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Der Märkische Eulenspiegel 10

Der Märkische Eulenspiegel
Seltsame und kurzweilige Geschichten von Hans Clauert in Trebbin
Niedergeschrieben von Oskar Ludwig Bernhard Wolff
Leipzig, 1847
Überarbeitete Ausgabe

Hans Clauert, Schlosser aus Trebbin

Wie Clauert ein altes Weib versuchte, ob sie auch fluchen könnte

Als Clauert einmal zu Sebekow entlaufen war, kam er noch an demselben Tag vor ein anderes Dorf in dem Land Mecklen­burg. Da saß ein altes Weib in einem Garten und raufte das Unkraut aus. Clauert grüßte das Weib ganz freundlich und sie erwiderte den Gruß noch viel freundlicher.

Weil nun Clauert sehr wohl wusste, dass sowohl Manns- als auch Weibspersonen in jenem Land heftig schelten und fluchen, so fragte er die alte Mutter, ob sie auch fluchen könnte.

»O nein, mein lieber Sohn«, erwiderte sie, »wo sollte ich denn das Fluchen gelernt haben? Das sei fern von mir; ich bin keinem Menschen so gram, als dem, der immer flucht.«

Clauert sagte heimlich zu seinem Reisegefährten: »Das will ich bald versuchen, ob es wahr ist.« Daraus sprach er weiter zu dem alten Weib: »Habe ich doch vielen Leuten gehört, liebe Mutter, dass ihr eine Zauberin und eine lose ausgefeimte alte Dirne seid?«

Da fing das alte Weib an zu schelten und zu fluchen, so sehr, dass niemand sein Leben lang es ärger gehört haben kann. Sie hieß ihn einen Schelm und einen Dieb und wünschte ihm mehr als zwanzig Tonnen voll Teufel in den Leib, und solcher fürchterlicher Flüche stieß sie noch unzählige aus, die wir hier nicht alle aufzählen können.

Clauert lachte nur darüber und sagte zu ihr: »Seht, seht nun, liebe Mutter, habe ich Euch nicht gefragt, ob Ihr auch fluchen könntet? Worauf Ihr mir zur Antwort gegeben habt, dass Euch das Fluchen gar nicht bekannt wäre. Wo habt Ihr es denn jetzt so schnell ge­lernt? Hätte ich das gewusst, so hätte ich lieber geschwiegen.«

das Weib erwiderte: »Hui, du magst den Teufel danach fragen und mich nicht.«

Und je mehr Clauert das Weib zu versöhnen suchte, desto ärger und heftiger schalt und verwünschte sie ihn, sodass er sich zuletzt nichts mehr wünschte, als so weit wie möglich hinweg zu sein.

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