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Das Buch vom Rübezahl – Teil 24

Das Buch vom Rübezahl
Neu erzählt von H. Kletke
Breslau, 1852

25. Wie Rübezahl in der Höflichkeit unterweist

Ein junger vorwitziger grober Geselle, der auf der Wanderschaft nach Böhmen unterwegs von Rübezahl hatte erzählen hören, wollte, als er in die Nähe der Koppe kam, ihn selbst zu Gesicht bekommen.

Deshalb forderte er ihn mit unge­schliffenen Worten heraus und rief: »Rübezahl, Bärenhäuter, Hundsfott, wo steckst du? Lass mich von deiner Kunst was sehen, wenn du eine verstehst.«

Was geschah aber? Ehe es sich der töl­pische Bursche versah, stand Rübezahl dicht vor ihm, mit einer langen Gerte in der Hand, sah ihn grimmig an und sprach: »Ei, du ungehobel­ter Gesell, wer hat dich so schimpfen gelehrt? Gehst du deshalb in der Welt umher, dass Du solch grobes Wesen lernst?«

Der arme Bursche, über die Maßen erschrocken, bat inständig um Verzeihung, wollte alles nur aus Scherz gesagt haben und das nie wieder tun.

Rübezahl aber, den die unhöflichen Worte zu sehr erzürnt hatten, nahm durchaus keine Entschuldigung an, sondern entgegnete: »Nein, mein guter Gesell, ich muss dir einen Denkschilling geben, damit du ein anderes ­Mal lernst, dein grobes und vorschnelles Maul besser im Zaum zu halten.«

Damit nahm er die Gerte und strich den Burschen, wie das derselbe seit Kindesjahren nimmer erfahren hatte.

Als Rübezahl mit der Arbeit fertig war, musste jener ihm angeloben, höflicher zu werden, auch die Rute, die ihn gezüchtigt hatte, zum Andenken mitnehmen.

Hierauf wanderte der gebesserte Geselle nach Prag weiter. Als er jedoch nach dem ersten Nachtlager sein Geschenk ansah, da ent­deckte er, dass sich die Rute in einen Golddraht verwandelt hatte.