Carl – Der Henker von Poel
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Carl – Der Henker von Poel
Nach 3 Jahren ist es nun endlich soweit und meine geneigten Leser können bald schon erfahren, was aus den Personen wurde, die Judith in Lucie – Die Hexe von Poel so überraschend zurücklassen musste. Immer wieder wurde ich bei Lesungen oder per E-Mail danach gefragt, sodass es mir nun eine besondere Freude ist, meinen neuen Roman Carl – Der Henker von Poel anzukündigen.
Die Arbeit an diesem Buch hat mir wieder unglaublich viel Spaß gemacht. Es war wie schon bei den Recherchen für Lucie eine Zeitreise, in der ich virtuelle Menschen kennenlernte, die mir während des Schreibens ihre eigene Geschichte erzählt haben. Und für Judith geht in diesem Buch ein aufregendes Kapitel ihres Lebens zu Ende. Oder vielleicht auch nicht … Mal sehen, was die kleine Insel Poel noch an Abenteuern zu bieten hat, denen sich Judith nicht entziehen kann.
Ihr fragt euch, wer Judith ist? Sie ist meine Protagonistin, die in ihren Träumen in die Vergangenheit reist und dort aus Sicht einer jungen Frau reale Geschichte erlebt. Judith lüftete das Geheimnis um das Kreuz mit dem kopflosen Jesus, welches in der Kirche der Konradsburg hängt, und sie erlebte die Hinrichtung der letzten Hexe auf der Insel Poel. Nun taucht sie nochmals ein in die Zeit, die Lucie ein so bitteres Ende beschert hat, und erlebt, was aus Anna, Katharina und Carl Göltzer wurde.
Klappentext:
Was geschah nach Lucies Hinrichtung?
Diese Frage lässt Judith keine Ruhe. Ihre Rückkehr ins reale Leben kam zu schnell, zu viele Fragen blieben unbeantwortet.
Wie jedes Jahr verbringt Judith ein paar Tage Urlaub in Brandenhusen, wie jedes Jahr besucht sie den Ort, an dem ihre Freundin Lucie ihr Leben lassen musste. Doch dann stößt sie auf einen grausamen Fund, der ihr Gefühlsleben wieder derart durcheinanderwirbelt, dass sie noch einmal ungewollt in die Rolle von Anna schlüpft und endlich mit der Ungewissheit abschließen kann.
Dass ausgerechnet Carl Göltzer, der Henker von Poel, ihr Wegbegleiter bei diesem Abenteuer werden wird, ahnt Judith nicht.
Das Buch umfasst 198 Seiten, erscheint im Dezember 2024 mit der ISBN 9783864739989 und kostet 14,95 EUR.
Bestellt werden kann es überall, wo es Bücher gibt, oder direkt bei mir per E-Mail an anke@geisterspiegel.de.
Ich wünsche allen interessierten Lesern spannende und gute Unterhaltung.
Leseprobe:
Frühjahr 1702
Der Winter neigte sich dem Ende zu und mit dem Frühling kehrte das Leben langsam auf die Insel zurück. Die Bauern bereiteten sich auf die Aussaat vor und die Märkte erwachten wieder zum Leben. Zu dieser Zeit im Jahre anno 1702 kehrte aber noch jemand auf die Insel zurück. Eine Frau, die einst das Herz von Carl Göltzer berührt hatte, ohne es zu wissen.
Anna war nach Lucies Tod nach Lübeck gegangen, um Hebamme zu werden. Der Verlust ihrer Freundin hatte sie tief getroffen und sie hatte sich, noch während Lucies Körper von den Flammen verschlungen wurde, geschworen, anderen Frauen zu helfen. Sie wollte Leben schenken, nicht den Tod bringen. Und sie wollte verhindern, dass sich die Geschichte von Liesche und Lucie wiederholte, damit keine Frau mehr das gleiche Schicksal erleiden sollte wie die angebliche Hexe von Poel.
Den Entschluss, Hebamme zu werden, fasste Anna in dem Moment, als der Stab von Katharina Steinhagen auf ihren Hinterkopf traf und tiefe Schwärze sie umfing.
Margarete Ewers hatte Anna damals gesund gepflegt und auch Emma trug ihren Teil zu Annas Genesung bei. Emma gehörte ebenfalls zu Margaretes Gesinde und war mit Anna recht gut befreundet. Lediglich Christina, die vierte Magd, kümmerte sich nicht um Anna, denn in ihren Augen hatte Lucie genau die Strafe bekommen, die sie verdient hatte. Warum Anna sich derart um Lucie bemüht hatte, konnte Christina nie verstehen. Sie hatte Anna von Anfang an nicht gemocht und nun war daraus ein regelrechter Hass entstanden.
Als Anna wieder gesund war, haderte sie noch kurz mit ihrem Entschluss, doch Christina war dann der Grund, den Ewers’schen Hof zu verlassen. Sie spürte Christinas Hass jede Stunde, jede Minute, die sie zusammen bei der Arbeit verbringen mussten, und sie wusste, dass daraus nichts Gutes erwachsen würde. So kam es also, dass Anna den Hof verließ und den Weg ins Unbekannte beschritt.
Der Weg nach Lübeck war mühselig, die Kälte zerrte an Annas dünner Kleidung, aber ihr Wille wurde immer stärker. Ihr Wille, zu überleben, und ihr Wille, Hebamme zu werden.
An einem kalten Märztag erreichte sie ausgehungert und durchfroren die Stadt und mit etwas Glück gelang es ihr, eine ansässige Wehemutter ausfindig zu machen. Von ihr lernte sie alles, was sie wissen musste, um später selbst Leben schenken zu können. Martha, so der Name ihrer Lehrmeisterin, war streng, aber auch herzlich. Als sie von Lucies Schicksal hörte und den Grund für Annas Entschluss, Hebamme zu werden, erfuhr, überlegte sie zwar lange, aber sie weihte Anna auch in die Geheimnisse ein, die Frauen wie Liesche helfen konnten, sich ihrer ungewollten Leibesfrucht zu entledigen. Als Wehemutter war es zwar auch gefährlich, Frauen in der Not zu helfen, aber noch war Martha kein Fall zu Ohren gekommen, in dem eine Wehemutter deshalb als Hexe ins Feuer geschickt worden war.
Die Ausbildung bei Martha dauerte fast drei Jahre, in denen Anna alles Wissen in sich aufsaugte, was Martha ihr vermitteln konnte, und sie half in dieser Zeit zusammen mit Martha vielen werdenden Müttern, gesunde Kinder zu gebären. Leider war dies aber nicht immer möglich und Anna lernte auch, den Tod zu akzeptieren. Das fiel ihr anfangs nicht leicht, sie weinte so manche Träne, wenn eine Frau oder ihr Kind oder im schlimmsten Fall beide eine Geburt nicht überlebten. Doch Martha machte ihr dann immer einfühlsam, aber auch sehr direkt klar, dass der Tod zum Leben gehörte.
Nach knapp drei Jahren gab es dann nichts mehr, was Martha Anna beibringen konnte, und so schickte sie Anna bald als ausgebildete Wehemutter weg, damit diese ihren eigenen Weg gehen konnte. Viel Lohn konnte sie Anna nicht zahlen, doch es sollte reichen, damit Anna sich ein eigenes Leben aufbauen konnte. Viel wichtiger war das Wissen, welches sie Anna vermittelt hatte, denn das war der Grundstein für ihr eigenes Auskommen.
Mit dem ersparten Geld und dem Lohn, den sie von Martha erhalten hatte, kaufte sich Anna eine kleine Kate am Rande von Kirchdorf. Sie wusste, dass es schwer sein würde, sich als Hebamme zu etablieren, vor allem auf einer Insel, wo das Misstrauen gegenüber allein lebenden Frauen groß war. Doch sie musste es versuchen, denn ihr Erspartes war mit dem Kauf der Kate aufgebraucht und sie musste von etwas leben. Aber die Dorfbewohner waren skeptisch und Anna lebte zunächst in Armut und Not, oft am Rande des Verhungerns. Keine Frau wollte etwas mit ihr zu tun haben, dafür hatte schon Katharina Steinhagen gesorgt.
Nachdem Lucie dem Feuer übergeben worden war, erzählte sie bei jeder Gelegenheit, dass man Anna gleich mit hätte verbrennen sollen. Alle hätten doch gesehen, dass sie Lucie nahegestanden hatte und dass eine Hexe die andere hervorbringt. Katharina musste sich von dem Ruf reinwaschen, selbst als Hexe entlarvt zu werden, dieser Verdacht lag nahe. Aber als angesehene Bäuerin zählte ihr Wort natürlich mehr als das einer einfachen Magd.
Und so begann Annas Leben als Wehemutter der Insel Poel einsam und elend.
Es war an einem Markttag in Kirchdorf, als sich Anna und Carl wieder begegneten.
Anna hatte keine andere Wahl, sie musste um ein bisschen Essen betteln. Ihr Stolz war zerschlagen und sie fühlte sich gedemütigt, als sie auf dem Marktplatz stand und um etwas Brot bat.
Carl erkannte sie sofort, doch sie schien ihn nicht zu bemerken. Er wollte zu ihr gehen und ihr ein paar Münzen geben. Aber das durfte er nicht, wenn er ihren Ruf nicht noch weiter schädigen wollte.
Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Doch Anna sah nichts weiter als einen fremden Mann, der Mitleid mit ihr hatte.
Carl hingegen war wie vom Blitz getroffen. All die Jahre hatte er nicht aufgehört, an Anna zu denken, und nun stand sie vor ihm. So nah und doch so fern. Die Gefühle, die sich in ihm regten, waren kompliziert. Einerseits sehnte er sich nach einer Frau – nach dieser Frau, andererseits konnte und durfte er sich ihr nicht nähern, denn das würde für Anna das Ende ihres bisherigen Lebens bedeuten. Wenn sie sich mit dem Henker von Poel einließ, müsste sie wie er ein Leben als Ausgestoßene führen, außerhalb des Ortes leben und niemand würde etwas mit ihr zu tun haben wollen. Das konnte und durfte Carl Göltzer nicht zulassen, sosehr er Anna auch begehrte.
Wie zufällig führte Carls Weg nahe an Anna vorbei. Er sah sie nicht an, ließ aber ein paar Münzen neben ihr zu Boden fallen in der Hoffnung, dass niemand außer Anna es bemerkte.
Anna erschrak, sah dem großen Mann nach, wie er stolz davonging, und wollte schon hinterherrufen, dass er etwas verloren hatte, doch dann siegte ihre eigene Not. Rasch bückte sie sich und sammelte die Münzen ein. Dabei bewegte sie sich viel zu schnell mit ihrem ausgemergelten Körper, sodass ihr schwindlig wurde. Sie schaffte es noch, einen jungen Mann abzuwimmeln, der sie erstaunlicherweise ansprach, und sich dann Brot zu kaufen und ihren größten Hunger zu stillen.
Mit dem Brot wuchs auch wieder ein bisschen Zuversicht in Anna. Es gab also doch noch Menschen, die ein Herz besaßen. Dass es ausgerechnet der Henker von Poel war, der dieses Herz besaß, wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dafür hatte sie aufgrund ihrer eigenen Sorgen zu wenig auf sein Gesicht geachtet und damals hatte sie Carl ja nur kurz im Schatten der Dämmerung gesehen.
In den folgenden Wochen begegneten sich Carl und Anna immer wieder. Zufällig, wie es schien. Doch weder Carl noch Anna glaubten an Zufälle.
Er beobachtete sie, ohne, dass sie es merkte, wie sie bei jedem Markttag um etwas Essen bettelte oder nach seiner milden Gabe auch kaufte und werdenden Müttern ihre Hilfe anbot. Er sah, wie sie kämpfte, wie sie versuchte, sich als Hebamme einen Namen zu machen, aber die Dorfbewohner blieben misstrauisch. Statt Anna zu einer Geburt zu rufen, ließen sie die Bäuerinnen kommen, die mit ein paar Kräutern versuchten, den werdenden Müttern zu helfen. So manchem Kind wurde damit die Chance auf ein Leben verwehrt. Erst heute beobachtete Carl, wie sich eine Frau mit kugelrundem Bauch auf ein Gespräch mit Anna einließ, jedoch schien sie nicht bereit zu sein, Annas Hilfe anzunehmen. Dem Henker tat Anna leid, denn er hielt sie für eine starke Frau. Nur wie lange würde ihre Stärke noch anhalten? Wie viel Zeit blieb ihr noch, bis sie an dem Misstrauen der Menschen hier zerbrechen würde?
Carl Göltzer wurde immer ratloser. Abends saß er in seiner Hütte abseits des Dorfes und der Menschen. Diese Hütte war sein Refugium und sein Kerker zugleich. Dort führte er ein Leben in Isolation und mit Schuldgefühlen. Die Menschen mieden ihn, wie sie die Pest mieden, und er war es gewohnt, in die Dunkelheit zu starren und seine Dämonen zu bekämpfen. Dabei half ihm sein Selbstgebrannter, dem er in letzter Zeit viel zu viel zusprach. Sein Knecht Johannes, der einzige Mensch, mit dem er täglich Umgang hatte, zog sich nach getaner Arbeit in seine kleine Kammer zurück. Er vermied es mit allen Mitteln, den Zorn seines Meisters auf sich zu ziehen, und wenn Carl trank, war es das Beste für Johannes, wenn er sich sprichwörtlich unsichtbar machte.
Aber seit Anna da war, trank Carl nicht mehr viel, weil er nachdachte. Diese Frau irrte durch seine Gedanken wie noch nie ein Mensch vorher in seinem Leben. Seine Gefühle konnte er nicht zuordnen, er wusste aber, dass er nicht untätig bleiben konnte, wenn er seinen Seelenfrieden, soweit ihm das überhaupt möglich war, behalten wollte. Er musste etwas tun, um dieser Frau zu helfen. Er hatte ihre Stärke gesehen, als es um die Hinrichtung dieser Hexe ging. Sie war damals der einzige Mensch gewesen, der Mitleid mit dieser Lucie gehabt hatte, und sie hatte für sie gekämpft. Hatte ihm all ihre Habe gegeben, damit er ihrer Freundin den Tod erleichterte. Das konnte Carl einfach nicht vergessen und es ließ immer wieder Schuldgefühle in ihm aufkommen, weil er die Münze angenommen hatte. Da half es ihm auch nicht, dass er damals gar keine andere Wahl gehabt hatte. Diese Magd hatte ihm die Münze zugesteckt und war verschwunden.
Und nun war sie wieder auf der Insel. Weil Carl Anna beobachtete, wann immer sich die Möglichkeit dazu bot, hatte er natürlich von Anfang an bemerkt, dass Anna immer wieder versuchte, mit werdenden Müttern Kontakt aufzunehmen. Daher wusste er unterdessen, dass die ehemalige Magd sich als Wehemutter verdingen wollte. Der Gedanke ließ ihn kurz innehalten. Er, der Henker von Poel, war dazu da, Leben zu nehmen. Diese Frau aber hatte es sich zur Berufung gemacht, Leben zu schenken. Was für ein Irrsinn! Carl erkannte, dass er sich dieser Frau niemals nähern durfte, wenn er sie nicht in ihr Unglück stürzen wollte.
Aber was war mit ihm? Im Gegensatz zu der neuen Wehemutter hatte er schließlich keine Wahl gehabt. Als Sohn eines Henkers war sein Leben vorbestimmt gewesen und Carl hatte es immer akzeptiert. Bis heute …
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