Sagen der mittleren Werra 53
Von der Brautküche bei Brotterode
Oberhalb Brotterode liegt rechts von der Straße nach dem Inselsberg ein schönes Waldgründchen, die Brautküche genannt, das von einem kleinen klaren Bach, die Braut, durchrieselt wird.
Dorthin ging eines Tages die schöne, junge Braut eines Brotteroder Bergknappen, um Reisig zu sammeln. Vielleicht hatte sie jenen Wald gewählt, weil dort grade die Gruben, in denen ihr Liebster arbeitete, nahe dabei lagen, und deshalb sang sie, als sie ihr Bündel zusammenbinden wollte, ein lustiges Liedchen, um den Bergknappen auf ihre Anwesenheit aufmerksam zu machen. Da aber erschien ihr statt des Ersehnten ein schwarzer Jägersmann, oder wie andere wissen wollen, ein rußiger Köhler, der ihr allerlei Liebesanträge machte und ihr zuletzt Gewalt anzutun drohte. Das Mädchen aber blieb sittsam und treu und entsprang flüchtig wie ein Reh dem Schwarzen, der ihr nun mit mächtigen Sätzen nachfolgte. Plötzlich sah sie sich auf einem schroffen Felsen, und da der Verfolger dicht hinter ihr war, so stürzte sie sich verzweifelnd in die tiefe Schlucht. Vergebens suchte nun der Schwarze nach dem Mädchen.
An jener Stelle aber, wo sie verschwunden, sprudelte von Stunde an die schöne klare Quelle hervor, welche noch heute als die Braut durch den lieblichen Grund hinrieselt.
Aber umsonst blieb auch alles fernere Nachsuchen des Bergknappen nach der Geliebten. So zog er eines Abends traurig von der Arbeit heimwärts, da erschien sie ihm im duftig weißen Kleid und Schleier mit einem grünen Kranz um das Haupt und erzählte ihm ihr Schicksal.
Bald darauf hatte auch der treue Bergknappe seine letzte Fahrt gehalten.