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Carrier, der Erzteufel – Teil 16

Carrier, der Erzteufel, in eine Menschenhaut eingenäht, der in wenigen Monaten in der französischen Stadt Nantes mehr als fünfzehntausend Menschen von jedem Alter und Geschlecht erwürgen, ersäufen, erschießen, martern und guillotinieren ließ, ein blutdürstiges Ungeheuer und höllischer Mordbrenner
Zur Warnung vor blutigen Revolutionen
Von Dr. F. W. Pikant (Friedrich Wilhelm Bruckbräu)
Verlag der J. Lutzenbergerschen Buchhandlung, Altötting, 1860

Mordbefehle

Acht Tage lang war Carrier mit Befehlen zu Hinrichtungen beschäftigt. Er saß mit Fouquet im Arbeitskabinett; zum Vollzug von Aufträgen bereit, stand Sarot im Hintergrund.

Carrier ordnete an: »Ich bin kein Feind des Blutvergießens. Künftig sollen Jünglinge und Mädchen, Männer und Frauen, ausgezogen, zusammengebunden und in die Loire ge­worfen werden. Das Todesurteil eines Gefangenen ist künftig nur mit den Worten zu bezeichnen: ›Verurteilt, aus der großen Schale zu trinken.‹ Ich nenne dies das Revolutionsbad. Liebende wirft man zusammengebunden in die Loire, worin sie die republikanische Hochzeit feiern können. Zu mei­nem besonderen Vergnügen, und aus dem Vermö­gen der Verhafteten, soll eine große Gondel mit be­weglichem Boden gebaut werden. Am späten Abend will ich dann immer zu meiner Erholung eine Spa­zierfahrt auf der Loire machen und Verhaftete als Gäste dazu einladen. Auf ein Zeichen von mir öffnet sich der Boden des für sie bestimmten Raumes, und die Gäste empfangen zur Abfahrt die Revolu­tionstaufe.«

Er bemerkte Sarot.

»Ah«, sagte er zu ihm, »dich sollte ich auch ersäu­fen lassen, da durch deinen bösen Willen, oder wenigstens durch deine Fahrlässigkeit, Eugenie und ihr alter Vater aus dem Gefängnis entkommen sind.«

»Ich selbst habe sie wieder gefangen, Bürger Carrier; aber viel unbegreiflicher ist die zweite Flucht Eugenies, welche Lamberty zu Euch führen sollte, von seiner Seite weg, ohne dass es ihm bisher gelang, sie wiederzufinden.«

»Beim Teufel! Eugenie muss in meine Gewalt kommen, lebendig oder tot!«

»Ich verschaffe sie Euch, Bürger Carrier, wenn Ihr mir eine Vollmacht gebt, die mich vor jeder Ein­mischung meiner vielen Feinde sichert.«

Auf Fouquets Bürgschaft für Sarot schrieb Carrier auf weißes Kartenpapier:

»Bevollmächtigt von Carrier.«

Er gab Sarot die Vollmacht, der sie mit den Worten nahm: »Verlasst Euch darauf, Bürger Carrier, dass ich Eugenie noch heute finden werde.«

»Desto besser«, versetzte dieser. »Ich habe noch einen Auftrag für dich. Hier sind zwei Verzeichnisse von 47 Männern und 19 Frauen, persönliche Feinde von mir. Ich finde es nicht für ratsam, sie vor Gericht zu stellen. Verhafte sie und lass sie im Kerker ohne alles Aufsehen umbringen, am einfachsten durch Kohlendampf ersticken!«

»Du weißt, Bürger Carrier«, bemerkte Fouquet, »dass der Nationalkonvent in Paris bei Todesstrafe befohlen hat, niemand hinzurichten ohne Verhör und Urteil.«

»Ich weiß es recht gut«, erwiderte Carrier, »und habe deshalb auf jedes der beiden Verzeichnisse mit Beifügung meines Namens geschrieben: Auf meinen speziellen Befehl und auf meine persönliche Verantwortung.«

»Hier, nimm«, sagte er zu Sarot, »handle rasch! Ich verlasse mich auf dich!«

Sarot steckte die beiden Verzeichnisse in seine Tasche und antwortete: »Seid überzeugt, Bürger Carrier, dass ich alle Eure Erwartungen übertreffen werde.«

Lamberty und Hauptmann Grenil traten eilig ein und meldeten, einer ihrer besten Spione habe die Nachricht zurückgebracht, dass die Vendeer in der vori­gen Nacht eine von den zwölf höllischen Kolonnen der Republik überfallen und gänzlich vernichtet haben.«

»Ha, verdammt!«, rief Carrier.

»Der Anführer einer Freiwilligenschar der Ven­deer hat den Befehlshaber dieser Kolonne, den Gene­ral Cordelier, mit eigener Hand in Stücke gehauen, und dieser Anführer der Rebellen war —Vernet!«

Sarot machte unbemerkt ein Zeichen innerer Freude. »Unmöglich!«, sagte Carrier, »Vernet ist tot!«

»Vernet lebt!«, versetzte Grenil. »Der Spion kennt ihn recht gut und hat ihn mit eigenen Augen gesehen.«

Carrier nahm Grenil beiseite und sagte zu ihm leise: »Wenn du Vernet lebendig oder tot zu Sa­rot bringst, werde ich dich mit dem Patent als Ba­taillonschef und mit 50.000 Livres belohnen.«

Freudig nahm Grenil diesen Antrag an und eilte fort, um mit Carriers Einwilligung 30 tapfere Sol­daten auszuwählen.

Gleich darauf vertraute Carrier ebenso leise Sarot, was er zu Grenil gesagt habe, und ver­sprach ihm eine reiche Belohnung, wenn er Grenil, sobald er Vernet lebendig oder tot zu ihm ge­bracht habe, sofort umbringen lasse. Sarot erklärte sich damit einverstanden, und als er fortgegangen war, murmelte Carrier: »Sarot soll Grenil nicht 24 Stunden lang über­leben. Nur die Toten schweigen.«

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