Slatermans Westernkurier 07/2024
Auf ein Wort, Stranger, heute beschäftigen wir uns mit dem König der Pferdediebe.
Henry Borne (auch Bourne geschrieben) wurde am 2. Juli 1849 in Manitowoc, Wisconsin, als Sohn deutscher Einwanderer geboren. In den 1860er Jahren zog er mit seiner Familie nach Montague, Michigan, wo er als Holzfäller arbeitete. Irgendwann trat er der Siebten Kavallerie bei, verließ sie jedoch Ende der 1860er Jahre. Kurz darauf wurde Borne in Fort Smith, Arkansas, verhaftet, weil er der Army zwanzig Maultiere gestohlen hatte. Er wurde zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, konnte aber bereits nach drei Monaten aus der Haftanstalt fliehen.
In den Jahren 1868 und 1869 war er als Kundschafter für General George Custer tätig. Anfang 1870 wechselte er zum Frachtdienst von George Hoffmann und war bis zum Juni 1870 in Fort Harker in Kansas. Die nächsten Monate verbrachte er damit, Büffel zu jagen, eine Arbeit, die durch die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Cheyenne und der Armee immer gefährlicher wurde und sich schließlich kaum noch lohnte.
Borne begann sich daraufhin immer intensiver dem Pferde- und Maultierdiebstahl zu widmen.
Nach dem Ende des Red River Indianerkrieges zwischen der Armee und den Kiowas und Comanchen im Jahr 1875 war Borne der Anführer eines riesigen Pferdediebstahlrings, der nicht nur in Kansas, sondern auch in Colorado, New Mexiko und im Osten von Texas, dem sogenannten Panhandle, operierte.
Obwohl die Anzahl von Bornes Bandenmitgliedern auch heute noch umstritten ist, dürfte sie tatsächlich bei etwa 300 Männern gelegen haben. Borne spezialisierte sich auf Indianerponys und Armeemaultiere, für die es in den oben genannten Gebieten einen großen Markt gab.
Er erklärte dazu einmal, dass er noch nie das Pferd eines weißen Mannes gestohlen hatte. Sein Ruf wurde durch Zeitungen des Ostens immer größer. Eine Episode aus seinem Leben, die diesen Ruf noch beflügelte, war die Begegnung mit dem Rancher Charles Goodnight, der zur damaligen Zeit durch den sogenannten Goodnight Loving Trail bereits selber eine lebende Legende war.
Nachdem er die JA-Ranch gegründet hatte, traf er sich mit Henry Borne und 18 Mitgliedern seiner Bande am Commission Creek in der Nähe von Fort Elliott in Texas. Die beiden Männer schlossen einen Pakt, der mit einem Schluck Whisky besiegelt wurde und Borne und seine Bande dazu verpflichtete, keine Raubzüge an der nördlichen Landesgrenze von Goodnights Besitz zu unternehmen. Als Gegenleistung wollte ihn der Rancher dafür in Ruhe lassen.
Borne willigte sofort ein. Er wusste, was Goodnight mit den Indianern gemacht hatte, die einem ähnlichen Pakt nicht zustimmten. Seine beinharte Mannschaft sorgte hernach dafür, dass es diese Indianer nicht mehr gab.
Danach gab es noch weitere Geschichten über Borne, die seinen Legendenstatus immer weiter manifestierten. Allerdings muss dazu auch gesagt werden, dass nicht alles, was man über ihn berichtete, der Wahrheit entsprach. Eine dieser weit verbreiteten Episoden aus seinem Leben ist inzwischen durch den Historiker Roger Myers durch Aussagen von Zeitzeugen und Gerichtsakten klar widerlegt worden.
Henry Borne hat entgegen allen Behauptungen eben nicht an der zweiten historischen Schlacht von Adobe Wells zwischen Büffeljägern und Quanah Parkers Comanchen teilgenommen. Er saß zu diesem Zeitpunkt nämlich in Kansas im Gefängnis, nachdem ihn der US-Deputy-Marshal Alex Ramsey wegen dem Diebstahl mehrerer Regierungsmaultiere angeschossen hatte, da sich Borne seiner Verhaftung durch Flucht entziehen wollte.
Er wurde nach Topeka, Kansas, gebracht und von da aus nach Leavenworth, wo er etwa 15 Monate im Gefängnis verbrachte.
*
Zwischen 1877 und 1878 befanden sich Borne und seine Bande von Pferdedieben auf dem Höhepunkt ihrer Macht, dennoch ging es trotz manch erfolgreicher Coups stetig bergab. Die Behörden der Staaten, in denen Borne und seine Bande ihr Unwesen trieben, verstärkten ihre Bemühungen Woche für Woche, um den Pferdedieb-Ring endlich zu zerschlagen.
Borne wurde immer wieder verhaftet, doch genauso oft gelang ihm die Flucht.
Doch im Dezember 1878 verhaftete ihn R. Wootton, der Sheriff des Las Animas County in Trinidad, Colorado. Dort wurde er erneut wegen Maultierdiebstahl vor Gericht gebracht und sollte nach der Urteilsbegründung auf direktem Wege ins Gefängnis von Bent County überstellt werden.
Doch dazu kam es nicht. Bat Masterson, der bekannte Gesetzesvertreter aus Dodge City, legte einen Haftbefehl wegen schweren Diebstahls vor, den Borne vor dem Maultierdiebstahl begangen hatte, und somit konnte er ihn wegen älterem Anrecht nach Kansas überführen.
In Kansas jedoch wurde er überraschenderweise von der Geschworenenjury freigesprochen, worauf sich Borne sofort nach New Mexiko absetzte, denn inzwischen hatte man seine Bande so gut wie zerschlagen.
Er ließ sich dort in Las Vegas nieder und wurde alsbald Mitglied der sogenannten Dodge City Gang. Der Name entstand, weil die meisten aus dieser Verbrecherbande aus eben jener Stadt in Kansas stammten. In dieser Zeit perfektionierte Borne den Pferdediebstahl in einer Art und Weise, dass man ihn fortan als den größten Pferdedieb Amerikas oder sogar als König der Pferdediebe titulierte. Aber er konnte sich nicht lange seiner Berühmtheit erfreuen, denn seine verbrecherische Vergangenheit holte ihn alsbald ein.
Die Mühlen des Gesetzes mahlen zwar langsam, aber sie mahlen, heißt es immer wieder, und auch Borne musste feststellen, dass diese Behauptung sehr wohl zutraf.
Er hatte längst vergessen, dass man ihn Ende der 1860er Jahre einmal in Arkansas, in Fort Smith, wegen dem Diebstahl von zwanzig Maultieren aus Armeebeständen verhaftet hatte und ins Gefängnis steckte, aus dem er drei Monate später wieder ausgebrochen war.
Der Staat Arkansas allerdings hatte es nicht vergessen.
Man spürte ihn auf und überführte ihn erneut ins Gefängnis.
*
Danach wandelte sich Borne sozusagen vom Saulus zum Paulus. Er erwarb in den 1890er Jahren eine Urkunde für 160 Acres Land am San Juan River, etwa zwanzig Meilen von Pagosa Springs, Colorado, entfernt. Das Land wurde später als Bornes Lake bekannt. Im Juli 1900 heiratete er Ida Dillabaugh und wurde Vater von vier Kindern. Er sprach nie mehr über seine Vergangenheit und er trug auch nie mehr eine Waffe.
Henry Borne starb am 10. Januar 1921, aber nicht, wie so viele Verbrecher vor ihm in den Stiefeln, sondern in seinem Bett an einer Lungenentzündung und wurde auf dem Friedhof von Pagosa Springs beigesetzt.
Quellenhinweis:
• Kathy Weiser, Legends of America, Dezember 2022