Operation KOLUMBUS – Band 2
Erec v. Astolat
Operation KOLUMBUS
Band 2
Geheimstation Eris
Sie saßen in der einbrechenden Dämmerung in der Strandbar PIER39 in San Francisco. Claire streckte sich wohlig und Francine lächelte. Sie hatte die Ballerinas abgestreift und genoss die Sonnenaufwärmung des Bodens.
»Schön, so ein Urlaub«, seufzte sie.
Claire lachte kehlig kurz auf. »Rufbereitschaft, meine Liebe!«
Ihre Freundin winkte ab. »Egal!«
Sie bestellten Wein nach.
Die Dämmerung nahm zu und der Himmel sandte Abendrot als Gruß über den Hafen.
Claire schreckte plötzlich aus ihrer romantischen Betrachtung auf. Der nur noch schwach rötliche Himmel über dem Meer nahm eine violette und dann grüne Färbung an.
Sie stieß Francine an. Deren Kopf ruckte gleichfalls hoch und sie kniff die Augen zusammen.
»Ein Nordlicht … hier?«
Doch da verblasste es bereits wieder und die Nacht breitete sich über dem Meer aus. Lediglich leichte Schaumkronen sah man aus dem Dunkeln schimmern.
»Sehr ungewöhnlich«, orakelte Claire. »Nun ja, ich werde morgen mal im MTRD anrufen. Vielleicht haben die eine Erklärung.«
So saßen sie noch eine Weile da und hingen ihren Gedanken nach.
Der rote Blitz, der am Horizont kurz über die Wasserfläche zuckte, kam überraschend. Er währte nur eine Sekunde.
Nachdem er erloschen war, hatte man den Eindruck, das Meer würde von unten heraus glühen.
Auch andere Passanten an der Promenade und Caféhaus-Gäste wurden aufmerksam.
Ein gewitterartiges Brodeln entstand.
Da schrie Clair auf. »Eine Flutwelle!«
Francines Augen weiteten sich. Dann sprang sie hoch. Sie ergriff Claire bei der Hand und riss sie von der Terrasse. »Die Straße hinauf! Los!«
Sie rannten einen Kellner um, sprangen die wenigen Stufen der Holzterrasse abwärts und erreichten die steil ansteigende Hafenstraße. Sie führte zu einem Boulevard des Fischerhafens.
Sie vernahmen bereits das drohende Grollen, das sich immer steigerte.
Die beiden jungen Frauen hetzten die Straße hinauf.
Es knallte hinter ihnen.
Sie drehten sich nicht um, sondern rannten weiter. Eine Holzplanke schoss haarscharf an Francine vorbei.
*
Sirenen von Polizei und Ambulance jaulten, Menschen schrien oder riefen durcheinander, Holz knackte an einer Fassade … Das Chaos war perfekt.
Vom PIER39 stand nichts mehr.
Francine wischte sich über die Stirn und Claire rappelte sich aus der Hocke hoch.
»Du lieber mein Vater!«, stieß sie dabei aus und sah der Welle nach, die sich ins Meer zurückzog und jede Menge Unrat wie auch Stühle, Holz und Ähnliches gurgelnd mit sich sog.
Francine hatte unterdessen ihr Mobiltelefon aus der Jeans geangelt und wählte die geheime Nummer des MTRD an.
Nach kurzem Rufzeichen meldete sich Professor Daniel McNeill.
»Wir haben alles registriert. Es ist kein Erdbeben gewesen, sondern ein Raum-Beben. Das bedeutet, ein gewaltiger Energieschwung von Ionen-Artikeln stieß durch die Atmosphäre. Dieser wieder entfachte ein Wechselmagnetfeld. Die Wucht des Drucks lag etwa acht Kilometer vor der Bay. Dadurch wurde der Tsunami ausgelöst.«
Francine ließ den Blick schweifen. »Kennen wir den Ursprung des Ionenfeldes?«
»Wir vermuten den Bereich der Pluto-Bahn. Eventuell auch Eris«, hörte sie den Professor sagen.
Sie rekapitulierte halblaut, was sie über diesen Kleinplaneten im Kopf gespeichert hatte.
»Eris ist der massereichste und nach Pluto zweitgrößte bekannte Zwergplanet des Sonnensystems. Eris zählt zu den Plutoiden, einer Unterklasse von Zwergplaneten, die jenseits der Neptunbahn die Sonne umrunden. Eris ist das größte erfasste Objekt im Sonnensystem, welches noch nie von einer Raumsonde untersucht wurde. Bekannt ist ein Mond.«
Claire sah die Freundin mit gerunzelter Stirn an.
Der Professor entgegnete: »Das ist korrekt, Miss Carpet.«
Francine stieß die Luft aus den Lungen. Sanitäter eilten an ihr vorbei.
»Denken Sie an ein natürliches Ereignis oder …«
Nachdenklich vernahm sie die Stimme aus dem Gerät: »Für Spekulationen ist es noch zu früh. Aber es wäre gut, wenn das Team morgen um acht Uhr im MTRD wäre.«
Die jungen Frauen ließen das Feld des Schreckens hinter sich. In einiger Entfernung flackerte etwas unruhig das gelbe Schild einer Bar. Claire deutete dorthin. »Ich brauche einen Drink!«
Jetzt erst bemerkte Francine, dass sie bei der Flucht ihre Ballerinas vergessen hatte.
Claire feixte: »Du magst doch sowieso nichts da unten.«
Francine zuckte die Achseln. »Nun ja, aber sie waren neu.«
Claire hakte sie lachend unter.
Wenig später enterten sie den verräucherten Gastraum.
»Rauchverbot ist in dieser Gegend ein Fremdwort«, knurrte Claire.
Francine kicherte.
»Da du beidhändig qualmst, ist es doch nur gut für dich.« Die Freundin brummelte etwas in ihren nicht vorhandenen Bart.
Natürlich lieferten die Ereignisse auch hier den Gesprächsstoff.
»Da stecken doch die Russen hinter!«, hörten sie, als sie sich auf zwei freie Barhocker schwangen.
»Denke eher an den Chinamann«, ertönte es von anderer Seite.
Wie immer bei irgendwelchen Ereignissen tobte die Gerüchteküche.
Nachdem sie ihre Whiskys erhalten hatten, meinte Claire: »Eris ist doch genauso unbewohnbar wie Pluto. Wer sollte da etwas auslösen können?«
Francine hob die rechte Hand mit der Handfläche nach vorn. »Man weiß absolut nichts über den Kleinplaneten. Außer, dass er da ist!«
Claire nickte langsam. »Stimmt! Außerdem haben wir bereits die unmöglichsten Dinge erlebt.«
Da legte sich ein Arm um Francine.
Sie blickte auf und sah in das pickelige Gesicht eines junge Mannes.
»Na, ihr zwei Schönen? Darf ich euch Gesellschaft leisten?«
Die beiden Frauen sahen sich an, dann ruckten ihre Gesichter zu dem Sprecher herum und im Chor kam es lautstark: »Nein!«
Erschreckt nahm der Bursche seinen Arm zurück.
Sicherlich wäre es zu einem Disput gekommen, wenn nicht jemand die Bartür aufgerissen und gerufen hätte: »Das müsst ihr euch ansehen. Der ganze Himmel ist grün und rot!«
Alles drängte nach draußen, wobei es zu Rempeleien kam.
Francine aktivierte ihr Telefon.
»Eris ist hinter dem Pluto ganz vorgetreten. Die Ionen-Wellen stammen klar aus der Richtung. Die MTRD-Leitung und Ken Okumoto haben eine Krisensitzung einberufen. Markus Becker ist auch gerade mit Professor Frey eingetroffen«, vernahm sie McNeill.
Vor der Bar sahen Claire und Francine flächenartige Entladungen am Himmel. Rot, grün und weiß. Es roch nach Ozon und verbranntem Holz. Letzteres wohl von den kleinen Flämmchen, die sich im Harz der Straßenbäume entwickelten. Sie klebten wie Elmsfeuer dort.
Ein Taxi war in dem Trubel nicht zu ergattern. Also machten sie sich so auf den Weg.
Nach einigen hundert Metern sahen sie ein ungesichert abgestelltes Motorrad.
»Das leihen wir uns mal!«, rief Francine und sprang schon in den Sattel.
Claire zögerte nur kurz, dann enterte sie den Sozius.
Wenig später sausten sie die Hauptstraße von San Francisco aufwärts.
Sich an Francine festklammernd, schrie Claire durch das Motor-Geknatter: »Bring uns nicht noch um!«
Da machte das Motorrad einen Sprung über eine Bodenwelle.
Sie erreichten Stanford Research in einer Rekordzeit.
Als Claire von der Maschine stieg, zitterten ihr etwas die Beine. »Thunderstorm!«, rief sie aus. »Du fährst wie des Teufels Großmutter!«
Francine grinste. »Ich bin des Teufels Großmutter!«
Da spürten sie die Erde beben.
Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.
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