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Aus den Geheimakten des Welt-Detektivs – Band 1 – 9. Kapitel

Aus den Geheimakten des Welt-Detektivs
Band 1
Das Geheimnis der jungen Witwe
9. Kapitel

Die Zaubersessel

Der Direktor der Lebensversicherungsgesellschaft Grasham saß an seinem Schreibtisch und musterte die soeben eingelaufene Morgenpost.

Ganze Stöße Briefe waren vor ihm aufgetürmt, denn die Grasham unterhält mit allen Ländern Verbindungen und Filialen, und mit der Morgenpost pflegten gewöhnlich die Anträge für neue Versicherungen einzulaufen, welche die Agenten abgeschlossen hatten.

»Verzeihen Sie, Herr Direktor, wenn ich mir erlaube, Sie zu stören«, sagte ein Buchhalter, welcher, die Feder hinter dem Ohr, leise eintrat, »draußen steht ein Herr, der Sie unbedingt, und zwar in einer sehr wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünscht.«

Der Direktor zog seine Uhr hervor, warf einen Blick auf das Zifferblatt und erwiderte: »Sie wissen, Stephenson, dass meine Empfangsstunde zwischen zwölf und ein Uhr mittags ist.«

»Sehr wohl, das habe ich dem Fremden bereits gesagt, aber er behauptet, dass er unsere Versicherung vor einem großen Schaden zu bewahren gekommen sei.«

»So – dann lassen Sie ihn eintreten.«

Es dauerte nicht lange, und ein elegant gekleideter Herr mit bartlosem intelligentem Gesicht betrat das Büro.

Der Direktor hatte sich erhoben und sagte mit der den Engländern und Amerikanern eigentümlichen Zuvorkommenheit: »Was kann ich für Sie tun, mein Herr?«

»Gerade das Gegenteil ist der Fall«, antwortete der Fremde, »ich hoffe, für Sie etwas tun zu können. Sie wollen heute zwischen zehn und zwölf Uhr eine Versicherung im Betrag von hunderttausend Pfund Sterling auszahlen. Sie werden um dieses Geld betrogen sein, wenn Sie es hergeben.«

Der Direktor stutzte einen Moment, dann erwiderte er: »Können Sie auch beweisen, was Sie soeben behaupten, mein Herr? In diesem Fall würde Ihnen eine namhafte Belohnung, zehn Prozent des infrage stehenden Geldes zugewiesen werden.«

»Nicht gerade deswegen bin ich zu Ihnen gekommen«, sagte der Fremde, »und übrigens pflege ich alles zu beweisen, was ich behaupte. Mein Name ist Sherlock Holmes.«

»Ah, verzeihen Sie«, rief der Direktor, »ich wusste nicht, dass ich die Ehre hätte, dem berühmten Detektiv gegenüberzustehen. Ich bitte, wollen Sie gütigst Platz nehmen?«

»Danke bestens«, antwortete Sherlock Holmes trocken, »es fehlt noch eine halbe Stunde bis zehn Uhr, und wir werden ziemlich schnell und entschlossen handeln müssen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, Herr Direktor, dass die Sache nicht ohne Gefahr sein wird, und dass es für mich sich nicht so sehr darum handelt, Ihnen die hunderttausend Pfund Sterling zu sparen, als darum, zwei schlaue Füchse in einer Falle zu fangen. Man hat rechtzeitig bei Ihnen angemeldet«, fuhr Sherlock Holmes fort, »dass Bankier Paul Estrade vor vier Tagen des Abends am Saum des Hyde Parks ermordet aufgefunden wurde.«

»Allerdings hat man ihn ermordet. So war es mir gemeldet, aber das wäre unnötig gewesen, denn ich hatte es ja durch die Zeitungen erfahren.«

»Paul Estrade war versichert mit hunderttausend Pfund Sterling, die im Todesfall seiner Witwe ausgezahlt werden sollten.«

»Das ist allerdings der Fall«, bestätigte der Direktor, indem er seinen weichen Bart durch die Hand gleiten ließ, »zuerst haben allerdings Zweifel bestanden, ob nicht ein Selbstmord vorliege. Aber auch in diesem Fall wären wir zur Auszahlung verpflichtet, wovon ich mich durch Einsicht in die Versicherungspolice überzeugt habe. Sie sehen also, Mr. Sherlock Holmes, es wird uns in diesem Fall nichts anderes übrig bleiben, als zu zahlen, sofern Sie nicht den Beweis erbringen, dass hier ein Betrug vorliegt. Ich kann mir jedoch nicht denken, dass ein solcher verübt worden wäre. Man hat uns den Toten bereits eingeliefert nebst einem Protokoll der Polizei. Die Leiche ist von verschiedenen Personen agnosziert worden, kurz, alle Formalitäten sind erfüllt, und wir sind zur Zahlung verpflichtet.«

»Herr Direktor«, sagte Sherlock Holmes, »wollen Sie die Güte haben, mir für eine halbe Stunde Ihr Büro zur Verfügung zu stellen? Ich garantiere Ihnen dann dafür, dass Sie die hunderttausend Pfund Sterling nicht zu zahlen brauchen. An diesem Schreibtisch werde ich sitzen, dort an dem Pult können Sie Platz nehmen, Sie werden die unbeteiligte Rolle eines Buchhalters spielen müssen, und dort, wo die Schreibmaschine steht, wird sich mein Gehilfe niederlassen.«

»Wäre es nicht Mr. Sherlock Holmes, der mir dieses Anerbieten macht, würde ich es gewiss abschlagen«, versetzte der Direktor, »aber ich weiß, dass Sie ein Mann sind, dessen Voraussagungen bisher immer eingetroffen sind; so zögere ich nicht, Ihrem Ersuchen nachzukommen. Verfügen Sie über mein Kabinett wie Sie wollen.«

Sherlock Holmes ging an die Tür und rief hinaus: »Harry, tritt ein, mein Junge!«

Sogleich erschien Harry Tacon, ebenfalls recht gut angezogen, in der Hand einen großen Holzkasten, den er am Messingbügel trug.

»Herr Direktor«, sagte Sherlock Holmes, »jetzt müssen Sie die Güte haben, mich mit meinem Assistenten eine Viertelstunde allein zu lassen. Erteilen Sie indessen den Befehl, dass, wenn zwei Personen kommen sollten, die in der Angelegenheit Estrade vorsprechen, man sie in dieses Zimmer weise.«

»Ich räume mit Vergnügen das Feld«, sagte der Direktor und entfernte sich.

»Ihrem Personal gegenüber bitte ich, volle Diskretion zu bewahren«, rief Sherlock ihm nach.

»Versteht sich von selbst.«

»Auch über meine Person; es soll niemand wissen, um was es sich handelt.«

»Es wird niemand etwas erfahren.« Damit verließ der Direktor das Kabinett und hörte, wie Sherlock Holmes die Tür zweimal hinter ihm abschloss.

Während einer Viertelstunde herrschte nun in dem Kabinett hinter der verschlossenen Tür rege Tätigkeit, denn der Direktor hörte, wie geschäftig Sherlock Holmes und sein Gehilfe auf und ab liefen. Er vernahm, dass die Möbel gerückt wurden, ja, er hörte sogar ein Hämmern.

Teufel, dachte der Direktor der Grasham in diesem Moment, am Ende hat mich ein Betrüger überlistet! Wenn das vielleicht doch nicht Sherlock Holmes wäre, mit dem ich soeben sprach, sondern ein Hochstapler, der sich auf diese Weise aus meinem Kabinett gebracht hat, um einen Einbruch zu versuchen! Doch nein, das ist nicht wahrscheinlich, denn dieser Hochstapler würde wissen, dass sich in meinem Kabinett keine Schätze befinden, sondern dass die Hauptkasse in einem anderen Stockwerk des Hauses liegt. Übrigens glaube ich auch Sherlock Holmes wiederzuerkennen, denn ich habe sein Gesicht in einigen illustrierten Journalen gesehen!«

»Ich bitte, einzutreten, Herr Direktor«, rief in diesem Augenblick eine Stimme. Gleichzeitig wurde der Schlüssel herumgedreht und die Tür geöffnet.

Als der Direktor der Grasham sein Kabinett betrat, prallte er bestürzt zurück. Er sah fremde Menschen vor sich: einen Herrn in einem hochgeschlossenen schwarzen Gehrock, mit weißem Haar, einem weißen Vollbart und einem goldenen Zwicker.

An der Schreibmaschine saß ein junger Mensch mit glatt gescheiteltem, rotblondem Haar und mit einem kleinen, an beiden Seiten spitz aufgedrehten Schnurrbärtchen.

»Ja, aber«, stammelte der Direktor, »was ist denn …?«

»Still, mein Freund«, flüsterte ihm eine Stimme zu, »ich bin es, Sherlock Holmes. Wir haben ein wenig Maske gemacht, mein Assistent und ich, denn das ist nötig, da Frau Füchsin mich kennt. Sie ist mir schon über den Weg gelaufen!«

»Brillant, meisterhaft!«, rief der Direktor und konnte sich an der wundervollen Maske Sherlock Holmes’ gar nicht sattsehen.

»Nein, Herr, darin übertreffen Sie unseren berühmten Irwing!«

»Mr. Irwing ist der größte Schauspieler Englands«, erwiderte Sherlock Holmes, »aber ich schmeichle mir, der größte Detektiv der Welt zu sein, folglich muss ich das Maskieren besser verstehen als er. Die Füchse sind doch noch nicht gekommen?«

»Noch nicht«, gab der Direktor zur Antwort. »Aber warum sprechen Sie denn immer von zwei Leuten, die versuchen werden, uns die hunderttaufend Pfund herauszulocken? Wahrscheinlich wird sich doch die Witwe nur allein einfinden.«

»O nein, ein aus Spanien herbeigeholter Schwager begleitet sie, ein Hidalgo. Ein Haudegen erster Klasse. Er hat von dem großen Verlust Ellen Estrades gehört und ist sofort aus Sevilla herbeigeeilt, um seiner schönen Schwägerin in diesen traurigen Tagen beizustehen!«

»Nun, vorläufig haben wir noch ein wenig Zeit«, sagte der Direktor und wollte sich in einen der beiden Sessel setzen, die in der Nähe des Schreibtisches standen.

Im selben Moment aber packte Sherlock Holmes ihn am Arm und riss ihn zurück.

»Ich bitte, nehmen Sie hier nicht Platz!«

»Nicht? Ah, diesen Sessel haben Sie vielleicht für sich reserviert? Also setzen wir uns auf den anderen.«

»Auch in den nicht«, sagte Sherlock Holmes, »und ich bitte, rücken Sie den Sessel auch nicht, denn er muss gerade zehn Schritte vom Schreibtisch entfernt bleiben. Harry, schreib auf der Schreibmaschine! Herr Direktor, haben Sie die Güte, dort drüben am Pult Platz zu nehmen und vertiefen Sie sich in irgendein Geschäftsbuch.«

In diesem Moment erschien der Buchhalter Stephenson an der Tür und meldete mit lauter Stimme: »Mrs. Ellen Estrade ist soeben erschienen. Sie wird von einem Herrn begleitet. Die Herrschaften kommen, um die Versicherungssumme von Paul Estrade zu erheben.«

»Lassen Sie sie hier eintreten«, sagte der Direktor.

Augenblicklich nahm Sherlock Holmes vor dem Schreibtisch Platz und war eifrig damit beschäftigt, einen vor ihm liegenden Brief zu studieren. Man hörte das Rauschen seidener Röcke, dann betrat zuerst eine hohe, entzückend schöne Frau, die in eine elegante Witwentracht gehüllt war, das Kabinett. Hinter ihr her polterte ein großer, breitschulteriger Mann herein, der die Uniform eines spanischen Kapitäns trug.

Sherlock Holmes erhob sich und ging langsam den beiden entgegen, während Harry diensteifrig aufsprang und die Tür hinter den Herrschaften schloss.

»Sie sind Mrs. Ellen Estrade«, sagte Sherlock Holmes mit völlig verändert klingender Stimme. »Gestatten Sie mir vor allen Dingen, dass ich Ihnen mein aufrichtigstes Beileid ausdrücke. Es ist ein schrecklicher Fall, durch welchen Sie den Verlust Ihres Gatten zu beklagen haben!«

»O, mein Herr«, rief Ellen mit von Tränen erstickter Stimme, während sie den schwarzen Witwenschleier zurückschlug, »ich danke Ihnen für Ihre Teilnahme – ich bin sehr unglücklich!«

»Das lässt sich denken«, antwortete Sherlock Holmes, »wenn man sein Teuerstes verliert; doch – dieser Herr?«

»Der Herr ist der Gatte meiner Schwester aus Sevilla, Capitano Roderigo Herandez!«

»Vom siebenten Regiment«, wetterte der Capitano, dessen Gesicht mit einem martialischen, schwarzen Knebelbart geschmückt war, der vortrefflich zu seinem oliven- farbigen Teint und seinen stechenden dunklen Augen passte. »Habe es für meine Pflicht gehalten, meiner Schwägerin zur Seite zu stehen; habe den Expresszug zwischen Madrid und Paris benutzt, bin dann über den Kanal geschwommen – Caramba – das ist ja ein entsetzliches Land, in welchem die Menschen ermordet werden, mitten in der Hauptstadt. So etwas wäre bei uns in Spanien undenkbar!«

»Ich glaube«, versetzte Sherlock Holmes mit sanfter Stimme, »dass in jeder Weltstadt dergleichen tief betrübende und empörende Verbrechen verübt werden; aber, bitte, wollen die Herrschaften nicht Platz nehmen? Hier, meine Gnädige, und Sie, Herr Capitano, ich bitte Sie, setzen Sie sich nur!«

Mrs. Ellen und der Capitano ließen sich auf die beiden Polstersessel nieder, deren Sitze mit gestickten Kissen bedeckt waren.

»Nun, unsere Formalitäten werden ja schnell erledigt sein«, fuhr Sherlock Holmes fort, »lassen Sie sich nicht stören, junger Mann, tippen Sie nur ruhig weiter auf Ihrer Schreibmaschine.

Und plötzlich begann Harry eifrig auf der Schreibmaschine zu spielen.

Ein leises Knistern wurde hörbar; es währte nur eine halbe Minute, dann war alles im Zimmer wieder still.

»Ich habe hier eine Kopie der Versicherungspolice«, nahm Sherlock Holmes wieder das Wort, »gestatten Sie mir, dass ich Ihnen aus derselben die wichtigsten Punkte vorlese! Paul Estrade wurde vor vier Tagen, in der Nacht ermordet am Saum des Hyde Parks aufgefunden. Ein Matrose war es, welcher die Leiche entdeckte. Er rief einen vorüberfahrenden Kutscher, und da er Papiere bei der Leiche gefunden hatte, so wusste er bereits, dass es sich um Bankier Paul Estrade handelte, und schaffte die Leiche mithilfe des Kutschers in das Haus des Bankiers. Der Schmerz der Witwe war groß. Sie wandte sich sogleich, um das unerhörte Verbrechen an ihrem Gatten zu sühnen, an den bekannten Detektiv Sherlock Holmes. Das zu tun, war sie sogar verpflichtet, da in dem Taschenbuch des Ermordeten ein Hinweis vorgefunden wurde, welcher besagte, dass im Fall eines an ihm verübten Verbrechens sofort die Hilfe Sherlock Holmes in Anspruch genommen werden sollte.«

»Das steht alles in der Versicherungspolice?«, fragte der Capitano, unruhig werdend.

»O, da steht noch viel mehr«, nahm der weißbärtige Herr am Schreibtisch wieder das Wort. »Da steht, dass Sherlock Holmes zunächst feststellte, dass das Sohlenmaß der Leiche 37 betrage. Das war sehr wichtig, denn eine Fußspur, welche Sherlock Holmes bald darauf im Garten des Hauses fand und die ein Mann hinterlassen hatte, der noch in der Mordnacht Mrs. Estrade einen Besuch abstattete und von ihr sehr zärtlich aufgenommen wurde, betrug ebenfalls 37. Die Stiefel gehören also einer und derselben Person!«

»Hund, du hast uns überlistet«, schrie der Capitano plötzlich, nicht mehr mit spanischem Akzent, sondern deutlich englisch, du musst sterben!«

Und der Capitano wollte vom Sessel emporfahren, ebenso, wie es auch Ellen versuchte. Aber beide blieben wie angenagelt sitzen.

»Schreib doch auf der Schreibmaschine, Harry«, rief Sherlock Holmes Tacon zu.

Wieder begann die Schreibmaschine zu spielen und Mrs. Estrade ächzte plötzlich.

»Ich kann meine Arme nicht mehr anheben! Heiliger Gott, was ist das, ich bin wie gelähmt!«

»Und mir ergeht es ebenso«, presste der Capitano hervor, »das ist Gewalt.«

»O nein, das ist ein wenig Elektrizität«, sagte Sherlock Holmes, indem er ohne sonderliche Aufregung Perücke und Bart abnahm, »ich wusste, dass ich es mit Leuten zu tun haben würde, die zu allem fähig sind, und die sich auch im Notfall eines Revolvers bedienen würden. Und da ich unnützes Blutvergießen vermeide, habe ich es vorgezogen, Sie in einer Fuchsfalle zu fangen. Bleiben Sie ruhig sitzen und hören Sie nur weiter.« Der Detektiv fuhr fort: »Sherlock Holmes war es sofort klar, dass die Leiche, die man ihm gezeigt hatte, nicht die des Bankiers Paul Estrade sei, denn man hatte der Leiche die Stichwunde sehr ungeschickt beigebracht. Diese Leiche, welche an demselben Tag von dem Leichenhändler Simon Rudge geliefert worden, war die eines Unglücklichen, der sich in die Themse gestürzt hatte. Sie zeigte keine Verwundung. Man brachte ihr also einen Dolchstoß bei, beobachtete aber hierbei nicht, dass der Stoß von oben nach unten hätte geführt werden sollen, und zwar in schräger Richtung. Stattdessen führte man den Stoß von oben nach unten senkrecht auf die waagerecht liegende Leiche. Hierdurch entstand im Herzen ein Wundkanal, der niemals bei einem plötzlichen Überfall entstehen kann, weil ja niemand das Dolchmesser so – sehen Sie, wie ich die Papierschere halte – führen wird!«

Vergeblich bemühte sich der angebliche Spanier, sich der Wirkung der Elektrizität zu entziehen, er vermochte sich nicht mehr zu bewegen, nicht einmal seine Arme mehr zu regen, nur mit den Augen rollte er in ohnmächtiger Wut, und Schaum stand ihm vor den Lippen.

»Damit, dass ich den Lieferanten der Leiche ermittelte, war der Beweis für mich eigentlich schon zu Ende. Doch in der Police heißt es weiter: Sherlock Holmes erfuhr aber noch aus guter Quelle, dass plötzlich ein Schwager aus Spanien bei der schönen Mrs. Estrade angekommen sei, und dass sie mit diesem heute zwischen zehn und zwölf Uhr vormittags bei der Grasham vorsprechen werde, um die Summe von 100.000 Pfund Sterling zu erheben. Nun, meine Herrschaften, Ihr Scheck liegt schon bereit, aber in Gestalt eines Haftbefehls. Herr Direktor, wollen Sie die Güte haben, nun Captain Morris von Ludgate Station heraufzurufen, der unten mit seinen Leuten vor dem Haus wartet. Harry, du bedienst indessen fleißig die elektrische Schreibmaschine.«

Erst als Captain Morris mit den Polizeiagenten in das Kabinett hereingestürmt kam, riss man dem Capitano die Maske, den falschen Bart und die Perücke ab, und es zeigte sich, dass es wirklich Paul Estrade war, den man gefasst hatte.

Er und seine schöne Frau wurden sogleich zum Gefängnis geführt und von diesem aus von den Assisen auf zehn Jahre nach Newgate, dem Zuchthaus Londons, geschickt.

Sherlock Holmes aber feierte einen Triumph ohnegleichen, denn er hatte eines der schwierigsten kriminalistischen Rätsel der letzten Jahre in unverhältnismäßig kurzer Zeit gelöst.

Der Grasham übersandte ihm einen Scheck über 10.000 Pfund Sterling. Von dieser Summe erhielten von Sherlock Holmes, wie immer in einem solchen Fall, den vierten Teil die Armen von London.

Ganz England aber hallte wider von dem Namen Sherlock Holmes, der begeistert und bewundernd genannt wurde, als der Name des größten Detektivs der Welt.