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Katherine Howe – Die Frauen von der Beacon Street

Katherine Howe
Die Frauen von der Beacon Street

Historischer Roman, Hardcover, Page & Turner Verlag, München, September 2013, 608 Seiten, 19,99 EUR, ISBN: 9783442203581. Nur noch antiquarisch oder als E-Book zum Preis von 8,99 EUR erhältlich. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Judith Schwaab.

Die Tragödie des Untergangs der Titanic, die 1912 bei ihrer Jungfernfahrt einen Eisberg rammte und versank, liegt wie ein schwerer Schatten über der Familie Allston. Drei Jahre später hat die 27-jährige Sibyl Allston noch immer damit zu kämpfen, dass ihre Mutter Helen und ihre jüngere Schwester Eulah bei dem Unglück ums Leben kamen. Etwas ziellos lebt sie mit ihrem Vater, dem Seefahrer-Witwer Lan, in einer düsteren Bostoner Stadtvilla und besucht gesellschaftliche Séancen, um mit den Geistern ihrer verstorbenen Verwandten in Kontakt zu kommen. Auch ihr jüngerer Bruder bereitet Sibyl Sorgen: Harlan vergnügt sich lieber mit jungen Schauspielerinnen, als sich seinem Studium zu widmen.

Als Harlan in einer kompromittierenden Situation an der Uni erwischt wird und rausgeworfen zu werden droht, nimmt sich Sibyl der Sache an und trifft dort auf ihre alte Jugendliebe, den Psychologieprofessor Benton Derby, der sie einst für eine andere sitzen ließ, weil sie sich noch nicht binden wollte. Gemeinsam versuchen sie, Harlan wieder auf Spur zu bringen. Dabei freundet sich Sibyl mit der quirligen Mimin Dovie an, der Geliebten ihres Bruders. Diese führt sie in die Welt des Opiums ein – und plötzlich bekommt Sibyl Visionen von der Nacht, in der ihre Mutter und Schwester starben. Bald findet sie heraus, dass sie mit dieser besonderen Fähigkeit, im Rausch in die Vergangenheit und in die Zukunft sehen zu können, nicht allein in ihrer Familie ist.

Drei Erzählebenen durch die Zeiten

Nach ihrem unterhaltsamen historischen Fantasy-Romandebüt Das Hexenbuch von Salem widmet sich die US-Autorin Katherine Howe erneut einem geschichtlichen Thema und ihrer Heimatstadt Boston. In Die Frauen von der Beacon Street (OT: The House of Velvet and Glass) erzählt sie über verschiedene Zeitebenen hinweg die Geschichte der Familie Allston: Wir erleben die erste große Reise von Familienoberhaupt Lan Allston mit, der als junger Seemann 1868 in Shanghai auf Landgang ist und in ein schicksalhaftes Abenteuer gerät. In einer weiteren Vergangenheitshandlung geht es mit Helen und Eulah Allston auf die Titanic, und wir schauen dem letzten Abend zu. In der Gegenwart bekommt Sibyl die Auswirkungen beider Handlungsstränge zu spüren und muss gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen.

 

Im Kern geht es in Howes Buch um den Verlust: von Lebensperspektiven, Träumen, Liebe und Glauben. Darüber stülpt sie – anders als noch beim Hexenbuch allerdings recht unpassend – ein übersinnliches Element der Hellseherei, das eher störend wirkt als die historische Handlung zu unterstützen. Der Plot selbst entwickelt sich reichlich gemächlich, und Howe bedient sich einer unerwartet schwachen Sprache, die auf viele, redundante Füllsätze zurückgreift. Gefühlt auf jeder zweiten Seite stützt sich beispielsweise eine Figur nach einer getätigten Aussage auf die Ellbogen auf, ohne das dies von Belang wäre. Solche Manierismen durchziehen den Text unnötigerweise.

Trotz der Stärken des Buches, die in seinem Detailreichtum, in der historisch akkuraten Exotik seiner Szenerien und den zarten Romanzen liegen, kommt selten Spannung auf und der Roman verläuft gen Ende in einer sehr schwachen Pointe, die jedoch zum lauen Gesamteindruck passt: Die Frauen von der Beacon Street bleibt so kaum mehr als eine historische Mystery-Berieselung, die nach dem unterhaltsamen Debüt Das Hexenbuch von Salem weit hinter den Erwartungen zur Autorin zurückbleibt.

(sv)