Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg 33
Der Golm bei Jüterbog
Zwischen den Städten Jüterbog und Baruth zieht sich eine lange Kette von bewaldeten Hügeln hin, deren höchste Spitze der Golm bei dem Dorf Stülpe ist, einem alten von Rochow’schen Gut. Auf demselben stand im Mittelalter eine berühmte Marienkapelle, welche von weit und breit von Wallfahrern besucht wurde. Man schrieb dem dortigen Marienbild besonders wundertätige Kräfte zu und behauptete, dass dort für Sünden, die sonst nirgends gesühnt werden könnten, Vergebung zu finden sei. So wird unter anderem erzählt:
Ein Landmann aus der Gegend von Jüterbog habe in alter Zeit, von seinem Gewissen wegen schwerer Sünden gedrückt, mit Frau und Kindern eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela in Spanien gemacht. Nachdem er dort gebeichtet und Absolution erhalten hatte, habe es ihm geschienen, dass er sich doch noch nicht vollständig erleichtert fühle. Er fragte nach, ob es nicht noch einen heiligeren Ort gäbe.
Da habe man ihm geantwortet: »Allerdings, der Golmberg bei Jüterbog!«
Worauf er denn unmutig umgekehrt sei mit den Worten: »Was zum Teufel suche ich denn hier, wenn ich den Ort hart vor der Tür habe.«
Es sind nur noch die Grundmauern der Kapelle vorhanden, aber allerhand wunderbare Geschichten zirkulieren in der Gegend von einem Schatz, der dort vergraben sein soll. Im 17. Jahrhundert hat auch hier einmal eine vollständige Schatzgräberei stattgefunden, über die im Rochow’schen Archiv zu Stülpe sich von dem damaligen Besitzer ein ausführlicher Bericht findet. Man wollte nämlich – es war im Jahre 1678 – bemerkt haben, dass alljährlich zwei unbekannte Männer zu diesem Ort kämen, denselben genau untersuchten und dann wieder ihres Weges gingen; man wusste nicht wohin.
Daraus war die Meinung entstanden, die Mönche hätten bei ihrem Abzug viel Geld vergraben zurückgelassen. Dies bestätigte der benachbarte Graf zu Solms, welcher ein berühmter Schatzgräber und Rutenschläger war. Es wurde daher ein Student Namens Caspar Hüller verschrieben. Nachdem dieser Proben mit der Wünschelrute gemacht und einen magischen Spiegel zu Rate gezogen hatte, versicherte er, es lägen da mehr als zwei Tonnen Goldes, aber von drei mächtigen Erdgeistern bewacht.
Diese wurden zu bannen gesucht, und die Arbeit begann. Sie wurde des Nachts betrieben. Nach vielen Bemühungen erreichte man eine Tiefe von sieben Ellen und glaubte den Schatz bald heben zu können, als einer der Arbeiter, denen das Sprechen streng untersagt war, dies Verbot brach und dadurch veranlasste, dass das Werk misslang.
Der Student gab nun seine Arbeit, für die er sich nur im Fall des Gelingens einen Lohn ausbedungen hatte, auf und begab sich nach Halle, wohin ihn der damalige Administrator von Magdeburg kommen ließ, um auf den Giebichenstein eine Schatzgräberei vorzunehmen.
Im Volk aber lebt die Sage von dem Schatz auf dem Golm noch heutigen Tages fort. Nach einigen besteht er in einer silbernen Wiege, nach anderen in einer aus dem feinsten Gold gefertigten Bildsäule eines Mönches. Die Leute behaupten auch, es sei schon fast dreihundert Jahre her, dass man versuchte, den Schatz zu heben, und der Schatzgräber, der ihn damals nicht habe heben können, habe prophezeit, wenn dreihundert Jahre um wären, und das wäre nun bald, könne er wieder gehoben werden; aber nur einer, der bucklig geboren, könne es vollbringen.