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Varney, der Vampir – Kapitel 34

Thomas Preskett Prest
Varney, der Vampir
oder: Das Blutfest

Ursprünglich als penny dreadful von 1845 bis 1847 veröffentlicht, als es zum ersten Mal in Buchform erschien, ist Varney, der Vampir ein Vorläufer von Vampirgeschichten wie Dracula, die es stark beeinflusst hat.

Kapitel 34

Die Drohung – Ihre Folgen – Die Bedrohung und Sir Francis Varneys Gefahr

Sir Francis Varney hielt nun wieder inne und schien sich einige Augenblicke lang an der hilflosen Lage des Mädchens zu ergötzen, das er so entschlossen war, zu seinem Opfer zu machen. Es lag kein Ausdruck von Mitleid in seinem Gesicht, kein Anflug von menschlicher Güte war in dem ganzen Ausdruck dieser teuflischen Züge zu finden; und wenn er den Versuch, das Herz dieses unglücklichen, aber schönen Wesens in Schrecken zu versetzen, hinauszögerte, so konnte das nicht aus irgendeinem zaghaften Gefühl heraus geschehen, sondern einfach deshalb, weil er sich ein paar Augenblicke lang der Vorstellung hingeben wollte, seine Niedertracht noch wirksamer zu vollenden.

Und sie, die ihr zu Hilfe geeilt wären, die für sie alle Unfälle, ja sogar das Leben selbst riskiert hätten, schliefen und wussten nichts von der Gefahr für die Geliebte. Sie war allein und weit genug vom Haus entfernt, um an jenen schwankenden Rand getrieben zu werden, wo die Vernunft endet und der Traum des Wahnsinns mit all seinen Schrecken beginnt.

Aber sie schlief immer noch – wenn dieser halbwache Schlaf überhaupt als etwas angesehen werden konnte, das einem gewöhnlichen Schlummer ähnelte –, sie schlief immer noch und rief klagend den Namen ihres Geliebten; und mit zärtlichen, flehenden Worten, die selbst die hartnäckigsten Herzen hätten schmelzen lassen müssen, drückte sie die Überzeugung ihrer Seele aus, dass er sie immer noch liebte.

Allein die Wiederholung des Namens von Charles Holland schien Sir Francis Varney zu ärgern. Er machte eine Geste der Ungeduld, als sie ihn erneut aussprach, und dann trat er vor, trat bis auf einen Schritt an sie heran und sagte mit furchtbar klarer Stimme: »Flora Bannerworth, wach auf! Wach auf und sieh mich an, auch wenn dich der Anblick erschlägt und zur Verzweiflung treibt. Wach auf! Wach auf!«

Es war nicht der Klang der Stimme, der sie aus dem seltsamen Schlummer erweckte. Man sagt, dass diejenigen, die auf diese exzentrische Weise schlafen, unempfindlich für Geräusche sind, aber dass die leichteste Berührung sie in einem Augenblick aufweckt; und so war es auch in diesem Fall, denn Sir Francis Varney legte, während er sprach, zwei seiner kalten, leichenhaft aussehenden Finger auf Floras Hand. Ein Schrei entrang sich ihren Lippen, und obwohl die Verwirrung ihres Gedächtnisses und ihrer Vorstellungen ungeheuer groß war, war sie doch wach, und die schlafwandlerische Trance hatte sie verlassen.

»Hilfe, Hilfe!«, rief sie. »Gütiger Himmel! Wo bin ich?«

Varney sprach nicht, aber er breitete seine langen, dünnen Arme so aus, dass er sie fast zu umschlingen schien, während er sie nicht berührte, sodass ein Entkommen unmöglich wurde, und der Versuch, dies zu tun, hätte bedeuten müssen, sich in seine abscheuliche Umarmung zu werfen.

Sie konnte nur einen einzigen Blick auf das Gesicht und die Gestalt desjenigen erhaschen, der sich ihrem Vorankommen widersetzte, aber so gering dieser Blick auch war, er reichte mehr als aus. Die äußerste Angst überkam sie, und sie saß wie gelähmt da. Das einzige Lebenszeichen, das sie von sich gab, waren die Worte: »Der Vampir – der Vampir!«

»Ja«, sagte Varney, »der Vampir. Du kennst mich, Flora Bannerworth – Varney, der Vampir; dein mitternächtlicher Gast bei diesem Blutfest. Ich bin der Vampir. Sieh mich gut an, scheue dich nicht vor meinem Blick. Du wirst gut daran tun, mich nicht zu meiden, sondern so mit mir zu sprechen, dass ich dich lieben lerne.«

Flora schüttelte sich wie in einem Krampf, und sie sah so weiß aus wie eine Marmorstatue.

»Das ist furchtbar!«, sagte sie. »Warum gewährt mir der Himmel nicht den Tod, um den ich bete?«

»Halt!«, sagte Varney. »Verkleide nicht in den falschen Farben der Fantasie, was an sich schon schrecklich genug ist, um keine der Verlockungen der Romantik zu brauchen. Flora Bannerworth, du wirst verfolgt – verfolgt von mir, dem Vampir. Es ist mein Schicksal, dich zu verfolgen; denn es gibt Gesetze in der unsichtbaren wie in der sichtbaren Schöpfung, die selbst ein Wesen wie mich dazu zwingen, meine Rolle im großen Drama der Existenz zu spielen. Ich bin ein Vampir; die Nahrung, die diese Gestalt trägt, muss aus dem Lebenssaft anderer geschöpft werden.«

»Oh, Grauen – Entsetzen!«

»Aber am meisten treffe ich die Jungen und Schönen. Aus den Adern solcher, wie du es bist, Flora Bannerworth, würde ich die Nahrung suchen, die ich für meine eigenen erschöpften Kräfte zu erhalten gezwungen bin. Aber noch nie in meiner langen Laufbahn – einer Laufbahn, die sich über Jahrhunderte erstreckt – habe ich das sanfte Gefühl des menschlichen Mitleids empfunden, bis ich dich, ein vorzügliches Stück Vollkommenheit, ansah. Selbst in dem Augenblick, als die belebende Flüssigkeit aus der sprudelnden Quelle deiner Adern mein Herz erwärmte, hatte ich Mitleid mit dir und liebte dich. Oh, Flora, selbst ich fühle jetzt den Schmerz, das zu sein, was ich bin!«

Es lag etwas in diesem Ton, ein Hauch von Traurigkeit in der Art und Weise und eine tiefe Aufrichtigkeit in diesen Worten, die Flora in gewisser Weise von ihren Ängsten befreiten. Sie schluchzte hysterisch, und ein Schwall von Tränen kam ihr zu Hilfe, als sie mit fast unhörbarem Akzent sagte: »Möge der große Gott auch dir verzeihen!«

»Ich habe ein solches Gebet nötig«, rief Varney aus, »der Himmel weiß, dass ich ein solches Gebet nötig habe. Möge es auf den Flügeln der Nachtluft zum Thron des Himmels aufsteigen. Möge es von dienenden Engeln leise an das Ohr der Gottheit geflüstert werden. Gott weiß, dass ich ein solches Gebet nötig habe!«

»Dich so sprechen zu hören«, sagte Flora, »beruhigt die erregte Fantasie und nimmt selbst deiner furchtbaren Gegenwart etwas von ihrem wahnsinnigen Einfluss.«

»Still«, sagte der Vampir, »du musst mehr hören – du musst mehr wissen, bevor du über die Dinge sprichst, die in letzter Zeit einen Einfluss des Schreckens auf dich ausgeübt haben.«

»Aber wie bin ich hierhergekommen?«, fragte Flora, »sag mir das. Durch welche mehr als irdische Macht hast du mich an diesen Ort gebracht? Wenn ich dich anhören soll, warum sollte das nicht zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort geschehen?«

»Ich habe Kräfte«, sagte Varney, der aus Floras Worten schloss, dass sie eine solche Anmaßung glauben würde, »ich habe Kräfte, die ausreichen, um viele Zwecke meinem Willen zu unterwerfen – Kräfte, die mit meiner Stellung zusammenhängen, und deshalb habe ich dich hierhergebracht, um das zu hören, was dich glücklicher machen sollte, als du bist.«

»Ich werde zuhören«, sagte Flora. »Ich zittere jetzt nicht; eine eisige Kälte durchströmt meine Adern, aber es ist die Nachtluft – sprich, ich will dir beistehen.«

»Ich will. Flora Bannerworth, ich bin jemand, der die Veränderungen der Zeit am Menschen und an seinen Werken miterlebt hat, und ich habe weder das eine noch das andere bemitleidet; ich habe den Fall von Imperien gesehen und nicht geseufzt, dass hochgesteckte Ambitionen in den Staub gestürzt wurden. Ich habe gesehen, wie sich das Grab über die Jungen und Schönen schloss – jene, die ich durch meinen unersättlichen Durst nach menschlichem Blut zum Tode verurteilt habe, lange bevor die übliche Lebensspanne vorüber war, aber ich habe sie bis jetzt nie geliebt.«

»Kann ein Wesen wie du«, sagte Flora, »für eine solche irdische Leidenschaft empfänglich sein? »

»Und warum nicht?«

»Die Liebe ist entweder zu himmlisch oder zu irdisch, um bei dir ein Zuhause zu finden.«

»Nein, Flora, nein! Es mag sein, dass das Gefühl aus Mitleid geboren ist. Ich werde dich retten – ich werde dich vor einer Fortsetzung der Schrecken bewahren, die dich heimsuchen.«

»Oh! Dann möge der Himmel dir in der Stunde der Not gnädig sein.«

»Amen!«

»Und mögest du auch jetzt noch Frieden und Freude im Himmel erfahren.«

»Es ist eine schwache und spärliche Hoffnung – aber wenn sie sich erfüllt, dann durch das Eingreifen eines solchen Geistes wie deines, Flora, der bereits einen so gütigen Einfluss auf meine gequälte Seele ausgeübt hat, dass ich den Wunsch in meinem Herzen verspüre, wenigstens eine selbstlose Tat zu vollbringen.«

»Dieser Wunsch«, sagte Flora, »soll Vater der Tat sein. Der Himmel ist noch grenzenlos gnädig.«

»Um deinetwillen will ich so viel glauben, Flora Bannerworth; es ist eine Bedingung meines hassenswerten Geschlechts, dass wir frei sind, wenn wir ein menschliches Herz finden können, das uns liebt. Wenn du im Angesicht des Himmels zustimmst, die meine zu sein, wirst du mich vor dem Fortbestehen meines schrecklichen Schicksals bewahren; und um deinetwillen und aufgrund deiner Verdienste werde ich noch himmlisches Glück erfahren. Willst du mein sein?«

Eine Wolke fegte vom Gesicht des Mondes, und ein schräger Strahl fiel auf die hässlichen Züge des Vampirs. Er sah aus, als wäre er soeben aus einem Leichenhaus gerettet und für eine Weile mit Lebenskraft ausgestattet worden, um alle Schönheit und Harmonie in der Natur zu zerstören und eine gottlose Seele in den Wahnsinn zu treiben.

»Nein, nein, nein!«, kreischte Flora, »niemals!«

»Genug«, sagte Varney, »ich bin einverstanden. Es war ein schlechter Vorschlag. Ich bin immer noch ein Vampir.«

»Verschont mich! Verschont mich!«

»Blut!«

Flora sank auf ihre Knie und hob die Hände zum Himmel. »Erbarmen, Erbarmen!«, sagte sie.

»Blut!«, sagte Varney, und sie sah seine abscheulichen, zahnähnlichen Zähne. »Blut! Flora Bannerworth, das Motto des Vampirs. Ich habe dich gebeten, mich zu lieben, und du willst es nicht – die Strafe ist deine.«

»Nein, nein!«, sagte Flora. »Du musst doch fühlen, dass ich in jeder Hinsicht ein Opfer war, und zwar ein unentgeltliches – ein Leidtragender, obwohl es keine gerechte Ursache für mein Leiden gab; ein Leidtragender, der nicht aus persönlicher Schuld, Selbstsucht, mangelnder Integrität oder ehrbaren Gefühlen gequält wurde, sondern weil du es für die Verlängerung deines schrecklichen Daseins für nötig hieltst, mich so anzugreifen, wie du es getan hast. Unter welchem Vorwand der Ehre, der Ehrlichkeit oder der Gerechtigkeit kann man mir vorwerfen, dass ich mich nicht auf eine Alternative einlasse, die sich jeder menschlichen Kontrolle entzieht? Ich kann dich nicht lieben.«

»Dann begnüge dich damit, zu leiden. Flora Bannerworth, willst du nicht, wenn auch nur für eine gewisse Zeit, um dich zu retten und um mich zu retten, mein werden?«

»Ein schrecklicher Gedanke!«

»Dann bin ich vielleicht noch für viele Jahre dazu verdammt, Elend und Verwüstung um mich herum zu verbreiten; und doch liebe ich dich mit einem Gefühl, das mehr von Dankbarkeit und Selbstlosigkeit in sich trägt, als je zuvor in meiner Brust eine Heimat gefunden hat. Ich möchte dir gerne dienen, auch wenn du mich nicht retten kannst; vielleicht gibt es noch eine Chance, die es dir ermöglicht, der Verfolgung durch meine Gegenwart zu entkommen.«

»Oh! Herrliche Chance!«, sagte Flora. »Sag mir, wie ich sie ergreifen kann, und die Dankbarkeit, die eine herzkranke Trauernde demjenigen entgegenbringen kann, der sie aus ihrem tiefen Kummer errettet hat, soll dir noch zuteilwerden.«

»Höre mir also zu, Flora Bannerworth, während ich dir einige Einzelheiten der geheimnisvollen Existenz solcher Wesen wie mir erzähle, die noch nie ein Sterblicher zu hören bekommen hat.«

Flora schaute ihn aufmerksam an und hörte ihm zu, während er ihr mit ernster Ernsthaftigkeit etwas von der Physiologie der einzigartigen Klasse von Wesen erzählte, die das Zusammentreffen aller Umstände dazu brachte, ihn als solchen erscheinen zu lassen.

»Flora«, sagte er, »es ist nicht die Tatsache, dass ich so verliebt in eine Existenz bin, die nur durch solch schreckliche Mittel verlängert werden kann, die mich dazu bringt, ein Schrecken für dich oder andere zu werden. Glaube mir, wenn meine Opfer, die ich mit meinem unstillbaren Blutdurst unglücklich gemacht habe, sehr leiden, so bin auch ich, der Vampir, nicht frei von unsagbaren Qualen. Aber es ist ein rätselhaftes Gesetz unserer Natur, dass, je näher der Zeitpunkt kommt, an dem die erschöpften Lebenskräfte eine neue Unterstützung aus der warmen, sprudelnden Quelle der Adern eines anderen benötigen, der starke Wunsch zu leben in uns wächst, bis wir in einem Paroxysmus des wilden Wahnsinns, der keine Hindernisse, weder menschliche noch göttliche, anerkennt, ein Opfer suchen.«

»Ein furchtbarer Zustand!«, sagte Flora.

»So ist es; und wenn die schreckliche Mahlzeit vorüber ist, der Puls wieder gesund schlägt und die vergeudeten Energien einer seltsamen Art von Vitalität in uns zurückkehren, werden wir wieder ruhig, aber mit dieser Ruhe kommt das ganze Grauen, die ganze Qual des Nachdenkens, und wir leiden weit mehr, als die Zunge sagen kann.«

»Du hast mein Mitleid«, sagte Flora; »sogar du hast mein Mitleid.«

»Ich könnte es wohl verlangen, wenn ein solches Gefühl einen Platz in deiner Brust hätte. Ich könnte Ihr Mitleid verlangen, Flora Bannerworth, denn nie kroch ein elender Wicht auf der Erde herum, der so bedauernswert war wie ich.«

»Fahre fort, fahre fort.«

»Das werde ich, und zwar mit so kurzen Schlussfolgerungen, wie ich kann. Wenn wir einmal ein menschliches Wesen angegriffen haben, verspüren wir ein seltsames, aber furchtbar impulsives Verlangen, diese Person erneut nach mehr Blut zu suchen. Aber ich liebe dich, Flora; das bisschen Sensibilität, das noch in meiner übernatürlichen Existenz verbleibt, erkennt in dir einen reinen und besseren Geist. Ich würde dich gern retten.«

»Oh! Sag mir, wie ich der schrecklichen Pein entgehen kann.«

»Das kann nur durch Flucht geschehen. Verlasse diesen Ort, ich flehe dich an! Verlasse ihn so schnell wie möglich. Verweile nicht – wirf nicht einen bedauernden Blick auf deine alte Heimat zurück. Ich werde noch jahrelang an diesem Ort bleiben. Wenn ich dich aus den Augen verliere, werde ich dich nicht verfolgen; aber durch die Umstände bin ich gezwungen, hier zu bleiben. Die Flucht ist das einzige Mittel, mit dem du einem so schrecklichen Schicksal entgehen kannst, wie ich es ertrage.«

»Aber sag mir«, sagte Flora nach einer kurzen Pause, in der sie den Mut aufzubringen schien, um eine furchtbare Frage zu stellen, »sag mir, ob es wahr ist, dass diejenigen, die einmal den schrecklichen Angriff eines Vampirs ertragen haben, nach dem Tod selbst zu einem dieser schrecklichen Rasse werden?«

»Auf diese Weise«, sagte Varney, »vermehrt sich die schreckliche Brut; aber Zeit und Umstände müssen die Entwicklung der neuen und schrecklichen Existenz fördern. Du aber bist in Sicherheit.«

»Sicher! Oh! Sag das Wort noch einmal.«

»Ja, sicher; nicht ein- oder zweimal wird der Angriff des Vampirs einen ausreichenden Einfluss auf deine sterbliche Gestalt haben, um eine Empfänglichkeit deinerseits zu bewirken, mit solchen wie ihm zusammenzuleben. Der Angriff muss oft wiederholt werden, und die Beendigung der sterblichen Existenz muss eine wesentliche und direkte Folge dieser Angriffe sein, bevor ein solches Ergebnis erwartet werden kann.«

»Ja, ja; ich verstehe.«

»Wenn du mein Opfer von Jahr zu Jahr weiterführen würdest, würden die Kräfte des Lebens langsam schwinden, und wie der schwache Schein einer Kerze, die mehr Nahrung verbraucht, als sie erhält, würde der kleinste Unfall deine Existenz auslöschen, und dann, Flora Bannerworth, könntest du ein Vampir werden.«

»Oh! Schrecklich! Ganz schrecklich!«

»Wenn zufällig oder absichtlich der geringste Blick der kalten Mondstrahlen auf deine scheinbar leblosen Überreste fiele, würdest du wieder auferstehen und eine von uns sein – ein Schrecken für dich selbst und eine Verwüstung für alle um dich herum.«

»Oh! Ich werde von hier fliehen«, sagte Flora. »Die Hoffnung, einem so schrecklichen und furchtbaren Schicksal zu entkommen, wird mich vorwärtstreiben; wenn die Flucht mich retten kann – die Flucht aus Bannerworth Hall, werde ich nicht eher innehalten, bis Kontinente und Ozeane uns trennen.«

»Es ist gut. Ich bin jetzt in der Lage, in aller Ruhe mit dir zu reden. Noch ein paar kurze Monate, und ich werde fühlen, wie die Mattigkeit des Todes über mich kriecht, und dann wird jene wahnsinnige Erregung des Gehirns kommen, die mich, wenn du hinter dreifachen Türen aus Stahl verborgen wärst, wieder dazu verleiten würde, dein Gemach aufzusuchen – wieder, um dich in meiner vollen Umarmung zu ergreifen – wieder, um aus deinen Adern die Mittel für ein verlängertes Leben zu ziehen – wieder, um deine Seele mit Schrecken zu erfüllen.«

»Ich brauche keine Anreize«, sagte Flora mit einem Schaudern, »in Form von Beschreibungen der Vergangenheit, um mich anzuspornen.«

»Du willst aus Bannerworth Hall fliehen?«

»Ja, ja«, sagte Flora, »so soll es sein; die Erinnerung an die Szenen, die sich in den Gemächern abspielten, ist schrecklich. Ich werde meine Brüder, meine Mutter, alle zum Aufbruch drängen. Und in einem fernen Land werden wir Sicherheit und Schutz finden. Dort werden auch wir lernen, mehr mit Trauer als mit Zorn an dich zu denken, mehr mit Mitleid als mit Vorwürfen, mehr mit Neugierde als mit Abscheu.«

»So sei es«, sagte der Vampir und faltete die Hände, als sei er dankbar dafür, dass er so viel dazu beigetragen hatte, wenigstens einen Menschen zu befrieden, der durch seine Taten eine so große Verzweiflung empfunden hatte. »So sei es; und auch ich will hoffen, dass die Gefühle, die ein so verzweifeltes und so isoliertes Wesen wie mich veranlasst haben, sich zu bemühen, einem menschlichen Herzen Frieden zu bringen, für mich mit Trompetenstimme zum Himmel flehen werden!«

»Es wird – es wird«, sagte Flora.

»Glaubst du das?«

»Ja, und ich werde beten, dass der Gedanke in einer solchen Sache zur Gewissheit werden möge.«

Der Vampir schien sehr betroffen zu sein; und dann fügte er hinzu: »Flora, du weißt, dass dieser Ort in den Annalen deiner Familie der Schauplatz einer Katastrophe war, auf die man mit Schrecken zurückblicken muss?«

»Ja«, sagte Flora. »Ich weiß, worauf du anspielst; es ist allen bekannt – für mich ist es ein trauriges Thema, dem ich nicht den Hof machen möchte.«

»Ich möchte dich auch nicht damit bedrängen. Ihr Vater hat hier, an dieser Stelle, jene verzweifelte Tat begangen, die ihn unaufgefordert vor den Richterstuhl Gottes brachte. Ich habe eine seltsame, wilde Neugierde auf solche Themen. Willst du sie im Gegenzug für das Gute, das ich dir zu tun versucht habe, befriedigen?«

»Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte Flora.

»Um genauer zu sein, erinnerst du dich an den Tag, an dem dein Vater sein Leben aushauchte?«

»Zu gut – zu gut.«

»Hast du ihn gesehen oder dich mit ihm unterhalten, kurz bevor diese verzweifelte Tat begangen wurde?«

»Nein; er hat sich für einige Zeit in einer einsamen Kammer eingeschlossen.«

»Ha! Welche Kammer?«

»Diejenige, in der ich in der Nacht geschlafen habe …«

»Ja, ja; die mit dem Porträt – dem sprechenden Porträt – dessen Augen einen Eindringling herauszufordern scheinen, wenn er die Wohnung betritt.«

»Das gleiche.«

»Stundenlang dort eingeschlossen!«, fügte Varney nachdenklich hinzu; »und von dort wanderte er in den Garten, wo er in diesem Sommerhaus sein Leben aushauchte?«

»So war es.«

»Dann, Flora, bevor ich dir Lebewohl sage …«

Kaum waren diese Worte ausgesprochen, als ein schneller, hastiger Schritt ertönte und Henry Bannerworth hinter Varney im Eingang der Gartenlaube erschien.

»Jetzt«, rief er, »die Rache! Jetzt, du verdorbenes Wesen, Schandfleck auf der Erdoberfläche, schreckliche Nachahmung der Menschheit, wenn ein sterblicher Arm etwas gegen dich ausrichten kann, sollst du sterben!«

Flora stieß einen Schrei aus, stürzte sich an Varney vorbei, der zur Seite trat, und klammerte sich an ihren Bruder, der mit seinem Schwert vergeblich nach dem Vampir schlug. Es war ein kritischer Moment, und hätte Varney, unbewaffnet wie er war, auch nur im Geringsten seine Geistesgegenwart verloren, wäre er unter der Waffe Henrys zusammengebrochen. Es dauerte jedoch nur einen Augenblick, bis er auf den von Flora verlassenen Platz sprang und mit der Kraft seines ganzen Körpers einige der schwachen und morschen Holzbalken an der Rückseite des Gartenhauses herausschlug, und bevor Henry sich aus der Umklammerung von Flora, Varney und dem Vampir befreien konnte, war er verschwunden, und es gab keine größere Chance, ihn zu fangen, als beim ersten Mal, als er vergeblich von der Eingangshalle bis in den Wald verfolgt worden war, in dessen Gewirr er sich so völlig verloren hatte.