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Michael Moorcocks ELRIC – Die illustrierte Gesamtausgabe

Michael Moorcocks ELRIC – Die illustrierte Gesamtausgabe

Weihnachten kommt garantiert auch dieses Jahr wieder überraschend, und deshalb wohl hat Fischer/TOR bereits im Oktober vorsorglich schon mal diesen voluminösen Prachtschmöker vorgelegt.

Enthalten sind – auf 1178 Seiten, neu übersetzt vom verdienten Ex-Golkonda-Verleger Hannes Riffel – in chronologischer Reihenfolge acht Romane, und damit jene Abenteuer, die bis in die 1990er Jahre den Großteil dessen enthalten, was der Autor zu Elric und dessen Welt geschrieben hat.

Jeder dieser Romane ist mit einem Vorwort eines prominenten Autoren-Fans versehen; darunter Alan Moore (Watchmen), Neil Gaiman (Sandman, Der Ozean am Ende der Straße), Michael Chabon (Die Geheimnisse von Pittsburgh, Die unglaublichen Abenteuer von Kavalier & Clay), Kai Meyer (Die Bücher, der Junge und die Nacht), Walter Mosley (Manhattan Karma/Leonid McGill-Serie, die Easy Rawlins-Serie), Markus Heitz (Die Zwerge), Holly Black und Tad Williams (Der Drachenbeinthron).

 

Mit rauschhafter Fantasie schuf Mike Moorcock ab 1961 ein komplexes Fantasy-Multiversum, das seinesgleichen sucht, anfangs noch als Fortsetzungsgeschichten in den besten Magazinen der damaligen Zeit veröffentlicht, schließlich in Romanen, die in der Chronologie davor, danach oder dazwischen angesiedelt waren. Den Begriff Multiversum hat Moorcock dabei gleich mit erfunden und geprägt – und nicht etwa Marvel.

Der Kampf seiner Ewigen Helden gegen das Chaos und für ein kosmisches Gleichgewicht bestimmt viele seiner fantastischen, schnell und (wie Meyer in einem Vorwort ausführt) präzise geschriebenen und vielleicht gerade deshalb so mitreißenden Romane. Lässt sich in den ersten Abenteuern Robert E. Howards oder sogar Edgar Rice Burroughs Einfluss nicht leugnen, so reift der Autor Moorcock im Laufe der Zeit beeindruckend. Die philosophischen Gedanken zu Chaos, Ordnung, Recht, Unrecht, Schuld, dem Gleichgewicht von allem werden tiefer, Spannung wird nicht mehr allein durch die genretypischen Sword and Sorcercery-Pulp-Zutaten bezogen. Roman für Roman entsteht ein wuchtigeres Gesamtbild.

Elric von Melniboné ist, finde ich, auch deshalb zu Recht Michael Moorcocks berühmteste und meiner Meinung nach, beste Helden-Inkarnation: Ein in den 1960er Jahren noch eher ungewöhnlicher Antiheld, ein Albino, blass, kränklich, einer, der um seinen Verstand fürchtet und um sein (Über-)leben kämpft, gebrochen … und doch, dank des schwarzen, abgrundtief bösartigen Runenschwertes Sturmbringer – das ihm dank eines Rachepaktes der Chaosdämon Arioch überließ, und das nach Seelen giert – ein mächtiger Krieger.

Elric bietet grausamen Göttern und noch grausameren Dämonen die Stirn, und, einmal im Blutrausch, kennt er dank eben dieser Waffe auch kein Einhalten vor Freunden oder Verbündeten und zieht eine grausige Spur aus Blut, Tod, Tränen, Verzweiflung und Zerstörung – auch jene seiner Heimatstadt und selbst seines Zeitalters – hinter sich her. Sturmbringer gewährt ihm große Macht – und fordert stets seinen Tribut. Inneren Frieden findet Elric nie.

 

*

 

Wenn der Verlag damit wirbt, dass kaum ein Werk das Fantasy-Genre so stark beeinflusst hat wie Moorcocks Elric, dann ist das keinesfalls übertrieben. Wie Kai Meyer in seinem Vorwort zum Roman Der Zauber des weißen Wolfs schreibt, so sehe ich das auch: Nicht Tolkien ist, wie ein Rezensent vom anderen abschreibt, sondern Michael Moorcock ist der meistbestohlene Autor der Fantasy.

Allerdings: Die Gesamtausgabe der ELRIC-Abenteuer haben wir mit dieser prachtvollen Ausgabe leider nicht vorliegen. Die ab 2000 veröffentlichten drei ELRIC-Romane der Moonbeam-Trilogie sind nicht enthalten, und auch die Geschichten The last Enchantment, Elric at theEnd of Time und The White Wolf’s Song fehlen – unverständlicherweise.

Nichtsdestotrotz: Den stolzen (Weihnachts-) Preis von 68 EUR ist dieser Schmöker allemal wert.

Angaben zum Buch:

Michael Moorcock
Elric – Die illustrierte Gesamtausgabe
Fantasy, gebundene Ausgabe, Verlag Fischer TOR, Frankfurt am Main, 25. Oktober 2023, 1178 Seiten, 68,00 EUR, ISBN 9783596707683, Übersetzung von Hannes Riffel

(mb)