Wenn du nicht verlieren kannst, solltest du einen Kampf besser gar nicht beginnen. Bei uns wird nur fair gekämpft, Finney. Also wirf es weg, wenn du kein Loch ins Fell haben willst!«

Die Stimme gehörte Chip Wills, dem knorrigen Vormann. Er hielt seinen Colt in der schwieligen Faust.

Finney begriff, dass der Alte nicht spaßte. Der würde abdrücken, davon war er überzeugt. Fluchend ließ er das Brandeisen fallen.

»Und jetzt seid alle mal schön friedlich!«, fuhr der Vormann lautstark fort. »Das gilt auch für dich, Pascal, hörst du? Lass ab von Lambeth, denn der hat schon genug! Schluss jetzt, verdammt!«

Der junge Halbindianer, der heftig auf seinen Gegner eingeschlagen hatte, ließ die Fäuste sinken. Lambeth taumelte blutend zur Seite und spuckte einen Zahn aus. Auch Pascal hatte einiges abgekriegt. Trotzdem war er relativ gut weggekommen.

Chip Wills musterte Finney und Lambeth nun scharf und knurrte dann: »Ihr seid entschieden zu weit gegangen. Ich möchte so eine Sache nicht noch mal erleben, kapiert?«

Die beiden erkannten, dass auch der Rest der Mannschaft Front gegen sie machte. Wohin ihre Blicke auch wanderten, sie sahen nur abweisende Gesichter und drohende Haltung.

»Ihr stellt euch also alle auf die Seite dieses Indianerbastards?«, grollte Ross Lambeth finster. »Feine Sitten habt ihr auf dieser Ranch!«

»Ihr könnt ja verschwinden, wenn’s euch hier nicht passt!«, knurrte Wills. »Im Übrigen möchte ich einen bestimmten Ausdruck nicht mehr hören. Bei uns zählt nicht die Hautfarbe, die einer hat, sondern seine Gesinnung. Die eure ist offenbar miserabel.«

Er wollte noch etwas hinzufügen, doch da klang Hufschlag auf. Ein leichter Einspänner näherte sich in ziemlich schneller Fahrt.

Auf dem Bock saß Lavinia Harper, die Besitzerin der Ranch. Sie war eine ältere, raubeinige Lady, der man nachsagte, dass sie zwar Haare auf den Zähnen, aber auch ein goldenes Herz hatte.

Man sah sie außerhalb ihres Hauses nie ohne einen großen, vor den Strahlen der Sonne schützen­den Schlapphut. Sie trug Leder­stiefel, einen weiten langen Rock und eine ausgefranste Strickjacke. Um ihre Mitte schlang sich ein Revolvergurt.

»Brrr!«, machte Lavinia und zog heftig an den Zügeln.

Als Pferd und Wagen standen, ließ sie den Blick ihrer grauen Augen forschend umherwandern, von einem zum anderen. Und sie sah die lädierten Gesichter und wusste, dass sich hier ein Kampf abgespielt hatte.

»Wer hat angefangen?« fragte sie.

Der Vormann wies auf Finney und Lambeth.

»Die da.«

Die Rancherin nickte, als wollte sie damit zum Ausdruck bringen, dass sie gar nichts anderes gedacht hatte.

»Ich dulde keine Zwistigkeiten in meiner Crew«, wandte sie sich an die zwei Schuldigen. »Wenn das Round-up vorbei ist, könnt ihr eure Sachen packen!«

Die beiden begannen böse zu grinsen.

»Wenn das so ist, gehen wir gleich«, knurrte Finney. »Zahlen Sie uns unseren Lohn aus!«

»Irrtum«, meinte Lavinia Harper. »Den bekommt ihr nur, wenn ihr eure Arbeit bis zum Ende macht. Wenn ihr das nicht tut, seht ihr keinen Cent!«

Finney und Lambeth warfen der Rancherin einen finsteren Blick zu. Dann gingen sie wie die ande­ren Cowboys wieder an die Arbeit.

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