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Jim Buffalo – 20. Abenteuer – Kapitel 1

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Die Goldmacher von Winningstreet
Das 20. Abenteuer Jim Buffalos
1. Kapitel

Auf der Lauer

Am Torweg einer großen Industrieanlage lehnte eines Tages ein verschmitzt aussehender Bursche, der in Ruhe seine Zigarette rauchte. Er unterhielt sich mit dem Portier, welcher ein guter Freund von ihm zu sein schien.

Die beiden Männer hatten Heimlichkeiten, denn jedes Mal, wenn Leute auftauchten, dämpften sie ihre Stimmen und warfen sich warnende Blicke zu.

»Er scheint heute nicht zu kommen, Nat«, sagte der Mann, indem er seine Schiebermütze mehr in das Genick rückte.

Der Portier zuckte die Achseln.

»Er kommt immer unbestimmt, Patrick. Lass gut sein, wenn es heute nicht ist, dann an einem anderen Tag. Einmal erreichen wir doch unser Ziel.«

»Aber die Zeit drängt, mein Auftraggeber will nicht mehr warten. Er sagt, wenn ich es nicht bald schaffe, dann wird er einen anderen beauftragen oder er tritt zurück und verzichtet.«

»Das wäre dumm, denn in diesem Fall ginge uns der schöne Verdienst zum Teufel«, knurrte der Portier.

Der Mann in der Schiebermütze stutzte mit einem Mal. Er wechselte mit dem Portier einen raschen Blick und stieß hervor: »Er kommt. Wenn ich mich nicht täusche, so ist er es.«

»Du hat recht«, erwiderte der Portier, »das ist er. Halte dich ein wenig im Hintergrund. Wenn er jemand braucht, dann werde ich dich empfehlen.«

Ein Herr sauste im Kraftwagen die Straße herauf. Er lehnte lässig im Fond. Vor dem Torweg der Industrieanlage hielt er und sprang aus dem Wagen. Er entlohnte den Chauffeur und gab ihm ein reichliches Trinkgeld.

»Guten Morgen, Mister Buffalo«, sprach der Portier.

Jim Buffalo, unser Held, erwiderte den Gruß freundlich.

»Brauchen Sie heute einen Mann zur Hilfe, Mister Buffalo?«, fragte der Portier weiter.

Jim Buffalo überlegte einen Moment.

»Ich weiß noch nicht, lieber Freund. Wenn es so weit ist, werde ich Sie von meiner Werkstätte aus anrufen.«

»Well, Mister Buffalo. Bleiben Sie denn lange hier oder verreisen Sie bald wieder?«

Jim Buffalo stutzte. Er warf einen forschenden Blick auf den Portier.

»Weshalb fragen Sie?«

Der Portier lächelte.

»Ach, es geschah nur, damit ich den Leuten, die immer nach Ihnen fragen, die richtige Antwort geben kann. Immer kommen sie und wollen wissen, ob der ehrenwerte Mister Buffalo noch mit seiner berühmten Zeitmaschine hier wohnt.«

»Was sind das für Leute?«

»Was weiß ich, Mister Buffalo? Einmal sind es Gentlemen, dann wieder Arbeiter. Ein anderes Mal wieder sind es Leute, die irgendwelche Anliegen an Sie haben, denen Sie zum Beispiel helfen sollen. Auch Leute, die mit Ihnen Geschäfte machen wollen. Die Letzteren sind in der Mehrzahl. Heute wollen alle Geschäfte machen. Alle wollen Geld verdienen.«

»Ich bin überhaupt nicht zu sprechen«, sagte Jim Buffalo. »Wenn wieder jemand fragt, dann sagen Sie immer, ich sei auf Reisen. Haben Sie mich verstanden?«

»Sehr wohl, Mister Buffalo, das werde ich tun.«

Der berühmte Mann griff an seinen Hut und betrat nunmehr das Grundstück. Er sah nicht den Blick, welchen der Portier mit dem in der Nähe stehenden Individuum wechselte. Wahrscheinlich hätte er sonst diesem Portier weniger getraut.

Jim Buffalo hatte in diesem Haus ein festes Gewölbe gemietet, in welchem er zeitweilig die Zeitmaschine untergestellt hatte. Jim Buffalo wollte demnächst in der Maschine eine große Reise antreten. Er hatte eine Offenbarung gehabt, welche ihm in rätselhaften Andeutungen zu verstehen gegeben hatte, dass die Zeitmaschine noch viele Geheimnisse barg, dass er dieselben noch kaum zur Hälfte ergründet hatte.

Unter anderem wurde ihm in dieser Offenbarung die Kunde, dass er die Reise über den Ozean ohne Schiff unternehmen könne. Das Wie hatte er aber noch nicht ergründen können. Auch hatte er sich die Aufgabe gestellt, an der Zeitmaschine herumzutüfteln, um das Geheimnis zu ergründen. Er brauchte oft einen starken Mann zur Hilfe, der ihm bei seiner Arbeit mit Handreichungen zur Seite stehen konnte. Da Jim Buffalo wusste, dass er viele Feinde und Neider hatte, benutzte er immer zu solchen Handreichungen einen anderen Mann, der zufällig des Weges kam, um seinen Feinden keine Gelegenheit zu bieten, gegen ihn auf irgendeine Weise etwas zu unternehmen.

Der Besitzer der Zeitmaschine war bald wieder in seine Arbeit vertieft. Die Garage, in welcher sich die Zeitmaschine befand, lag unter der Erde. Sie bestand aus einem festgemauerten Verließ, welches ursprünglich ein Schatzgewölbe gewesen war. Dasselbe hatte nach oben hin eine meterstarke, versenkbare Decke. Ein Fahrstuhl brachte die Zeitmaschine ans Oberlicht, wenn sie gebraucht wurde. Das Gewölbe war früher benutzt worden, wenn große Werte einer Bank per Schiff ankamen. Sie wurden in dem Gewölbe untergebracht.

Jim Buffalo hantierte bald eifrig an den vielen, bisher noch unerforschten Schrauben, Hebeln und Kontakten. Immer wieder versuchte er, hier des Rätsels Lösung zu finden. Er war noch nicht dahintergekommen, wies möglich gewesen war, dass die Zeitmaschine von den damaligen Entführern derselben auf das Dach gebracht worden war. Die Maschine hatte sich automatisch in die Lüfte erhoben und war auf dem Dach gelandet.

Jim Buffalo schwitzte bereits. Er sann und sann. Immer wieder hantierte er an den Schrauben und Hebeln.

»Ich werde versuchen, die Maschine auf die Seite zu legen. Vielleicht gelingt es mir dann leichter, die Geheimnisse zu erforschen«, sagte er bei sich.

Er musste jedoch zu diesem Unternehmen wieder Hilfe haben, denn wenn er auch die notwenigen Instrumente zur Verfügung hatte, so brauchte er immerhin auch starke menschliche Kräfte dazu. Er setzte sich daher telefonisch mit dem Portier in Verbindung und veranlasste ihn, einen Mann, der Lust zum Arbeiten hatte, zu besorgen.

Jim Buffalo hätte sich gehütet, den Mann zu nehmen, wenn er gewusst hätte, dass derselbe bereits am Torweg des Industriegeländes stand und auf den Anruf wartete.

»Nun geh«, sagte der Portier. »Er braucht jemand, Patrick, aber mache deine Sache gut, damit wir die Belohnung auch bekommen.«

Der Mann lachte spöttisch auf

»Nur keine Angst, Nat. Du weißt doch, dass der Patrick ein fixer Kerl ist. Ich passe auf wie ein Heftelmann.«

Der Portier trat wieder an das Telefon und unterrichtete Jim Buffalo, dass ein Mann unterwegs sei, der ihm helfen wolle. Er rieb sich die Hände und blickte dem Burschen nach, wie er gewichtig über den Hof schritt.

Jim Buffalo stieg die Treppen zum Gewölbe hinauf und wartete hier auf den Mann. Patrick zog die Mütze und fragte bieder: »Ist es hier richtig mit der Arbeit?«

»Well, ich brauche einen Mann, der zufassen kann«, sagte Jim Buffalo.

»Na, da könnte ich ja«, bestätigte der Mann mit einem behaglichen Lachen. »Wenn der Patrick unten am Hafen Säcke trägt, da reißen sich die Unternehmer um ihn. Ich fasse nämlich immer die schwersten und größten, mit denen die anderen nicht fertig werden.«

Jim Buffalo warf einen prüfenden Blick über den Mann. Stark mochte er sein, aber er hatte ein unsympathisches Gesicht.

Ein Halunke, dachte Jim Buffalo. Er beschloss, auf der Hut zu sein.

Beide stiegen hinab. Der Mann sagte nichts. Er blieb stehen und wartete auf seine Arbeit. Das gefiel Jim Buffalo, denn er mochte keine Leute leiden, die ihn aushorchen wollten.

Jim Buffalo hob den Teufelsapparat mithilfe eines Kranes halb hoch, dann versuchte er, ihn etwas auf die Seite zu legen. Es gelang ihm auch.

»Nun kommen Sie einmal hierher, mein Lieber«, forderte er den Mann auf.

Patrick kam heran. Er stemmte sich auf Wunsch Jim Buffalos seitlich gegen die halb umgekippte Zeitmaschine und strengte sich sehr an. Die Adern quollen an seiner Stirn hervor.

»Wenn Sie nicht mehr halten können, dann sagen Sie es«, sprach Jim Buffalo zu ihm. »Wir warten dann wieder ein Weilchen.«

»Keine Angst, Herr, ich halte stand«, versicherte der Mann gemütlich.

Jim Buffalo drückte an der Innenwand der Zeitmaschine und hantierte dabei gleichzeitig an den Hebeln und Griffen. Ein Kontaktstift begann leicht zu vibrieren. Als er diesen Stift vorsichtig berührte, erhielt er einen Schlag, der ihn besinnungslos zu Boden schleuderte. Er hörte noch wie im Traum einen furchtbaren Krach.

Wie lange Jim Buffalo gelegen hatte, wusste er nicht. Er erwachte und blickte sich erstaunt um. Die Zeitmaschine stand auf ihren vier Rädern. Der Helfer lag am Boden und hatte eine starke Wunde am Kopf. Er erwachte zu gleicher Zeit aus seiner Besinnungslosigkeit, in die er ebenfalls versetzt worden war.

Jim Buffalo betastete sich. Dann trat er an den Mann, der sich unter Stöhnen erhob.

»Zum Henker, was haben sie denn gemacht, Herr?«, stieß der Mann hervor. »Haben Sie denn Dynamit in der Karre?«

»Beruhigen Sie sich«, sagte Jim Buffalo. »Es war kein Dynamit, sondern Elektrizität. Ich war allerdings ein wenig unvorsichtig. Aber vor allen Dingen will ich Ihnen einen Verband anlegen. Und ich werde Ihnen auch ein anständiges Schmerzensgeld zahlen.«

»Na, das lässt sich wenigstens hören«, sagte der Mann und warf einen scheuen Blick auf die Maschine. »Aber anfassen möchte ich das Teufelsding denn doch nicht mehr«, setzte er hinzu.

Jim Buffalo stutzte. Er sah jetzt eine viereckige Öffnung in der Zeitmaschine, die er vorher nicht gesehen hatte. Ein rotes geheimnisvolles Licht blinkte ihm entgegen.

Vorsichtig griff er in die Öffnung hinein. Er fasste einen runden Gegenstand, den er vorsichtig herauszog. Es schien, als ob dieser Gegenstand nur darauf gewartet hatte, von ihm gefasst zu werden, denn mit einem harten Schlag verschloss sich die Öffnung mit dem Licht, und die Zeitmaschine bot wieder ihr altes Aussehen.

Erst das Stöhnen des Mannes brachte Jim Buffalo wieder zum Bewusstsein, dass er noch anderes zu tun hatte.

Er ließ die Rolle, denn eine solche war es, in seiner Tasche verschwinden und machte dem Mann einen Verband. Hätte er den lauernden Blick gesehen, mit dem der Mann sein Tun und Treiben beobachtete, er hätte vielleicht doch Bedenken gehegt. Die Augen Patricks beobachteten, wie Jim Buffalo die Rolle in die Zeitmaschine legte und die Tür schloss.

»Was war das eigentlich?«, fragte der Mann neugierig, während Jim Buffalo ihn verband. »Wie kommt die Elektrizität in diesen sonderbaren Wagen?«

Jim Buffalo erwiderte ausweichend: »Das kann ich Ihnen nicht erklären, denn sie würden es nicht verstehen.«

Damit war die Angelegenheit für ihn erledigt. Er hatte keine Lust, sich mit dem Mann lange zu unterhalten. Er gab ihm ein reichliches Schmerzensgeld, welches ein freudiges Erstaunen und ein Wort der Anerkennung bei dem Mann auslöste und schickte ihn fort, denn er wollte nun allein sein.