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Der Märkische Eulenspiegel 12

Der Märkische Eulenspiegel
Seltsame und kurzweilige Geschichten von Hans Clauert in Trebbin
Niedergeschrieben von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Leipzig, 1847
Überarbeitete Ausgabe

Hans Clauert, Schlosser aus Trebbin

Wie Clauert ein Schwein schlachten lassen wollte und noch keins hatte

In der Mark Brandenburg ist es gebräuchlich, dass jeder­mann zu Fastnacht gern ein Schwein schlachtet und gute Kuchen backt. Diese Gewohnheit wollte Clauert auch festhalten, damit er nicht für den Geringsten angesehen würde. Er schickte deshalb zu seinem Nachbarn, Peter Walter, er solle am folgenden Tag zu ihm kommen und ihm ein Schwein schlachten. Dieser glaubte, dass es sich wirklich so verhalte. Er nahm daher des anderen Mor­gens sein Werkzeug und ging hin zu Clauert.

Als er in die Stube trat, fragte er, ob das Wasser heiß wäre, das Schwein zu brühen. »Ja, lieber Nachbar«, erwiderte Clauert, »das Wasser ist heiß genug, aber das Schwein ist noch nicht vorhan­den. Setzt Euch nur einstweilen nieder und wartet ein wenig, ich will einen von meinen Nachbarn bitten, dass er mir ein fettes Schwein leihen möge.«

Darüber wurde der Fleischer zornig, fluchte und gebärdete sich gar übel, dass er ihn als einen alten Mann so zum Narren gehabt hätte. Clauert versprach und gab ihm auch eine Zeche Bier, sodass er nun mit ihm zufrieden war. Dann ging er hin zum Wassermüller und sagte zu ihm, dass er eine Bitte an ihn habe, die er ihm jedoch zuvor gewähren möchte, ehe er sie vorbringen könnte.

Der Müller wollte sie ihm nicht zusagen, außer wenn er sie vernommen hätte, und wollte wenig­stens wissen, ob sie ihm zu erfüllen möglich, aber auch nicht schäd­lich wäre. Clauert sagte, der Müller hätte es, was er wünschte, und könne es auch tun, wenn er nur wollte, und erzählte ihm sodann den ganzen Handel; wie er den Fleischer bestellt, wie es ihm aber nachher an einem Schwein gemangelt hätte. Darüber sei der Fleischer zornig geworden, und er selbst werde zu Fastnacht weder Braten noch Kuchen essen können, wenn ihm der Müller nicht ein fettes Schwein leihen wolle.

Der Müller entschuldigte sich und sagte, dass bei ihm zwar etliche fette Schweine vorhanden waren, dass aber dieselben dem Herrn Hauptmann Eustachius von Schlieben gehörten. Diesen möge er ansprechen; vielleicht könne ihm dort seine Bitte erfüllt werden.

Da erwiderte Clauert: »Wenn die Mäuse mit den Katzen fressen wollen, so müssen sie einer scharfen Tischzucht gewärtig sein. Dieses müsste ich für mich auch befürchten, wofern ich den Hauptmann darum ansprechen würde. Deshalb will ich doch lieber meine Fastnacht bei anderen Leuten halten.«

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