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Vergessene Helden 1

Vergessene Helden 1

Bomba, der Dschungelboy

Für die einen ist es Spiderman, für die anderen Indiana-Jones. Doch auch James Bond, Asterix, Conan oder Winnetou und Zorro waren oder sind noch heute unsere Helden. Natürlich könnte diese Liste unendlich weitergeführt werden, John Wick, Thor und und und lassen grüßen, aber das ist nicht der Sinn dieser Kolumne.

Ich will nicht über Film-, Fernseh-, Buch- oder Comichelden berichten, die eh jedes Kind kennt. Ich möchte an dieser Stelle an all jene erinnern, die einmal Helden waren, aber an die sich heute kaum noch jemand erinnert.

Vergessene Helden.

Helden, die einmal erfolgreich, berühmt und in allen Medien präsent waren, und die es nicht verdienen, in Vergessenheit zu geraten, nur weil der Zeitgeist gerade der Meinung ist, dass sie nicht mehr in sind. Wer diese Kolumne verfolgt, wird, jedenfalls die älteren Leser, garantiert mit Kindheitserinnerungen konfrontiert.

Aber nun genug der Worte, lasst uns eintauchen in die Welt der vergessenen Helden.

 

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Helden gibt es schon seit Menschengedenken, man denke nur an Sagen, frühere Reiseerzählungen oder Bücher, die der Fantasie namhafter Autoren entsprangen. Je geheimmnisvoller und unbekannter der Hintergrund, umso besser, ein Umstand, der Anfang des letzten Jahrhunderts, als die Bilder laufen lernten, immer wichtiger, weil erfolgreicher, wurde. In den zwanziger Jahren dieser vergangenen Aera war es der Dschungel, der als Heldenkulisse die Menschen faszinierte. Auslöser dafür war unbestritten ein gewisser Edgar Rice Burroughs, dessen Protagonist Tarzan am 27. August 1912 mit der Story Tarzan bei den Affen (Tarzan of the apes) im Pulp Magazin All Story Magazine das Licht der Welt erblickte und dem 23 Fortsetzungen folgten. Der Erfolg war riesig, bereits 1918 folgte der erste Kinofilm, über hundert sind es bis heute. Dazu kamen unzählige Comicreihen und später mehrere Fernsehserien und auch ein Musical.

Die Konkurrenz schlief nicht und schon bald schossen Tarzan-Kopien in Film-, Buch- und Comicform wie Pilze aus dem Boden, Korak, Tarzans Sohn nur so als Beispiel. Einer dieser Konkurrenten war Edward Stratemeyer, der Herausgeber des Stratemeyer Syndicate, der sich auf gradlinige Action-und Mysteryserien mit idealisierten Helden spezialisiert hatte. Der taffe Geschäftsmann wusste allerdings, dass er mit einer weiteren Tarzan-Kopie keinen Blumentopf gewinnen konnte, das erwachsene Publikum akzeptierte keinen anderen Dschungelhelden außer Burroughs Lendenschurz bekleideten Protagonisten. Also versammelte er unter der Federführung seines Erfolgsautors Howard Garis eine Gruppe von Schreiberlingen mit dem Auftrag, eine Serie zu erschaffen, die zwar im Dschungel spielen sollte, sich aber ansonsten deutlich von Tarzan unterscheiden musste.

Garis war schnell klar, dass er nicht nur das Setting, sondern auch den Dschungelhelden neu konzipieren musste, um Erfolg zu haben. Als Erstes verlegte er den Schauplatz vom Urwald in Afrika in den Amazonasdschungel. Dann erschufen er und seine Kollegen einen Helden, der sich der jugendlichen Leserschaft zuwandte. Der Markt für Dschungelhelden, die den erwachsenen Leser ansprachen, war abgegrast. Warum nicht ein Held, der sich speziell an den jugendlichen Leser wandte? Schließlich gab es Millionen von Jungen und Mädchen, die Abenteuerromane regelrecht verschlangen. Als der Tarzan-Boom mit dem nunmehr fünf Darstellern und sechs Kinofilmen einen weiteren Höhepunkt erreicht hatte, legte Garis seinem Verleger eine Heldenbeschreibung inklusive dem Manuskript von dessen erstem Dschungelabenteuer vor.

 

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Der Name des Protagonisten ist Bomba.

Ein fünfzehnjähriger Junge, der, soweit er sich zurück erinnern kann, seit jeher im südamerikanischen Dschungel des Amazonasgebietes lebt. Sein einziger Gefährte und Beschützer ist der alte Naturforscher Cody Casson, der sich weit in die abgelegensten Gebiete des Amazonasdschungels zurückgezogen hat, um endlich in Ruhe in seinen Forschungen über Fauna und Flora dieser Welt aufzugehen. Als Bomba in das Alter kommt, in dem er mehr über seine Herkunft und seine Vergangenheit zu erfahren wünscht, zieht sich Casson bei der Explosion seines Gewehres eine Kopfverletzung zu, durch die seine Gedächtniskraft geschwächt und später fast zerstört wird. Von diesem Zeitpunkt an lastet die Verantwortung für den Lebensunterhalt der beiden einzig und allein auf Bomba.

Während andere Jungen in seinem Alter behütet bei ihren Eltern aufwachsen und die Schulbank drücken, muss sich Bomba mit den Gefahren und Härten des Dschungellebens vertraut machen. Bomba wächst wie ein junger Indianer im Urwald heran. Seine Haut ist inzwischen genauso dunkel gebräunt wie die eines Eingeborenen. Er trägt einen Eingeborenenschurz und das Fell eines erlegten Jaguars. Seine Waffen sind Pfeil und Bogen, eine Machete und ein fünfschüssiger Revolver, den ihm zwei Weiße schenkten, denen er bei einem nächtlichen Jaguarangriff das Leben gerettet hat. Doch je älter Bomba wird, desto größer wird der Wunsch, etwas über seine Herkunft zu erfahren.

Stratemeyer war von dem Konzept fasziniert und veröffentlichte das Buch 1926 unter dem Autorenpseudonym Roy Rockwood mit dem Titel Bomba the jungle boy.

Der Erfolg war riesig. Stratemeyer veröffentlichte bis 1938 insgesamt zwanzig Bücher über den jungen Dschungelhelden, die er in mehreren Auflagen wieder auflegte und nebenbei die Rechte auch an die Filmindustrie verkaufen konnte.

1949 erschien unter der Regie von Ford L. Beebe und mit Jonny Sheffield in der Hauptrolle der erste Bomba-Film mit dem Titel Bomba the jungle boy. Aufgrund der riesigen Resonanz folgte im gleichen Jahr mit dem Titel Bomba on Panther Island der zweite Film. Ebenfalls unter der Regie von Beebe und mit Sheffield als Hauptdarsteller.

1950 folgten zwei weitere Filme, ebenso in den Jahren 1951 und 1952.

Mit Lord of the jungle aus dem Jahr 1956 war nach zwölf Filmen Schluss. Danach schwappte die Bomba-Welle nach Europa über. In den 1950er Jahren erschienen im AWA Verlag insgesamt 14 Bände der Bomba-Reihe zum einen als Leihbuch, zum anderen auch in einer normalen Buchreihe.

1967 gab es eine siebenbändige Comicreihe im DC-Comicverlag und im selben Jahr veröffentlichte der Basteiverlag 14 der spannensten Bücher bis Ende 1968 in einer Taschenbuchreihe. Danach senkte sich über Bomba aber der Schleier des Vergessens.

Doch anscheinend gibt es auch heute immer noch Fans des jugendlichen Dschungelheldens, wie sonst ist es zu erklären, dass die alten Bastei-Taschenbücher bei eBay zu Preisen von bis zu 99 Euro gehandelt werden.

Quellenangaben:

 

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Beim nächsten Mal beschäftigen wir uns mit dem Helden einer britischen Krimiserie, der sowohl durch eine Fernsehserie als auch einer langlebigen Romanheftreihe für seine Fans über ein Jahrzehnt lang als der Geheimagent Nummer 1 galt. Und nein, es ist nicht James Bond und auch nicht John Steed aus der Serie Mit Schirme, Charme und Melone, sondern …

Mehr wird jetzt nicht verraten, wer Genaueres wissen will, sollte in die nächste Ausgabe unserer kleinen Kolumne reinlesen.

(gsch)