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Westward! Ho! – Erinnerungen eines Trappers – Kapitel 6

Seit Verlassen der Gabelung des Loup River konnten wir nur spärlich unsere Holzvorräte auffüllen. Weit und breit war kaum ein Baum zu sehen. Hin und wieder fanden wir am Ufer des Flusses etwas Treibholz, welches sich jedoch schlecht als Feuerholz eignete. Zum Glück bot die Prärie in ausreichendem Maße einen Ersatzbrennstoff für uns bereit – prairie chips, getrockneter Büffelkot. Dieser brannte vorzüglich und roch etwas streng, beeinträchtigte aber nicht den Geschmack der Steaks, die wir uns an so manchen Abenden brieten.

Als wir am Mittag des 21. Mai 1830 unser Lager aufschlugen, entdeckten einige Männer unserer Expedition merkwürdige Erscheinungen auf der Kuppe einer benachbarten Anhöhe. Zunächst hielten sie diese für Antilopen, wurden aber eines Besseren belehrt, als mehrere Indianer nach unten auf unser Lager zustürmten. Schnell machten sich Aufregung und Verwirrung unter den Männern breit. Eilig trieben wir unsere wenigen Rinder zusammen und banden sie fest, errichteten mit unserem Gepäck sowie der Ausrüstung einen Schutzwall und warteten mit schussbereiten Waffen auf die Angreifer. Als die ersten Indianer das Camp erreichten, gaben sie uns durch Gesten zu verstehen, dass sie Sioux seien und unterwegs auf Büffeljagd waren. Der Pulk bildete um uns einen Halbkreis und stellten vier amerikanische Flaggen zur Schau – ein sichtbares Zeichen, dass sie einige Kämpfe gegen den weißen Mann für sich entscheiden konnten.

Einige der Indianer trugen lange scharlachrote Mäntel, besetzt mit Gold- und Silberborte, Leggins, prächtige Mokassins mit fantastischen Ornamenten und bunten Federschmuck auf dem Kopf. Andere wiederum waren in bemalten Roben aus Büffelfell gehüllt. Alle waren auf ihre Weise elegant gekleidet – und bewaffnet, einige mit Schwertern, Schilden und Lanzen, andere mit Pfeil und Bogen, eine Handvoll von ihnen mit Gewehren.

Nach dem Austausch erster Höflichkeitsfloskeln klärten uns die Indianer dahingehend auf, dass es in der Prärie üblich sei, dass der weiße Mann Freundschaftsgeschenke wie Munition, Messer, kleine Schmuckstücke und Farbe für eine sichere Passage durch das Indianergebiet entrichten musste. Einige der Häuptlinge streiften durch das Lager. Während sie dies taten, stellten wir fest, dass sie große Silbermedaillen trugen.

Während der ganzen Zeit regnete es in Strömen und die Luft war extrem kalt. Während sich die Indianer an den Feuern mit Büffelmist aufwärmten, verharrten die Männer unseres Camps pitschnass und unterkühlt bis ins Knochenmark auf ihren Positionen, ohne sich zu rühren. Ich sah, wie sie vor Kälte zitterten, und hörte ihre Zähne klappern. Wut stieg in mir auf, unbändige Wut. Noch nie in meinem bisherigen Leben spürte ich so stark den Wunsch in mir, die Rothäute einfach über den Haufen zu schießen und zu skalpieren. Doch zu gewaltig war die Übermacht, der wir ausgesetzt waren. Meinetwegen sollten sie unser Lager plündern und alles an sich nehmen, was ihre Hände tragen konnten. Das Handeln der Indianer sah ich als Feindseligkeit und Provokation an. Zum Glück brachen sie auf und kehrten zu ihrem eigenen Lager zurück.

Der folgende Tag war rau, nass und kalt, und die prairie chips so mit Wasser durchtränkt, dass sie nicht verbrannten. Uns blieb nichts anderes übrig, als das Lager abzubauen und unsere Reise fortzusetzen. Nach sechs langen Meilen durch Sturm und Regen fanden wir genügend Treibholz, um ein paar Lagerfeuer entfachen und uns ein wenig aufwärmen zu können.

Blessings on thy head, o Prometheus! Für einen kleinen Moment genossen wir den wenigen Komfort, welchen das Feuer uns bot, in vollen Zügen.

Etwas Abwechslung brachte ein Wildpferd, das am gegenüberliegenden Flussufer auftauchte. Eine Handvoll Männer mühte sich vergebens ab, um es einzufangen. Für einen Indianer wäre dies ein Leichtes gewesen – doch wir waren keine Indianer.

Am 24. durchquerten wir einen schmalen Landstrich mit hellem Sand und spärlicher Vegetation. Eine Art starkes Gras mit Kletten und spitzen Dornen, Sand-burrs genannt, bedeckte den Boden. Es war fast unmöglich darauf zu laufen, denn die Dornen durchstachen auch den besten Mokassin. Unsere Anführer machten sich einen Spaß daraus, diejenigen Männer, welche auf Wachposten eingeschlafen waren, derart zu bestrafen, dass sie die Kavalkade zu Fuß folgen mussten.

Am 25. Mai sahen wir eine Herde Wildpferde, welche wie auch immer nicht darauf warteten, dass wir uns ihnen weiter näherten, sondern weiterzogen, bis die Herde am Horizont nicht mehr auszumachen war.

Am Nachmittag erhielten wir Besuch von drei Sioux. Von ihnen erfuhren unsere Anführer Details über eine große Ansammlung von Arapaho und Hidatsa in den Black Hills, welche auf uns wartete und entschlossen war, jeden weißen Mann im Kampf daran zu hindern, weiter in die Wildnis vorzudringen. Diese Information erzeugte ein wenig Unbehagen unter den Männern; wir waren darauf nicht vorbereitet und ahnten, was auf uns zukommen würde. Wir fragten uns, ob unsere Anführer der doppelten Verantwortung gewachsen waren – einerseits die Expedition bis zum Ende durchzuführen, andererseits das Leben aller Teilnehmer zu garantieren. Oder war es ihnen gleichgültig, was mit den Männern geschehen würde? Dieser Frage maßen wir jedoch keinerlei Bedeutung zu, denn wir wussten genau, dass sie uns nicht enttäuschen würden.

Am folgenden Tag erreichte unsere Expedition Nose Mountain, besser bekannt als Chimney Rock, ein ungewöhnlicher Erdhügel, der die Form eines Schornsteins hat, am Fuß einen Umfang von einer halben Meile aufweist und 300 Fuß in die Höhe ragt. Er liegt am südlichen Ufer des North Fork of the Platte in der Nähe mehrerer hoher Klippen. Er ist von allen Seiten her unzugänglich und ist in seiner ganzen Pracht bereits von Weitem aus einer Entfernung von 50 Meilen zu sehen. 500 Meilen östlich liegt Council Bluffs.

Am 27. Mai 1830 schlugen wir unser Lager gegenüber Scott’s Bluffs auf. Diese Feldformation wurde zum Gedenken an einen jungen Mann so genannt, der einige Jahre zuvor hier allein gelassen wurde und starb. Hiram Scott war Angestellter der American Fur Company und erkrankte auf der Rückreise aus den Bergen so schwer, dass er zurückgelassen werden musste.
Im Frühjahr darauf fand ein Suchtrupp menschliche Überreste auf der gegenüberliegenden Seite des North Platte River, welche von Scott stammen könnten. Man vermutete, dass Hiram Scott im Angesicht des Todes Kräfte mobilisierte, den Fluss überquerte und durch die Prärie wankte, bis Gott in Mitleid ihn zu sich nahm.

So sind die traurigen Chancen, denen wir Abenteurer in den Rocky Mountains ausgesetzt sind.

Fortsetzung folgt …

Quelle: Ferris, Warren Angus: Life in the Rocky Mountains, Salt Lake City, Utah, Rocky mountain book shop, 1940.