Jim Buffalo – 26. Abenteuer – Kapitel 2
Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 26. Abenteuer Jim Buffalos
Ein gestörtes Hochzeitsfest
2. Kapitel
Ralf Husfields Geheimnis
Nur Jim Buffalo vermochte keine Ruhe zu finden.
Am Fenster stehend, blickte er auf die weite Landschaft hinaus, vergebens darüber nachgrübelnd, was die Rothäute zu diesem Überfall veranlasst haben mochte.
Ein gewöhnlicher Raubzug, wie er früher oft genug stattgefunden hatte, konnte es unmöglich sein, diese Zeiten waren längst vorbei. Die wenigen Indianer lebten friedlich in ihren Territorien, und es wäre keinem Stamm eingefallen, sich offen zu empören, denn sie wussten, dass dies ihre völlige Vernichtung bedeutet hätte.
Plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit auf einen Schatten gelenkt, der, vom Haus kommend, in den Park hineinschlich, wobei er eifrig bemüht schien, nicht gesehen zu werden.
Hatte der einsame Mann Katzenjammer, den er in der kühlen Nachtluft zu kurieren suchte?
Der Nachtwandler überschritt eben eine vom Mondlicht hell beschienen Lichtung.
»Alle Wetter, Ralf Husfield?«, stieß Jim Buffalo erstaunt hervor.
»Was sucht der Mann im Park? Etwa Vergessenheit für die Abfuhr, die er von Miss Marion erlitten? Oder sollte er gar der Urheber dieses sonderbaren Besuches gewesen sein? Verschmähte Liebhaber sind zu allem fähig!«
Rasch eilte er hinunter und folgte dem sonderbaren Nachtwandler ungesehen.
Ralf Husfield hatte sich dem Ufer des Mississippi genähert und schritt eine Zeitlang den Fluss aufwärts, bis er nach etwa einer Stunde einen kleinen Wald erreichte.
In demselben angekommen, ließ er einen lauten Vogelschrei ertönen, der gleich darauf beantwortet wurde.
Ralf Husfield musste hier sehr gut Bescheid wissen, denn ohne zu zögern drang er in den Wald ein, durch dessen dichtes Unterholz bald darauf ein Feuer aufleuchtete.
Jim Buffalo, der Husfield auf dem Fuß gefolgt war, sah an dem Feuer einige dunkle Gestalten hocken, und an den blutbefleckten Tüchern, die sie um den Kopf oder an anderen Körperteilen trugen, erkannte er sofort, dass er die Rothäute vor sich hatte, deren Überfall er sich nicht zu enträtseln vermocht hatte.
Und die Anwesenheit Ralf Husfields bestätigte seinen Verdacht, dass er der Anstifter des Überfalles gewesen war, um sich für die Abweisung zu rächen.
Jim Buffalo war so nahe an das Lager der Rothäute herangekrochen, dass er ihre Unterhaltung deutlich zu hören vermochte.
Der Willkomm, der Ralf Husfield zuteilwurde, war kein freudiger.
Einer der Indianer, der jedenfalls der Anführer zu sein schien, war aufgesprungen und schaute den Nähertretenden finster und trotzig an.
»Was sucht der weiße Mann noch bei den Rothäuten, nachdem er es geschehen ließ, dass viele ihrer roten Brüder in die ewigen Jagdgründe gesandt wurden? Kann er mir sagen, wer der Mann mit der Teufelsmaschine war, und was soll der Schleichende Wolf sagen, wenn er wieder zu den seinen zurückkehrt? Wo ist das versprochene Gold, wo das Feuerwasser?«
Ralf Husfield ließ sich von den drohenden Worten des Indianers aber durchaus nicht einschüchtern.
»Der Schleichende Wolf ist ungerecht, wenn er mir die Schuld geben will«, sagte er ruhig. »Ich hatte keine Ahnung, dass Jim Buffalo eingeladen war und zu so unrechter Stunde erscheinen würde. Ihr hättet eben Späher aussenden müssen, dann brauchtet Ihr keine Toten zu beklagen. Für Eure Dummheit kann doch ich nicht verantwortlich gemacht werden.«
»Hugh, die Goldene Hand ist sehr kühn!«, fuhr der Indianer zornig auf. »Hättet Ihr uns gesagt, dass der Mann mit der Teufelsmaschine erwartet würde, wir wären nicht gekommen.«
»Haha, vor dem Mann fürchtet Ihr Euch?«, prustete Husfield spöttisch auf.
»Er hat unsere roten Brüder getötet«, entgegnete dumpf der Indianer.
»Und meint Ihr, dass ich ihn weniger hasse?«, zischte Husfield. Über sein Gesicht glitt ein teuflisches Grinsen. »Er hat unseren Plan vereitelt und ist von Stunde an auch mein Feind! Was sagt der Schleichende Wolf, wenn ich ihn in Eure Hände liefere?«
»Das kannst du nicht!«, stieß der Indianer hervor. »Mein weißer Bruder spricht mit gespaltener Zunge. Der Mann mit der Teufelsmaschine ist unüberwindbar!«
»Haha! Schließlich bildet er sich das selbst ein!«, konterte Ralf Husfield spöttisch auf. »Well, ich werde Euch morgen das Gegenteil beweisen!«
»Will sich mein weißer Bruder noch immer an der fremden Blume rächen, die ein anderer pflückte?«
»Mehr denn je! Sie muss mein werden!«, stieß Husfield hervor.
Der Rote kräuselte spöttisch die Lippen.
»Die Liebe macht meinen weißen Bruder blind! Und wenn er das schnellste Pferd hätte, der Mann mit der Teufelsmaschine würde ihn einholen.«
»Das sollt Ihr eben verhindern!«
Ralf Husfield entnahm seiner Tasche zwei Beutel voll Gold und legte diese schweigend auf den Boden, mit innerer Befriedigung bemerkend, wie die Hände der Wilden danach zuckten. Nur ihre angeborene Zurückhaltung ließ sie ihre Habsucht nicht deutlich zeigen.
»Diese beiden Beutel sind Euer, und noch dreimal so viel bekommt Ihr dazu, wenn …«
»Was sollen wir tun?«, stieß der Indianer hervor.
»Nur klüger sein, wie heute, und Eure toten Brüder werden gerächt werden! Morgen«, fuhr Husfield mit erhobener Stimme fort, »wenn das Auge Manitus Abschied nehmend die Blumen der Prärie küsst, werdet Ihr Euch unweit des Bungers der Cowboys in den Hinterhalt legen. Ihr könnt Zuschauer sein, wie Stümper reiten, was sie das Lassowerfen nennen. Dann werde ich den Mann mit der Teufelsmaschine auffordern, sich mit mir zu messen und wenn ich, ihn nachschleifend, auf Euch zureite, dann brecht hervor wie der Sturmwind, damit ich ihn euch übergebe. Aber schnell muss es geschehen, denn gleich darauf habt Ihr meinen Rücken zu decken, wenn ich mit der weißen Blume auf die Prärie hinausfliege.«
»Und wenn sie uns verfolgen?«
»Ha, der Schleichende Wolf scheint ein Kind geworden zu sein«, gab Husfield spöttisch zurück. »Weiß er nicht mehr, wie schnell die Prärie brennt? Das Feuer wird eine Scheidewand zwischen uns auffichten!«
Die lagernden Indianer nickten dem Sprecher Beifall zu.
»Die Goldene Hand ist sehr klug!«, versetzte der Indianer. »Es soll so geschehen, wie er gesagt hat. Mein weißer Bruder soll mit uns zufrieden sein.«
»Well, und das andere bleibt, wie es ausbedungen ist. Den langen schwarze Kasten erwarte ich auf der nächsten Station, wo Ihr mich finden werdet.«
»Der Schleichende Wolf wird handeln, wie es sein weißer Bruder wünscht!«
Ralf Husfields Augen funkelten im Triumph, die Rothäute abermals für seine finsteren Rachepläne gewonnen zu haben.
Er schüttelte jedem der Rothäute die Hand und schlich sich dann, wie er gekommen war, zum gastlichen Haus zurück.
Jim Buffalo lachte leise hinter ihm her.
»Dass doch die verliebten Leute auf die verrücktesten Gedanken kommen!«