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Secret Service Band 2 – Kapitel 13

Francis Worcester Doughty
Secret Service No. 2
Old and Young King Brady Detectives
Told by the ticker
Oder: Die zwei King Bradys in einem Wallstreetfall
Eine interessante Detektivgeschichte aus dem Jahr 1899, niedergeschrieben von einem New Yorker Detective

Wer kennt ihn nicht, den berühmten Detektiv Old King Brady, der mehr Rätsel gelöst hat als jeder andere Detektiv, von dem man je gehört hat.

In der Reihe der Geschichten, die in SECRET SERVICE veröffentlicht werden, wird ihm ein junger Mann zur Seite stehen, der als Young King Brady bekannt ist und dessen einziges Lebensziel darin besteht, Old King Brady darin zu übertreffen, gefährliche Fälle aufzuklären und die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Wie gut ihm dies gelingt, wird in den folgenden, im SECRET SERVICE veröffentlichten Geschichten ausführlich geschildert.

Kapitel XIII

Ein weiteres Treffen bei Stimpel’s

Der junge Detektiv war begeistert von seinem Erfolg, so leicht mit Cliff in Kontakt gekommen zu sein. Er hoffte, diese Gelegenheit als Hinweis nutzen zu können. Allerdings hasste er es, Cliff aus den Augen zu verlieren. Als dieser die Straße hinunterging, folgte er ihm.

»Ich war in einem anderen Büro«, sagte er, »und die wollten, dass ich Eisenbahnaktien kaufe.«

Cliff zuckte zusammen. »Tu das nicht«, sagte er eindringlich. »Ich sage dir, Weizen ist das Richtige. Getreidepreise steigen.«

»Nun, ich werde ihnen Bescheid geben.«

Der Köder war gefangen. Cliff war sofort alarmiert. Ein Landei und ein erstklassiger Trottel mit elftausend Dollar in seiner Kleidung fielen nicht jeden Tag in seine Hände. Er packte seinen Arm.

»Hör mal, Smythers«, sagte er auf seine charmanteste Weise, »lass das jetzt einfach.« »Aber ich habe versprochen …«

»Vergiss dein Versprechen. Du kannst später hingehen. Ich gehe nur zum Telegrafenamt. Komm mit mir!«

»In Ordnung! Ganz wie du willst.«

Und Smythers ging mit Cliff mit. Wenige Minuten später betraten sie ein Western Union Büro. Cliff schrieb hastig eine Nachricht. Dann zerriss er sie. Er schrieb eine weitere. Diese brachte er zum Operator. Als er den Rücken drehte, hob Smythers hastig die Fragmente des verworfenen Telegramms auf. In einem unbeobachteten Moment las er aus den schnell zusammengesetzten Stücken:

B. McClure, Nr. – West Street, Stadt. Sei um elf bei Stimpel’s. Ich muss dich sehen. Wichtig. Cliff.

Der Detektiv bewahrte diese Fragmente auf. Wenige Minuten später waren sie auf dem Weg zu einem Speisesalon. Hier wurde ein Abendessen bestellt.

Cliff brachte Wein heraus und drängte seinen vermeintlich naiven Kunden.

Young King Brady leerte jedes Mal sein Glas in einen Spucknapf. Aber er tat so, als wäre er betrunken. Tatsächlich war dies sein Plan. Nach dem Abendessen führte Cliff den Weg ins Büro. Sie gingen an den Angestellten vorbei und betraten ein privates Büro.

»Nun, Mr. Smythers«, sagte der schurkische Makler, »es liegt an Ihnen zu entscheiden, wie viel Mai-Weizen Sie wollen!«

»Was?«, sagte Smythers stumpf. »Ich will heute Abend nichts.«

»Wie bitte?«, rief Cliff wütend. »Sie haben mich getäuscht!«

»Nein, habe ich nicht. Ich will heute Abend nichts.«

»Verflucht!«, murmelte der Makler leise. »Er hat zu viel Wein bekommen.«

Je mehr er mit Smythers argumentierte, desto sturer wurde dieser. Cliff wollte jedoch nicht auf ein Opfer verzichten. Also verlangte er von ihm das Versprechen, am nächsten Tag wiederzukommen. Dann zeigte er Smythers hinaus.

Der Detektiv hatte einen Fortschritt gemacht.

»Elf Uhr heute Abend bei Stimpel’s«, murmelte er.

»Ich werde da sein. Es wäre seltsam, wenn Old King Brady nicht auch da wäre.«

Er ging zum Astor House. Dort wartete eine Nachricht auf ihn. Er öffnete sie und las:

Stimpel’s, elf Uhr heute Abend. James Brady.

»Gut!«, murmelte Young King Brady. »Wir werden alle da sein.«

Er schlenderte bis neun Uhr im Hotel herum. Dann nahm er einen Zug in Richtung Uptown. Wieder war er in der 50th Street. Er schlenderte zu einem Punkt, von dem aus er die Vorderseite des Hall-Anwesens sehen konnte. Er wartete eine Weile. Es war sein Ziel, Cliff zu beschatten, wenn er herauskam.

Um 10:15 sah er die Tür des prächtigen Anwesens sich öffnen. Dann hielt er den Atem an. Eine Überraschung erwartete ihn. Die verschleierte Dame, die er am Vorabend das Haus betreten gesehen hatte, ging gemächlich die Stufen hinunter. »Verdammt!«, rief er aus. Er rieb sich die Augen. Er träumte nicht. Es war sie. Sie kam die Stufen hinunter und ging sehr gemächlich in Richtung 6th Avenue, während sie ihre Handschuhe anzog. Young King Brady folgte ihr.

An der Hochbahnstation nahm sie einen Zug in Richtung Innenstadt. Es ist kaum notwendig zu sagen, dass der junge Detektiv einen Sitz direkt hinter ihr einnahm und sie im Auge behielt. Er versuchte vergeblich, das Gesicht unter dem Schleier zu erkennen. Es war zu dick, um leicht durchdringen zu können.

An der Park Place verließ sie den Wagen. Ohne auf ihre Umgebung zu achten, ging sie bis zur Ecke der West Street. Hier hielt sie an und schaute verstohlen nach oben und unten. Sie sah niemanden in der Nähe.

Aber als sie die West Street hinunterging, stand schnell ein Mann an der Stelle, die sie verlassen hatte. Es war Young King Brady.

Der junge Detektiv beobachtete sie, bis er sah, wie sie in den Hof ging, der zu Stimpel’s führte. Dann wusste er, was los war. Sie hielt zweifellos dieses Treffen mit McClure und Carter ab. Old King Brady würde dort sein.

Young King Brady schaute auf seine Uhr. Es fehlten nur noch wenige Minuten bis elf Uhr. Er wusste, dass der alte Detektiv pünktlich sein würde. Also beschloss er, sofort Stimpel’s zu betreten. Aber bevor er dies tat, änderte er seine Verkleidung.

Nun trug er die abgetragene Kleidung eines umherziehenden Buchhändlers. Er setzte Koteletten auf und entfernte seinen falschen Schnurrbart. So gekleidet, glitt er in den kleinen Hof und war bald an Stimpel’s Tür

Die Maschinenband spielte auf Hochtouren. Die Geräusche groben Gelächters und das Klappern tanzender Füße drangen in die Nachtluft. Young King Brady glitt geräuschlos in den Schankraum.

Mehrere Männer tranken dort. Er studierte sie genau, konnte aber keinen erkennen, der ihm als die beiden Schurken McClure und Carter bekannt vorkam.

Die verschleierte Dame war in den Musiksaal gegangen.

Young King Brady folgte ihr dorthin. Sie saß an einem Tisch am anderen Ende des Raumes. Sie war allein.

Der junge Detektiv setzte sich an einen Tisch und bestellte ein Glas Bier. Er wagte es nicht sofort, sich umzusehen. Als er es tat, sah er einen großen Hafenarbeiter an einem anderen Tisch. Etwas an ihm kam dem jungen King Brady sofort bekannt vor. Er beobachtete ihn einen Moment. Der Hafenarbeiter schaute ihn an.

Young King Brady machte ein fast unmerkliches Zeichen mit der Hand. Es wurde beantwortet. Dann kam Old King Brady, denn er war es, an den Tisch und nickte beiläufig.

Die beiden Detektive taten so, als würden sie ihr Bier trinken, und dann sagte der alte Detektiv: »Hast du meine Nachricht bekommen?«

»Ja.«

»Welches Glück hattest du?«

»Gemischtes. Ich habe die verschleierte Dame zu einem Haus verfolgt, in dem keine Dame wohnt. Kannst du raten, wo das war?«

»Wo?«

»Im Haus von Willard Hall!«

Der alte Detektiv zuckte heftig zusammen. Er sah Young King Brady scharf an und sagte dann: »Du machst keine Witze?«

»Kein bisschen.«

»Sie ist in dieses Haus gegangen?

»Ja.«

Damit erzählte Young King Brady seine Erlebnisse.

Der ältere Detektiv hörte mit großem Interesse zu. »Ah! Ich glaube, ich sehe das Spiel«, sagte er schließlich.

»Tatsächlich!«

»Ich werde es dir später erzählen.«

»Welches Glück hatten Sie?«

»Sehr wenig. Diese Kerle, McClure und Carter, sind sehr vorsichtig. Ich habe Grund zu der Annahme, dass der junge Allan Cliff, der Erbe von Willard Halls Vermögen, mit ihnen im Bunde ist.«

»Das denke ich auch.«

»Weißt du, ich glaube, dass der junge Schurke weiß, wo sein Onkel ist, ob tot oder lebendig.«

»Genau meine Idee!«, resümierte Young King Brady. »Wir haben einen großen Schritt zur Lösung des Rätsels gemacht.«

»Das denke ich auch.«

»Es ist leicht, das Motiv zu erkennen. Sobald sein Onkel aus dem Weg ist, ist der junge Cliff Erbe eines großen Vermögens.«

»Genau!«

»Der Onkel ist aus dem Weg.«

»Ja.«

»Und er kommt schnell in den Besitz des Vermögens. Gut und schön. Jetzt ist die Frage, wo ist Willard Hall?«

»Wahrscheinlich in einer anderen Welt.«

»Aber der Körper …«

»Wir müssen ihn finden, um den Mord zu beweisen.«

»Genau! Jetzt ist Cliff sehr dicke mit diesen Schurken, die wir verfolgen.«

»Sie sind seine Werkzeuge.«

»Kein Zweifel, sie haben den Job gemacht.«

»Genau.«

»Und Cliff hat sie bezahlt!«

»Natürlich!«

»Das alles ist bisher einfach. Aber um das Verbrechen zu beweisen …«

»Wir müssen auf die Geschichte des Tickers zurückgreifen.«

Young King Brady war noch ungläubig. »Ich sehe noch keine Verbindung«, sagte er. »Die Zeit wird es zeigen«, erklärte Old King Brady. »Aber genug davon für den Moment. Was wir tun müssen, ist, den Körper von Willard Hall zu finden, um das Verbrechen zu beweisen. Aber diese verschleierte Dame macht uns zu schaffen.«

»Ja, das tut sie. Ich frage mich, wer sie sein könnte?«

»Das müssen wir heute Abend herausfinden.«

In diesem Moment wurde die Aufmerksamkeit der beiden Detektive durch ein Ereignis beansprucht. Zwei Männer waren erschienen und setzten sich neben die verschleierte Dame.

Es war nicht schwer, sie zu erkennen. Es waren McClure und Carter.

Sofort wurde ein langes und vertrauliches Gespräch zwischen dem Trio geführt.

Die beiden Detektive beobachteten sie.

Fast eine Stunde lang setzte das Trio seine Unterhaltung fort. Dann schien McClure aufgeregt zu werden. Wut schien ihn zu ergreifen, und er machte heftige Gesten. Aber Carter schien mit ihm zu argumentieren, und dann standen die drei auf und verließen den Ort.

Old King Brady flüsterte: »Harry, wir dürfen sie nicht verlieren.«

»Verlassen Sie sich darauf«, sagte Young King Brady. »Die Dinge entwickeln sich zu unseren Gunsten. Sie haben sich gestritten.«

Nichts ist so tödlich für Schurkerei und deren Verdeckung wie ein Streit.