Archive

Nick Carter – Ein fingierter Einbruch – Kapitel 7

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Ein fingierter Einbruch
Ein Detektivroman

Mullens Entdeckung im Verbrecheralbum

Inspektor McClusky hatte schon ungeduldig auf die Rückkehr des ihm befreundeten Detektivs gewartet.

»Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt!«, empfing er ihn. »Mach es dir bequem, Nick, dort steht ein guter Brannt und ein Kistchen mit guten Importen … und dann entscheide, wer zuerst berichten soll.«

Nick sah ihn fragend an.

»Betrifft es die Ambulanz … ja?« Er rieb sich schmunzelnd die Hände. »Vortrefflich! … Nun, da will zunächst ich berichten, und dann will ich hören, was mir der Herr Inspektor zu sagen hat!«

Er kostete den Brandy mit Kennermiene, nahm einen herzhaften Schluck, entzündete eine Zigarre und begann: »Ich weiß nun, wie die Sache sich zugetragen hat. Ganz wie wir vermutet haben, ist der Hauptmacher unser edler Bankpräsident.«

»Er hat wirklich die eigene Bank beraubt?«

»Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Doch höre! Ich kam zu ihm, und er begann, mich sofort nach allen Regeln der Kunst einzuseifen, was ich mir auch gutmütig gefallen ließ. Ich bestärkte ihn sogar noch in seinen Vermutungen und pflichtete ihm bedingungslos bei, was ihm große Freude zu machen schien. Nebenbei bemerkt, er gehört zur Klasse der allzu schlauen Spitzbuben. Du kennst die Sorte. Ihre Schliche sind so fein, dass sie sich schließlich selbst darin fangen.«

»Und das war bei Wilson wohl der Fall?«

»Ganz gewiss. Einmal bestätigte er mir, natürlich, ohne es zu wollen, Mullens Angaben. In einem Atemzug erklärte er, diesen gar nicht zu kennen, und dann berichtete er mir die ganze Polizei- und frühere Laufbahn des Mannes, nach welchem er sich erkundigt haben wollte. Das geschah natürlich, um etwaige Behauptungen Mullens Lügen zu strafen. Diesem gegenübergestellt, würde er jede Bekanntschaft mit ihm leugnen und den Policeman der Lüge bezichtigen. Nun hat mir Wilson selber erklärt, seit heute früh die Bank nicht mehr verlassen zu haben. Er kann also auch keine Erkundigungen über den ihm seiner Angabe nach völlig unbekannten Mullen eingezogen haben.«

»Famos! Das beweist, dass er lügt und Mullen kennt!«

»Zuverlässig!«, meinte Nick schmunzelnd. »Doch ich weiß auch, dass er sich gestern Abend, als schon Nachtwächter Pike in der Bank war, in sein Privatbüro eingeschlossen hat … Ich weiß ferner, dass er – und nur er allein – Pike überfallen und wehrlos gemacht hat. Dann hat er den Geknebelten die ganze Nacht in hilflosem Zustand auf einer Ottomane in seinem Privatkontor liegen lassen. Deren rotbrauner Plüschüberzug ist nämlich blutbefleckt. Wilson hat die ganze Nacht über selbst den Wachmann gespielt und seine Helfershelfer erst nach fünf Uhr morgens in das Bankinnere eingelassen.«

»Alle Wetter, woher weißt du das, Nick?«, staunte der Inspektor. »Hat Wilson denn schon gestanden?«

»Er denkt nicht daran. Doch der Kassierer – übrigens ein prächtiger Mann – hat den besten Beweis für die Wahrheit meiner Behauptungen geliefert. Ihm fiel nämlich gestern Abend das Verschwinden seines Vorgesetzten auf. Er glaubte ihn noch in dem Privatbüro, fand dieses aber verschlossen und musste annehmen, Wilson habe sich, unbemerkt von ihm, schon früher entfernt. Heute Morgen war Maynes früher als der Präsident in der Bank. Da war das Privatbüro, zu welchem nur Wilson den Schlüssel besitzt, unverschlossen, und auf dem Bodenteppich lag diese Nummer der hiesigen World vom heutigen Morgen. Diese Zeitung ist frühestens kurz nach fünf Uhr heute Morgen an der Brooklyn-Brücke von einem der Helfershelfer gekauft und achtlos in dem Privatoffice verloren worden.«

»Großartig, Nick!«, rief Inspektor McClusky, sich vor Vergnügen die Hände reibend. »Da sieht man wieder einmal: kleine Ursachen, große Wirkungen!«

»Weiter!«, fuhr Nick in seinem Bericht fort. »Wilson besitzt die größere Hälfte des Grundkapitals der Bank und bezieht die Kleinigkeit von jährlich 50.000 Dollar. Eine solche Lebensstellung verscherzt man nicht um einen Pappenstiel, denn ein solcher sind 350.000 Dollar für einen Mann wie ihn. Er ist erst seit zwei Jahren im Bankgeschäft; was er früher war, weiß keiner, und ebenso wenig, woher er sein Geld hat. Jedenfalls hat er die Bank nur gegründet, um lebenslänglich versorgt zu sein und als großer Herr leben zu können. Daraus folgt, dass er das Geld nicht für sich selbst gestohlen hat, sondern für seine Helfershelfer.«

»Ah, ich verstehe!«, fiel McClusky bedeutsam ein. »Dieser Mann hat eine anrüchige Vergangenheit … Er kam nach den Vereinigten Staaten, um gewissen Freunden zu entfliehen.«

»Ganz meine Ansicht!«, ergriff Nick wieder das Wort. »Die entschieden mit einer nicht minder dunklen Vergangenheit Behafteten spürten ihn auf, und er beabsichtigte, sie ein für alle Mal abzufinden. Das wollte er nicht aus eigenen Mitteln tun, sondern er beschloss, die Bank bluten zu lassen. Darum musste die Summe in Gold und den Nummern nach nicht bekannten Banknoten in einen gewöhnlichen Kassenschrank, zu dem er den einen Schlüssel in der Tasche hatte, und nicht in den Zeitverschluss gelegt werden. Ferner wird dadurch auch erklärt, warum sonst kein Dollar entwendet wurde. Natürlich, der Herr Bankpräsident nahm nur aus dem Kassenschrank, was er seinen Helfershelfern zugedacht hatte.«

»Doch wie kam es, dass der unglückliche Pike dann auf die Straße stürzte, und zwar gerade in dem Moment …«

»… in dem Mullen auf seinem Rundgang an der Bank vorüber kam?«, fiel Nick lächelnd ein. »Sehr einfach. Der gebundene und geknebelte Pike wurde hinter die geöffnete Tür gestellt. Begünstigt durch die noch herrschende Dunkelheit und den Nebel konnte einer der Halunken bequem die Annäherung Mullens beobachten. Auf ein gegebenes Zeichen wurden dem Sterbenden die Bande durchschnitten, er bekam noch eins auf den Kopf, und im Selbsthaltungsdrang stürze er schreiend durch die Tür und brach verscheidend vor den Füßen des Polizisten zusammen. Dieser mochte nun beginnen, was er wollte, er war in jedem Fall geliefert. Hätte er mit seinem Knüppel auf die Steinfliesen schlagen wollen – flugs wäre der Herr Bankpräsident aufgetaucht und hätte um Hilfe geschrien … Und ebenso wäre er in Erscheinung getreten, hätte Mullen sich von dem Mann mit der Handtasche nicht beschwatzen lassen … Sein Verhängnis war besiegelt, denn natürlich hätte er der Aufforderung des ihm persönlich bekannten Bankpräsidenten, dem er sich obendrein zu Dank verpflichtet glaubte, ohne Weiteres entsprochen und wäre ins Lokal gestürmt. Kurzum, die Sache war vortrefflich angelegt und wäre sicher gelungen, hätten die Kerle Mullen totgeschlagen … So scheiterte dieser genial angelegte Plan an dem ungewöhnlich harten Schädel und auch an der glücklichen Geistesgegenwart ihres zweiten Opfers!«

»Nick!«, rief McClusky plötzlich. »Sage mal, saßest du heute Nachmittag in dieser verwünschten Verkleidung nicht neben mir?«

»In der Hochbahn? Aber selbstverständlich, alter Freund, du lächeltest noch so vergnügt über das blödsinnige Gesicht des Engländers. Doch nun zu deinem Bericht!«, meinte Nick.

Aber der Inspektor kam nicht dazu, Aufschluss zu geben. Eben pochte es an der Tür; eine Ordonnanz erschien und meldete, dass Policeman Mullen Mr. Nick Carter dringend zu sprechen verlangte.

Nick pfiff leise vor sich hin.

»Sollte er die gewünschten Bilder entdeckt haben?«, rief er. Dann eilte er auch schon, gefolgt von dem Inspektor, nach dem Zimmer, in welchem der Policeman sich befand.

»Well, Mullen?«, begrüßte er den mit einer Kompresse auf der Stirn gemächlich in einem Schaukelstuhl Liegenden. »Wie steht es, alter Freund?«

Mullen starrte ihn ganz erschrocken an. Die Stimme kam ihm bekannt vor, doch er konnte sich nicht entsinnen, dieses Beefsteakgesicht schon jemals zuvor gesehen zu haben.

»Wer ist der Gentleman?«, fragte er betroffen den neben Nick getretenen Inspektor McClusky.

Die beiden Detektive mussten herzlich lachen, und Nick bemerkte dann: »Nun, Freund Mullen, halten Sie mich nur getrost für Nick Carter, Sie machen sich dadurch wenigstens keines Irrtums schuldig.«

»Mein Himmel! Sind Sie es wirklich, Mr. Carter?«, stammelte der noch immer betroffene Policeman, der sich vergeblich bemühte, in dem Gesicht des anderen auch nur eine bekannte Linie zu entdecken.

»Mein lieber Mullen, wenn Sie erst Jahr und Tag als Detektiv tätig gewesen sein werden, so dürften Sie es auch zum Verkleidungskünstler gebracht haben. Inspektor McClusky wird auf meine Verwendung hin Ihre Versetzung zur Zentrale beantragen – still! Still, Mann!«, verwies er, als der überglückliche Policeman sich in lauten Dankesbezeugungen ergehen wollte. »Zu solchen Dummheiten haben wir jetzt keine Zeit. Sie haben mich rufen lassen. Was sind denn das für drei Bildkarten, die Sie in der Hand halten?«

»Ich habe meine Leute!«, beeilte sich nun Mullen freudestrahlend zu erwidern. »Ich habe das ganze saubere Kleeblatt gefunden!«

»Alle drei – wirklich?«

»Alle drei, Mr. Carter – bitte, überzeugen Sie sich selbst!«

Damit reichte er dem Detektiv ein Bild.

»Bitte betrachten Sie diese Fotografie zuerst«, erläuterte Mullen. »Das ist der Mann, der sich bei Badgers als Bankpräsident ausgab und den ich heute früh in den Räumen der North American Bank antraf … Auf dem Bild trägt er zwar einen Backenbart und sieht auch jünger aus, doch ich würde ihn unter Tausenden herauskennen – und er ist es auch wirklich!«

Nachdenklich betrachteten die beiden Detektive das Bild.

»Es ist eine sehr gute Fotografie unseres Freundes James Wilson«, versetzte Nick alsdann. »Sein Haar ist freilich weiß … Doch ich hatte ihn schon im Verdacht, dass er es künstlich nachgefärbt habe, um älter zu erscheinen, und so wird es wohl auch sein!«

Er durchlas das der Bildkarte angeheftete Signalement.

»Na, ja, da haben wir ja die Pastete!«, fuhr er lächelnd fort. »Hier steht es: James Wilson, Bankräuber, verbüßte einen Straftermin von sechs Jahren in San Francisco … Daher auch der Lockstep!«, unterbrach er sich. »Taugenichts, stammt aus angesehener Familie, 35 Jahre alt« – er blickte nach dem Datum – »hm, das Signalement ist vor fünf Jahren gefertigt, unser Mann ist also heute ein beginnender Vierziger.«

Er las weiter: »Vater angesehener Advokat, etwa eine Viertelmillion wert. James Wilson soll sich nach seiner Haftentlassung nach Europa gewandt haben.

Das haben Sie ausgezeichnet gemacht!«, wendete er sich an Mullen. »Übrigens eine verblüffende Frechheit … Der Mann ändert nicht einmal seinen Namen! Nun, freilich, Bankpräsidenten werden zuweilen Zuchthäusler, doch selten werden solche Bankpräsidenten, das mag sich unser Mann auch gesagt haben … Ich denke mir, er wird die Großstädte des alten Kontinents unsicher gemacht und nach dem Tod seines Vaters das Erbe in Empfang genommen haben. Nun suchte er ein ehrenvolles Leben zu führen. Der Zufall ließ den nach New York übergesiedelten Exsträfling mit unternehmungslustigen Kapitalisten bekannt werden, die keinen Anstand nahmen, mit dem über ein großes Kapital Verfügenden eine Bank zu gründen; wer weiß, dieser Wilson wäre vielleicht anständig geworden und geblieben, hätten sich nicht einige Freunde aus seiner früheren Verbrecherlaufbahn an seine Fersen geheftet und ihn durch schamlose Erpressungen neuerdings auf die schiefe Bahn getrieben.«

Nick griff nach den beiden Bildkarten, welche der Policeman noch in den Händen hatte.

»Das sind wohl die beiden Gentlemen, welche heute früh gleichfalls die Bank durch ihre Gegenwart verschönerten. Aha!«, unterbrach er sich, indem er ohne weiteres dem Inspektor die beiden Fotografien überreichte. »Eine kleine Überraschung für meinen Freund McClusky … Ja, ja, schöne Seelen finden sich zu Wasser wie zu Lande.«

»Donnerwetter!«, entfuhr es den Lippen des Inspektors. »Diese beiden Kerle sollten es wirklich gewagt haben, nach New York zurückzukehren, wo ihnen der elektrische Stuhl sicher ist … Duke und Silent …«

»Auch der Schweiger genannt!«, fiel Nick Carter wieder ein. »Mit einem geheimnisvollen Dritten, der sich Jim Pratt nannte, brachen sie vor ungefähr fünf Jahren in die Sullivans County Bank ein und ermordeten den Wachmann. Hm, Ermordung von Wachmännern scheint überhaupt Spezialität dieser Herren vom Brecheisen zu sein. Sie konnten sich damals mit ihrem Kumpan Jim Pratt noch im letzten Moment der Verhaftung entziehen … und seitdem waren sie wie vom Erdboden weggeblasen.«

Er wendete sich hastig an Mullen.

»Sind Sie Ihrer Sache auch ganz sicher?«, fragte er. »Diese beiden Kerle gehören zu den allergefährlichsten Verbrechern!«

»Mr. Carter, ich habe sie im schrecklichsten Moment meines Lebens genau betrachtet, und ihre Züge haben sich mir unauslöschlich eingeprägt!«, versicherte der Policeman. »Sie tragen jetzt falsche Bärte, doch das will nichts sagen … Es sind die Originale dieser Fotografien.«

»Dann wird mir Verschiedenes klar!«, bemerkte Nick. »Dass diese Kerle sich trotz der damit für sie verbundenen großen Gefahr nach New York zurückwagten, lässt den Schluss zu, dass sie es auf einen großen Fischzug abgesehen haben. Es soll mich sehr wundern, wenn der geheimnisvolle Jim Pratt nicht mit James Wilson identisch ist. Das saubere Kleeblatt machte sich damals mit seinem Raub unsichtbar und flüchtete nach Europa. Dort ließ Wilson, sobald er Kunde von dem Tod seines Vaters bekommen hatte, die verbrecherische Kumpane im Stich und kam hierher, um sich mit seinem Erbe eine angesehene Stellung zu verschaffen, was ihm auch gelang. Duke und Silent blieben in Europa und mögen dort ihre Verbrecherlaufbahn fortgesetzt haben … Ein Zufall machte sie mit dem Glückswechsel ihres alten Kumpels vertraut, und um diesen zu brandschatzen, riskierten sie die damit verbundene Entdeckungsgefahr und kehrten nach New York zurück. Sie stellten James Wilson vor die Wahl, entweder als Dritter im Bunde bei dem damaligen Raubmord in der Sullivans County Bank entlarvt oder um eine Riesensumme erleichtert zu werden. Wilson wählte den Ausweg, seine eigene Bank für sich zahlen zu lassen – und sein Anschlag wäre glänzend gelungen, hätte unser Freund Mullen hier nicht einen so unverschämt harten Schädel gehabt!«

Er lachte kurz auf.

Inspektor McClusky nickte zustimmend.

»Nick, dein Scharfsinn verhilft uns zu einem Fang, wie man ihn selten erwischt!«, meinte er. »Höre nun auch, was ich dir schon vorhin sagen wollte. Meine Leute haben auf einer der am östlichen Arm des Hudsonflusses gelegenen Ablagerungsstätten für Kehricht eine Ambulanz entdeckt. Sie war mit einer Plane überdeckt, sodass man sie unter gewöhnlichen Umständen übersehen musste, zumal die Örtlichkeit mit allen möglichen Wagen und Gerätschaften vollgepfropft ist.«

»Bravo!«, rief Nick, sich die Hände reibend. »Natürlich ist diese Ambulanz eins der drei in Reparatur befindlichen Fuhrwerke.«

»Selbstverständlich!«, versetzte der Inspektor. »Der Wagen sollte im Laufe des heutigen Tages wieder zum Manhattan-Hospital gebracht werden und stand in einem Schuppen der Armstrongschen Wagenfabrik unten am East River. Wir haben den vermutlichen Kutscher bereits beim Wickel. Ich habe den Burschen schon verhört, und er ist soweit geständig.«

»Ausgezeichnet!«, rief Nick erfreut. »Was sagt er aus?«

»Er ist einer von Armstrongs Angestellten und will durch einen Mann, den er weiter nicht kennt, bestochen worden sein. Er verschaffte diesem und seinen Begleitern Gelegenheit, die Ambulanz unbemerkt aus dem Wagenschuppen zu holen und damit davonzufahren. Was mit der Ambulanz dann noch geschehen ist, will er nicht wissen. Er behauptet, sich nur des unrechtmäßigen Ausleihens des Fuhrwerks nebst Pferd schuldig gemacht zu haben … Doch wir werden aus ihm schon die ganze Wahrheit herauspressen; ich denke, heute Abend noch den dritten Grad bei ihm in Anwendung zu bringen!«

Nick pfiff leise vor sich hin. Er kannte den gefürchteten dritten Grad, eine Art moderne Folter, zu genau, um nicht zu wissen, dass der ihm unterzogene Gefangene klein beigeben und die ganze Wahrheit aussagen würde.

Inspektor McClusky wendete sich an den diensttuenden Policeman.

»McGuire und Sharp sollen sofort hierherkommen!«, befahl er.

Wenige Minuten später meldeten sich die beiden Detektivsergeanten, welche zu den erfahrensten und geschicktesten Kriminalbeamten der Zentrale gehörten, auch schon zur Stelle.

»McGuire«, wendete der Inspektor sich an einen der Männer, »würden Sie English Charlie, der zuweilen auch Duke, der Herzog, genannt wurde, wiedererkennen, falls sie ihm zufällig wieder begegnen sollten?«

»Unter allen Umständen, Inspektor!«, versicherte der Beamte.

»Well, er befindet sich in New York, und zwar in Gesellschaft von Silent Sam. Sie halten sich unter falschem Namen irgendwo verborgen und sollen zu ihrer Unkenntlichmachung falsche Bärte tragen. Würden Sie sofort den Schlupfwinkel der beiden Verbrecher ausfindig machen können?«

»Das müsste sich machen lassen«, mischte Nick Carter sich ein. »Ich sah zufällig heute erst meinen alten Freund Tim Mulligan; irre ich mich nicht, so dient diese hartgesottene Verbrecherseele Euch Herren von der Zentrale jetzt als Vigilant und erwirbt seinen ehrlichen Lebensunterhalt durch den Verrat seiner alten Kumpane.«

»Das stimmt!«, bestätigte der Inspektor. »Nun, wie steht es mit Tim?«

»Ich weiß ihn zu finden«, entgegnete Sharp. »Er lungert bei Handys herum. Verlassen Sie sich auf uns, Inspektor. Ich wette einen Dollar gegen eine taube Nuss, dass wir die beiden Strolche binnen zwei Stunden hier im Hauptquartier haben. Kennt Tim deren Schlupfwinkel nicht, so kennt ihn niemand auf der Welt!«

»All right, Boys! Nehmt noch ein paar verlässliche Beamte mit Euch. Sagt Tim, dass ich eine große Menge Dinge, die gegen ihn vorliegen, vergessen will, falls er Euch die Brüder ans Messer liefert. Im anderen Falle schiebe ich ihn nach Sing Sing ab … Und nun beeilt Euch ein wenig. Ich wünsche, die Kerle heute Abend noch in meinem Privatbüro zu begrüßen. Es soll ihnen an einem warmen Empfang nicht fehlen!«

Als die beiden Detektivsergeanten sich entfernt hatten, wendete sich der Inspektor wieder an Nick.

»Was machen wir mit unserem Freund James Wilson?«

»Nun, wir wollen ihm den Appetit für seinen Supper nicht verderben. Er mag sich noch einmal nach Herzenslust satt essen. In etwa einer Stunde werde ich ihn am Fernsprecher anrufen und ihn ersuchen, hierher zu kommen und einige Haftbefehle herauszuschwören. Du sollst sehen, unser Mann kommt mit der Schnelligkeit einer drahtlosen Depesche!«

Er ging lachend ans Telefon.

»Ich will jetzt die Brüder Maynes herbeibeordern, damit wir sie unter allen Umständen zur Hand haben.«

»Recht so. Dann dürfte es noch ein recht vergnügter Abend werden!«, freute sich der Inspektor und wendete sich an Mullen.

»Mullen, Sie haben Ihre Sache ausgezeichnet gemacht, und Ihre Kraft ist zu kostbar, um an den Straßendienst vergeudet zu werden. Ich werde beim Polizeikommissar Ihre Versetzung zum Hauptquartier beantragen … Nichts da, sagen Sie kein Wort. Sie sind mir keinen Dank schuldig, denn ich habe lediglich das Interesse des Dienstes im Auge … Nun gehen Sie hübsch nach Hause und pflegen Sie sich gesund. In einigen Tagen melden Sie sich bei mir zum Dienst.«