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Sagen der mittleren Werra 84

Von den Hunden von Wenkheim auf Altenstein

Vor vielen Jahrhunderten soll es geschehen sein, dass in Steinbach eine arme, aber sonst tugendsame Frau mit einem Drilling einkam. Zum Unglück der Frau aber wirtschaftete gerade auf Schloss Altenstein, oder wie dies früher genannt wurde, dem Markgrafenstein, eine zwar züchtige, aber auch strenge und herzlose Burgfrau, die, als sie von dem Vor­fall hörte, jene Frau deshalb des Ehebruchs anklagte, ihr den Prozess machen und trotz aller Beteuerung der Wöchnerin, dass sie von keinem anderen als dem ihr angetrauten Mann wisse, hinrichten ließ.

Da soll es nun vorgekommen sein, dass die Frau, als sie auf dem Richtplatz anlangte, nachdem sie allda nochmals ihre Unschuld beteuerte, die hartherzige Burgherrin verfluchte und ihr dabei wünschte, dass sie binnen Jahres­frist statt mit 3 mit 13 Kindern einkommen möge und dies zwar zum Zeichen, dass sie hier den Tod unschuldig erleide.

Und so geschah es denn wirklich; die Burgfrau wurde noch im Laufe des Jahres von 13 zwar kleinen, aber doch frischen und gesunden Knaben entbunden.

Mit Entsetzen gedachte sie nun der armen, auf ihren Be­fehl hingerichteten Schuldlosen und dessen, was die Leute und ihr abwesender Gemahl von ihr denken und reden würden, nahm daher einen der dreizehn zu sich und gebot einer ihrer vertrauten Dienerinnen, die übrigen zwölf zur Verhüllung des Geschehenen in einen Korb zu legen und unterhalb des Dorfes Schweina in das Wasser zu werfen. Das Schicksal jedoch wollte es anders, denn grade in dem Augenblick, als die Magd die Burg mit den zwölf Kindern verlassen wollte, kam der Ritter unvermutet zurück, fragte nach dem Inhalt des Korbes und erhielt von dieser den Bescheid, dass es junge Hunde seien, die sie ins Wasser tragen solle. Doch als der Ritter, damit nicht zufrieden, die jungen Hunde sehen wollte, stürzte ihm die Magd zu Füßen und beichtete alles.

Der Burgherr aber beherrschte seinen Zorn, gebot der Dienerin, die Knäblein zu einem Köhler in den Wald zu bringen, wo er für die Pflege derselben weiter sorgen werde. Ihrer Herrin jedoch solle sie bei Todesstrafe nichts von diesem Verlauf mitteilen.

Als die Knaben aber ihr 12. Lebensjahr erreicht hatten und die Burgherrin den Namenstag des bei ihr gebliebenen dreizehnten fröhlich begehen wollte, fragte sie der Eheherr, was einer Mutter gebühre, die ihr neugeborenes Kind gleich einem jungen Hund im Wasser zu ersäufen befehle. Und als hierauf die Frau anfangs erschrocken, dann aber dreist antwortete, eine solche Mutter müsse lebendig verbrannt werden, da rief der Ritter zornig, während er eine Seitentür öffnete und die zwölf ganz mit dem dreizehnten überein gekleideten Knaben ein­treten hieß: »Nun denn, Weib, dann hast du die Strafe zwölfmal verdient, denn hier sind deine jungen Hunde, und das soll auch von nun an ihr Name sein.« Die Sage jedoch berichtet noch, dass der Burgherr die von seiner Gattin selbst ausgesprochene Strafe nicht an ihr vollziehen ließ, sondern sie zur Reue und Buße in ein strenges Kloster schickte. Jene zwölf aber behielten den ihnen verliehenen Namen bei und wurden die Stammväter derer von Hund, da der dreizehnte Bruder ohne Leibeserben mit dem Tod abgegangen sein soll.