Archive

Der Märkische Eulenspiegel 17

Der Märkische Eulenspiegel
Seltsame und kurzweilige Geschichten von Hans Clauert in Trebbin
Niedergeschrieben von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Leipzig, 1847
Überarbeitete Ausgabe

Hans Clauert, Schlosser aus Trebbin

Wie Clauert aus Missverstand der Worte sich mit einer Magd heftig schalt

In Berlin wohnte ein Bürger mit Namen Jakob Schulze, der auch zugleich ein Apotheker war. Mit diesem war Clauert sehr gut bekannt und sein vertrauter Freund. Deshalb pflegte er auch gewöhnlich seine Herberge bei ihm zu haben, wenn er in Berlin war. Als er nun einstmals bei ihm einkehrte und beide in Jakob Schulzens Wohnung zechen wollten, ließen sie Bier aus dem Stadtkeller holen. Die Magd blieb mit dem Bier ziemlich lange aus, und weil Clauert bemerkt hatte, dass dieselbe übrigens eine scharfe Hechel war, so sagte er, bevor sie wieder kam, zu Schulzen: »Lieber Jakob, wenn du mir erlauben willst, so will ich mich mit deiner Magd ein paar Stunden zanken. Du darfst dich aber gar nicht darum bekümmern.«

Jakob Schulze, der Clauerts Weise wohl kannte, erwiderte ihm: »Das kann ich schon geschehen lassen.«

Als nun die Magd mit dem Bier kam, sagte Clauert: »Siehe, lieber Jakob, hier geht die Magd wie eine Jungfrau in Haaren und zu Rüstorf stillt eine Frau ihr Kind.«

Dieses Dorf lag nämlich ganz nahe an der Stadt Berlin.

Die Magd erwiderte: »Das lügst du von mir wie ein alter einäugiger Schelm und Bösewicht.»

Clauert antwortete: »Du magst sagen, was du willst, es bleibt dennoch wahr, dass du hier als eine Jungfrau gehst; und siehe, lieber Jakob, zu Rüstorf stillt eine Frau ihr Kind.«

Hatte die Magd zuvor heftig gescholten, so machte sie es nun noch zehnmal ärger, und dies währte länger als eine halbe Stunde. Da wollte sie endlich zum Bürgermeister laufen und ihn verklagen, dass er beweisen solle, wo und mit wem sie ein Kind gehabt hätte und welche Frau dasselbe stillte.

Clauert erwiderte darauf: »Davon weiß ich nichts, dass du ein Kind haben sollst, aber das weiß ich sicher, dass eine Frau zu Rüstorf ihr eigenes Kind stillt und dass du in deinen Haaren gehst wie eine Jungfrau, wofür ich dich auch gehalten habe und noch halte, da ich dir nichts Böses nachzusagen weiß.«

Die Magd konnte vor Zorn Clauert noch nicht recht verstehen und drohte daher fortwährend, ihn zu verklagen.

Da sagte ihr endlich Jakob Schulze, was Clauert eigentlich meine, sodass sie sich nun zufrieden geben musste, sonst würde der Zank sicherlich nach Clauerts Worten zwei Stunden gewährt und vielleicht dann noch kein Ende genommen haben.