Als E-Book erhältlich

Archive

Vergessene Helden 13

Wer kennt Cisco Kid?

Eine Frage, die heutzutage von fast jedem nur noch mit Stirnrunzeln, Kopfschütteln oder Schulterzucken beantwortet wird, obwohl dieser Held im Film, im Comicbereich und in Buchform jahrzehntelang ein Abenteuer nach dem anderen bestand und seine Fans damit weltweit begeisterte.

Er war, und das ist das Paradoxe an Cisco Kid, einerseits einer der langlebigsten und faszinierendsten Westernhelden, und trotzdem der unterbewertetste, den es je gab.

Die Antwort auf die Frage warum, lässt sich am besten mit dem berühmtesten Zitat eines verstorbenen, osteuropäischen Politikers beantworten.

»Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.«

Aber der Reihe nach.

Die Figur des Cisco Kid basiert auf der von O. Henry verfassten Kurzstory The Caballero’s Way, die 1907 in der Zeitschrift Everybody’s Magazin zum ersten Mal abgedruckt wurde. Ursprünglich von Henry als mörderischer Krimineller dargestellt, wurde der Protagonist der Geschichte in späteren Jahren erfolgreich zu einem heroischen Caballero umgeschrieben und ihm als Sidekick ein mexikanischer Spaßvogel namens Pancho an die Seite gestellt.

The Caballero’s Way war auch der Titel des ersten Cisco Kid Films, der 1914 als Stummfilm in die Kinos kam. Bis 1950 sollten noch 26 weitere Kinofilme folgen, wobei anzumerken ist, dass der Film In Old Arizona von 1928 für 5 Oscars nominiert wurde und Warner Baxter den zweiten davon als Hauptdarsteller gewann.

Am 2. Oktober 1942 kam Cisco Kid zusätzlich ins Radio, wo die Hörer dann bis 1956 bei über 600 Episoden ihres Helden mitfiebern konnten. Zwischen 1950 bis 1956 flimmerten dann auch 156 Folgen der Serie The Cisco Kid über die Fernsehbildschirme Amerikas. Sie ist im Übrigen in den Staaten immer noch als die erste in Farbe gedrehte TV-Serie bekannt.

Für die Serie wurde das Pferd von Cisco Kid Diablo genannt, das Reittier seines Sidekicks Pancho bekam den Namen Palomino verpasst.

Der Running Gag war sowohl bei den Radioabenteuern wie auch bei den Fernsehsendungen der Schluss einer jeden Folge. Hier machte entweder Cisco Kid oder Pancho einen banalen Witz über das soeben bestandene Abenteuer, dann lachte Cisco und sagte: »Oh Pancho«, worauf dieser lachte und sagte: »Oh Cisco«, und beide weiterhin lachend mit der Musik zum Abspann auf den Weg in ein neues Abenteuer in den Sonnenuntergang hinein ritten.

 

*

 

Von 1951 an bis 1967 erschien Cisco Kid dann als Comic, geschrieben von Ron Reed und gezeichnet von Jose Luis Salinas. Besagter Salinas, geboren am 11. Februar 1908 in Buenos Aires, Argentinien, arbeitete ab 1929 in der Werbung und begann in einer der größten Agenturen Argentiniens. Er brachte sich das Zeichnen selbst bei und war ein wahres Naturtalent. Schon bald wurden seine frühen Werke in den Zeitungen gedruckt und bereits 1936 brachte er seine erste eigene Comicserie auf den Markt.

1949 zog er dann in die Vereinigten Staaten, wo er ausschließlich für King Features arbeitete.

Dort bekam er schon bald die Chance, Cisco Kid zu illustrieren. Bei King Features war man von Zeichnungen begeistert, auch wenn man Salinas bat, den Helden etwas männlicher darzustellen. Heute gilt er als Meister seines Fachs und ist mit seinem Werk in der Comicszene gleichgesetzt mit Hal Forster und Prinz Eisenherz. Von nun an erschien Cisco Kid als Tagesstrip in den Zeitungen.

Man fragt sich jetzt, warum Cisco Kid eigentlich nie richtig beim Publikum ankam, schließlich waren die Kinofilme mit einem Oscar bedacht, die Fernsehserie mit dem Emmy Award ausgezeichnet und die Comics liefen beinahe18 Jahre lang.

Die Antwort ist das eingangs erwähnte Zitat »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben«.

Bei den Kinofilmen war es die Abstammung der Protagonisten, Cisco Kid und Pancho waren die einzigen Hispanos Westernhelden. Nach dem Krieg waren aber Männer gefragt, die das Urbild des Amerikaners, den Frontier widerspiegelten. Protagonisten wie Gary Cooper in Zwölf Uhr mittags, John Wayne mit Der schwarze Falke, Randolph Scott oder Alan Ladd waren jetzt gefragt.

Beim Fernsehen war es ähnlich, Cisco Kid und Pancho hatten keine Chance, gegen Rauchende Colts, Bonanza, Maverick, Westlich von Santa Fe und Dutzende andere Serien, die nun den Markt überschwemmten. Auch hier passte man Cisco Kid nicht den Gegebenheiten des Marktes an. Beim Comicsektor spielte noch ein anderer Grund mit. Der Strip war durch Verträge an die Erscheinungsweise in der Tageszeitung gebunden. Dort wurden die Storys dann teils über Wochen als kurze Strips gedruckt. Aber das kam nicht bei der Jugend, der größten Käuferschaft für Comics an. Sie wollten keine Tageszeitung kaufen, um die Abenteuer zu lesen, sie wollten reine Comichefte, wie es sie bereits von Buffalo Bill oder anderen Westernhelden gab. Außerdem, warum immer nur Comics kaufen, wenn das Fernsehen doch inzwischen eine Flut an bewegten Bildern zeigte mit Serien aller Genres.

So kam es, wie es kommen musste, wie das Telefon dem Handy oder die Schreibmaschine dem PC musste Cisco Kid dem Neuen, dem Modernen, weichen und geriet trotz vorhandener Qualität immer mehr in Vergessenheit.

Im Jahr 1994 gab es dann nochmal einen Versuch, mit Cisco Kid als Western Comedy im TV durchzustarten. The Cisco Kid lief am 6. Februar 1994 mit Jimmy Smits und Cheech Marin, ja, der aus Cheech und Chong, viel Rauch um Nichts, im Fernsehen.

Nach der Ausstrahlung hat man seit diesem Tag den Mantel des Vergessens über diese Produktion ausgebreitet.

 

*

 

Zum Abschluss der Kolumne noch ein paar Infos für die Statistik.

Im Gegensatz zu Duncan Ronaldo, der den Cisco Kid in sieben Kinofilmen gespielt hatte und auch bei der TV-Serie der Hauptdarsteller war, wurde sein Sidekick Pancho von Leo Carillo dargestellt, der nicht in den Kinoproduktionen mitgespielt hatte.

Einer der Kinofilmregisseure war kein anderer als Raoul Walsh, der später mit Filmen wie Die Nackten und die Toten oder Des Königs Admiral zur Regielegende wurde.

Der Song Hey Cisco von Deep Purple basiert lose auf den Charakteren der Radiofolgen von Cisco Kid und Stephen King hat in seiner Kurzgeschichte The Raft die Namen Cisco und Pancho für seine Protagonisten verwendet.

Der eigentliche Name von Cisco Kid lautet Juan Carlos Francisco Antonio Hernandez und der von Pancho Francisco Fernando Miguel de Cornejo. Diese Namen wurden allerdings nur in den Filmen der 1940er Jahre verwendet und sind somit heute nur noch Hardcore-Fans bekannt.

Quellenhinweis:

(gsch)