Band 18 der Serie »Der Detektiv« als Download erhältlich!


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Secret Service Band 3 – Kapitel 8

Francis Worcester Doughty
Secret Service No. 3
Old and Young King Brady Detectives
The Bradys after a million
Oder: Ihre Verfolgungsjagd zur Rettung einer Erbin
Eine interessante Detektivgeschichte aus dem Jahr 1899, niedergeschrieben von einem New Yorker Detective

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Detektiv Old King Brady, der mehr Rätsel gelöst hat als jeder andere Detektiv, von dem man je gehört hat.

In der Reihe der Geschichten, die in SECRET SERVICE veröffentlicht werden, wird ihm ein junger Mann zur Seite stehen, der als Young King Brady bekannt ist und dessen einziges Lebensziel darin besteht, Old King Brady darin zu übertreffen, gefährliche Fälle aufzuklären und die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Wie gut ihm dies gelingt, wird in den folgenden, im SECRET SERVICE veröffentlichten Geschichten ausführlich geschildert.

Kapitel 8

Die Verfolgung der Bande

Der vermeintliche Prediger und sein Begleiter zeigten keinerlei Widerwillen gegen diesen Befehl.

Sofort entfernten sie sich von der Tür und gingen die Treppe hinauf. Mit einem lauten Knall schloss sich die Tür der Kammer.

Die maskierte Bande war von ihren frommen Besuchern befreit.

Doch auf dem Treppenabsatz flüsterte Old King Brady: »Geh mit lautem Getöse die Treppe hinunter. Ich bleibe hier.«

Young King Brady verstand sofort.

Er ging die Treppe hinunter.

Der Lärm, den er machte, war groß genug. Als er die untere Halle erreichte, blieb er stehen.

Old King Brady war oben geblieben. Young Detektiv überlegte kurz, was er tun sollte.

Schließlich entschied er sich, den hinteren Teil des Gebäudes zu untersuchen. Leise glitt er durch den Flur in den Bereich dahinter.

Er fand sich in einem schäbigen, schmutzigen Hof wieder, der mit Kopfsteinen gepflastert war.

Auf der Rückseite des Gebäudes befand sich eine rostige Feuerleiter. Young Detektiv nahm all dies wahr und kehrte in die untere Halle zurück.

Er setzte sich in eine dunkle Ecke und wartete. Sein Plan war klug ausgeklügelt.

Der Tag neigte sich schnell dem Ende zu und die Dunkelheit nahte. Dann würde er besser arbeiten können. Außerdem war er in Rufweite, falls Old King Brady ihn brauchte, was, wie er wusste, nicht auszuschließen war. So wartete Young King Brady, bereit für seinen Einsatz.

Old King Brady hatte sich in eine dunkle Ecke des oberen Ganges verkrochen. Kaum hatte er dies getan, öffnete sich die Tür des Zimmers und einer der maskierten Männer trat heraus. Er beugte sich über das Treppengeländer und lauschte dem Klappern der Schritte auf den Stufen.

»Sind sie weg, Mike?«, fragte eine Stimme aus der Kammer.

»Es scheint so«, antwortete der Raufbold, »und ich wette, sie kommen nicht wieder, um neue Anhänger zu suchen. Die haben sich ganz schön erschreckt!«

»Das ist schon in Ordnung, solange sie nicht die Polizei auf uns aufmerksam machen.« »Das können sie nicht, es sei denn, sie gehen zum Hauptquartier. Mickey Burns hat hier die Patrouille, und er und Tom Lawton sind alle gut vernetzt. Alles läuft glatt!«

»Dann komm rein, Mike, und lass uns zur Sache kommen!«

Die Tür schloss sich, und nur das dumpfe Murmeln von Stimmen drang aus der Kammer dahinter.

Old King Brady atmete tief durch. Wenn es etwas gab, das er wissen wollte, dann war es das Gesprächsthema in dieser Kammer. Er war entschlossen, es herauszufinden, wenn es möglich war. Er wusste, dass es sich bei dem Schurken, der herauskam, um den berüchtigten Gauner Mike McCue handelte. Die anderen in der Kammer waren natürlich Mitglieder der Big Six.

Nun, Old King Brady hätte an Ort und Stelle den größten Coup der Saison in den Kriminalakten landen können. Das heißt, wenn ihm das Glück hold gewesen wäre. Denn es wäre ein vergleichsweise leichtes Unterfangen gewesen, eine Truppe von Polizisten auf die Bande anzusetzen. Aber die Zeit dafür war noch nicht reif. Er verfolgte noch ein anderes Ziel. Der Hypnotiseur und Entführer von Gladys Baron war noch nicht gefasst. Die Big Six zu verhaften, würde dieses Rätsel nicht lösen.

Das Schattenspiel war immer noch Old King Bradys, und er war nicht so dumm, es aufzugeben. Aber er musste sich etwas einfallen lassen, um irgendwie das Gespräch in der Kammer dahinter belauschen zu können. Sich an die Tür heranzuschleichen und zu versuchen, durch das Schlüsselloch zu lauschen, war äußerst riskant. Jeden Moment konnte sich die Tür öffnen und ihn enttarnen, was das Ende seiner Pläne bedeuten würde. Denn der Detektiv wusste, dass keiner der Schurken ahnte, dass die Bradys in Boston waren. Sie wähnten sich in Sicherheit. Es war besser, sie in diesem Glauben zu lassen.

Aber es dauerte nicht lange, bis Old King Brady einen Plan schmiedete. Es gab noch einen Raum, der an den angrenzte, in dem die Bösewichte saßen. Es war eine Holzkonstruktion mit Wänden aus dünnen Brettern. Solche Gebäude sind bestenfalls Attrappen, und die leisesten Geräusche sind von einem Zimmer zum anderen zu hören.

Der Detektiv griff in seine Tasche und zog ein Paar biegsame Gummisohlen heraus. Sie waren so konstruiert, dass sie sich an die Unterseite seiner Schuhe anschmiegten und das Gehen geräuschlos machten. Schnell zog er sie an. Dann war er bereit. Wie ein Schatten huschte er durch den Flur. Leise versuchte er, die Tür zu öffnen.

Sie gab dem Druck nach und lautlos schwang der Detektiv die Tür zurück. Zu seinem Glück quietschten die Scharniere nicht.

Er befand sich nun im Nebenzimmer.

Es war gerade hell genug, um zu erkennen, dass sich auf dieser Seite des Zimmers ein Kamin befand. Er schlich sich heran und legte sein Ohr an die Trennwand. Dort war ein kreisrundes Loch, durch das früher ein Ofenrohr verlief. Es war mit Lumpen gefüllt. Ganz vorsichtig zog der alte Detektiv sie heraus.

Er verspürte einen Anflug von Genugtuung. Jedes Wort, auch das leiseste, das im Nebenzimmer gesprochen wurde, drang zu ihm durch. Er konnte auch teilweise sehen, was dort vor sich ging. Nun lehnte er mit der Schulter an der Wand.

Gierig nahm er das aufregende Gespräch auf. Es war die wichtigste Enthüllung des ganzen Falles, die der Detektiv nun hörte.

»Ich sage euch, Jungs«, sagte Mike McCue, »wir haben keine Freunde außerhalb unseres eigenen Kreises. Und es gibt einen unter uns, dem ich nicht ganz traue. Wisst ihr, wen ich meine?«

Ein Murmeln erhob sich.

»Dann spreche ich es aus. Es ist Nummer Sechs, oder besser gesagt, wie er sich gerne nennt, der Unbekannte.«

»Du hast recht, Mike!«

»Er ist keiner von uns!«

»Er ist zu schlau!«

“Er wird uns im Stich lassen.

»Genau, Kameraden! Deshalb habe ich heute Abend Jim Bendon mitgebracht, um den Platz des Unbekannten einzunehmen. Er wird von nun an unsere Nummer Sechs sein.«

Ein zustimmendes Gemurmel folgte.

»Nun, Jim«, sagte McCue, »du kannst deine kleine Rede halten. Es ist dein Glück, hier bei den Big Six zu sein.«

Einer der Raufbolde erhob sich.

»Gentlemen und Brüder«, sagte er, »ich möchte euch sagen, dass ich stolz bin, bei euch zu sein. Ich bleibe bei euch, durch Dick und Dünn, oder ihr könnt mir die Kehle durchschneiden. Das ist alles!«

Ein Chor der Zustimmung erhebt sich.

»Gut für Nummer Sechs!«

»Er ist in Ordnung!«

»Er ist ein Sieger!«

»Nun, Brüder«, fuhr McCue fort, »diese Sache ist geklärt. Die nächste Frage ist, was wir mit dem abgesetzten Mitglied machen. Natürlich haben wir ihn noch nicht benachrichtigt, und es ist auch besser, das nicht zu tun. Die Zahl der Mitglieder ist auf sechs begrenzt. Er ist überflüssig geworden. Seine Ideen sind nicht unsere. Er hat zu vornehme Vorstellungen, und er wird uns noch Ärger machen, wenn er das Mädchen entführt. Außerdem ist er mit dem Teufel im Bunde, wenn das je ein Mensch war. Ich habe Angst vor diesen verdammten Hypnotiseuren oder wie die heißen. Was sagt ihr dazu? Wir haben den Namen des Unbekannten als Nummer Sechs von unserer Liste gestrichen. Sollen wir ihn und seinen Namen auch streichen?«

Ein heiseres Brüllen erhob sich.

»Schlachtet ihn ab!«

»Tote können keinen Schaden anrichten!«

»Schafft ihn weg!«

»Es ist beschlossen«, rief McCue triumphierend. »Wir werden eine Gruppe zusammenstellen, die die Arbeit erledigt.«

»Du bist einer von ihnen!«

»Gut, ich werde dabei sein. Ich brauche noch zwei Männer. Wirst du mitmachen, Vai Smith?«

»Darauf kannst du wetten!«

»Und du, Sharkey?«

»Ich bin euer Mann!«

»Das ist alles!«, sprach McCue. »Dieser Emporkömmling Liscomb wird eines Morgens verschwunden sein, und das Beste daran ist, dass er es nicht einmal merken wird.«

»Aber das Mädchen!«, merkte Danton an.

»Ach ja, das Mädchen!«, entgegnete McCue. »Was machen wir mit dem Mädchen?«

»Meg hat sie.«

»Ist alles in Ordnung?«

»Ganz und gar! Der alte Millionär hat eine Million für sie geboten. Können sich nicht ein paar von uns als Detektive ausgeben und die Million einfordern?«

Ein Chor der Zustimmung erhob sich, doch eine zurückhaltende Stimme meldete sich.

»Das könnt ihr nicht machen!«

Alle Augen richteten sich auf den Sprecher.

»Was ist los, Sharkey?«

»Ich sage euch, diese Detektive, Old King Brady und sein Partner, werden uns fertigmachen. Ihr könnt sie nicht schlagen.«

Eine bedrohliche Stille trat ein.

Dann nahm McCues das Wort an sich.

»Es gibt einen Weg«, rief er. »Wir sind sechs und sie nur zwei. Wir müssen sie töten! Die beiden Bradys müssen sterben!«

All das hatte der alte Detektiv mit wechselnden Gefühlen verfolgt.

Es war für ihn eine Offenbarung der intensivsten Art. Tatsächlich schien sie die Situation in einem völlig neuen Licht erscheinen zu lassen.

Bis zu diesem Moment hatte er nicht einmal vermutet, dass es eine geheime Verschwörung der anderen Mitglieder der Big Six gegen Liscomb gab.

Er erkannte sofort, dass McCue der Kopf der Bande war.

Es war leicht, zwischen den Zeilen zu lesen und McCues Absichten zu erkennen. Zweifellos wurde er von eifersüchtigem Hass auf Liscomb getrieben.

Old King Brady ging diese Gedanken schnell durch.

Er war noch nicht in der Lage, seine eigenen Pläne zu schmieden. Aber er wusste, dass er sie anpassen musste.

Er hatte von dem Gauner Bendon gehört, der anstelle von Liscomb als Nummer Sechs in die Bande aufgenommen worden war.

Er war vom gleichen Schlag wie die anderen und ein würdiger Gefährte.

Er lächelte, als die Bande erklärte, dass die beiden Bradys sterben müssten.

»Vorgewarnt ist vorgewarnt«, murmelte er grimmig.

Inzwischen war es dunkel geworden.

Das Tageslicht war dem Dämmerlicht der Nacht gewichen. Old King Brady fühlte sich ein wenig sicherer.

Doch noch während er sich mit diesem Gedanken beglückwünschte, geschah etwas Unerwartetes.