Romantruhe-Western Band 48
C. C. Slaterman
Romantruhe-Western Band 48
Der Todesengel vom Wichita River
Western, Paperback, Romantruhe, Kerpen-Türnich, März 2020, 64 Seiten, 4,95 Euro, Titelbild: Romantruhe-Archiv
www.romantruhe.de
Kurzinhalt:
Fort Elliott war ein rechteckiger, schneebedeckter Platz, der von zwei Dutzend größeren und kleineren Adobelehmbauten umgeben war. Zur Linken standen die schmalen Häuser der Offiziere, auf der anderen Seite die Mannschaftsbaracken, das Hospital und die Messe. Eine Wäscherei, Ställe und Corrals schlossen im Norden den Kreis.
In der Mitte des Platzes stand ein Geschütz, das wahrscheinlich noch aus den Tagen des Bürgerkrieges stammte. Die Mündung der Kanone war auf das Haupttor ausgerichtet. Daneben stak in einem kniehohen Steinhaufen eine dürre Fahnenstange, an deren Ende eine schmutzige Flagge im Wind flatterte.
Im Fort selber herrschte geschäftiges Treiben …
Leseprobe:
Die lang gezogenen, aus grob zusammengezimmerten Brettern bestehenden Holzbauten der Überland-Station standen fast genau in der Mitte der Frachtstraße zwischen Fort Elliott und Buffalo City. Das Anwesen wirkte in der Dunkelheit der kalten Winternacht einsam, verlassen und irgendwie heruntergekommen.
Trotzdem steuerte William York zielgerichtet darauf zu.
Der Arzt wusste genau, dass die Station trotz aller Primitivität für ihn der einzige Garant war, hier draußen die Nacht zu überstehen.
Darum wurde er auch immer nervöser, als sich dort noch immer kein Leben zeigte, obwohl er inzwischen fast bis auf Steinwurfweite an die Station herangekommen war. Mit jedem Huftritt, mit dem ihn sein Pferd näher an das Anwesen heranbrachte, wurden seine Zweifel größer.
Was, wenn die Station verlassen war?
Er war Arzt und kein Mann der Wildnis. Das immer näher kommende Heulen herumstreifender Wölfe ließ ihn allmählich in Schweiß ausbrechen. Seine Handflächen wurden feucht, sein Puls begann zu rasen, und obwohl es sonst nicht seine Art war, ertappte er sich ständig dabei, wie er seinem Pferd, das durch die Nähe der Raubtiere ebenfalls immer unruhiger wurde, ungeduldig die Stiefelabsätze in die Weichen hämmerte. Er beruhigte sich erst wieder, als er seine braune Stute unmittelbar am Haltebalken vor dem Stationshaus zum Stehen brachte und erkannte, dass es im Haus doch Leben gab. Schwacher Lichtschein drang durch die Ränder der geschlossenen Fensterläden nach draußen und nun waren auch Stimmen zu hören, wenn auch leise.
Der Arzt zerrte sein Pferd auf die windgeschützte Seite des Stationshauses zu, wo ein primitives Dach, das von vier Holzpfosten getragen wurde, so etwas Ähnliches wie einen Unterstand darstellte. Er band die Stute an einen dieser Pfosten, sattelte sie ab und scharrte mit den Füßen das herumliegende Stroh zusammen.
»Ich denke, wir haben es geschafft«, sagte York und klopfte seinem Vierbeiner aufmunternd gegen den Hals. »Warte kurz, ich will im Haus nach einem Nachtlager fragen und für dich nach einem Stall. Ich bin gleich wieder zurück.«
Die Stute schnaubte zufrieden, schüttelte den Kopf und glotzte ihrem Besitzer hinterher, als ob sie verstehen konnte, was er zu ihr gesagt hatte.
William York war nur noch wenige Schritte von dem Haus entfernt, als dort die Tür aufgestoßen wurde und eine breite Lichtbahn auf den Hof fiel. Einen Herzschlag später erschien im Türrahmen eine große knochige Gestalt, die ihn mit in die Hüften gestemmten Fäusten beinahe feindselig musterte.
»Was wollen Sie denn hier?«
»Guten Abend«, entgegnete der Arzt trotz der harschen Begrüßung freundlich. »Mein Name ist William York, ich war eigentlich auf dem Weg nach Fort Elliott. Aber irgendwie habe ich mich da in der Dunkelheit wohl vertan. Wäre es möglich, dass ich und mein Pferd hier für eine Nacht unterkommen könnten? Ich zahle auch dafür.«
»Das hier ist eine Pferdewechsel-Station«, sagte Edward Carter unwirsch. »Hier bleiben die Leute normalerweise nur so lange, bis die Überlandkutsche das Gespann gewechselt hat. Ihr Geld in Ehren, aber wir sind hier nicht für Übernachtungen eingerichtet.«
»Das macht nichts«, entgegnete York. »Ich bin nicht anspruchsvoll. Mir würde für eine Nacht sogar ein Platz im Stall neben meinem Pferd genügen.«
Carter grunzte ungehalten wie ein Bär, den man gerade aus dem Winterschlaf gerissen hatte, und wollte sich schon abwenden, als er im Lichtschein, der hinter ihm aus der Tür fiel, den eleganten Gehrock und die teuer aussehende, lederne Arzttasche in der Rechten des Fremden bemerkte. Augenblicklich überzog sich sein Gesicht mit einem gierigen Lächeln.
»Aber ich will mal nicht so sein. Kein Mensch soll über Edward Carter sagen können, dass er einem Mann im Winter ein Dach über dem Kopf verweigert hat. Also kommen Sie.«
York nickte dankbar und folgte dem Stationer ins Haus.
»Sind Sie fremd hier in der Gegend?«, wollte Carter dabei wissen. »Ich meine, ich kann mich nicht erinnern, Sie schon einmal hier gesehen zu haben.«
Der Arzt nickte. »Das ist gut möglich. Ich komme normalerweise auch aus Fort Elliott. Dort befindet sich meine Praxis und dort bin ich auch jeden Tag zu erreichen.«
»Und was hat Sie dann heute hierher verschlagen?«
Das Gesicht des Arztes verfinsterte sich augenblicklich. »Ein Farmer aus der Gegend hat mich gerufen. Seine Frau lag in den Wehen und es gab Komplikationen. Aber ich kam zu spät. Als ich die Farm erreichte, waren beide, die Frau und das Kind, bereits tot.«
»Oh, das tut mir leid«, sagte Carter, der inzwischen stehen geblieben war.
»Mir auch. Ich bin zwar gerne Arzt, aber das sind Momente, in denen ich meinen Beruf wirklich hasse.«
»Sind Sie eigentlich alleine unterwegs?«
»Ja«, sagte York. »Ich hoffe, ich bereite Ihnen jetzt keine Unannehmlichkeiten?«
Statt einer Antwort drehte Carter den Kopf nach vorne. »Susan!«, rief er in die dunkle Hütte hinein. »Setz frischen Kaffee auf, wir haben heute Nacht einen Gast.«
Die beiden ungleichen Männer betraten beinahe gleichzeitig das Innere der Hütte.
York blickte sich neugierig um.
In dem einfach eingerichteten Aufenthaltsraum der Station war es gemütlich warm.
Ein bullernder Kanonenofen in der Mitte des Raumes verbreitete eine anheimelnde Wärme. Vor dem Holztresen einer kleinen Ladentheke lehnt ein hagerer Mann, dessen blasses, spitz zulaufendes Gesicht von einem dümmlichen Grinsen verzerrt war. Dahinter bemühte sich eine verhärmt aussehende Frau mit einem schmutzigen Lappen, die noch schmutzigere Theke sauber zu wischen. Alles in allem nicht gerade ein Anblick, der sein Herz höher schlagen ließ, wenn da nicht diese junge Frau gewesen wäre, die aussah wie der Inbegriff der fleischgewordenen Sünde.
Sie war jung, schön wie ein Engel und mit einer Figur gesegnet, die sogar einen presbyterianischen Priester ins Schwitzen bringen konnte.
Als William York in ihre Augen blickte, wusste er augenblicklich, dass sein Entschluss, in dieser Nacht hier zu rasten, vollkommen richtig war.
Ihr ebenmäßig geschnittenes Gesicht war von einer Flut schulterlanger, rehbrauner Haare umrahmt und ihr sinnlicher Mund eine einzige Offenbarung. Ihr schlichtes, eng anliegendes graues Leinenkleid brachte ihre weiblichen Rundungen in einer Art zur Geltung, die ihn in Atemnot versetzte.
Als er dann noch ihre gurrende Stimme hörte, war es um den alleinstehenden Arzt geschehen.
»Wie wollen Sie Ihren Kaffee, schwarz oder mit Milch und Zucker?«
»Schwarz«, antwortete York mit spröder Stimme.
Die Frau nickte, drehte sich um und hantierte am Ofen mit einer rußgeschwärzten Kaffeekanne. Dabei bewegte sie ihr Hinterteil in einer derart lasziven Art und Weise, das York spürte, wie ihm langsam die Hose zu eng wurde.
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