Geisterstunde 1 – Nacht der zwei Monde
Geisterstunde – Staffel 1 – Folge 1 (Remastered)
Nacht der zwei Monde
Nach einer Erzählung von C. B. Andergast
Hörspiel, Grusel, Saphir Tonart, Hamburg, 02.12.2022, Audio-CD, ca. 75 Minuten, 9,99 EUR, ISBN: 97833862124244
Buch: Sven Schreivogel, Filmwerkstatt Göttingen, 1993
Hörspielfassung 2022: Amüsement Musik- und Medienmanagement Hamburg
Manuskript: C. B. Andergast
Produktion und Regie: Sven Schreivogel
Aufnahmeleitung: Monika Norton
Titelmusik: H. G. Kaczmarek
Musik: Konstantinos Kalogeropoulos
Covergestaltung: Mark Freier – www.freierstein.de
Artwork: Raphael Bräsecke – werbefluesterer.ch
Premastering: ham Audio Mastering, Hamburg
Sprecher: Erzähler – Norbert Langer, Jochen Treskow – Patrick Bach, Peter Haffner – Tim Knauer, Sabine Kramer – Christine Pappert, Katharina Ewaldt – Tina Eschmann, Herr Paulsen – Wolf Frass, Wirtin – Ingrid Steeger, Sebastian – Alexander Siebrecht, Mordian Treskow – Nicolas König, Ludger von Arnstein – Martin Heckmann, Heinrich von Alkuhn – Hartmut Neugebauer, Corvin Maydell – Sven Schreivogel, Meister Magnus – Ilja Richter, Henker – Jörg Peter Gehrke, Herold – Peter Groeger, Dorfbewohnerin – Kornelia Boje
Synopsis:
Eine Wandertour führt die zwei Freunde Jochen und Peter in die Grafschaft Arnstein. Dort wurde vor 200 Jahren der gefürchtete Hexenmeister Mordian Treskow hingerichtet, von dem ein seltsamer Fluch überliefert ist: »Wenn zwei Monde am Himmel stehen, kehre ich zurück!« Als sich ein Komet der Erde nähert, erfüllt sich dieser Fluch: Mordians Seele wird zu neuem Leben erweckt und ergreift Besitz von Jochen, der ein Nachfahre des Hexenmeisters ist. Wird es ihm gelingen, seinem Schicksal zu entkommen?
Hörprobe:
»Ihr jämmerlichen Narren glaubt, ihr habt mich bezwungen! Aber ihr irrt euch. Wenn zwei Monde am Himmel stehen … kehre ich zurück! Ha, ha, ha, …«
Seit Menschengedenken werden Flüche meist in einer Situation ausgesprochen, wenn einer Person etwas passiert, dass mit viel Leid, Wut oder auch Todesangst verbunden ist. Prägnante Beispiele dafür sind in der Zeit der Hexenverbrennungen und Hexenwahn zahlreich zu finden, in denen Gott oder der Teufel um Hilfe angerufen werden. Als letzte Möglichkeit, sich gegen das ausgesprochene Todesurteil zur Wehr zu setzen, bildete das Aussprechen eines Fluches, der sich über viele Generationen des Verfluchten auswirken kann.
Diese Thematik greift Sven Schreivogel im ersten, überarbeiteten Teil seiner Serie GEISTERSTUNDE auf und transferiert sie in die Gegend der hessischen Gemeinde Neu-Eichenberg, nicht zuletzt begründet ob seiner Verbundenheit zum Werra-Meißner-Kreises. Auf der Grundlage einer Erzählung von C. B. Andergast gelingt es Sven Schreivogel, mithilfe von Gastsprecher*innen wie zum Beispiel Wolf Frass, Ingrid Steeger, Martin Heckmann, Ilja Richter und Peter Groeger ein solides Grusel-Hörspiel zu liefern, welches besonders für junge Gruselfreaks geeignet ist und sich hinter Produktionen anderer Label nicht verstecken muss.
Auch wenn bereits genannten Sprecher*innen mit ihrem Gastauftritt kurze Textpassagen zugedacht sind und gewissermaßen als Sahnehäubchen für den Schreivogelschen Leckerbissen fungieren, kann man dem Produktionsteam bei der Sprecherauswahl für die Haupakteure um Erzähler Norbert Langer ein effektives Händchen bescheinigen.
Der Opener von NACHT DER ZWEI MONDE versetzt den Hörer in die Grafschaft Arnstein des Jahres 1792. Ein Unwetter mit Blitz und Donner lässt die Gegend in einem gespenstischen Licht erscheinen. Mordian Treskow, ein Sonderling und Hexenmeister, wie die meisten Bewohner des kleinen Dörfchens meinen, ist den dunklen Mächten verfallen und bittet dem Fürsten der Hölle um seine Gunst.
Corvin Maydell, Inquisitor des Grafen Ludger von Arnstein, lässt das ärmliche Gehöft durch seine Schergen durchsuchen, welche genügend Beweise vorfinden, die zur Verhaftung Treskows führen. Er wird angeklagt, der Hexerei und Ketzerei für schuldig befunden und zum Tode durch den Strang verurteilt. Er verkündet seine Rückkehr in das Gebiet der Grafschaft, wenn zwei Monde am Himmel stehen.
Der größte Teil des Hörspiels liegt in der Beschreibung der Gegend oberhalb des Werrabogens in der Nähe der Ortschaft Lindewerra mit der Teufelskanzel als Aussichtspunkt. Es ist sehr viel Lokalkolorit, welches Produzent Sven Schreivogel den zwei Freunden Jochen Treskow und Peter Haffner auf ihrer Wanderung durch die Region in die Hand gibt, und dahin führt, dass Jochen bei der Annäherung eines Kometen an die Erde schmerzlich erfahren muss, ein Nachfahre des zum Leben erweckten Hexenmeisters zu sein. Ob diesem Teil des Hörspiels in jedem Fall geographical correctness zugrunde liegt, soll hier nicht Zweck der Rezension sein, sondern vielmehr aufzeigen, dass geschichtliche und fiktive Ereignisse sowie Naturphänomene als tragende Elemente in NACHT DER ZWEI MONDE durchaus funktionieren und harmonieren können. Dies ist Sven Schreivogel gut gelungen.
Das Final End des Hörspiels wird mit einem Gewitter eingeleitet, welches an die Szenerie zu Beginn des Hörspiels erinnert und den alten Fluch aufleben lässt. Die Stimmung ist erneut düster und untermauert die Thematik, die sich die Serie GEISTERSTUNDE auf die Fahne geschrieben hat.
Absolute Horrorfreaks mögen sicherlich unterschiedlicher Meinung sein, ob dieses Hörspiel als eine klassische Gruselgeschichte überzeugen kann. Sie tut es für meine Begriffe sehr wohl und gibt einer Retrospektive in die Anfänge des Horror-Grusel-Genres freien Raum. Mit handwerklichem Geschick vermag es Sven Schreivogel, die Voraussetzungen für eine offene und überzeugende Atmosphäre zu schaffen – er bedient sich klassischer Elemente des Genres –, spielt gekonnt mit Vergangenheit und Gegenwart und lässt den Hörer an seiner Affinität zum Werra-Meißner-Kreis teilhaben, indem er Informationen über Mythen und Sagen in NACHT DER ZWEI MONDE einbettet.
Fazit:
Mit GEISTERSTUNDE 1 – NACHT DER ZWEI MONDE als Neuauflage des bereits im Jahr 2015 veröffentlichten Hörspiels stellt sich Sven Schreivogel mit der vorliegenden Hörspielfassung und dem Label Saphir Tonart der Kritik einer breit aufgestellten Hörspielgemeinde. Von Beginn an gewinnt die Handlung an Substanz, die Sprechercrew überzeugt und lässt den Charakteren Zeit, um sich entwickeln zu können, Akustik und Geräuschkulisse sind dezent und harmonisch der jeweiligen Szenerie entsprechend gesetzt sowie das Final End auf den Punkt gebracht. Covergestaltung von Mark Freier und Artwork von Raphael Bräsecke verleihen dem Hörspiel ein gefälliges Aussehen.
(wb)