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Jim Buffalo – 27. Abenteuer – Kapitel 4

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 27. Abenteuer Jim Buffalos
Die Goldräuber der Yukon Hills
4. Kapitel

Der Goldschatz der Ingeleten

Schweigend wurde das Mahl verzehrt. Der Gefangene genoss keinen Bissen davon und starrte in finsterem Trotz vor sich nieder.

»Warum haben uns deine roten Brüder überfallen?«, wandte sich endlich Schwarzdrossel an diesen.

»Aus Hass gegen die Bleichgesichter, den uns der große Ingalik gelehrt hat!«, stieß der Gefesselte leidenschaftlich hervor. »Flieht, ehe es zu spät ist, oder die Rache der Ingeleten wird euch treffen, wie er alle die getroffen, die mit den roten Steinen Schutz bei ihnen suchten.«

Fred Forster horchte bei diesen Worten auf.

»Sollten das die Goldräuber sein, die wir suchen?«, wandte er sich an Jim Buffalo.

»Ich fürchte es!«, versetzte dieser leise. »Wir müssen sehen, ob wir aus dem Burschen etwas herausbringen.«

Und sich an den Gefangenen wendend, fragte er diesen: »Eure Brüder haben weiße Männer getötet, die zu euch kamen? Ihr habt recht daran getan, denn das Gold gehörte nicht ihnen, sie hatten es gestohlen. Der Herr der roten Steine sitzt hier!«

Er deutete dabei auf Fred Forster, der sich in seiner Wichtigkeit als Direktor der Gold-Company erhoben hatte.

Aber die Rothaut maß ihn nur mit einem verächtlichen Blick.

»Die Herren der roten Steine sind allein die Ingeleten!«, höhnte er spöttisch auf. »Doch was gedenkt ihr mit mir zu tun?«

»Dasselbe, was ihr mit den weißen Männern getan habt, euch töten!« Wenn diese Worte auch nicht ernst gemeint waren, so zuckte es doch wie Erschrocken über des Gefangenen bronzene Züge.

»Und wenn ich euch an den Ort führe, wo das geraubte Gold liegt?«, stieß er heiser hervor. »Würdet ihr mich dann freilassen?«

»Vielleicht, wenn du die Wahrheit sprichst!«

Eine Weile schweig der Ingelete, dann wandte er sich wieder an Jim Buffalo.

»Löst mir die Fesseln meiner Füße, dass ich euch führen kann!«

Jim Buffalo schritt auf den Gefesselten zu und zerschnitt die Bande.

»Kommt!«, sagte dieser kurz.

Den Häuptling der Ko-Yukon dicht hinter ihm, schritt der Gefangene in den Wald hinein. Durch dicht verwachsenes Gebüsch ging der Weg, über Felsgeröll und an gähnenden Schluchten vorüber. Der Ingelete musste hier jeden Fußbreit kennen, denn keinen Augenblick zögerte er.

»Wenn uns die Rothaut nur in keine neue Falle lockt!«, knurrte Fred Forster.

»Pah, dann stoße ich ihm mein Messer in die falsche Brust!«

»Stoßt zu!«, versetzte der Gefangene gelassen.

Endlich, nach einer Stunde, machte der Ingelete vor einem scheinbar undurchdringlichen Dickicht Halt.

»Da haben wir es ja!«, fluchte Fred Forster. »Irregeführt hat uns der Halunke! Aber umsonst soll er es nicht getan haben.«

In seiner Erregung hatte er sein Messer herausgerissen und wollte es dem Indianer in das Herz stoßen.

Mit einem raschen Griff entwand ihm Jim Buffalo das Messer und warf es in das Gebüsch.

Ein dankbarer Blick traf ihn aus den Augen des Geretteten.

»Mein weißer Bruder hat ein gutes Herz«, sagte er warm. »Möge es auch so weich bleiben, wenn er das rote Gestein gesehen hat!«

Bei diesen Worten bog er die Zweige auseinander, und die erstaunten Männer gewahrten den Eingang zu einer Höhle.

Rasch war einer der mitgeführten Äste angebrannt und hell erleuchtete die Fackel den großen, geheimnisvollen Raum.

Aber was hatten sie gesehen?

Wie geblendet schlossen sie die Augen und wagten sie gar nicht wieder zu öffnen, aus Furcht, dass die Herrlichkeiten, die sie soeben erblickt hatten, nur ein Trugbild sein könnten. Aber der goldig flimmernde Glanz, der ihnen von den Wänden, von der Decke der Höhle und selbst vom Boden entgegenstarrte, blieb … und …

»Gold! Gold!«, jauchzten die Männer wie aus einem Munde.

Da funkelte ihnen das edle, vielbegehrte Metall in schweren Adern aus dem in großen Haufen herumliegenden Gestein entgegen, als ob es eigens hier zusammengetragen worden wäre.

Aber ihre trunkenen Blicke wandelten sich sofort in die des Entsetzens, als der Ingelete mit der ausgestreckten Hand auf eine im Hintergrund der Höhle sitzende Gestalt deutete, ein Mensch, wie er leibte und lebte, und doch kalt und tot; die irdischen, durch langen Frost vor dem Verderben geschützten Überreste des großen Häuptlings Ingalik.

Um den toten Häuptling herum aber, war ein Altar von Menschenköpfen errichtet, der grausig anzuschauen war.

»So bestraft der große Ingalik alle die, die sich dem roten Steinen zu nahen wagen! Nehmt davon, so viel ihr wollt und flieht! Ein zweites Mal dürftet ihr lebendig diesen Ort nicht wieder betreten!«, sagte der Indianer dumpf und drohend.

Jim Buffalo hatte einen fragenden Blick auf das totenbleiche Gesicht Fred Forsters geworfen, und dieser nickte stumm. Unter den Hunderten von Köpfen, die den Schatz behüteten, hatte er auch die der entflohenen Goldräuber erkannt.

Sie waren den Ingeleten in die Hände gefallen und sämtlich getötet worden. Von der Aufforderung ihres Führers machte keiner Gebrauch. Keine Hand wagte sich an das verführerische rote Gold, das mit so viel Blut zusammengetragen worden war, und stumm, noch unter dem Bann des eben Erblickten verließen die Männer die unheimliche Höhle.

»Den Lebenden hätte ich es abgenommen, den Toten vermag ich es nicht!«, sage Jim Buffalo erschüttert zu Fred Forster, und dieser reichte ihm stumm die Hand.

Als man sich nach dem Gefangenen umwandte, war dieser spurlos verschwunden.