Jim Buffalo – 26. Abenteuer – Kapitel 5
Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 26. Abenteuer Jim Buffalos
Ein gestörtes Hochzeitsfest
5. Kapitel
Ein gutes und böses Ende
Jim Buffalo brauchte nicht lange zu suchen, um die verschwundenen Mädchenräuber wieder aufzuspüren.
Bald schlug verworrenes Stimmengewirr an seine Ohren, und demselben vorsichtig folgend, hatte er bald das Lager der Rothäute erreicht.
In einer kleinen Waldlichtung, vom dichten Unterholz umgeben, lag es, und es mochte wohl der ständige Aufenthalt der diebischen Rothäute sein, denn er sah die spitzen Pfähle einiger Zelte aus dem Unterholz aufragen, das deutliche Zeichen einer festen Wohnstätte.
Die Pferde weideten angepflockt und der wohlverdienten Ruhe pflegend, in der nächsten Nähe des Lagers.
Das Tier Ralf Husfields befand sich nicht unter ihnen; der Schurke musste die Indianer bereits wieder verlassen haben.
Befand sich Marion noch in seiner Gewalt oder noch in der Obhut der Rothäute?
Husfield hatte ja von einem langen schwarzen Kasten und von der nächsten Station gesprochen, also hatte er selbst nicht gewagt, die junge Frau am hellen Tag weiter mitzuführen.
Anfangs spähte Jim Buffalo vergebens nach dem bewussten Kasten aus.
Endlich erblickte er eine solchen im Hintergrund des Lagers. Mit Stricken umwunden, war er völlig mit Ästen und Laub überdeckt, sodass nur ein scharfes Auge ihn zu erspähen vermochte.
Befreit atmete Jim Buffalo auf. Er war noch nicht zu spät gekommen.
Vorläufig wurde seine Ungeduld auf eine harte Probe gestellt.
Die Indianer hatten sich an einem rasch entzündeten Feuer niedergelassen und begannen ihr Mahl zu bereiten. Der scharfe Ritt schien sie sehr mitgenommen zu haben, denn schweigend hockten sie am Feuer. Ebenso schweigend wurde das Mahl verzehrt.
Nun aber ändere sich wie mit einem Schlag das Bild.
Aus seinem Zelt trat der Häuptling hervor, ein kleines Fässchen unter dem Arm tragend, dessen Anblick lauten Jubel bei den Rothäuten auslöste.
Ralf Husfield hatte, um die Wilden seinen Wünschen gefügig zu machen, ein Fässchen Whisky gespendet, und wenn der Schleichende Wolf auch versprochen hatte, dessen Inhalt erst nach Vollendung des Auftrages zu verteilen, so überwog doch die Gier nach dem ersehnten Feuerwasser jedes Bedenken.
Nur einmal kosten wollte man davon, ob die Goldene Hand sie auch nicht betrogen habe.
Vorsichtig wurde der kleine Spundstopfen herausgeschlagen und als Erster führte der Häuptling das kostbare Fässchen an die durstigen Lippen.
Und der Whisky musste sehr gut sein, denn in immer längeren Zügen trank der Wilde, bis ein unwilliges Murren ihn darauf aufmerksam machte, dass geteilte Freude eben nur halbe Freude sei.
Fast gewaltsam wurde ihm das Fässchen entrissen, und nun machte es die Runde, bis kein Tropfen mehr darin enthalten war.
Aber die Folgen dieser Orgie zeigten sich nur zu bald.
Waren die Rothäute schon durch den langen, angestrengten Ritt ermüdet, so sanken sie nun durch den ungewohnten und reichlichen Alkoholgenuss bald in einen tiefen Schlaf. Einer nach dem anderen legte sich nieder und bald verkündete lautes Schnarchen, dass für Jim Buffalo nun die Zeit des Handelns gekommen war.
Leise schlich er sich an den Kasten heran und löste die um denselben gewundenen Stricke.
Ein feiner, widerlicher Geruch von Chloroform drang aus demselben, und als er nun den Deckel zurückschlug, sah er vor sich das wachsbleiche Gesicht der jungen Frau in totenähnlichem Schlaf.
Ralf Husfield hatte die junge Frau betäubt.
Glücklicherweise führte Jim Buffalo ein Fläschchen mit Salmiakgeist bei sich, zum Schutz gegen die lästigen Moskitos. Der scharfe Geruch brachte die Betäubte bald wieder zur Besinnung.
Verwundert schlug die junge Frau die Augen auf und Jim Buffalo erkennend, ergriff sie inbrünstig beide Hände ihres Retters.
»O, Mister Buffalo, wie soll ich Ihnen dies jemals danken?«, flüsterte sie unter Tränen der Freude.
»Dadurch, dass Sie jetzt hübsch vernünftig sind und genau das tun, was ich Ihnen sagen werde!«
»O, ich will alles tun, Mister Buffalo!«
»Well, dann können Sie, kalkuliere ich, heute Abend schon wieder bei Ihrem Gatten sein. Eine tüchtige Reiterin sind Sie und Pferde laufen genug hier herum, die es sich zur Ehre rechnen werden, eine so süße Last ihrem Stück entgegenzutragen.
Mrs. Horsten schlug verschämt die Augen nieder.
»Und Sie, Mister Buffalo?«
»Ich werde Ihren Platz einnehmen und muss sie allerdings bitten, mir Ihren Schleier zurückzulassen.«
»Wozu?«, fragte die junge Frau zusammenschauernd. »Wollen Sie sich der Rache dieses Schurken aussetzen?«
»Nein, nur dafür sorgen, dass Sie vor ihm nichts mehr zu fürchten haben! Und Sie würden nie sicher vor ihm sein, solange er lebt!«
»Sie wollen ihn töten?«, fragte die junge Frau.
»Vielleicht, wenn er sich nicht gutwillig zu einem Verzicht seiner Rache versteht! Doch, das überlassen Sie nur mir, Mrs. Horsten. Machen Sie sich fertig, ich werde inzwischen das Pferd besorgen.«
Jim Buffalo entfernte sich, kehrte aber bald darauf wieder zurück, ein Pferd am Zügel führend.
»Alles all rigth, Mrs. Horsten! Ich habe sämtliche Pferde befreit, und sie werden dem Ihren freiwillig folgen, sodass Sie keine Verfolgung zu befürchten haben. Grüßen Sie Ihren Gatten und Mister Johnston von mir. Und vergessen Sie nicht, mein Auto zurückzuholen, das noch einen saftigen Hochzeitsbraten eingefangen hat. Ich denke, auch davon zu probieren, wenn ich wieder zurück bin. Und nun knüpfen Sie die Stricke wieder um den Kasten und dann, fare well!«
Jim Buffalo hatte sich bei diesen Worten in den Kasten gelegt und den Schleier über das Gesicht gezogen.
Wenige Minuten später hörte er die junge Frau davonsprengen.
Ralf Husfield, zufrieden mit seinem teuflischen Werke, saß indessen auf der nächsten Station und harrte ungeduldig seiner Verbündeten, die den schwarzen Kasten bringen sollten.
Dem Stationsvorsteher hatte er vorgelogen, dass er einige Reptilien gefangen habe, die für ein Museum zu liefern er übernommen habe.
Endlich kamen die wieder ernüchterten Indianer mit ihrer sonderbaren Last angekeucht.
Sie hatten keinen Verdacht geschöpft, denn die Cowboys hatten die Indianerpferde sofort wieder zurückgetrieben.
Eben brauste auch schon der erwartete Zug heran, sodass keine weitere Zeit zu Erklärungen blieb.
Und nun saß Ralf Husfield in seinem verdunkelten Zimmer, mit hämischer Schadenfreude auf den schwarzen Kasten blickend.
»Endlich mein!«, zischte er. »Marion, ich habe dich geliebt, jetzt sollst du meine Rache fühlen lernen. Ich will dich zuerst besitzen, dann magst du meinetwegen an der Seite dieses verdammten Dutchman glücklich werden, wenn er noch Lust dazu verspürt.«
Mit hastigen Fingern löste er die Stricke. Leise polterte der Deckel auf den dicken Teppich.
Mit roher Hand griff er nach dem Schleier und riss ihn herunter.
Da stieß er einen wilden Schrei aus; er hatte einen Schnurrbart berührt.
»Hell and devil, was ist das? Die Rothäute haben mich betrogen!«
»Nicht die dummen, verführten Teufel, sondern ich, Jim Buffalo!«, donnerte dieser dem Verbrecher ins Gesicht.
Blitzschnell war er aus dem Kasten gesprungen und hatte den jäh Zurückweichenden gepackt.
Aber er fand keinen Widerstand. Wie leblos sank Ralf Husfield zurück. Sein bläuliches Gesicht kündete, dass ihn vor Schreck der Schlag gerührt hatte.
Ergriffen von dieser furchtbaren Tragik bedeckte Jim Buffalo das Gesicht des Toten mit dem Schleier.
»Magst du da oben einen gnädigen Richter finden! Hier wird man dir keine Träne nachweinen.«
Er verließ das Haus Husfields und kam am anderen Morgen wohlbehalten wieder in der Villa Johnstons an, wo er stürmisch begrüßt wurde.
Befreit atmeten alle auf, als man das jähe Ende des Schurken erfuhr, und herzhaft drückte Fred Horsten ihm die Hand.
»Das verdanken wir Ihnen, Mister Buffalo! Und nun die Gläser hoch. Ein Hoch unserem Retter, dem Begründer unseres Glückes, ein Hoch auf Jim Buffalo!«
Hell klangen die Gläser der Glücklichen zusammen.
Jim Buffalos 27. Abenteuer:
Die Goldräuber der Yukon Hills