John Sinclair Edition 2000 – Folge 77
John Sinclair hat einen Alptraum, in dem er Zeuge wird, wie ein paar Hexen, unter ihnen auch seine ehemalige Freundin Jane Collins, von Moro Gifford, dem schwarzen Henker hingerichtet werden. Noch am selben Tag werden John und Suko in der Tiefgarage von Scotland Yard von einem schwarzen Henker in wallender Kutte angegriffen, der selbst den geweihten Silberkugeln widersteht. Am Tatort finden sie eine schriftliche Nachricht, in der Jane den Geisterjäger um ein Treffen bittet. In der Zwischenzeit wurde ein Strauß Nelken in das Büro von John Sinclair geschickt. Nelken, die Blut absondern. Kurz darauf meldet sich Gordon Schreiber bei Sir James, der Bräutigam der Oberhexe Wikka, die Jane nach ihr Wandlung durch den Geist des Rippers mit sich genommen hat. Nachdem John und Suko ebenfalls im Büro angekommen sind, ruft Jane an und bittet John Sinclair um Hilfe, denn Wikka hat sie ausgestoßen und will sie nun durch den auferstandenen Hexen-Henker köpfen lassen. John geht auf Janes Bedingungen ein, nimmt jedoch Suko als Rückendeckung mit. Doch kaum sind sie am verabredeten Treffpunkt eingetroffen, greift Wikka mit all ihrer dämonischen Kraft an. John gelingt mit Janes Hilfe die Flucht und beide machen sich auf den Weg nach Henley-on-Thames, denn dort hat Moro Gifford im sechzehnten Jahrhundert gewütet. Am Hexenturm soll nun erneut die Hexen-Hochzeit zwischen Wikka und Gordon Schreiber stattfinden. Ein Unterfangen, das John Sinclair unter allen Umständen verhindern muss …
Auf diese Geschichte dürften Sinclair-Fans lange gewartet haben, gehört sie doch zu den düstersten Fällen des Geisterjägers, und in der Hörspielserie findet die erste Begegnung mit Jane Collins statt, nachdem sie in Folge 70 Die Hexeninsel mit Wikka fortgegangen ist. Während Suko, wie immer fabelhaft gesprochen von Martin May, sich Gedanken über die Neuordnung der Mordliga macht, ist John im Geiste ganz woanders. Außerdem gibt es ein Wiederhören mit Gordon Schreiber (Thomas Nero Wolff) und Asmodis (Bernd Rumpf). Letzterer zwar nur in einer kleinen Rolle, aber immerhin. Natürlich ist Gordon Schreiber im gleichnamigen Roman nicht mit von der Partie und auch die Episode mit den blutigen Nelken stammt ursprünglich aus einer anderen Geschichte. Dennis Ehrhardt hat nämlich auch in diesem Hörspiel die Plots zweier Romane verquickt, obwohl keine der Storys wiederzuerkennen ist. Schauplatz der Handlung sind nicht mehr der Ashdown Forest oder die kleine Insel mit der Burgruine, sondern die Ortschaft Henley-on-Thames mit dem legendären Hexenturm. In der Romanserie hat John Sinclair Moro bereits einmal besiegt und soll jetzt in dem Glauben bestärkt werden, dass der Schwarze Henker zurückgekehrt ist. Im Hörspiel bekommt Moro nicht nur einen Nachnamen, sondern auch eine etwas veränderte Vergangenheit und wird vom wahllos mordenden Teufelsdiener zum Hexenjäger. Tatsächlich ist es aber weitaus einfacher zu erwähnen, was eigentlich aus den Romanen von Jason Dark den Sprung in das Hörspiel geschafft hat. Hinter dem Hörspiel mit dem albernen Titel Der lächelnde Henker steckt nämlich nicht nur das gleichnamige Taschenbuch aus dem Jahr 1983, sondern auch der Roman Blutige Rosen, der die Handlung um Gordon Schreiber fortsetzt. Aus den Rosen wurden dann schnell ein paar Nelken und auch Schreiber wird eine etwas andere Rolle zuteil. Und während Jason Dark im Roman noch versucht hat, den Titel Der lächelnde Henker durch ein irres Kichern zu rechtfertigen, ist er im Hörspiel völlig deplatziert. Von den sieben jungen Leuten, die als Opfer für den Henker herhalten müssen, ist noch ein junges Pärchen übrig geblieben, gesprochen von Kirstin Hesse und Sebastian Schulz, unter anderem auch in einer sehr eindeutigen, schlüpfrigen Szene. Während der Roman einer sehr geradlinigen Handlung folgt, ist das Hörspiel ein wenig komplexer geraten und dem Intrigenspiel Wikkas wird sehr viel mehr Spielraum gegeben. Vor allem das Finale ist weitaus dramatischer, obwohl das gerade im Roman sehr plastisch und schockierend rüberkam. Fest steht, dass mit der vorliegenden Folge wieder ein neues Kapitel in der Serie aufgeschlagen wird. Für die nötige Portion Gruselatmosphäre sorgt Nicos nächtliche Suche nach seiner Freundin im Hexenturm, und auch die Musik, inklusive dem tollen Bonustrack Safe A Heart von CAIN, wird sehr effektiv und passend zum Geschehen eingesetzt. Die Sprecher sind professionell und mit Leidenschaft bei der Sache und Achim Schülke als Sir James Powell gelingt eine herausragende Leistung. Die eingefleischten Fans, die die Serie von Jason Dark schon lasen, als einige Hörer noch gar nicht auf der Welt waren, dürften durch die neuerliche Änderung der literarischen Vorlage wieder vor den Kopf gestoßen werden. Doch abermals erweisen sich die Änderungen als notwendig und dramaturgisch sinnvoll. Angefangen bei Janes Kontaktaufnahme bis hin zum Finale, das mit gewohnt deftiger Action aufwartet. Auch die Reaktion des Kreuzes ist für die zukünftige Handlung wegweisend. Mit der einstündigen Laufzeit nehmen sich die Macher ausreichend Zeit, um die Geschichte zu erzählen und das Ergebnis kann sich hören lassen. Der lächelnde Henker ist kein bloßes Remake des Hörspiels vom Tonstudio Braun, sondern nutzt die Gelegenheit, der Serie neue Facetten zu verleihen. Ein wirklich gelungenes Hörspiel, das nicht nur enorm viel Spaß macht, sondern auch die Vorfreude auf die kommenden Episoden weckt.
Das klassische Cover von Vicente Ballestar zeigt den Henker, in dessen Axtklinge sich sein nächstes Opfer spiegelt. Das Titelbild fungiert hier wohl in erster Linie als Tribut an die Heftserie und den Künstler, der John Sinclair lange Jahre über als Illustrator diente und den Geschichten und ihren Helden ein Gesicht verlieh.
Fazit:
Abweichend von der Vorlage ist das Hörspiel exzellent produziert, mit einem dramatischen Finale. Johns erste Begegnung mit seiner Ex-Freundin Jane Collins verläuft anders als es sich der Geisterjäger erhofft hat. Ein Muss für alle Fans.
Copyright © 2012 by Florian Hilleberg
Jason Dark, Dennis Ehrhardt
Der lächelnde Henker
John Sinclair Edition 2000
Folge 77
Lübbe Audio, Köln, Oktober 2012
Audio-CD, Horror
67 Minuten, 7,99 Euro
ISBN: 9783785745977
Titelillustration
von Vicente Ballestar