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Carrier, der Erzteufel – Teil 14

Carrier, der Erzteufel, in eine Menschenhaut eingenäht, der in wenigen Monaten in der französischen Stadt Nantes mehr als fünfzehntausend Menschen von jedem Alter und Geschlecht erwürgen, ersäufen, erschießen, martern und guillotinieren ließ, ein blutdürstiges Ungeheuer und höllischer Mordbrenner
Zur Warnung vor blutigen Revolutionen
Von Dr. F. W. Pikant (Friedrich Wilhelm Bruckbräu)
Verlag der J. Lutzenbergerschen Buchhandlung, Altötting, 1860

Der Vorlegelöffel und die Großmutter

Lamberty, der gehorcht und die letzten Worte Sarots gehört hatte, murmelte: »Verflucht! Er ist mir zuvorgekommen!«, trat dann rasch herbei und rief: »Holla! Da sind die sauberen Vögel!«

»Ah! Bürger Lamberty, du bist es! Nun, ich hoffe, durch meinen glücklichen Fang deine volle Zu­friedenheit verdient zu haben.«

»Wahrhaftig, ein verdächtiges Glück! Doch davon wird noch später die Rede sein. Fort mit diesen!«

»In das Magazin?«, fragte Sarot.

»Nein, der Wagen soll in der Nähe der Loirebrücke bei den übrigen Gefangenen halten, die dort aufge­stellt sind.«

»Gut. Gehst du nicht mit, Bürger Lamberty?«

»Nein, ich will zuvor diese Hütte untersuchen, kann folge ich nach!«

Die Gefangenen wurden von Sarot und Solda­ten abgeführt.

»Wer ist in deiner Hütte?«, fragte Lamberty Thouvin.

Dieser, eben beschäftigt, das an die Hütte gelehnte Nachenruder auf den Boden zu legen, mit dem breiten Ende gegen die Türe der Hütte, antwortete: »Meine Großmutter!«

»Du lügst!«, erwiderte Lamberty, »deine Groß­mutter ist vor 14 Tagen gestorben, wie mir Sarot sagte, der bei der Beerdigung war.«

Thouvin erwiderte, während er einen Topf Milch und ein Stück Brot von der Bank nahm und auf das Ende des Ruders stellte: »Richtig! Ganz richtig! Aber es ist herkömmlich, dass jeder Mensch zwei Großmütter hat, und da die Mutter meines Vaters noch lebt, so habe ich sie als Ersatz für die Verstorbene zur Führung meiner kleinen Wirtschaft zu mir genommen, da ich weder Vater noch Mutter noch Schwester mehr habe, und auch keine Frau.«

»Das kommt mir verdächtig vor. Ich will deine Großmutter sehen.«

»Tu es, Bürger Lamberty, ich bitte dich! Die arme, schwer kranke Frau wird sich durch deinen gütigen Besuch nicht wenig geehrt und getröstet fühlen.«

»Was ist denn das?«, fragte Lamberty, während Thouvin sich nach dem Griff des Ruders bückte.

»Das ist … das ist …«, antwortete dieser schein­bar verlegen, »ein Vorlegelöffel.«

»Bist du wahnsinnig, Bursche, oder willst du deinen Spaß mit mir treiben?«

»Keines von beiden, Bruder Lamberty! Ich will dir nur sagen, dass ich schon seit 5 Jahren diese Hütte nicht mehr betrete, weil mir vor allen Krank­heiten ekelt. Damit nun meine arme Großmutter nicht verhungere, schiebe ich ihr immer Milch und Brot auf diesem Vorlegelöffel in die Hütte hinein, die leider nur aus einer einzigen Kammer besteht. Du wirst die Alte jetzt gleich sehen.«

»Was fehlt denn deiner Großmutter?«

»Dieses Mal nichts von Bedeutung«, antwortete Thouvin, »keine Krankheit von langer Dauer; es ist nur die jetzt in Nantes herrschende Spitalpest.«

»Verfluchter Schurke, warum hast du mir dies nicht gleich gesagt!«, rief Lamberty voll Angst aus, »der Teufel soll dich holen samt deiner Großmutter!«

Eilig entfernte er sich.

»Gott sei Dank,« rief Thouvin aus, »diese Ge­fahr ist überstanden!«

Dann eilte er auf seinen Lauerposten nach einem früheren Übereinkommen mit Vernet.

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