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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.18

Mythos-Tempelritter

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Pedro de Montaigu (1219 – 1229)

Pedro de Montaigu ist uns bereits als Meister von Portugal bekannt geworden. Er stammte aus der Auvergne, sein Bruder Guerin war von 1206 – 1230 Großmeister der Hospitaliter. Wahrscheinlich kam er mit den deutschen und friesischen Pilgern, in deren Gemeinschaft er die maurische Feste Alkazar in Portugal erobert hatte, zur Belagerung von Damiette. Er mag im Frühjahr Großmeister geworden sein, als man die Belagerung mit erneutem Eifer angriff, und hat durch seine Kriegserfahrung hierbei viel genützt.

Auf eine ermunternde Rede des Legaten beschlossen die Christen, um jeden Preis den Übergang über den Nil zu erzwingen. Schon am 3. Februar fuhr man aus dem Kanal Asrak in den Strom ein. Die erbauten Flöße gelangten glücklich über die nicht schiffbar gemachte Stelle an jenem Meierhof. Ein österreichisches Schiff fuhr mit glücklichem Wind voraus, zerstörte das Pfahlwerk, sodass die Flöße überall Wasser fanden. Ein furchtbares Unwetter hinderte die Unternehmung, auch stand das sarazenische Heer am östlichen Ufer und belästigte die Christen durch die Wurfgeschosse sehr. Wegen der langwierigen und beschwerlichen Kriegsdrangsale hatte sich im Heer des Sultan Kamel eine Verschwörung gebildet, über welche jener so erschrak, dass er in der Nacht zum 5. Februar heimlich das Lager verließ und, als dies ruchbar wurde, sein Heer sich gänzlich auflöste.

Es war ein stürmischer Regentag, sodass die Christen, welche den Angriff beschlossen hatten, den Abzug des Sultans und die Flucht des Heeres nicht merkten. Ruhig standen sie im Lager, als beim Grauen des Tages ein französischer Renegat, Simon, vom jenseitigen Ufer herüberrief: »Was zögert ihr, der Sultan ist entflohen.«

Eben waren die Obersten des Heeres zur Frühmesse versammelt, als diese überraschende Nachricht erschallte. Sogleich wurde der Übergang anbefohlen. Nur die Tiefe des Stromes und sein schlammiges Ufer verursachte einige Hindernisse, sonst ging die Unternehmung glücklich vonstatten. Die Tempelritter hatten die Vorhut. Kaum ans jenseitige Ufer gelangt, sprengten sie zur Stadt und warfen alles, was sich ihnen widersetzte, nieder, eilten dann zum Lager und töteten 120 Sarazenen. Mittlerweile kam das ganze Pilgerheer heran, das beutereiche feindliche Lager fiel in seine Hände.

Nun erst konnte Damiette belagert werden. Die Deutschen und Friesen blieben am westlichen Ufer auf den Dünen im alten Lager, um Fluss, Hafen und Flotte zu bewachen. Eine Schiffbrücke verband altes und neues Lager, welches Letztere am östlichen Ufer zwischen dem Nil und See Mensaleh sich befand. Ein unvermuteter und kräftiger Angriff hätte die bestürzte und schwach besetzte Stadt in der Christen Hände bringen können. Aber zu bedächtig verweilte man bei vorsichtiger Zurüstung zu einer langen Belagerung. Am 6. Februar kam der Sultan Malek al Moaddhem nach Ägypten. Mit neuem Mut erfüllt rückten die Sarazenen wieder vor. Moaddhem aber kehrte nach Syrien zurück, denn der König von Armenien hatte im Bunde mit dem Sultan von Iconium sein Land angegriffen. Da er nun fürchtete, die Christen würden in Ägypten siegen und dann in Syrien weitere Fortschritte machen, so zerstörte er Paneas, Toron und Jerusalem. Nur die Burg Zion und der Tempel des Herrn wurden verschont. Ganz Ägypten war nun wegen des christlichen Heeres in großer Besorgnis, aber dieses schickte sich träge zur Belagerung Damiettes an, was freilich teilweise mit dem großen Verlust an Streitern und Feldobersten entschuldigt werden kann, denn gerade mit dem Frühjahr war die Seuche recht ausgebrochen.

Kamel, mit syrischen Truppen verstärkt, rückte heran und unternahm einige unbedeutende Angriffe auf das östliche Lager. Dieses umschloss die Stadt immer enger, indem noch eine zweite Schiffbrücke unterhalb der Stadt, eine Stunde von der ersten, gebaut und durch einen Turm am westlichen Ufer befestigt wurde. Am Palmsonntag (31. März) griffen die Sarazenen das östliche Lager heftig an, ebenso die vom Herzog von Österreich und von den Tempelherren verteidigte Schiffbrücke. Die Sarazenen drangen bis zu derselben vor. Trotz der Tapferkeit der Christen gelang es dem Feind, einen Teil dieser Brücke in Brand zu stecken. Der Herzog gebot nun, sie zu räumen und dem Lager zu Hilfe zu eilen, doch besetzten die Sarazenen die Brücke nicht. Am Lager ging es nicht minder heiß her. Fast zehn Stunden währte das schreckliche Handgemenge. Dann, nach großem Verlust, musste der Feind weichen.

Am ersten Mai kehrte der Herzog von Österreich mit den deutschen Pilgern nach Hause zurück. Er schenkte bei seinem Abgang seinen in vielen Kämpfen vor Damiette mit ihm verbundenen Kampfgenossen, den Tempelherren, über 6000 Mark Silber, zum Ausbau des Pilgerschlosses 50 Mark Gold, der Graf von Chester zu demselben Behuf 500 Mark Silber.

Bald kam neue Verstärkung aus dem Abendland, sodass am Himmelfahrtstag (16. Mai) ein mächtiger Kampf bestanden werden konnte. Drei Tage und drei Nächte verharrten die Ungläubigen im Angriff auf das Lager. Mit großem Verlust mussten sie endlich weichen. Da kurz darauf die christlichen Obersten einen großen Fahnenwagen erbauen ließen, um dadurch das Fußvolk beim Ausbruch aus dem Lager in geordneten Scharen zu erhalten, so wagten die Feinde bei diesem ungewohnten Anblick in der nächsten Zeit keinen Angriff. Von nun an begannen die Christen die Untergrabung der Mauern der Stadt, von beiden Seiten erfolgte im regen Eifer Angriff und Widerstand, von welchen vereinzelten Angriffen sich die Templer sehr besonnen fernhielten, da sie vieler Menschen Leben nutzlos kosteten.

Am 31. Juli gelang es den Pisaer und Genuesen, von der Flussseite aus einen Turm der Stadt zu ersteigen. Allein ohne Unterstützung gelassen, mussten sie abstehen. Während dieses Kampfes wurden die beiden Kriegsschiffe an der oberen Brücke, ein österreichisches und ein templerisches, von den Sarazenen angegriffen, das eine verbrannt, das andere verteidigte die Brücke, bis Hilfe kam. Auch das christliche Landheer hatte einen Angriff auf die Stadt unternommen. Der Sultan kam zuvor und ein Emir mit 5000 Mann drang in das Lager mit dem Ruf Muhamed ist der Herr und nicht der Sohn der Maria ein. Da unterwanden sich die Tempelritter des Kampfes unter der Anrufung Christi, des Heiligen Kreuzes, Grabes und Georgs. Sie vermochten jedoch dem Sturm der Ungläubigen nicht zu widerstehen. Diese drangen vielmehr in das Lager und das christliche Fußvolk nahm die Flucht. Innerhalb der Verschanzungen ordnete sich der Feind zur Schlacht. Furchtbar erschallte sein Schlachtruf, der Sultan machte Miene, nachzudringen, das christliche Heer war dem Untergang nahe. Dreimal versuchte es die französische Ritterschaft, die Heiden aus dem Lager zu treiben. Da erschien der tapfere Meister, Pedro de Montaigu, als Retter des Pilgerheeres; er nebst seinem Marschall, Anseanius dem Burgunder, führte die Tempelscharen herbei. Unterstützt von den Deutschherren und anderen Rittern unternahm er einen furchtbaren Angriff, hieb das türkische Fußvolk nieder und warf den Feind aus den Verschanzungen. Auf der Ebene setzte er sich und leistete verzweifelten Widerstand. Beide Teile erlitten in diesem blutigen Streit schweren Verlust. Bis zur Dämmerung blieben sie in Schlachtordnung gegeneinander stehen, dann zogen sich die Sarazenen zurück.

Unternahmen nun auch fernerhin die Christen Angriffe auf die Stadt, der Sultan störte sie stets durch einen Anfall auf das Lager. So wurden die Pilger dieser langen Belagerung sehr überdrüssig, noch dazu, da sie in ihrem Lager durch das Heer des Sultans eingeschlossen und ihnen ihr beschränkter Aufenthalt auf den Dünen des Nils lästig wurde. Daher sehnte sich das Heer nach einer entscheidenden Schlacht. Laute Stimmen klagten die Obersten des Verrates an. Um dies Missvergnügen zu beschwichtigen, fassten jene den Entschluss, den Sultan mit aller Kraft anzugreifen. Ein Teil des Heeres blieb zum Schutz des Lagers zurück, ein anderer bestieg die Schiffe zum Schutz und Angriff, der größte Teil begann den Kampf am 29. August. Doch der Sultan wich dem Angriff mit Zurücklassung seines Heergerätes aus. Es schien gefährlich, dem Feind zu folgen. Der größte Teil des Pilgerheeres, mit Ausnahme der geistlichen und anderer Ritterschaften, trat den Rückzug zum Lager an, da eine furchtbare Hitze die Kräfte aller lähmte. Gerade jetzt schritt der Sultan zum Angriff vor. Alsbald nahm die zypriotische Ritterschaft die Flucht, ihr folgte das italienische Fußvolk, dann mehrere andere Ritterschaften, selbst einige Hospitaliter, so sehr auch der Legat und der Patriarch zum Widerstand ermahnten. Nur der König Johann, der Meister Pedro mit seiner Schar und den sich zu derselben treu haltenden Deutschherren, ein Teil der Hospitaliter, einzelne Haufen der Holländer, Deutschen, Franzosen und Pisaer hielten in dieser allgemeinen Verwirrung stand. Diese tapferen Scharen retteten an diesem Tag das Pilgerheer vom gewissen Untergang.

Beinahe wäre der König durch griechisches Feuer verbrannt, viele Ritter wurden erschlagen, bis an das Lager setzten die Sarazenen die Verfolgung fort. Hier stellten sich die Templer auf und deckten den Rückzug, bis alle sich im Lager befanden. Viele angesehene Ritter gerieten in Gefangenschaft, der Marschall der Johanniter wurde getötet, dreißig Tempelherren blieben oder wurden gefangen. Ausgezeichnet wie immer und namentlich vor Damiette war in diesen Tagen die beharrliche Tapferkeit der Templer, sodass Jakob von Vitry, Bischof von Akkon, von ihnen sagte: »Die Ersten sind sie beim Angriff, die Letzten beim Rückzug.« Vor allen leuchtete der heldenmütige Meister Pedro hervor. Die Sarazenen machten reiche Beute, da die Christen auf ihrer wilden Flucht alles von sich warfen. Der Mut derselben war so geschwunden, dass viele alsbald in die Heimat zurückkehrten.

Den Christen zur gelegenen Zeit sandte der Sultan einen gefangenen Ritter ab, um über einen Waffenstillstand zu unterhandeln, denn auch er hatte großen Verlust erlitten. Die Befestigungen Damiettes verfielen immer mehr, es brach Hungersnot aus, da die Christen die Zufuhr auf dem Nil abschnitten. Auch herrschten in der Stadt böse Seuchen, namentlich die ägyptische Augenkrankheit Man nahm von beiden Seiten die Waffenruhe an und verwendete sie zur Wiederherstellung der Verschanzungen und des Gezeugs. Am 14. September verließen 20.000 Pilger das Heer und kehrten in das Abendland zurück, worauf Kamel die Feindseligkeiten wieder begann und vom 26. – 28. September das Lager unablässig bestürmte. Weder das Erstürmen des Lagers noch das Zerstören der Schiffbrücke gelang dem Feind. Während dieses Kampfes kamen glücklicherweise zehn genuesische Pilgerschiffe und der Ritter Savary von Malleon nebst Begleitung und nahmen rühmlichen Anteil am Kampf.

Da der Sultan einsah, dass wider die ungemeine und beharrliche Tapferkeit der Christen nichts auszurichten war, so versuchte er durch Bestechung die Zerstörung der lästigen Schiffbrücke zu erlangen; aber diese Verräterei wurde noch zur rechten Zeit entdeckt. Vergebens rief das bedrängte Damiette den Sultan um Hilfe an, vergebens bot dieser noch einige Male seine Macht auf, die Stadt im Oktober zu entsetzen. Da nun auch Mangel an Lebensmitteln im sarazenischen Lager eintrat, weil ferner die diesjährige Überschwemmung des Nil die gewöhnliche Höhe nicht erreichte, also im nächsten Jahr eine schlechte Ernte zu erwarten stand, weil auch Kamel befürchtete, Damiette müsse sich in der nächsten Zeit ergeben, so knüpfte er wieder unter folgendem Anerbieten Unterhandlungen an: Die Christen heben die Belagerung auf und räumen Damiette, dafür erhalten sie das Heilige Kreuz und alle Gefangenen, das Reich Jerusalem mit der derselben war so geschwunden, dass viele alsbald in die Heimat zurückkehrten.

Den Christen zur gelegenen Zeit sandte der Sultan einen gefangenen Ritter ab, um über einen Waffenstillstand zu unterhandeln, denn auch er hatte großen Verlust erlitten. Die Befestigungen Damiettes verfielen immer mehr, es brach Hungersnot aus, da die Christen die Zufuhr auf dem Nil abschnitten. Auch herrschten in der Stadt böse Seuchen, namentlich die ägyptische Augenkrankheit Man nahm von beiden Seiten die Waffenruhe an und verwendete sie zur Wiederherstellung der Verschanzungen und des Gezeugs. Am 14. September verließen 20.000 Pilger das Heer und kehrten in das Abendland zurück, worauf Kamel die Feindseligkeiten wieder begann und vom 26. – 28. September das Lager unablässig bestürmte. Weder das Erstürmen des Lagers noch das Zerstören der Schiffbrücke gelang dem Feind. Während dieses Kampfes kamen glücklicherweise zehn genuesische Pilgerschiffe und der Ritter Savary von Malleon nebst Begleitung und nahmen rühmlichen Anteil am Kampf.

Da der Sultan einsah, dass wider die ungemeine und beharrliche Tapferkeit der Christen nichts auszurichten war, so versuchte er durch Bestechung die Zerstörung der lästigen Schiffbrücke zu erlangen; aber diese Verräterei wurde noch zur rechten Zeit entdeckt. Vergebens rief das bedrängte Damiette den Sultan um Hilfe an, vergebens bot dieser noch einige Male seine Macht auf, die Stadt im Oktober zu entsetzen. Da nun auch Mangel an Lebensmitteln im sarazenischen Lager eintrat, weil ferner die diesjährige Überschwemmung des Nil die gewöhnliche Höhe nicht erreichte, also im nächsten Jahr eine schlechte Ernte zu erwarten stand, weil auch Kamel befürchtete, Damiette müsse sich in der nächsten Zeit ergeben, so knüpfte er wieder unter folgendem Anerbieten Unterhandlungen an: Die Christen heben die Belagerung auf und räumen Damiette, dafür erhalten sie das Heilige Kreuz und alle Gefangenen, das Reich Jerusalem mit der Heiligen Stadt, ausgenommen die Schlösser Krak und Montroyal, für welche der Sultan jährlich wegen der Waffenruhe 12.000 Byzantiner zu zahlen verspricht. Auch wird er zur Wiederherstellung Jerusalems eine ansehnliche Geldsumme beitragen.

All denjenigen, welchen das Bestehen des Reiches Jerusalem und die Bedeutsamkeit der Heiligen Stadt etwas wert war, stimmten für diesen Antrag, also der König Johann, die Franzosen und die Deutschen. Aber die hierarchische Partei, namentlich die Ritterorden, welche sich um die Wiederherstellung des Reiches Jerusalem wenig kümmerten, stimmten dagegen, so der Legat, Kardinal Pelagius, die drei geistlichen Ritterorden und die Italiener. Diese alle bestanden hartnäckig auf Eroberung der Stadt. Trotz der günstigen Bedingungen schlug man diese aus. Was war den Tempelherren an einer neuen Erhebung und günstigen Gestaltung des Reichs Jerusalem gelegen?

Es entstand Zwiespalt im Lager, weshalb der Sultan versuchte, am 3 November nachts einige Verstärkungen in die Stadt zu werfen. Die Sarazenen hatten bereits den Wall überstiegen, da bemerkte sie eine christliche Frau und rief zu den Waffen. Glücklicherweise waren die Templer und Hospitaliter eben zur Frühmesse aufgestanden. Schleunig bewaffneten sie sich, fielen über die Sarazenen her und trieben sie in die Flucht. Durch dieses Ereignis wurde die Eintracht unter den Christen wiederhergestellt. Sie beschlossen, die Belagerung von Damiette eifrig fortzusetzen und nicht eher abzustehen, bis die Stadt erobert sei. Der Legat erwog, ob er diese, welche sich in der traurigsten Verfassung befand, nicht überrumpeln könnte, und damit der Sultan von dem beabsichtigten Unternehmen nichts erführe, vertraute er seinen Plan nur seinen Klerikern und einigen Rittern seines Hauses. Am 6. November gegen Mitternacht rückten unter des Legaten Leitung die römischen und andere italienische Pilger an die Mauer. Es war eine finstere, stürmische, regnerische Nacht, sodass weder im Lager der Christen noch der Sarazenen der Anzug der Pilger bemerkt wurde. Deshalb gelangten die Italiener ungehindert an den Wall, warfen eine Brücke über den Graben zum Tor der ersten Mauer, steckten dieses in Brand und drangen in den Zwinger. Darauf zündeten sie das Tor der zweiten Mauer an, drangen hindurch, erstiegen auf Leitern die innere Mauer und einen Turm. Die entkräfteten Sarazenen leisteten nur schwachen Widerstand; ein Florentiner pflanzte auf dem erstiegenen Turm das Panier seiner Vaterstadt. Nun riefen die frohlockenden Italiener das Lager wach zur Hilfe, alles griff zu den Waffen, eilte an die Stadt heran, ein anderes Tor wurde niedergebrannt und so fiel die verödete Stadt nach einer 18-monatigen Belagerung ohne Schwertstreich in die Hände der Christen. Am 23. November nahm eine Schar von 1000 Pilgern die Burg Tanis am See Mensaleh ein.

Damiette bot ein schreckliches Schauspiel dar. Durch Hungersnot, Seuchen und Krieg waren 60.000 Menschen in der Stadt umgekommen. Die Häuser und Straßen lagen voller meistens nackter Leichname oder Sterbender; Säuglinge lagen an den Brüsten ihrer leblosen Mütter. Damiette war ein weites Grab, die Verpestung der Lust darin so unerträglich, dass der Aufenthalt Gefahr brächte. Es fanden sich ganze Haufen verwaister Kinder, die nach Brot schrien; Jakob von Vitry taufte sie. Trotz dieses Jammers erwürgten gefühllose Pilger eine Menge wehrloser Sarazenen. Die Christen machten reiche Beute an Gold, Silber, Seidenzeug, kostbaren Gerätschaften, Armbrüsten und anderem Kriegzeug. Die meisten Gefangenen wurden als Sklaven verkauft. Die inneren Befestigungswerke befanden sich in gutem Zustand, außer dass ein Turm durch die Sturmböcke der Templer beschädigt worden war. Erst am 2. Februar 1220 hielt der Legat seinen Einzug, weil die Stadt zuvor gesäubert werden musste. Die Hauptmoschee wurde der Jungfrau Maria ge­weiht und der Sitz eines Erzbischofs. Alle Moscheen wurden in christliche Kirchen verwandelt und die Befestigungen hergestellt.

Nun entstand aber unter den Christen ein großer Zwiespalt über den Besitz der Stadt. König Johann begehrte sie als zum Reich Jerusalem gehörig, der Legat, von den Tempelherren un­terstützt, welche dem König nicht wohl wollten und dem Reich keine Stärke gönnten, machten ebenfalls Anspruch auf sie. End­lich kam man überein, sie sollte im gemeinsamen Besitz aller abend­ländischen Völker verbleiben, das heißt, niemandem gehören und so­nach bald eine Beute der Sarazenen werden. So wurden die einzelnen Tore den verschiedenen Nationen zuerteilt. Auch entstand wieder der Argwohn unter den Pilgern, dass die Gel­der des Abendlandes zur Unterstützung armer Wallbrüder nicht rechtlich verwendet würden. Kurzum, missmutig kehrten im Frühjahr viele Pilger nach Hause zurück, sowie König Johann nach Syrien.

Hier hatte der Sultan Moaddhem, nachdem die Sarazenen schon das weiße Schloss der Templer zerstört hatten, Cäsarea erobert und verwüstet. Nun rückte er vor das Pilgerschloss, weil er aber die Templer wohl gerüstet fand, hob er, wie wir unten sehen werden, die Belagerung auf und zerstörte die Burg Safed. Einen anderen herumschwärmenden feindlichen Haufen trieben die Templer von Akkon zurück.

Der Sultan Kamel erbaute am Anfang des Kanals von Aschmum am Nil eine neue Stadt Mansurah. Da der Legat nach Abgang des Königs Johann den Oberbefehl führte, so be­schloss er, die Eroberung Ägyptens weiter fortzusetzen, auch wa­ren viele Ritter und Pilger aus Italien und Deutschland ange­kommen. Allein das Heer, die geistlichen Ritterorden mit ein­geschlossen, widerstrebten, ohne tüchtige Oberleitung weiterzuziehen, wie denn auch der Großmeister Pedro de Montaigu in einem Brief vom 20. September 1221 an den Bischof zu Ely in England das weitere Eindringen in Ägypten für ganz untunlich erklärte. Als noch mehre italienische Pilger herbeikamen, so hielt der Legat seine Partei für stark genug und trat mit sei­ner Absicht wiederholt hervor; allein die deutschen und französischen Pilger, vor allen die englischen wollten von einem weitem Marsch in Ägypten, dessen Nutzlosigkeit auch die Italiener eingestanden, nichts wissen. So musste der Zug unterbleiben und es trat für ei­nige Zeit Waffenruhe ein. Während derselben unternahm der Großmeister Pedro auf eigene Hand einen Zug nach Burlos, am Meer gelegen, und kehrte nach zwei Tagen mit vieler wertvollen Beute an Schmuck und Kleidern, 100 Kamelen, ebenso vielen Rossen, Maultieren, Eseln, Rindern und Ziegen zurück. Die den Templern befreundeten Deutschherren zogen ihnen vor Damiette entgegen; da aber jene bereits in der Stadt angelangt waren, verweilten diese unterwegs zu lange und wurden von den Türken, welche seewärts kamen, plötzlich überfallen. Die Christen waren meistens unbewaffnet, vermochten daher keinen Widerstand zu leisten. Einige englische und flandrische Pilger entkamen, die deutschen Ritter kämpften ohne Rüstungen und mit leichten Waffen tapfer. Aber ihr Heermeister fiel mit 20 Rittern in türkische Gefangenschaft.

Je untätiger die Christen zu Damiette blieben, desto mehr wuchs die Kampflust der Sarazenen. Eine türkische Flotte schä­digte die christlichen Schiffe, welche nach Damiette gingen, ob­gleich 14 venezianische Kriegsschiffe, welche im August nach Da­miette kamen, untätig im Hafen lagen. Erst nach langem Zö­gern rüsteten sie sich zum Kampf. Zwar führte der Großmeister Pedro als Grund dieser späten Aussendung Mangel an Geld an, allein gerade den Tempelherren fehlte es nicht an Geld, und dann waren ja diese Schiffe soeben erst angekommen, also noch in gutem Zustand. Aber die Templer sehnten sich von Ägypten weg nach Syrien, auf ihr sicheres, gebietendes und größere Pläne begünstigendes Pilgerschloss; im Kampf hatte der Orden nichts mehr zu erwarten, seine Herrlichkeit wollte er im Frieden genie­ßen. So nahm das Pilgerheer zu Damiette immer mehr ab.

Dagegen trat Sultan Moaddhem in Syrien kräftig auf, zerstörte Jerusalem vollends und kam im Oktober in das christ­liche Land, alles verwüstend. Nach dem herrlichen überaus festen Pilgerschloss, der Vormauer Akkons, gelüstete ihn. Doch die Tempelritter waren auf tapfere Verteidigung gefasst, denn stand auch der Meister und Konvent nebst dem größten Teil der Brü­der im Felde, so führte hier ein eigner Komtur, der stets Meister von Syrien war, den Oberbefehl, also dass der Komtur des Pilgerschlosses die Stelle des von Jerusalem einnahm, folg­lich nun zu den Großwürdenträgern des Ordens gehörte. Dieser berief alsbald alle zu Akkon anwesenden waffenfähigen Pilger in das Schloss, versah es mit hinlänglichen Lebensmitteln, sodass täglich 4000 Krieger verpflegt wurden, außer denen, die sich durch eigenen Ankauf von den herzukommenden Verkäufern ernährten. Den außerhalb der Burg auf einer Höhe noch teilweise stehen­den alten Turm des Engpasses, welcher die Burg beherrschte, ließ der Komtur zerstören. Diese Arbeit war noch nicht be­endet, so zog schon Moaddhem mit zahlreichen Scharen herbei und lagerte sich vom Bach, der in das Meer floss, bis zum Salzwerk, welches am Meere lag. Er befestigte sein Lager durch einen Graben und beschoss die Burg aus acht Wurfmaschi­nen Tag und Nacht. Allein die Maschinen hatten nicht Kraft genug, da die Burg zu hoch lag und der Bau vortrefflich war. Kein Turm wurde getroffen, kein Stein der Mauer verrückt. Dagegen wirkten die Steinschleudern der Tempelritter aus der Höhe desto besser und fügten den Belagerern und deren Kriegszeug großen Schaden zu.

Als der Großmeister zu Damiette von dieser Belagerung Kunde erhielt, erlaubte der Legat dessen Rückkehr nach Syrien und mahnte die Königin Alix von Zypern und die syrischen Ba­rone zum schleunigen und kräftigen Beistand des Pilgerschlosses. So ging die zyprische Ritterschaft, der Graf Raimund von Tri­polis, Veit von Ibelin, Herr von Berytus und andere Pullanen nebst dem Großmeister Pedro de Montaigu nach Syrien. Als der Sultan von dem Anrücken dieser mächtigen Hilfe Kunde er­hielt, hob er mit großem Verlust an Menschen und Pferden die Belagerung Anfang November auf, nachdem er das Be­lagerungswerkzeug und Heergeräte verbrannt hatte. Der Groß­meister Pedro kehrte hierauf nach Damiette zurück.

Im Mai 1221 erhielt das christliche Heer zu Damiette wieder einige Verstärkungen durch den Herzog Ludwig von Bayern. Aber durch die lange Untätigkeit war die Eroberung Ägyptens sehr erschwert worden. Sultan Kamel hatte die Erbauung Mausurahs vollendet, von hier aus wurde die weitere Schifffahrt auf dem Nil gehemmt, indem der Sultan eine Schiffbrücke über den Strom hatte schlagen lassen. Der Kardinal Pelagius regte gleichwohl die Eroberung Ägyptens wieder an und Herzog Lud­wig pflichtete ihm bei. Der Großmeister Petro, welcher wieder angelangt war, wohnte Anfang Juli dem Kriegsrat bei, welchen der Legat, Herzog Ludwig, die übrigen Großmeister und die Ba­rone hielten. Alle stimmten der Ansicht des Legaten bei. Am 7. Juli langte auch König Johann wieder an, er missbilligte den Entschluss, in Ägypten weiter vorzugehen, vermochte aber nicht durchzudringen, umso weniger, da der Legat allen Wider­strebenden mit dem Bann drohte. So wurden die Vorkehrungen zu diesem Zug mit vieler Fürsorge unternommen. Das Heer zählte gegen 70.000 Streiter.

Es zog am östlichen Ufer des Nils entlang, den rechten Flügel durch eine treffliche Flotte geschirmt, welche eine große Menge Lebensmittel und andere Bedürfnisse mit sich führte. Den linken Flügel deckten zahlreiche Scharen von Bogenschützen und Lanzenknechten. Der König Johann, Herzog Ludwig, die Groß­meister und sämtliche Bischöfe waren von einem Geist der Ord­nung, Tätigkeit und Fürsorge beseelt, sodass jeder sich den schönsten Hoffnungen hingab. Kamel hatte bei Mansurah eine Flotte von 200 Schiffen aufgestellt, alle junge Mannschaft un­ter die Waffen gerufen und ein zahlreiches Heer bei Mansurah versammelt. Seine Vortruppen standen zwischen Fariskur und Scharmesah, ungefähr 5 Meilen von Damiette, sodass schon am 26. Juli im Angesicht des christlichen Heeres zahlreiche Hau­fen türkischer und arabischer Truppen erschienen, den Zug hin­derten, aber nirgend Stand hielten. König Johann gab den guten Rat, Scharmesah zu befestigen, hier ein Jahr zu verwei­len, bis Kaiser Friedrich II. seinen Kreuzzug angetreten habe, dann würde sich das Heer des Sultans auflösen und Kahirah leicht erobert werden. Aber der Legat und auch die meisten Pilger begehrten weiterzuziehen. So kam das Heer am 24. Juli an die Stelle, wo der Kanal Aschmum vom Nil sich abtrennt. Jenseits dieses Kanals lag Mansurah, dort hatte sich der Sul­tan gelagert, seine Flotte bedeckte den Strom. Die Christen schlugen ein Lager auf, um Flösse zum Übergang über den Kanal zu bereiten, an dessen Ufer die christlichen Krieger, welche ihre Rosse tränken wollten, vom Wurfzeug der Sarazenen leiden mussten. Noch einmal sprach Kamel vor dem ernsten Kampf vom Frieden. Er bot abermals für die Räumung Damiettes und Ägyptens die Zurückgabe aller von Saladin gemachten Eroberun­gen im Reich Jerusalem, mit Ausnahme von Krak und Montroyal, an. König Johann riet eifrig, diesen Frieden anzunehmen, auch die geistlichen Ritterorden und die syrischen Ba­rone pflichteten nun dem bei, da die Meister der Templer und Hospitaliter schlimme Nachrichten aus Syrien erhalten hatten. Allein der Kardinal, der Herzog Ludwig von Bayern und andere Pilger verharrten auf ihrem Entschluss, obwohl Kaiser Friedrich II. den Deutschen geboten hatte, bis zu seiner Ankunft zu Damiette den Krieg nicht zu erneuern.

Der Aufenthalt im Lager am Kanal Aschmum kühlte den Eifer der kriegerischen Partei ab, erzeugte überhaupt Verstim­mung, da die Zeit der herbstlichen Meerfahrt herankam, ohne dass die geringste Aussicht sich eröffnete, den Übergang bewerk­stelligen zu können. Viele Pilger kehrten deshalb in ihre Heimat zurück, während die Sarazenen sich so sehr verstärkten, dass ihr Heer allein 40.000 Reiter zählte. Da warf Kamel eine tapfere Schar durch Hilfe des Kanals Mehalleh bei Baranum auf das östliche Nilufer in den Rücken des christlichen Heeres und das gereichte diesem zum Verderben, denn hierdurch wurde es von Damiette abgeschnitten. Am 18. August zerstörten die Feinde einen großen Teil der christlichen Flotte und wurden da­durch Herren des Nils. Der Sultan verstärkte seine Scharen im Rücken der Christen, besetzte den Nil an beiden Ufern, warf die über die Kanäle führenden Brücken ab, durchstach die Dämme, da kam grauses Unglück über das Pilgerheer.

Zu spät beschloss man in der Nacht am 26. August den Rück­zug. Die Dunkelheit dieser Nacht, der durchweichte Boden, die andringenden Feinde machten den Zug schrecklich, unheilbringend. Sämtliches Heergerät, alle Lasttiere gingen verloren. Nur die übermenschliche Tapferkeit der den Rückzug deckenden Tempel­ritter verhinderten größeres Unglück. Viele Schiffe gingen durch den übermäßigen Zudrang der Pilger unter und ein großes Schiff der Deutschen nebst einer mit Waffen beladenen Galeere der Tempelherren wurden von den Sarazenen genommen. Der Tag (27. August) war eben so schrecklich wie die Nacht, alle Stra­ßen voller Wasser, überall Feinde. König Johann und die bei­den Großmeister, Gebrüder Montaigu, kämpften tapfer; Letztere hatten ihre Ritterschaften vereinigt und jagten eine ganze Schar äthiopischen Fußvolks ins Wasser, sodass die Ungläubigen die Verfolgung einstellten. Ermüdet schlug das christliche Heer ein Lager auf, als sich nachts über dasselbe bedeutende Wassermassen aus den Kanälen ergossen und mit der Frühe des Tages (28. August) das äthiopische Fußvolk angriff. Der Marschall der Temp­ler trieb es zurück, aber die Christen, in großer Furcht vor den umgebenden Wogen, hatten den Mut verloren. Eine Elle hoch stand das Wasser im Lager, alle Lebensmittel verdarben, Hun­gersnot trat ein. Da baten die christlichen Heerführer den Sul­tan um Frieden, denn, schreibt der Meister Pedro de Montaigu, »das christliche Heer war von den Wassern eingeschlossen wie der Fisch im Netz.« Kaum waren die christlichen Gesandten im feindlichen Lager angekommen, als des Legaten vertrautester Ratgeber, Imbert, mit anderen Pilgern zu den Sarazenen überging und das schreckliche Elend des Heeres kundtat. Auch ein Templer, Ferrandus, welcher erzürnt darüber war, dass man ihm mit Gewalt ein Pferd genommen hatte, zu den Ungläubigen ging, nahm teil am Verrat.

Der Sultan gewährte Frieden, weil es ihm um Damiette zu tun war, unter folgenden Bedingungen: Acht Jahre lang sollte zwischen beiden Parteien Friede sein; nur einem abendlän­dischen König, welcher nach Syrien pilgere, solle das Recht zu­stehen, die Feindseligkeiten eher zu eröffnen; die Christen sollten Damiette räumen, dafür sicheren Rückzug und das Heilige Kreuz zurückerhalten; beiderseitige Gefangene sollten ohne Lösegeld zu­rückgegeben werden und beide Parteien Geiseln stellen, bis Damiette geräumt sei.

Diese Geiseln waren christlicherseits der König von Jerusalem, der Legat, der Herzog Ludwig von Bayern, die drei Großmeister und achtzehn Barone. Der Sultan stellte seinen Sohn, Bruder und mehrere Emire. Fünfzehn Tage hindurch versah er das christliche Heer mit Lebensmitteln und linderte edelmütig ihren großen Jammer. Er ließ über den Nilarm bei Damiette eine Brücke schlagen, sodass das Pilgerheer an der trockenen westlichen Seite nach Damiette gehen konnte. Die Großmeister, Pedro de Montaigu und Hermann von Salza (dieser deutschen Ordens), ein Graf von Pizita und einige an­dere Geiseln wurden nach Damiette gesendet, um dort den Vertrag bekanntzumachen und die Räumung von Damiette und Thanis zu veranlassen.

Da nun eben eine Flotte, vom Kaiser Friedrich gesendet zu Damiette, angekommen war, so wollten diese Pilger nebst allen seefahrenden Völkern, so namentlich Graf Heinrich von Malta, der kaiserliche Kanzler Walter und der Bischof Jakob von Akkon, welche nahe Hilfe vom Kaiser erwarteten, von diesem Vertrag nichts wissen. Die Erbitterung stieg so, dass die Venezianer und andere italienische Pilger am 2. September die Häuser des Königs, der Templer und Hospitaliter stürmten und sich zu Herren der Stadt machten. Als aber der König mit Abtretung Akkons an den Sultan drohte, wofern man die Übergabe verweigerte, Akkon aber den handeltreibenden Völkern ein kostbares Kleinod war, so fügten sie sich, umso mehr, da es bei kälterer Prüfung in Damiette an Geld, Lebensmitteln und hinlänglicher Mannschaft zur Verteidigung fehlte. Am 7. September räumten die Christen Damiette, am folgenden Tag zog Sultan Kamel ein.

Das war das Ende jener weitaussehenden Pläne, jenes vielversprechenden Heereszuges, welchen vornehme und geringe Pilger mit großen Hoffnungen, vielem Eifer und hinlänglichen Mitteln begonnen hatten. Vergebens blieb nun alle Ausdauer, aller Mut, alle Beschwerden, vergebens war das Blut vieler Erschlagenen; dem unklugen, anmaßenden, selbstsüchtigen Hierarchen, Kardinal Pelagius, war allein dieser große Unfall zuzuschreiben. Nun kehrten der König Johann, der Patriarch von Jerusalem, die Großmeister und die übrigen syrischen Barone nach Akkon, die Pilger aber größtenteils ins Abendland zurück. Im Jahre 1221 kam Graf Friedrich von Brehna, ein Enkel des Markgra­fen Konrad von Meißen, nach Akkon. Kränklich trat er in den Tempelorden und starb am 16. Oktober des Jahres auf dem Pilgerschloss.

Um den Unternehmungen auf Palästina einen neuen Auf­schwung zu geben, betrieb Papst Honorius III. den Kreuzzug Kaiser Friedrich II. Schon im August hatte dieser den Zug an­treten wollen, immer aber schob er sein Vorhaben auf. Die muselmanischen Fürsten ließen das Königreich Jerusalem gemäß den Friedenschlüssen zu Damiette in Ruhe, obwohl die Templer in das Fürstentum Emessa einfielen, um Lebensmittel zu bekom­men. Doch befand sich das Heilige Land im traurigsten Zu­stand, die Zwietracht unter den Großen hörte nicht auf. Als Hermann von Salza dem Kaiser die bedrängte Lage des Landes persönlich schilderte, so beredete sich Friedrich mit Honorius im April 1222 über den bevorstehenden Kreuzzug. Der Kaiser sowie die Kardinäle beschlossen, den König von Jerusalem, Kardinal Pelagius, die beiden Großmeister und andere syrische Barone zu den bevorstehenden Verhandlungen nach Verona zu berufen. Demgemäß sandte der Kaiser im Sommer vier Galeeren nach Akkon, auf welchen der Kardinal, der König von Jerusalem, der Patriarch Walter, der Meister der Hospitaliter, Guerin de Montaigu, der Komtur des Pilgerschlosses, (denn Meister Pedro blieb nach dem Beschluss der syrischen Barone zur Beschirmung des Landes zurück), sich im September nach Verona begaben, woselbst aber wegen Krankheit des Papstes und wegen seiner fiskalischen Fehden keine Beratung zustande kam, sondern erst zu Ferentino, wahrscheinlich im Frühjahr 1223. Hier verpflich­tete sich der Kaiser, die Tochter des Königs von Jerusalem aus dessen Ehe mit Maria, der Tochter des Markgrafen Konrad von Tyrus, namens Isabella, zur Gemahlin zu nehmen und zu Johannis 1225 die Meerfahrt anzutreten. König Johann machte eine Reise nach Frankreich und England und als König Philipp August daselbst am 14. Juli 1223 starb, hatte er dem König Johann 3000 Mark Silber, jedem der beiden Großmeister 2000 Mark zum bevorstehenden Kreuzzug vermacht, sodann allen drei zur Unterstützung des Heiligen Landes noch 150.000 Mark Sil­ber und 500 Mark Gold, unter der Bedingung verwilligt, dass sie außer ihrer Miliz noch 300 Söldner drei Jahre hindurch nach wiederbegonnenen Feindseligkeiten halten sollten.

Der Großmeister Pedro war, wie bereits bemerkt, in Pa­lästina zurückgeblieben, nicht bloß um des oben angegebenen Grundes willen, sondern auch, weil er sich mit dem Meister der Deutschherren, welcher beim Kaiser gut angeschrieben stand, überworfen hatte, er also bei der Beratung vor dem Kaiser in eine verdrießliche Stellung zu geraten befürchtete. Der Grund, wa­rum er mit diesem ihm sonst so befreundeten und höchst würdi­gen Meister zerfallen war, fand sich in dem Umstand, dass die Deutschherren wie die Tempelherren weiße Mäntel trugen, was den Letzteren nicht mehr anstand und weshalb sie feindselig gegen Erstere verfuhren. Honorius schrieb deshalb an die Templer: »Wenn euch weder päpstliche noch kaiserliche Hoheit von eurer Feindseligkeit abhält, so sollte es doch der Spott aller derer, welche von diesem Streit hören; allen, wie es auch wirklich ist, scheint es lächerlich, dass ihr es nicht ertragen könnt, wie andere den weißen Mantel tragen, da doch ein solch charakteristisches Zeichen dabei ist, dass nicht zu fürchten steht, dass ein Bruder des einen Ordens einen des anderen für den seinen halten werde.«

Auch mit den Hospitalitern waren die Templer, obgleich beider Meister Brüder waren, im Jahre 1223 wieder zerfallen, da der Konvent der Templer sich um jener Ver­wandtschaft nicht kümmerte.

Um diese Zeit beschwerte man sich von England aus über der Tempelherren Habsucht, mit welcher sie unrechtmäßigerweise Besitzungen an sich rissen, auch die königlichen Gerechtsame viel­fach antasteten, daher der Papst zwei Äbte mit Untersuchung dieser Beschwerde beauftragte. Der Orden besaß in England die schönsten Güter und das höchste Ansehen. Er leitete den König Johann und wollte daher noch mehr während der Minder­jährigkeit Heinrichs herrschen, denn viele Brüder gehörten den angesehensten Familien des Landes an. Als der Earl of Pembroke, Regent während Heinrichs III. Minderjährigkeit, im Mai 1219 gestorben war, wurde er in der Templerkirche zu London begraben. So konnte es nicht fehlen, dass das Zerwürfnis zwischen König und Orden im Jahre 1226 zum Vorteil des Letzteren bei­gelegt wurde. Unter dem 9. Februar erteilte der König eine Ur­kunde, in welcher er Gott, der heiligen Maria und den Brü­dern der Ritterschaft des salomonischen Tempels alle erlaubten Schenkungen, Rechte und Besitztümer bestätigt, sie von allen Dienstleistungen und Abgaben befreit, ihnen die ausgedehnteste Gerichtsbarkeit über den Orden gab. Wenn dieser nun in Frank­reich gleiche Rechte hatte, so erhellt hieraus, dass er nur so lange bestehen und geduldet werden konnte, als er diese Rechte nicht missbrauchte, sich seiner Macht nicht überhob und einen allgemein nützlichen Zweck vor Augen hatte, der für solche Ritterschaft nur der Kampf gegen die Feinde der Christenheit sein konnte. Als dieser Zweck mit dem Verlust des Heiligen Landes für die Templer verloren ging, sie, eine zahlreiche, kriegserfahrene, mutige, mäch­tige, überreiche Soldateska sich gänzlich im Abendland, nament­lich in Frankreich zu konzentrieren versuchten, da musste bei den damals so schwankenden Verhältnissen zwischen Staat und Kirche, der Mittellosigkeit und Machtlosigkeit der Fürsten, eine solche hierarchische Miliz der Macht der Fürsten als auch dem Bestehen der Staaten gefährlich werden.

Die Feindschaft der Templer gegen die Deutschherren hatte jedenfalls noch einen anderen Grund als das Tragen des weißen Mantels. Vielmehr fürchtete der Konvent den Kreuzzug des Kaisers, welchen Zug der Meister Hermann von Salza eifrig betrieb, darum feindeten die Templer diesen wackeren Deutschen an, darum ging Pedro de Montaigu nicht mit ins Abendland, darum missfiel dem Konvent nichts mehr als der Vertrag zu Ferentino, das alles ergibt sich aus dem Verlauf der nachfol­genden Ereignisse.

Der Papst ließ in seinen Bemühungen um das Heilige Land nicht nach, ebenso betrieb Hermann von Salza beim Kaiser Friedrich den neuen Kreuzzug mit allem Eifer. Als dieser ihn abermals verschob, beschwor er, um nicht in Bann zu verfallen, in einem neuen Vertrag zu Germano am 25. Juli 1225, dass er im August 1227 die Meerfahrt antreten wolle. In diesem Ver­trag wurden als Zeugen die beiden Großmeister nicht genannt, sondern nur der Patriarch von Jerusalem und der Großmeister der deutschen Ritter. Ein Beweis, dass der Kaiser die beiden anderen Orden nicht liebte und hieraus erklärlich ist, wie Friedrich von jenen im Heiligen Land auf keine Unterstützung zu rechnen hatte. Nur das war gesagt, dass, wenn der Kaiser an Voll­ziehung des Kreuzzugs verhindert werden würde, seine zu diesem Zug verschriebene Summe von 100.000 Unzen Gold dem Heiligen Land anheimfallen und vom König und Patriarchen von Jeru­salem sowie vom Meister der Deutschherren mit Zuziehung der beiden anderen Großmeister zum Seelenheil des Kaisers und seiner kaiserlichen Vorfahren für das Heilige Land verwendet werden sollte.

Im November vermählte sich Friedrich zu Brindist mit der Prinzessin Isabella und die öffentliche Meinung erfreute sich der Hoffnung, er werde den Glanz der Krone Jerusalems erneuern und erhöhen. Leider geriet er jedoch mit dem Papst wieder in verdrießliche Händel und zerfiel auch mit seinem Schwiegervater, dem König Johann, indem er nicht nur seine Gemahlin Isabella missachtete, sondern auch, da er sogleich nach seiner Vermählung den Titel eines Königs von Jerusalem angenommen hatte, diesem Titel so eifrig nachkam, dass er schon im Sommer 1226 den Erzbischof von Amalfi mit 300 sizilianischen Rittern nach Akkon sandte, um in des Kaisers Namen von den bisherigen Besitzungen des Königs Johann Besitz zu nehmen. Diese Ritterschaft befestigte die Burg Montfort bei Akkon, worauf im Jahre 1227 Graf Thomas von Acerra als kaiserlicher Statthalter kam und viele syrische Barone dem Kaiser als König von Jerusalem die Huldigung leisteten. Die Kaiserin Isabella starb im April 1228, nachdem sie dem Kaiser einen Sohn, Konrad, geboren, worauf die Feindschaft zwischen Friedrich und seinem Schwiegervater noch zunahm.

In Syrien walteten unterdessen die alten Missverhältnisse zwischen den Fürsten, Baronen und Orden fort. Graf Boemund von Antiochien lebte noch immer in Streit wegen des Besitzes des Fürstentums. Er vertrieb die Hospitaliter, denen vom Kardinal Pelagius die Stadt und Burg Antiochien zur Beschir­mung übergeben war, aus Antiochien, behandelte die Ritter auch sonst noch feindselig. Boemund verfiel wieder in den Bann der römischen Kirche.

Im Reich Jerusalem fehlte es an einer tüchtigen Oberlei­tung, der König im Abendland, die Ritterorden in Zwietracht, die Barone in Mutlosigkeit. Da schien es dem Kaiser zweck­mäßiger, durch Unterhandlungen mit den Sarazenen dem Heiligen Land größeren Nutzen zu stiften als durch einen ungewissen Krieg; denn der Sultan Kamel kriegte gegen seinen Bruder Moaddhem, Sultan von Damaskus, und hatte dem Kaiser ein Bündnis an­geboten, sodass es diesem schien, als könne er sein Gelübde schneller und nützlicher erfüllen. Als er nun zu der im Vertrag zu Germano festgesetzten Zeit den Kreuzzug nicht antrat, bannte ihn Gregor IX. am 29. September 1227. Zugleich kamen aus Palästina traurige Nachrichten in Schreiben des Patriarchen Gerold von Jerusalem, mehrerer Bischöfe und der Großmeister an den Papst. Es wurde berichtet, dass bei der Nachricht vom Ausbleiben des Kaisers mehr als 40.000 Pilger wieder in ihre Heimat zurückgekehrt wären.

Der Sultan Moaddhem starb im November 1227; für dessen unmündigen Sohn, David, der Mamluk Asreddin Ibek, Emir von Sarchod, ein geborener Spanier und ehemaliger Templer, die Vormundschaft führte. Als der Kaiser von diesem Todes­fälle Kunde erhielt, rüstete er sich ernstlich zur Meerfahrt und trat diese im August 1228, ohne sich mit dem Papst zuvor auszusöhnen, an; deshalb war dieser ihm in allem entgegen. Um die mächtigen Templer sich gegen den Kaiser zu verbinden, ge­währte ihnen jetzt Gregor mancherlei. Er bestätigte ihnen die schon von Alexander III. erhaltene Erlaubnis, dass sie in ihren eigenen Angelegenheiten gegen andere als Zeugen auftreten konnten, wodurch alle Rechtshändel gegen andere in ihre Hände kamen. Auch gab er eine Bulle des Inhalts: »Da die Bischöfe verpflichtet sind, den Klerus vor allen Anfechtungen böser Leute zu schützen, so müssen sie dahin sehen, dass diese weder von ihnen noch von anderen in ihren Rechten beeinträchtigt und mit neuen Abgaben belegt werden. Doch haben trotzdem einige Bischöfe, päpstlichen Privilegien entgegen, den Tempelherren viele Dienstleistungen zugemutet, deren Güter, welche zur Unterstützung des Heiligen Landes bestimmt sind, beeinträchtigt, deren Kleriker in Ausübung ihrer priesterlichen Verrichtungen gehindert. Dies wird hiermit ernstlich untersagt und geboten, des Ordens Bestes nach seinen Privilegien kräftig zu wahren.

So waren denn die Templer dem Kaiser in Syrien zuwider und standen dem Papst um ihres Vorteils und ihrer Pläne willen bei.

Als Friedrich am 7. September zu Akkon landete, empfingen ihn zwar Templer und Hospitaliter mit tiefer Ehrfurcht, aber sie lebten bereits in Feindseligkeiten mit dem Grafen Thomas von Acerra, dem kaiserlichen Statthalter, der ihnen unter anderen eine den Sarazenen entrissene reiche Beute genommen hatte. Beide Orden waren des Gehorchens in Syrien ungewohnt, der Graf aber wollte ihnen befehlen und focht ihre Gerechtsame vielfach an. Obschon es sich der Kaiser angelegen sein ließ, die Ein­tracht im Heiligen Land durch Freundlichkeit und Billigkeit her­zustellen, so konnte er sich doch beide Orden nicht geneigt machen, welche wohl wussten, dass, wenn es dem Kaiser gelang, das Reich Jerusalem unter seinem Zepter wieder herzustellen, das bisherige Ansehen der geistlichen Ritterorden schwinden musste. Auch waren sie Kreaturen des Papstes, welcher bereits den Befehl an sie ausgefertigt hatte, dem gebannten Hohenstaufen nicht zu gehorchen. Sie huldigten dem Kaiser bei seiner Ankunft nur darum, weil sie der Meinung lebten, er habe sich mit dem Papst ausgesöhnt und sei des Bannes ledig. Als aber zwei vom Papst an die Templer gesandte Minoriten herbeikamen und sie zum Unge­horsam gegen den Kaiser aufforderten, standen sie nicht länger an, ihre feindselige Gesinnung an den Tag zu legen, welcher von nun an nur auf seine eigene Ritterschaft, auf die Deutsch­herren, Pisaner und Genueser rechnen durfte. Umso eifriger ließ er sich mit dem Sultan Kamel in Unterhandlungen ein, da die Tempelritter bereits mit offenen Feindseligkeiten gegen ihn auftraten.

Als er das Pilgerschloss besichtigte, stand ihm dieses so wohl an, dass er es von dem Orden begehrte und dessen sofortige Räumung forderte. Sogleich schlossen die Templer die Tore und erklärten ihm, wenn er nicht auf der Stelle abzöge, ihn als Gefangenen behandeln zu wollen. Hierdurch wurde er ein er­klärter Feind des Ordens, und nur die Schwäche seiner Streitkräfte in Palästina hielt ihn ab, schon dort gegen die Ritter mit offenbarer Gewalt zu verfahren. Dagegen gedachte er Joppe wiederherzustellen und forderte zu diesem Behuf außer den übrigen Pilgern auch die beiden Ritterorden zur Unterstützung auf. Beide erklärten, der Papst habe ihnen zwar untersagt, ihm zu Willen zu sein, doch wären sie geneigt, zum Nutzen des Heiligen Landes sich jenem Unternehmen dann anzuschließen, wenn kein Heerbefehl im Namen des verbannten Kaiser- erging, da der Papst den Oberbefehl über die Deutschen und Lombarden dem Meister des deutschen Ordens, über die übrigen Pilger dem kaiser­lichen Marschall Richard sowie dem bisherigen Reichverweser des Königs Johann, Odo von Montbéliard, überwiesen habe. Die Orden verlangten, dass im Namen jener Obersten alle Heerbe­fehle ausgehen sollten, welches Ansinnen den Kaiser tief kränkte, und ohne sich ferner um jene Ritterschaften zu kümmern, zog er im November nach Joppe. Templer und Hospitaliter folgten für sich. Doch am Rohrbach zwischen Cäsarea und Arsuf beschloss er, den Orden nachzugeben und befahl, alle Heerbefehle nur im Namen Gottes und der Christenheit ergehen zu lassen, worauf sich jene dem Heer anschlossen und am 15. November der Bau von Joppe begann.

Von hier aus setzte Friedrich seine Unterhandlungen mit dem Sultan, welcher sich zu Gaza aufhielt, heimlich fort. Da er zu Fuß und in wollenem Bußgewand eine Wallfahrt zum Jordan zu machen gedachte, benachrichtigten die Tempelherren den Sultan von diesem Vorhaben des Kaisers, in der Absicht, er möge den Sarazenen in die Hände fallen. Als der Sultan das Schreiben der Templer empfing und das ihm wohlbekannte Siegel erblickte, so war er über den Neid, die List und Verräterei der Christen sehr erzürnt, besonders derer, welche Religiöse sein wollten. Er rief zwei seiner Vertrauten herbei und sprach: »Schaut hier die Treue der Christen.« Nachdem diese das Schreiben gelesen hatten, rieten sie nach langer Beratung dem Sultan, dasselbe an den Kaiser zu senden, damit dieser ihnen noch mehr zugetan werden möchte. Der Kaiser hatte den ihm bereits zugekommenen Warnungen nicht geglaubt; nun erst erkannte er sie als begründet und unterließ die Wallfahrt. Froh, der Gefahr entgangen zu sein, verschwieg er den Tempelherren, so lange er in Palästina war, die Kenntnis von jenem Verrat, aber er ließ es beiden Orden späterhin im Abendland ent­gelten, obgleich die Hospitaliter weniger schuld gewesen sein sollen als die Tempelritter, welche, bald erfahrend, dass Friedrich von ihrer Verräterei mehr wisse, als sie wünschten, sich immer mehr mit dem Patriarchen verbanden, der in einem Schrei­ben an den Papst den Kaiser in das möglichst schlechteste Licht zu setzen suchte. Friedrich aber wurde immer mehr zu den Muselmännern hingezogen und knüpfte mit Kamel einen vertrauten Umgang an. Er sah wohl ein, dass er unter den obwalten­den Umständen mit Waffengewalt wenig im Heiligen Land werde fordern können und beschleunigte demnach durch billigere Forde­rungen den Abschluss des Friedens mit Kamel, welcher Frieden am 18. Februar 1229 abgeschlossen wurde.

Der Sultan überließ dem Kaiser Jerusalem und das zwischen dieser Stadt und Joppe liegende Land nebst einigen anderen Ge­bietsteilen. Den Sarazenen verblieb zu Jerusalem die Moschee des Kalifen Omar und die Kapelle Sachra. Dieser Friede erregte den Zorn der Gegenpartei, namentlich des Patriarchen Gerold, weil dieser hierbei gar nicht beachtet worden war. Zwar hatte Friedrich vorher den Großmeistern der Ritterorden nebst den Bischöfen von Winchester und Exeter eröffnet, dass er mit dem Sultan Frieden schließen wollte; sie aber hatten ihn vor allem an den Patriarchen gewiesen, weil dieser apostolischer Legat war. Der Kaiser wollte hiervon nichts hören und schloss daher den Frieden einseitig ab, welchen weder die übrigen muselmanischen Fürsten noch der Legat, die beiden Ritterorden und die syrischen Barone anerkannten. Der Legat nicht, weil seiner und der Rechte der Kirche gar nicht gedacht war; die Templer nicht, weil ihnen der Tempel des Herrn mit seinen Umgebungen, also auch der ursprüngliche Hauptsitz ihres Ordens, nicht wieder werden sollte, obgleich sie zu einigen zwischen Joppe und Jerusalem gelegenen Ortschaften wieder gelangten.

Der Kaiser kehrte sich an keinen Widerspruch, gelangte am 17. März, begleitet vom Emir Schemseddin zu Jerusalem an und wohnte mit diesem neben dem Tempel des Herrn, der Moschee war und blieb. An demselben Tag erschien zu Jerusalem der Erzbischof von Cäsarea und sprach im Namen des Patriarchen das Interdikt über die Stadt und das Heilige Grab aus. Auch danach fragte Friedrich nicht, besuchte das Heilige Grab, setzte sich in der Kirche daselbst, am 18. März, die Krone von Jeru­salem auf und ließ den Pilgern seinen Entschluss bekannt machen, Jerusalem wieder aufbauen zu wollen, wozu denn der Meister Hermann von Salza im Namen des Kaisers auch die Bischöfe von Winchester und Exeter sowie den Großmeister der Hospitaliter und den Komtur des Pilgerschlosses, welcher, da jetzt wahrscheinlich der Meister Pedro de Montaigu auf dem Pilgerschloss gestorben sei, Generalkomtur des Tempelordens war, aufforderte. Sie baten um Bedenkzeit und erklärten sich des anderen Tages bereit zum Werk, allein es erfolgte hierauf vom Kaiser kein Bescheid. Als dieser nach Akkon zurückgekehrt war, berief er eine allgemeine Versammlung des Volks und ließ hierzu alle anwesenden Barone und die beiden Großmeister einladen. Hier beschwerte er sich zuvörderst über den Patriarchen, machte dann dem Großkomtur der Templer viele Vorwürfe und befahl, dass alle ritterlichen Pilger bei Strafe körperlicher Züchtigung so­fort das Heilige Land verlassen sollten. Die Tore von Akkon ließ er mit Armbrustschützen besetzen, welche den Tempelrittern zwar nicht den Ausgang, wohl aber den Zugang wehrten. Darauf befahl er die wichtigsten Punkte von Akkon, namentlich die Straßen zu den Häusern des Patriarchen und der Templer zu besetzen, also dass diese wie belagert waren und niemand sich ihnen nähern durfte. Der Patriarch belegte die Stadt mit dem Interdikt. Da der Papst Sizilien mit Feindseligkeiten heimsuchte und dem Kaiser der Aufenthalt in Palästina mehr als verleidet war, so schiffte er sich am 1. Mai ein und kehrte nach Apulien zurück.

Daraus, dass der Kaiser von Jerusalem aus nicht den Groß­meister Pedro, sondern den Komtur des Pilgerschlosses zur Teil­nahme am Bau der Heiligen Stadt auffordern ließ, dass ferner Pedro auch nicht beim Abschluss des Waffenstillstandes mit Kamel war, folgern wir, er sei im Laufe dieses Jahres gestorben. Er war ein heldenmütiger, selbstständiger, in des Ordens Wesen und Plan tief eingeweihter Mann. Dass er es mit dem Kaiser nicht halten konnte, lag in der päpstlichen und doch auch wieder selbstständigen Politik des Ordens; ob er oder der Konvent den schnöden Verrat gegen den großen Hohenstaufen verschuldet habe, muss unermittelt bleiben.

Quelle:
Ferdinand Wilcke: Geschichte des Ordens der Tempelherren. Erster Band. Halle. 1860

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