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Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges 09

Max Klose
Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges
Mit zahlreichen Abbildungen aus dem Riesengebirge
Verlag von Brieger & Gilbers. Schweidnitz (Świdnica). 1887.
Überarbeitete Fassung

Warmbrunn und Umgegend

1. Der Ortsname

Der Badeort Warmbrunn, welcher südlich von Hirschberg liegt, soll ehemals Warmborn geheißen haben und verdankt seinen warmen Heilquellen den Namen.

2. Die Entdeckung der Quellen

In grauer Sagenzeit (im 10. Jahrhundert) war aus der Stelle des Badeortes Warmbrunn ein großer Urwald. Einst jagte dort ein Hermundurenfürst und kam an eine Quelle. Sein Lieb­lingshund sprang in das Wasser, verbrannte sich aber und kroch, jämmerlich heulend, zu seinem Herrn. Der Heidenfürst untersuchte die Stelle und fand das Wasser heiß aus der Erde hervorsprudeln. Erschrocken wandte er der Gegend den Rücken und meldete sein Erlebnis den Wotanpriestern, welche die Quelle zur Heilung der Kranken benutzten.

Einer anderen Sage nach, war Herzog Boleslaus der Grause im Jahre 1175 auf die Jagd geritten. Derselbe gelangte mit seinen Jägern zu einer Quelle, in welcher ein verwundeter Hirsch badete. Der Herzog befahl, das Wasser zu untersuchen, und wurde der Gründer des Badeortes.

3. Das schlesische Bethesda

Von der Warmbrunner Quelle ging ehedem die ähnliche Sage wie von dem Teich zu Bethesda. Der Herzog Boleslaus hatte dieselbe dem Schutzpatron Schlesiens, dem heiligen Johannes dem Täufer, gewidmet und zu dessen Ehre eine Kapelle an der­selben erbaut (1180). Wie nun der Engel das Wasser des Teiches von Bethesda bewegte und dadurch den Kranken Heilung brachte, so verlieh der heilige Johannes am 24. Juni jeden Jahres (Johannisabend) der Quelle eine besondere Heilkraft. Von allen Seiten sollen früher an diesem Tag Kranke herbeigeeilt und ge­nesen von ihren Leiden wieder heimgezogen sein.

4. Die wunderbare Rettung

Der Ritter Hans Schoff und dessen fromme Gemahlin sind einst vom Kynast herabgekommen und in ein großes Unwetter ge­raten. Als dieselben über die Zackenbrücke bei Warmbrunn fuhren, stürzte diese zusammen und der Wagen mit den Insassen hinab in die tobende Flut des Hochwassers. Da gelobte die Edeldame, einen Altar zu stiften, wenn Gott sie und ihren Gemahl von dem sicheren Tod rette. Die Wogen führten den Wagen wie einen Kahn fort und setzten denselben unbeschädigt an Land. Der Ritter dankte mit seiner Gemahlin Gott und stiftete ein Altarbild, welches sich noch heute auf einem Seitenaltar der katholischen Kirche zu Warmbrunn befindet.

5. Die alte Mühle

Ein Graumännlein soll in der alten Mühle zu Warmbrunn umgehen. Dasselbe hatte einst dem Müller den Tod seiner An­gehörigen vorausgesagt und, als derselbe wieder heiratete, auch der jungen Frau Tod ihm vier Wochen vorher verkündet. Später ist das Männlein dem Müller noch oft erschienen und hat demselben in der Mitternachtsstunde die besten Ratschläge gegeben, wenn irgendetwas im Geschäft nicht recht gehen wollte.