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Buffalo Bill Der letzte große Kundschafter – 6. Kapitel

Buffalo Bill
Der letzte große Kundschafter
Ein Lebensbild des Obersten William F. Cody, erzählt von seiner Schwester Helen Cody Wetmore
Meidingers Jugendschriften Verlag, Berlin 1902

Sechstes Kapitel

Der Beschützer und Plagegeist der Familie

So wie Byron eines denkwürdigen Morgens zu unverhofftem Ruhm gelangt war, so wurde auch Will über Nacht eine berühmte Persönlichkeit. Die Fuhrleute waren durchaus nicht karg in den Lobpreisungen seines Mutes gewesen, und als dann noch vollends der Berichterstatter einer Zeitung die Erzählung mit dem Zauber seiner Fantasie umwob, da erschien Wills Tat unter der fettgedruckten Überschrift: Der jugendliche Indianerbezwinger, als ein wahres Heldengedicht.

Wills Gedanken aber wurden nach seiner Rückkehr sofort von anderen Dingen in Anspruch genommen. Kaum war seine Arbeit bei dem Frachtfuhrgeschäft vollendet, so hatte die Mutter einen Anwalt zur Verteidigung unserer Rechte in Betreff der an uns gestellten Forderung genommen. Dieses Lumen eines damals noch unbekannten und ungewürdigten, aber talentvollen und unternehmenden Rechtsanwalts war John C. Douglas. Er hatte sich erst vor kurzem in Leawenworth niedergelassen, und unser Rechtsfall war vorzüglich dazu geeignet, dem jungen Advokaten als erste Sprosse zu seiner Ruhmesleiter zu dienen. Ein toter Vater, eine kranke Mutter, hilflose Kinder auf der einen Seite, auf der anderen ein elfjähriger Knabe, der die Arbeit eines Mannes verrichtet, um das zur Bekämpfung der Feinde notwendige Geld zu verdienen – das war ein reiches Feld, und Douglas setzte seine ganze Kraft ein, um den Prozess zu einem siegreichen Ende zu führen.

Freilich wusste er ebenso gut wie wir, dass unsere Sache auf schwachen Füßen stand, ja eigentlich nur an einem Faden hing – dem einzigen nicht aufzufindenden Zeugen, einem gewissen Barnhart. Dieser Mann war damals, als der Vater die Rechnungen bezahlte, Buchhalter gewesen, aber bald darauf weggeschickt worden. Unsere hasserfüllten Verfolger gingen nun so weit, sogar seinen gegenwärtigen Wohnort geheim zu halten. Überall, wo er sich möglicherweise aufhalten konnte, zog Douglas Erkundigungen ein, aber ohne Erfolg, sodass wir uns am Morgen der Gerichtsverhandlung noch vollständig im Dunkeln befanden.

Der Fall hatte viel Aufsehen erregt, und der Gerichtssaal war überfüllt. Nicht wenige hatte die Neugierde hergetrieben, den kleinen Indianerbezwinger von Angesicht zu sehen. Schadenfrohe Meinungseinheit herrschte über die hoffnungslosen Aussichten der Cody’schen Partei, denn nicht nur die einflussreichsten und begütertsten Männer waren gegen uns, sondern unser junger, unerfahrener Anwalt hatte auch gegen die berühmtesten Rechtsgelehrten des Leawenworther Gerichtshofs anzukämpfen. Unsere einzigen Zeugen waren eine schwächliche Frau und ein achtzehnjähriges Mädchen, obwohl neben ihnen mit hocherhobenem Haupt der Beschützer der Familie stand – unser tapferer kleiner Bruder. Macht und Bosheit waren aufseiten unserer Gegner, auf der unsrigen dagegen das Recht und der zuversichtliche Mut, den das Christentum seinen gläubigen Seelen verleiht. Die Mutter hatte die feste Überzeugung, dass eine höhere Macht sich unserer Sache annehmen werde.

Sie und Martha bezeugten durch einen Eid, dass alle Rechnungen bezahlt worden seien. Nachdem auch die Gegenpartei ihren Fall klargelegt hatte, erhob sich Rechtsanwalt Douglas zur Verteidigungsrede. Mit großer Gewandtheit und Wärme verfocht er die Rechte der Witwe und der unmündigen Waisen, und jedermann musste zugeben, dass vor dem Gerichtshof von Kansas noch nie eine ergreifendere Rede gehalten worden sei. Allein trotz der Rührung, die sich der Versammlung bemächtigt hatte – bei manchen kam es sogar bis zu Tränen –, trotz der allgemeinen Überzeugung, dass das Recht auf unserer Seite sei, zitterten unsere besten Freunde vor dem Urteilspruch.

Da plötzlich, als der Eindruck der Rede unseres Verteidigers den Gipfelpunkt erreicht hatte, ereignete sich etwas ebenso Erstaunliches wie Unerwartetes. Kaum war der letzte wohlklingende Satz verhallt, so kam der ersehnte Zeuge Barnhart in den Saal gerannt. Auf die erste Andeutung hin, dass seine Gegenwart notwendig sei, war er nach Leawenworth aufgebrochen und gerade noch zur rechten Zeit angekommen. Er legte den feierlichen Schwur ab, dass die infrage stehenden Rechnungen bezahlt worden seien, worauf die Geschworenen, ohne ihre Sitze zu verlassen, ihren Urteilspruch zu unseren Gunsten verkündigten.

Ein freudiger Ausruf um den anderen ertönte nun aus den Reihen unserer Freunde, die sich um uns scharten und uns ihre Glückwünsche darbrachten. Unser Heim war gerettet. Rechtsanwalt Douglas aber hatte sich durch diesen Sieg, den selbst seine spätere lange und glänzende Laufbahn nicht zu verdunkeln vermochte, seinen Ruf als beredter Verteidiger des wahren Rechtes begründet.

Den nächsten Wellenschlag auf unserem Lebensstrom bildete Marthas Hochzeitstag. Sie war ein auffallend hübsches Mädchen, und der Ruf ihrer Schönheit hatte sich in der ganzen Gegend verbreitet. Da junge Damen zu jener Zeit im Staat Kansas noch recht rar waren, so wurde sie der Gegenstand eifrigster Huldigungen. Leider aber fiel ihre Wahl auf einen Unwürdigen. Von seinem Vorleben wussten wir gar nichts und von seinem jetzigen nicht viel mehr, als dass er ein hübsches Äußere und anscheinend ein gutes Auskommen hatte. Will war durchaus nicht mit dieser Wahl einverstanden. Mit der ihm angeborenen Feinheit des Empfindens verband sich der ungewöhnliche Scharfsinn eines vor der Zeit gereiften Knaben. Der Bräutigam unserer Schwester war ihm so zuwider, dass er, durchdrungen von der Richtigkeit seiner Gefühle, sich weigerte, der Hochzeitsfeier anzuwohnen. Diese Abneigung wurde indes nur einer Regung der Eifersucht vonseiten des Knaben zugeschrieben, da Bruder und Schwester mit abgöttischer Liebe aneinander hingen. Leider aber rechtfertigte die Zukunft nur zu bald seine Ansichten.

Es war, als ob sich Wills stummem Widerstand sogar die Natur selbst anschließen wolle. Ein entsetzliches Gewitter zog gegen Mittag zur Vermählungsstunde am Himmel herauf. So dicht waren die Wolken, dass man die Lichter anzünden musste, und als dann das Brautpaar sich an Hymens Altar niederließ, erbebten Haus und Fenster unter einem krachenden Donnerschlag.

Das junge Paar, das seinen Wohnsitz in Leawenworth hatte, verließ uns unmittelbar nach der Trauung.

Die auf den Schultern unseres Bruders lastenden Sorgen und Verantwortungen zerstörten indes keineswegs den knabenhaften Sinn für lustige Späße und Neckereien in ihm. Auch im Scherz war er der Buffalo Bill. So jagte er uns kleinen Schwestern eines Tages mit den sogenannten Elmsfeuern einen entsetzlichen Schreck ein, den wir alle wohl niemals vergessen werden. Wir hatten diese unheimliche Art von beleuchteten Kürbissen noch nie gesehen, und Will erzählte uns eine höchst gruselige Geschichte darüber.

»Die Kürbisse kommen brennend aus der Tiefe der Erde herausgestiegen«, sagte er, »sie gleichen blutroten Löwenköpfen mit teuflischen Augen und offenem Rachen. Ehe ihr es euch verseht, packen sie euch und verschwinden mit euch wieder unter der Erde. Passt nur auf!«

»Das ist nicht wahr!«, riefen wir kleinen Mädchen im Chor und rannten wie gewöhnlich zur Mutter.

»Will, du musst den Kindern keine solche Schauergeschichten erzählen. Das ist natürlich alles Unsinn«, beruhigte uns die Mutter.

»Da hast du es!«, riefen wir triumphierend.

Wenige Tage später aber erhielten wir die Antwort auf unser »da hast du es!« Als wir eines Abends ziemlich spät nach Hause kamen, fanden wir das Tor von grimmig aussehenden gelben Wesen bewacht, die uns im Mondlicht wie lebendige, in Brand stehende Menschen entgegengrinsten.

»Elmsfeuer!«, schrie Eliza, Mays Hand erfassend und im Begriff, davonzulaufen. Ich begann meine Gebete herzusagen und dabei wie immer nach der Mutter zu rufen. Plötzlich bewegten sich sämtliche Köpfe zu gleicher Zeit. Sogar Türk zog den Schwanz ein und heulte erschrocken. Wir aber schlugen nun angesichts der teuflischen Fratzen einen solchen Höllenlärm an, dass das ganze Haus zu unserer Hilfe herbeigeeilt kam. Während wir dann in der Mutter Armen unsere Erlebnisse hervorstammelten, hörten wir Will hinter der Türe kichern.

»Da habt ihr es, ihr Pfiffikusse! Das nächste Mal werdet ihr schon glauben, was ich euch sage.«

Am liebsten drang er in unser Spielzimmer ein und trieb allerlei Schabernack mit unseren Puppen. Die Mutter hatte uns in dem großen Blockhaus ein Zimmer eingeräumt, wo unsere Puppenfamilien in Frieden und Eintracht hausten, wenn Will nicht in der Nähe war. Sobald er aber auf der Bildfläche erschien, gab es ein Trauerspiel ums andere. Einmal skalpierte er die Puppenmutter und hing ihre Kinder am Bettpfosten auf, ein anderes Mal erstürmte er die Puppenstube und stellte die ganze kleine Familie auf den Kopf, nachdem wir sie schon zu Bett gelegt hatten – kurz, er war ein entsetzlicher Plagegeist. In diesem Kinderzimmer wurde der Keim zu seinem späteren tatenreichen Leben im Wilden Westen gelegt. Er teilte uns in zwei richtige kleine Truppen ein – Türk und den kleinen Bruder mit eingeschlossen – und veranlasste uns, ihm in Marschordnung zum Wald zu folgen. Dazu verfertigte er uns Steckenpferde, Streitäxte sowie Bogen und Speere nach dem Muster der Indianer, sodass wir Cowboys, Indianer, Bullentreiber und Expressboten darstellen konnten. Alle Erlebnisse bei seinem ersten Frachtzug wurden in den Wäldern des Salzflusstales von Neuem durchgemacht. Frachtzüge, Räuberüberfälle und die wildesten Indianerkämpfe führten wir auf.

Will war dabei stets der oberste Skalpierer, und befand er sich einmal auf dem Kriegspfad gegen uns, dann retteten wir nur selten einige Federn unseres Indianerkopfputzes, ohne uns für diesen Raub rächen zu können, da wir kleinen Dinger nicht bis zu seinem Kopf zu reichen vermochten. Er trug immer lange, glänzende Federn, die der Stolz unseres schwarzen Haushahns gewesen waren, und wenn Will dazu noch ein Stück von jener alten, ihm in Leawenworth geschenkten Indianerkleidung um die Schultern warf, so hielten wir ihn für einen äußerst stattlichen General.

Wir alle gehorchten ihm blindlings bei solchen Aufführungen, und fast niemals kam es vor, dass eine von uns sagte: »Nun ist es aber genug«, oder: »Ich werde der Mutter sagen, wie toll du es treibst.«

Einmal aber erlitt eine unserer interessanten Vorstellungen doch eine Unterbrechung.

»Wenn ich ein Mann bin, so werde ich große, prächtige Schaustellungen geben«, bemerkte Will.

»Die Wahrsagerin prophezeite dir ja aber doch, du werdest einmal Präsident der Vereinigten Staaten«, antwortete Eliza.

»Woher soll so eine dumme Person wissen, was ich einmal werde«, entgegnete er verächtlich. »Ich will doch sehen, ob ich nicht trotz aller Prophezeiungen von Wahrsagerinnen meine Absicht ausführen werde. Lasst es euch ein für alle Mal gesagt sein, Mädchen, ich will nicht Präsident werden, sondern große, prächtige Schaustellungen geben.«

Mit solcher Kühnheit sein Schicksal umgestalten zu wollen, war unerhört, und obwohl wir noch keinen rechten Begriff vom Wort Schicksal hatten, so konnten wir doch die Tatsache erfassen, dass Will sich weigern wollte, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Wir liefen deshalb zur Mutter und stießen, die Köpfe in ihren Schoß bergend, unter Schluchzen hervor: »Mutter, Will sagt, er wolle nicht Präsident werden. Nicht wahr, er muss es?«

Allein trotz Wills erhabener Geringschätzung für Wahrsagerinnen schien doch die seine Zukunft betreffende Prophezeiung hin und wieder seinen Geist zu beschäftigen. Dies zeigte sich in einem kleinen Erlebnis, das die Verfasserin dieses Buches als eine der Wahrheit huldigende Erzählerin durchaus nicht verheimlichen darf.

Unser Nachbar Hathaway hatte einen Sohn in Wills Alter, namens Eugen, und die beiden waren dicke Freunde. Eines Tages, als Will Eugen einen Besuch machte, gerieten die Knaben an ein Fass starken Apfelweins. Die Mäßigkeitsbewegungen waren damals noch nicht so weit gediehen, ein solches Getränk in Acht und Bann zu tun, und Hathaway hatte kürzlich eine große Menge dieser althergebrachten Flüssigkeit ausgepresst. Die Knaben, einen harmlosen Trank vermutend, ließen ihn sich gründlich schmecken und nahmen viel mehr zu sich, als sie vertragen konnten. Als Hathaway sie endlich fand, waren sie bereits in kläglicher Verfassung, und tiefbetrübt brachte der gute alte Mann Eugen zu Bett und Will nach Hause.

Unter ausgelassenen Freudenrufen kehrte der Familienheld zu uns zurück. Laut singend und jubelnd stand er im Wagen, und als Hathaway ihm darüber Vorwürfe machte, antwortete er in hoheitsvollem Tone: »Schelten Sie mich nicht, bedenken Sie, dass ich einmal Präsident der Vereinigten Staaten sein werde!«

Alles im Leben aber hat sein Gutes. Nie wieder kam ein Tropfen Apfelwein über Wills Lippen, und nie wieder durfte er sich seinen Schwestern gegenüber herrisch benehmen. Zwar sahen sie noch immer voll Bewunderung zu ihm auf, fügten sich aber nicht mehr unbedingt seinen Anordnungen. Wenn er es jetzt wagte, uns stärker zu necken und zu quälen, als wir es für gut fanden, so konnten wir ihn mit einer Nachahmung seiner hochtrabenden Rede: »Bedenken Sie, dass ich einmal Präsident der Vereinigten Staaten sein werde!« sofort zähmen. Und in der Tat fasste er die von uns geübte Wiedervergeltung so ernsthaft auf, dass wir ihn für den Rest des Tages meist nicht mehr zu Gesicht bekamen.

War aber der Pfarrtag in Sicht, dann kannte sein Übermut keine Grenzen mehr.

Will hielt es äußerlich nie sehr mit den sogenannten Frommen, und wenn die Geistlichen der Umgegend sich zur vierteljährigen Zusammenkunft in unserem Hause versammelten, so mussten wir stets auf irgendeinen Schabernack von seiner Seite gefasst sein. Die Mutter gehörte der Methodistenkirche an, und da unser Blockhaus das größte im ganzen Tal war, so fiel uns häufig die Aufgabe zu, die Geistlichen zu bewirten. War Will zu Hause, so trafen wir unsere Vorbereitungen möglichst im Geheimen, doch fand er trotzdem meistens heraus, was los war, und dann, wehe uns allen! Sein erster Streich bestand meist darin, dass er Türks Gelüste auf die gelbbeinigen Hühnchen – unser einziger Braten für die zu erwartenden Gäste – rege machte. Nachdem ihm dies geglückt war, kam er mit der unschuldigsten Miene der Welt zu uns herein und sagte: »Denke dir nur, Mutter, eben sehe ich die gelbbeinigen Hühnchen den Weg hinauflaufen, sie müssen entschieden die Methodistenpfarrer gerochen haben, denn die guten Tiere rennen wie toll davon.«

»Ach was, Will, ich habe sehr gut gesehen, wie du Türk auf die Hühnchen gehetzt hast. Rasch rufe ihn zurück und fange die Hühnchen wieder ein.«

»Erst fangt mich selbst!« Dabei tanzte er um uns herum und neckte und verfolgte uns, bis wir schließlich ganz außer Atem gerieten. Nur mit größter Mühe konnte die Mutter ihn endlich dazu bringen, die Hühnchen wieder zusammenzutreiben. Nachdem dies glücklich geschehen war, entzog er den Kühen die Milch, bestreute den Weg bis zum Gittertor mit Disteln und Dornengestrüpp und hing ein Schild aus, auf dem geschrieben stand: »Dornig ist der Weg und rau der Pfad, der ins Himmelreich führt.« Kaum hatte die Mutter das große englische Himmelbett mit einem frisch gestärkten und gekräuselten Behang versehen, so besudelte er es mit Schmierkäse, kroch unmittelbar, ehe die Prediger ankamen, darunter und hörte von dort aus die Gebete an.

Die Mutter empfahl uns Mädchen jedes Mal an, ruhig zur Andacht ins Zimmer hereinzukommen, doch konnten wir nicht am Bett vorübergehen, ohne in die Beine gekniffen zu werden, sodass wir förmliche Bocksprünge machten und es doch nicht wagten, der Mutter in Gegenwart der Prediger den Grund davon zu sagen. Schweigend mussten wir die Unart auf uns sitzen lassen, doch lachten wir vergnüglich ins Fäustchen, wenn der Mann, den Will die grüne Dattelpflaume nannte, weil sein Mund beim Gebetehersagen an eine halbierte Pflaume erinnerte, ins Zimmer hereintänzelte und dann laut aufschrie, als er beim Bett vorüberkam.

»Erbarmen, ich glaubte schon, Ihr böser Hund habe mich gebissen, Frau Cody, doch muss es wohl eine Bremse gewesen sein.«

Und nun begannen die Bußpredigten. Will hörte sie meistens ruhig mit an, bis die Versammelten zu berichten anfingen, wie verderbt sie vor ihrem Frommwerden gewesen seien; dann aber stieß er ein lautes Amen hervor. Die Pfarrer kannten Wills Stimme nicht und ärgerten sich nicht wenig, als diesem ersten Amen bald eine ganze Menge solcher Ausrufe folgte. Nachdem ihre Wut dann den Höhepunkt erreicht hatte, begann Will ein entsetzliches Schnarchen, das uns vollends um den Rest unserer Fassung brachte. Dann kroch er plötzlich unter dem Bett hervor und war wie der Blitz durchs Fenster verschwunden.

So wurden die Pfarrtage, wie Will sie getauft hatte, die Qual unseres Daseins.

Ja, es ist nicht zu leugnen, Will neckte und quälte uns entsetzlich, viel mehr, als uns lieb war. Er brauchte aber auch nur mit dem Finger zu drohen, so schrien wir schon laut auf. Das Weinen und Kreischen nahmen kein Ende vom Morgen bis zum Abend, trotzdem liebten wir ihn aufrichtig, und unsere Tränen flossen noch reichlicher, wenn er fortging, als wenn er zu Hause war.

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