Ausschreibung
Sternenlicht-Anthologie

Download-Tipp
Band 6

Heftroman der Woche

Archive
Folgt uns auch auf

Deutsche Märchen und Sagen 188

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

252. Schatz zu Orbe

Zwei Männer aus Orbe im Elsass sahen in einem Garten ein Kästchen aus der Erde steigen, in dem sie zuversichtlich glaubten, einen großen Schatz zu finden. Sie gingen darauf zu, um es zu nehmen, aber da ver­schwand das Kästchen wieder und sank unter die Erde zurück.

Das erzählten zwei Mönche einer nahegelegenen Abtei, die es von den Männern selbst gehört hatten, dem Dom Calmet und fragten ihn um seinen Rat, aber er wusste ihnen wenig darauf zu antworten.

253. Magister Videns

Zu Zeiten Karls V. lebte ein berühmter Zauberer, den man wegen seiner großen Kunst Magister Videns nannte. Der unterwand sich, mithilfe seiner Wissenschaft alle Schätze heben zu wollen, welche auf den Küsten von Seeland, Holland und im Kanal, welcher England vom Festland trennt, begraben lägen. Nachdem er den Plan drei seiner Freunde mitgeteilt hatte, gingen sie zu­sammen auf eine der Inseln von Seeland und begannen dort ihre Beschwörungen. Einige Tage schon hatten sie damit fortgefahren – sie brauchten nämlich im Gan­zen zwölf Tage dazu – da trat ein bockfüßiger Teufel zu ihnen und sprach: »Wenn ihr nun von euren Be­schwörungen ablassen wollt, dann gebe ich euch diese Tonne Gold hier.« Und damit wies er auf ein Fass mit Gold, welches er mitgebracht hatte.

Magister Videns wollte aber nichts davon wissen, sondern sprach, er müsse alles Gold und all die da versenkten Schätze haben. Da verschwand der Teufel und nicht lange danach gingen die vier Beschwörer nach Hause, denn sie brachten nur gewisse Stunden auf der Insel zu. Als sie aber am folgenden Tag dahin zurückkehren wollten, da siehe, erhob sich ein ungeheurer Sturm, mit Donner und Wetter und Wirbelwinden, und der wütete dermaßen um die Insel, als hätte er Himmel und Erde untereinander men­gen wollen.

Die in der Umgebung wohnenden Leute dachten gleich, da müsse Zauberei im Spiel sein und gaben fleißig acht, sahen auch, wie die vier Männer auf und ab gingen. Als diese Letzteren aber merkten, dass man sie im Blick hatte, befiel sie die Furcht, ergriffen zu werden, und sie flüchteten alle. Einer ging nach Paris in ein Kloster und erzählte da häufig die ganze Geschichte, zeigte auch die Zauberbücher, welche sie zu den Beschwörungen ge­braucht hatten.