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Deutsche Märchen und Sagen 154

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

200. Pest zu Trier

Unter dem Bischof Nicetius regierte die Pest auf eine schreckliche Weise in Trier. Das Volk lag Tag und Nacht auf den Knien und betete zu Gott um Abwendung des Übels, aber der Himmel schien lange taub zu sein gegen diese Gebete. Endlich doch erhörte er sie.

Eines Nachts hörte man ein starkes Geräusch, einem Donnerschlag gleich, von der Brücke her. Alle Einwohner erhoben sich in Angst und Schrecken und aller erster Gedanke war, ihr letztes Stündlein sei gekommen.

Zu gleicher Zeit hörte man eine Stimme in der Luft, welche rief: »Je, Gesellen, was wollen wir fürder hier? Wir gewinnen wahrlich nichts, denn an dem einen Stadttor steht der Priester Eucharius, am anderen hält sein Gefährte Maximin Wache und in der Mitte führt Bischof Nicetius den Befehl und trägt Sorge für alles. Da ist alle Mühe verloren. Das Beste, was wir tun können, dass wir uns zurückziehen.«

Seit dem Augenblick war es mit der Pest getan und kein Mensch starb mehr an ihr in der Stadt.