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Jim Buffalo – 26. Abenteuer – Kapitel 1

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 26. Abenteuer Jim Buffalos
Ein gestörtes Hochzeitsfest
1. Kapitel

Unliebsame Poltergäste

Im Haus Mister Johnstons, ein reich geworde­nen Farmer und Herdenbesitzer in dem kleinen Städtchen Alton am Mississippi, ging es heute hoch her. Man feierte einen überaus lustigen Pol­terabend, denn am anderen Morgen sollte die Hochzeit der einzigen Tochter Marion mit Fred Horsten, einem jungen Deutschen, der es bei der Firma Johnston vom einfachen Clerk bis zum Kompagnon gebracht hatte, stattfinden.

Die prächtige, von einem großen Park umgebe­ne Villa Johnstons lag weit draußen, fast am Ende des Städtchens, sodass man von dem turmartigen Aufbau derselben über den Mississippi hinüber zu den weiten Weideplätzen blicken konnte, die Johnston gehörten.

Es war eine ruhige, helle Mondnacht, und wenn man auch von dem zu solchen Festen üblichen Poltern wegen der hier sehr dünn gesäten Nachbar­schaft nichts gewahr geworden war, so drang desto lauterer Jubel und helles Gläserklingen, unterbro­chen von brausenden Hochs aus den geöffneten Fenstern zum sternenbesäten Himmel auf.

Und es war wirklich ein schönes und glückliches Paar, das sich fürs Leben zusammengefunden hat­te, sodass Papa Johnston ohne Sorgen in die Zu­kunft schauen konnte.

Marion war wegen ihrer Schönheit und nicht zuletzt wegen ihres Reichtums viel umworben gewesen, und unter den jungen Gentlemen, die zur Hochzeit geladen waren, mochte es manchen ge­ben, der dem jungen Deutschen sein Glück neide­te. Besonders Ralf Husfield, ein junger Farmer aus der Umgegend, hatte dem viel beneideten Mädchen stark den Hof gemacht und sich wohl bereits fest eingebildet, dass er den Sieg davontragen würde.

Und wenn man ihn heimlich beobachtete, sah man es seinen verdüsterten Mienen, die nur eine geheuchelte Gleichgültigkeit zur Schau trugen, sehr wohl an, wie sehr die Zurücksetzung, die er von dem jungen Mädchen erfahren hatte, ihn jetzt noch wurmte.

Hasserfüllte Blicke warf er, wenn er sich unbeo­bachtet wusste, auf den jungen, nichtsahnenden Bräutigam, und hastig stürzte er ein Glas nach dem anderen hinunter.

Dabei schien er auf irgendetwas zu warten, denn oft trat er an eins der geöffneten Fenster und lauschte angestrengt in die stille Nacht hinaus.

Plötzlich verzerrte sich sein Gesicht, wie Scha­denfreude glitt es über seine bartlosen, fest zu­sammengebissenen Lippen, dann trat er hastig auf das errichtete kalte Büfett zu und plauderte lustig und ausgelassen mit den dort stehenden Herren.

Er hatte sich so in der Gewalt und verstand den kochenden Ingrimm so zu meistern, dass niemand von der Hochzeitsgesellschaft etwas von seiner wahren Stimmung ahnte und selbst Papa Johnston ihn gutmütig neckte.

»Das ist brav, lieber Husfield, dass Sie sich abgefunden haben. Ich habe auch nicht gemerkt, dass mein Mädel den blonden Dutschman liebt und hatte schon sicher damit gerechnet, dass Sie der­einst mein Schwiegersohn werden sollten. Wie die Sachen aber nun einmal liegen, ist es das Ver­nünftigste von Ihnen, den Misserfolg nicht allzu schwer zu nehmen, zumal es ja noch viel Mädels in den Vereinigten Staaten gibt. Dass Sie uns nicht zürnen, ersehe ich ja daraus, dass Sie unserer Ein­ladung gefolgt sind, und ich hoffe, Sie werden auch dem jungen Paar die alte Freundschaft be­wahren, die sie immer für unser Haus hatten.«

Über das Gesicht Husfields schoss eine jähe Röte des Unwillens, gleich darauf aber lachte er schein­bar lustig auf und stieß mit dem Hausherrn an. »Also auf gute Freundschaft, Mister Johnston! Vielleicht warte ich so lange, bis die Lizzy groß geworden ist und kann dann noch immer Ihr Schwiegersohn werden!«

Das frohe Lachen in der Herrenrunde wurde plötzlich durch ein markerschütterndes Geheul unterbrochen, das aus dem Park heraufhallte.

Als sich die bestürzten Gäste den Fenstern zu­wandten, sahen sie durch den weiten Park dunkle, schattenhafte Gestalten sprengen, die im rasenden Lauf sich der Villa näherten.

»Aha, meine Cowboys!«, wollte Johnston sagen, aber das Wort erstarb ihm auf den Lippen, denn nun hatte er die Näherkommenden erkannt. Es waren Indianer.

Aber Mister Johnston war ein alter Wildwestmann, der sich in früheren Jahren lange in den Prärien herumgetrieben hatte. Sofort hatte er seine Geistesgegenwart wieder erlangt, und mit Stentor­stimme schrie er:

»Hurry up, Gentlemen! Die Rothäute haben sich eingeladen, wenn auch der Teufel wissen mag, wo die Halunken auf einmal hergekommen sind. Die Türen schließen und jeder Mann ans Fenster! Gebt es den roten Schuften, damit ihnen das Poltern für immer vergeht!«

Während die verängstigten Damen in die inneren Räume gedrängt wurden, bewaffneten sich die Herren mit Schusswaffen, an denen es im Haus nicht fehlte, und kaum, dass die Rothäute herange­kommen waren, da krachten aus den Fenstern auch schon die Schüsse.

Aber es wäre den jedenfalls mit der Örtlichkeit vertrauten Indianern doch möglich gewesen, in das Haus selbst einzudringen, wenn ihnen im entschei­denden Augenblick nicht ein unerwarteter Feind in den Rücken gefallen wäre. Durch den Kampflärm drang auf einmal das laute Hupen eines Au­tos, und durch das weit geöffnete eiserne Gittertor raste ein Auto mit solcher Geschwindigkeit heran, dass es schon mitten unter den Indianern war, ehe sich dieselben von ihrem momentanen Schrecken erholt hatten.

Und nun war es dazu bereits zu spät.

Vom Führersitz des Autos krachte es ununter­brochen auf, und in wenigen Minuten waren die Rothäute derart zersprengt, dass sie in eiliger Flucht davonstoben.

»Hurra! So ist es recht!«, jauchzte der Mann auf dem Führersitz. »Feuer, Feuer! Die Halunken werden es schon merken, dass der Hochzeitsbraten brenzlig riecht!«

Und erneut krachten seine Schüsse den Fliehen­den nach, bis keine Rothaut mehr zu erblicken war, nur einige Schwerverwundete wälzten sich stöh­nend am Boden.

Mister Johnston war dem so spät eingetroffenen Gast mit ausgestreckten Armen entgegengeeilt.

»Hallo, Mister Jim Buffalo, seid herzlich will­kommen! Das nenne ich eine glückliche Verspä­tung, wenn ich anfangs auch ungehalten war«

»Well!«, merkte der Angekommene lachend an, den Hände­druck kräftig erwidernd.

»Ich wäre schon rechtzeitig eingetroffen. Aber mein braves Auto hatte größeren Durst als ich.«

»Und ist dafür dann wie der Teufel gelaufen! Besten Dank, Mister Buffalo! Eure Hilfe kam zur rechten Zeit, und nun sollen sie auch einen Trunk tun!«

Jim Buffalo, dieser war der späte Ankömmling, wurde mit lautem Hallo ins Haus geleitet, während die Diener damit beschäftigt waren, sein Auto unterzubringen und die Spuren des nächtlichen Überfalls zu beseitigen.

Nach einer Viertelstunde war dieser schon wie­der vergessen und laute Bravorufe umtosten den kühnen Helden, dass dieser sich mit gut gespieltem Entsetzen die Ohren zuhielt.

»Stopp, Gentlemen!«, rief er. »Tut lieber dem Brautpaar die Ehre an, es hochleben zu lassen!«

»Es ist mir nur ein Rätsel, woher die Rothäute auf einmal gekommen sind?«, wandte sich Johnston an Jim Buffalo. »Ich weiß mich seit Jahren nicht zu erinnern. Sie müssen doch eine besondere Absicht dabei verfolgt habe?«

»Das mag der Herrgott wissen«, meinte Jim Buf­falo. »Ich war selbst ganz erstaunt, solch sonderba­re Gäste hier zu sehen. Jedenfalls hatten sie es auf einen Raubzug abgesehen.«

»Und verdammt leicht wäre es ihnen geworden, wenn Ihr nicht gekommen wäret.«

»Well, nun bin ich aber da und die Rothäute weg, und das ist schließlich die Hauptsache.«

In harmloser und ungestörter Fröhlichkeit flossen die Stunden dahin und hielten die Gesellschaft des auf so ungewöhnliche Weise unterbrochenen Fes­tes noch lange beisammen, bis man endlich die Schlafstätten aufsuchte. Bald lag das Haus im tiefsten Dunkel und nichts mehr erinnerte an den vor wenigen Stunden stattgefundenen Überfall.