Fantômas – eine Einstimmung in den ersten Band
Fantômas – eine Einstimmung in den ersten Band
Von Beginn an zielte der Vertrag des Verlages Fayard mit Pierre Souvestre und Marcel Allain darauf ab, eine Serie von Kriminalromanen ins Leben zu rufen. So ist der erste Band von Fantômas, erschienen im Februar 1911, weniger ein abgeschlossenes Werk als vielmehr ein Auftakt, der die Richtung der gesamten Reihe vorgibt. Noch unvollständig in seinen typischen Merkmalen dient er als Fundament und zugleich als Werbemittel. Dies wird durch den suggestiven Titel und das plakative Cover, das den Namen des Protagonisten in den Mittelpunkt stellt, unterstrichen. Die berühmten ersten Zeilen des Romans wirken wie ein einprägsamer Slogan, der die Bedeutung der Hauptfigur betont.
Die Handlung selbst ist bewusst so angelegt, dass die Figur Fantômas lange unsichtbar bleibt, ihre Präsenz jedoch durch spektakuläre Verbrechen stets spürbar ist. Diese Strategie erzeugt Spannung und Erwartung, die erst im dramatischen Finale – und doch nicht vollständig – aufgelöst wird. Der plötzliche Wendepunkt der letzten Seiten, der Fantômas’ Hinrichtung ins Leere laufen lässt, bricht die Hoffnung auf einen abgeschlossenen Schluss. Stattdessen lädt er mit unerwarteten Entwicklungen zur Fortsetzung ein, ähnlich den Cliffhangern heutiger Serien.
Dieser Auftakt gleicht der ersten Episode einer Serie: Die zentralen Figuren – der Kommissar Juve und der Reporter Fandor – finden zueinander, und Fandors Rolle wird erst definiert. In späteren Bänden bleiben die Beziehungen konstant, doch hier entsteht ihre Dynamik. Gleichzeitig wird Fantômas zunächst eng mit der Identität des sentimentalen Sergeanten Gurn verknüpft, bevor er später zu einer Figur mit verschwommener, wandelbarer Identität wird, die sich in vielfältigen Masken und virtuellen Identitäten zeigt.
Der erste Band sucht noch nach seiner endgültigen Form. Beeinflusst von älteren Vorbildern wie Rocambole und klassischen Kriminalromanen, beginnt er als detaillierte Untersuchung, ehe sich die Reihe hin zu sensationellen Abenteuern entwickelt. Die Logik der Indizien und polizeilichen Ermittlungen prägt den Beginn, während Fantômas – das eigentliche Monster – sich zunächst zögernd in die Rolle eines Verführers begibt, ähnlich Arsène Lupin. Es braucht mehrere Bände, bis Fantômas als eigenständiger Charakter auftritt und die Erzählung sich stärker auf die Darstellung seiner Verbrechen konzentriert.
Trotz dieser Suche nach Identität sind wesentliche Motive bereits angelegt: die Unsicherheit jeder Identität, die allgegenwärtige Bedrohung durch das Böse und die Verbindung von Maskerade mit Verbrechen – eindrucksvoll illustriert am tragischen Schicksal des Schauspielers Valgrand. Der Kontrast zwischen moderner Umgebung und instinktiver Gewalt, die Vorliebe für grausame Täuschungen und tragische Mechanismen prägen bereits das Werk. Als Fantômas am Ende entkommt, beginnt seine wahre Karriere – die Serie nimmt ihren Lauf.
Eine Leseprobe
Die Leseprobe kann gern als Werbemittel auf Blogs, Webseiten, Foren etc. genutzt werden.
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Wolfgang Brandt
Anmerkung: Der zweite Band mit dem Titel »Juve gegen Fantômas« ist bereits in Arbeit und wird voraussichtlich zur Leipziger Buchmesse 2025 als E-Book und Hardcover erscheinen.
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