Archive

Tony Tanner – Agent der Weißen Väter

Die Bruderschaft der Weißen Väter – Teil 1

Tony Tanners Tagebuch

London. Achtung, es folgt das Seelengewölle eines alternden Menschenmännchens. Ich habe mich ja nie als eine Art Aufreißer betrachtet, aber inzwischen bin ich so eine Art erotischer Sozialfall und da fragt man sich doch, ob es für diese Menschen nicht irgend so eine Art von Unterstützungsprogramm gibt. Stellen wir mal die Dinge klar: Also, ich muss wegen einem dieser scheißüberflüssigen Formulare, die von irgendwelchen Bürokratenärschen und Erbsenzählern zum Zwecke des Erhaltes ihrer eigenen Macht in die Welt gesetzt werden, in ein anderes Büro. Dorten thront so eine blonde Zicke hinterm Schreibtisch, ich bin ungerecht, es handelte sich um eine höchst gradigst ansehnliche Blondine, der Typ, den Pillbury als heiße Alte bezeichnen würde.

Also, die sitzt da, und ich erkläre ihr höflich und mit allem mir verfügbarem Charme mein Ansinnen und sie schaut mich an mit einem Zug um den Mund, der mich verteufelt an diese unerträglichen Sumpfkühe aus den Politmagazinen erinnert, dieser Was denn, haben Sie heute etwas noch nicht aus Jammer über den internationalen Kapitalismus in die Ecke gekotzt, Sie Mistkerl-Ausdruck und dann kommt wieder so ein Bericht über die Bolumis, die die Hotusis umbringen oder umgekehrt und das Ganze mit Hilfe von Gießkannen Made in Britain, und wieso habe ich noch nie einen Sitzstreik vor der Zentrale dieser gewissenlosen Geschäftemacher und wir sollten uns alle schämen und sehr betroffen sein, und die Frauengruppe von linkshändigen alkoholgeschädigten Vakuumschädlern aus Westnordsüd-Südostgloucestershire hat eine Petition an den Minister für Gießkannen, komme ich ins Labern?

Jau, so ist es, aber jedenfalls genauso guckte mich diese Schöne an und dabei hatte sie Körbchengröße 78, mindestens und ich frage mich, wieso die Natur solche Brüste schafft, wenn sie unter einem Gesicht mit einem solchen Mich nervt das alles so-Blick hängen.

Eigentlich stimmt hängen gar nicht. Nee, die beiden Hügel waren so was wie die Widerlegung von Newtons Theorie der Schwerkraft. Egal, vielleicht habe ich allzu sehr auf ihr T-Shirt geschaut und das hat sie irritiert? Jetzt kommt wieder der gute alte Mea Culpa, mea Maxima Culpa-Tony Tanner des Wegs. Mensch, Junge akzeptiere die Tatsache, dass es Leute gibt, die Kotzbrocken sind, selbst wenn du sie nicht geärgert hast. Wo war ich? Ach so. Auftritt Heatherstone. So auf die übliche Art – Krawumm ins Büro ohne anzuklopfen und sich dann mit seinem dämlichen Arsch halb auf den Schreibtisch der Tussi gepflanzt. Das ganze Büro stinkt nach seinem Aftershave und er labert frechwegs in meine angestrengte Konversation mit Blondie rein. Und was passiert? Die Sonne geht auf. Wirklich, es macht Plink und ihre Augen stehen auf Veilchenblau mit Schmachteffekt und sie guckt diesen arroganten, blöden, dämlichen, geilen, total hohlen Arsch von Heathercroft so von unten an, so auf die Art, die nur noch bedeuten kann nimm mich doch endlich, du großer, starker Stier. Also, um mal eins klarzustellen: Ich war nicht scharf auf das Mädel. Absolut nicht. Sie hätte mich mindestens einmal bitten müssen, bevor ich auch nur daran gedacht hätte, mit ihr zwischen die Laken zu schlüpfen. Nicht mein Typ. So die ziemlich hohle Diskoschlunze. Aber verteufelt niedlich.

Egal, also mich hat es einfach nur umgehauen, wie mich dieses Miststück abserviert hat und Heathercroft hat natürlich sofort Witterung genommen und gibt an wie tausend nackte Neger – heißa, das war aber jetzt irgendwie ein Stück weit gar nicht politisch korrekt, hat mir aber Spaß gemacht – sagen wir wie zehntausend nackte Neger und nachdem ich herumräuspere wie ein Walross in der Paarungszeit, sagt dieser Nasenbär Fertigen Sie doch erst mal diesen jungen Mann ab, dann haben wir endlich Ruhe für eine kleine Unterhaltung.

Junger Mann! Irgendwie hat diese Kröte einen Instinkt für Schwachstellen. Na ja, ich jedenfalls raus aus dem Büro und vor den nächsten Spiegel, um nachzuschauen, ob ich Anfälle von Unsichtbarkeit habe. Scheint nicht der Fall zu sein, ich sah nur recht frustriert aus der Wäsche.

Dafür hat mir das abgelenkte Blondie gleich drei Formulare in die Hand gedrückt, alle schon mit offiziellem Stempel versehen! Wenn der kleine Tony ein richtig netter Kerl wäre, hätte er ihr die überzähligen Wische zurückgegeben. Hat er aber nicht, der kleine Schlingel. Man weiß ja nie, was zu was noch gut sein kann. Gut, das alles könnte mir am Rücken oder noch etwas tiefer vorbeigehen, wenn ich nicht in der letzten Zeit so viele Haare in meinem Kamm finden würde und sowieso und überhaupt. Man wird wirklich nicht jünger. Und das alles wäre mir schnuppe – wann ist diese dämliche Tagebuchseite eigentlich zu Ende, ich sollte mir angewöhnen, nicht so klein zu schreiben – wenn Francine sich mal wieder bei mir abjammern würde, ob ich nicht mal mir ihr ausgehen will. Ich behaupte ja nicht mal, dass ich darauf wild bin, aber es würde mir zumindest eine kleine Freude bereiten, ihr einen Korb zu geben, oder sie zumindest zu vertrösten. Vielleicht würde ich ja auch mit ihr ausgehen, warum nicht, klar würde ich, verdammt ich würde, ich würde sie sogar heiraten, jedenfalls in diesem Moment, warum ruft sie nicht an? Francine ist auch verschwunden, und ob ich die noch jemals wiedersehe, steht in den Sternen. Immerhin, auch Gevatter Dorkas lässt nichts von sich hören. Das ist doch was. Er sitzt mit den Frenchies oder wo er jetzt auch immer ist und säuft Rotwein. Was hinwiederum heißt, dass ich heute noch einen Termin mit meinem streng riechenden Kumpel Stalka wahrnehme und dann, so ich die Sache heil überstehe, aber wir sind ja Optimisten, mache ich Urlaub.

 

Ein Tusch – Tony Tanner macht Urlaub. Die Welt wird erst nächste Woche gerettet. Ich glaube, eine Woche Urlaub baut mich wieder auf. Einfach ins Büro gehen und arbeiten, das muss das Paradies sein. Ich habe in den letzten Nächten mies geträumt, wahrscheinlich drückt das auch meine Stimmung. Das Blöde ist, ich kann mich nicht an den Traum erinnern. Irgendwas mit einer Frau und einer Katze oder einem Panter oder so und das Ganze war in einem Keller. Und dieser Keller hatte so ein graues Licht und mir war klar, dass dieses Licht nur bedeuten kann, dass hier etwas äußerst Schlechtes auf mich wartet. Irgendwie fluppt mir die Erinnerung dann morgens weg und ich habe das Gefühl, dass ich etwas vergessen habe. Jetzt mache ich die letzten drei Zeilen voll, jetzt mache ich die letzten drei Zeilen voll, jetzt mache ich die letzen drei Zei …

 

Als die ersten Stimmen durch die schweren Vorhänge seiner Bewusstlosigkeit drangen, begann ein sorgfältig angelerntes Programm, Jeremy Steeles Verhalten zu bestimmen. Nicht die Augen öffnen, keine Bewegung, nicht den Atemrhythmus verändern, den toten Mann spielen, keine Aufmerksamkeit erregen, lauschen, riechen, registrieren, analysieren. Sie hatten ihn an einen anderen Ort gebracht. Er lag mit dem Gesicht auf festgetretenem Boden. Aber er spürte Wind, und es roch immer noch nach Wald.

Seine Füße lagen höher als der Kopf. Sie hatten ihn auf einem Hang abgelegt. Eine Ameise krabbelte Steeles Wange hoch, untersuchte das Ohr und interessierte sich für sein linkes Nasenloch. Sie hatten ihn auf der Seite ihres Lagers abgelegt, denn alle Stimmen erklangen von einer Seite. Die Stimmen kamen allesamt aus derselben halbhohen Position, also saßen sie zusammen. Einer rauchte, eine Art von Zigarette, die ihrem Geruch nach für den hintersten Balkan gedacht war, ein anderer schabte und kratzte mit einem Metalllöffel eine Blechdose aus. Sie schauten in seine Richtung.

Steeles Hände waren auf dem Rücken gefesselt, seine Füße waren ebenso gebunden. Die Riemen schnitten in seine Haut und unterbrachen den Blutfluss, sodass die Finger und Zehen unangenehm kribbelten. Vor allem zeigten sie Steele, dass seine Bewacher in der Kunst des Knotenmachens keine Anfänger waren. Es war noch hell, aber Steele wagte nicht zu spekulieren, ob vielleicht schon eine Nacht vergangen war, seit er niedergeschlagen worden war.

Der Schlag und die Wirkung der Drogen konnten ihn ohne Weiteres für vierundzwanzig Stunden oder länger außer Gefecht setzen. Steeles Gedanken mussten sich mühsam, wie Sanitäter durch eine Menschenmenge, an dumpfem Dröhnen und Schmerzimpulsen vorbeischieben.

Er fragte sich, wer sie waren und was sie mit ihm vorhatten. Jedenfalls hatten sie noch etwas mit ihm vor, sonst hätten sie ihn gleich töten können. Andererseits war es natürlich praktischer, ihn sein eigenes Grab schaufeln zu lassen oder ihn auf eigenen Füßen zu einem lauschigen Plätzchen gehen zu lassen, wo sie ihn dann töten würden. Steele dachte töten und wunderte sich, auf einer zweiten Ebene der Gedanken, selbst, mit welcher Gleichgültigkeit er dieses Verb in Zusammenhang mit seiner eigenen Person nutzen konnte.

Oder hatte er vielleicht genau das gewollt? Hatte er unvorsichtig gehandelt, um dem unbewussten Impuls zu folgen, der ihm ständig zuschrie Mach doch endlich Schluss damit?

Die Männer unterhielten sich auf Französisch, aber nur ein oder zwei schienen dies als Muttersprache zu haben. Bei den anderen mischte sich jeweils ein fremder Akzent herein. Demnach war kein Italiener unter ihnen. Also musste es eine Art Söldnertruppe sein, also hatte er es mit Spezialisten auf ihrem Gebiet zu tun. Aber warum das Alles?

 

Steele wälzte sich mit lautem Stöhnen auf die andere Seite, hielt die Augen aber geschlossen.

Das Gespräch, das sich um die Vor- und Nachteile des britischen Armeegewehres gedreht hatte (die Waffe, so vernahm Steele, hatte keinen guten Ruf, weil sie bei Kälte versagte und bei Hitze zu Selbstentzündung der Munition neigte), brach ab. Schritte kamen auf Steele zu, eine Hand kontrollierte die Knoten seiner Fesseln. Das war der Moment, in dem Steele wagte, kurz die Augen zu öffnen.

Er sah schwarze Kampfstiefel, die deutliche Spuren von Lehm und Waldboden zeigten, direkt vor seinem Gesicht, schwarze Hosenbeine, um die mit zwei Gummibändern eine Scheide mit Dolch befestigt war. Im Hintergrund saßen vier Männer, einer entleerte mit gewaltigem Rauschen seine Blase hinter einem Busch und summte dabei einen Schlager.

Steele konnte keine Waffen entdecken. Er senkte die Lider, stellte sich das Bild, das er zuletzt gesehen hatte, wie ein Foto vor sein inneres Auge und betrachtete es in aller Ruhe. Nach einiger Zeit war er sich sicher, dass er es nicht mit Soldaten zu tun hatte. Dazu waren die Frisuren zu sorgfältig geschnitten, die Bärte zu gut gestutzt. Die Typen rochen von Weitem nach Gorillas, gerne auch Bodyguards genannt. Leibwächter, die Statussymbole des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Steele hatte jetzt derer sechs. Natürlich hatte er nicht die geringste Chance, ihnen zu entkommen. Aber die Frage stellte sich für Jeremy Steele nicht. Er wollte nicht ernsthaft fliehen. Er wollte es nur versucht haben. Das, obwohl es kindisch war, glaubte Steele sich schuldig zu sein. Inzwischen war ihm auch klar, dass seine Bewacher ein Nylon-Fallschirmseil zu seiner Fesselung benutzt hatten – vermutlich US-Army-Herkunft, gutes Material, zu beziehen über Brigade Quartermaster oder ähnliche Geschäfte und mit einer Reißfestigkeit von mindestens 300 Kilo ausgestattet. Damit war der rein physikalische Aspekt der Angelegenheit ausführlich und hinreichend beleuchtet.

 

Für Steele gab es noch einen anderen Aspekt. Er hatte etwas mit der Bereitschaft zu tun, die physikalischen Tatsachen zu ignorieren und sich selbst Schmerz zuzufügen. Hätte Steele diese Gedanken in ein Bild gegossen, dann wäre es dasjenige eines in der Falle gefangenen Fuchses gewesen, der sich selbst das Bein abbeißt, um in die Freiheit zu humpeln. Vermutlich lag darin das ganze Geheimnis – wie viel Schmerz bist du bereit zu ertragen, um deine Fesseln loszuwerden. Der Mann, der Steeles Fesseln kontrolliert hatte, machte sich nicht die Mühe, den Liegenden wieder auf die andere Seite zu wälzen. Ein Fehler, denn nun konnte Steele unbemerkt seine Hände bewegen. Es gelang ihm, die Position seiner Handgelenke etwas zu verändern und dadurch einige Millimeter Spielraum zu gewinnen. Nun koppelte Steele seinen Geist von seinem Körper ab. Er beließ als Verbindung nur einige Nervenbahnen, die seinem Willen den Zugriff auf seine Gliedmaßen erlaubten. Alles andere, was Jeremy Steele darstellte, zog sich wie in einen Bunker zurück, fern von jedem Schmerzempfinden.

Er drehte langsam die Hand, bis sich das Seil tief in das Fleisch eingeschnitten hatte. Er musste lediglich eine Verletzung der Schlagader vermeiden. Dann schabte Steele Haut und Fleisch seiner linken Hand an der straffen, dünnen Nylonschnur ab und rückte dabei diese blutende Hand Millimeter für Millimeter aus der Fessel heraus. Steeles Ich saß in seinem festen Betonbunker, während der Schmerz pulsierte und pochte und draußen, vor den Stahltüren, in dumpfen Explosionen verpuffte. Es dauerte lange, bis Steele die dünne Haut über den Knöcheln abgerissen hatte und nun die Finger vorsichtig herauszog. Es dauerte zu lange, denn Steele hatte einen Faktor nicht bedacht – den regelmäßigen, bürokratischen, mechanischen und so ungeheuer effektiven Turnus einer Wache. In diesem Fall angezeigt durch Schritte, die sich dem Gefangenen näherten. Steele wartete, bis die Schritte unmittelbar vor ihm waren, dann griff er an.

 

Aber er machte wieder einen Fehler. Er nahm sich nicht die Zeit, die rechte Hand aus der Schlinge zu ziehen. Seine Linke aber, blutüberströmt und mit freiliegenden mattweiß schimmernden Knochen zwischen rohem Fleisch, war kraftlos und fast steif. Ihr Schlag traf das Knie des Stehenden, zu langsam, zu schwach, zu wirkungslos. Wenn der Schlag eine Wirkung hatte, dann nur diejenige, den Angegriffenen zu warnen. Der sprang auch sofort zurück, holte aus und landete einen Tritt auf Steeles Brust. Der hörte seine Rippen krachen und glaubte einen Moment lang, nie mehr Atem holen zu können. Dann wälzte er sich zur Seite, drückte die Schulter gegen die Stiefel des Mannes und rammte seine Linke mit aller Kraft zwischen die Oberschenkel des Anderen. Zwei Schreie vermischten sich – derjenige Steeles, dessen Hand brannte, als hätte er sie in ein Feuer gehalten, und derjenige seines Bewachers, der jetzt sein Gegner war, und der hilflos zusammensackte. Die rechte Hand Steeles kam nicht aus der Schlinge heraus. Und diese Schlinge, das bemerkte er jetzt erst, war zusätzlich mit seinem Gürtel verbunden. Steele wälzte sich auf den Liegenden und rammte ihm den freien Ellbogen in den Unterleib, während er mit wachsender Wut und Hektik versuchte, die Rechte frei zu bekommen.

 

Die Zeit spaltete sich jetzt in Sekundenbruchteile auf, sie raste und schien zugleich stehen zu bleiben. Die anderen Männer wurden aufmerksam, sie standen auf, schauten in seine Richtung und in ihren Augen war noch das blanke Unverständnis über das Geschehen. Der Erste machte einen Schritt in Steeles Richtung. Er zückte keine Waffe. Warum auch. Er konnte Steele mit einem einzigen Tritt außer Gefecht setzen. Endlich ratschte die Hand an dem Seil entlang und aus der Schlinge heraus.

Einige Blutstropfen wurden durch die Luft geschleudert, als Steele mit der rechten Hand nach dem Dolch griff, den der Mann im Beinholster trug. Die Klinge hatte keine Sicherung und glitt aus der Scheide, als Steele kräftig zog. Er nutzte den Schwung seines Armes, um den Dolch in den Oberkörper seines Gegners zu rammen. Der Stich war schlecht gezielt, der Dolch lag falsch, rutschte an den Rippen ab und die Flanke herunter. Damit hatte Steele verspielt.

Er hatte noch Zeit, den Dolch wieder hochzureißen und einen Schnitt über die Brust des anderen zu führen, aber damit legte er ihn bestenfalls einige Sekunden lahm, ohne ihn jedoch auszuschalten. Dann kam der nächste Angreifer, und Steele hatte keine andere Wahl, als ihm den Dolch entgegenzuschleudern.

Der Wurf traf, zumindest das war Steele noch gelungen. Ein Treffer unterhalb des schweren Ledergürtels und rechts neben den Hosenschlitz, wo ein Reißverschluss oder Knöpfe die Wucht der Klinge gedämpft hätte. Ein Brusttreffer wäre besser gewesen, aber zu risikoreich, weil Steele noch auf dem Boden lag und der Winkel nicht gestimmt hätte. Seine Füße waren eingeschlafen, taub und unbrauchbar wie Holz. Steele merkte es, als er sich taumelnd auf die Beine zu stellen versuchte, und dabei kaltblütig die Wirkung seines Messerwurfes registrierte.

Der Getroffene stoppte, als wäre er gegen eine Wand gelaufen, senkte den Kopf und starrte ungläubig auf den schwarzen Dolchgriff, der aus seinem Unterleib ragte, dann brach er zusammen. Er zuckte und trat um sich, sein Kreischen war schrill und klang immer noch überrascht.

Wenn seine Füße ihm gehorcht hätten, dann wäre Steele, selbst mit den Fesseln, noch schnell genug gewesen, um den Dolch aus der Wunde zu ziehen und sich damit dem nächsten Angreifer zu stellen. Das war jetzt reine Theorie. Er wankte und konnte sich kaum aufrecht halten, er musste den Mann mit dem Schnitt in der Brust im Auge behalten, weil der sich wieder regte und versuchte, seine Waden mit Tritten zu treffen, und er musste zugleich auf den nächsten Angreifer achten. Vier waren noch übrig. Sie alle stürmten nun auf ihn zu. Zu viele und zu schnell.

Dann hörte Steele einen Schuss und richtete sich darauf ein, dass er jetzt getroffen wurde, dass sich ein metallenes Projektil einen Weg durch sein Fleisch, seine Haut, seine Organe fressen würde. Nichts geschah, und Steele war sich sicher, dass er noch so betäubt von der Droge war, dass er den Einschlag nicht bemerkte. Dann aber sah er, wie der Angreifer, der ihm am nächsten war, ins Stolpern kam und auf den Boden schlug. Dort hielt er sich schreiend das Knie und zwischen den Fingern, die er auf das Knie hielt, quoll dickes Blut. Die restlichen Drei hielten an, duckten sich, schauten gebückt in das Gebüsch. Ein zweiter Schuss traf eine Schulter und trieb den Mann in einer schreienden, Blut verspritzenden Spirale zu Boden. Auch der Letzte wurde erledigt. Ein Treffer in den Magen ließ ihn zusammenklappen, als würde eine Feder ein Scharnier betätigen.

 

Jetzt war Steele an der Reihe, so musste es sein. Es gab keine andere Möglichkeit. Steele fixierte das Gebüsch, aus dem die Schüsse kamen, und wartete. Er erwartete den Schuss und hörte das Krachen, mit dem eine Gestalt durch die Zweige brach. Der Anblick war so überraschend, dass Steele fast in Lachen ausgebrochen wäre. Er sah einen hünenhaften, grobschlächtigen Mann, der in ein schwarzes Ninja-Kostüm gehüllt war. Der Mann trat langsam näher. Sein Schritt wirkte müde und mühsam, und als er sich den zitternden und stöhnenden Menschen näherte, die auf dem Waldboden lagen, wirkte er wie ein verschüchterter Museumsbesucher, der eine Abteilung betritt, deren Exponate sein Verständnis weit übersteigen.

Der Unbekannte trat zu jedem der Liegenden, beugte sich vorsichtig herab und betrachte ausführlich die Gesichter. Steele wusste nicht, wie lange das dauerte, aber es mussten viele Minuten sein. Währenddessen erschien aus dem Gebüsch eine zweite Gestalt. Sie war in derselben Weise gekleidet, aber wesentlich schmaler und schlanker. Sie blieb am Rand der Lichtung stehen und betrachtete mit verschränkten Armen die Szene. Der Hüne näherte sich dem Mann, neben dem Steele stand. Er schob Steele zu Seite, als wäre er ein unpassend verrücktes Stück Möbel. Steeles verlor das Gleichgewicht und stürzte. Er versuchte, sich mit der verletzten Linken abzustützen. Der Schmerz traf ihn wie ein Hammerschlag und ließ sein Bewusstsein für einen Moment hinter grellroten Schleiern versinken.

Als Steele wieder die Klarheit seiner Sinne erobert hatte, sah er, dass der Hüne inzwischen alle Liegenden nebeneinander geschleift hatte. Dort lagen sie, in einer Reihe und wimmerten und krümmten sich vor Schmerz.

Der große Mann in der Ninja-Maskerade zog eine Pistole aus der Tasche, lud umständlich einige Patronen nach, drückte das Magazin wieder in den Griff und ging zu dem ersten der Liegenden. Er wartete lange Zeit, beobachtete die Krämpfe der Schmerzen, das hilflose Zucken der Glieder, die Schuhe, die im Waldboden wühlten, der blutüberströmte Rumpf, der wie unter elektrischen Stößen erzitterte. Wie ein Voyeur labte er sich an diesem Orgasmus des Leidens, wie jemand, der am Ziel einer Sehnsucht das so lange gewünschte Bild mit allen Sinnen in sich aufsaugt. Er ging in die Knie, hockte sich neben den Sterbenden und beugte sich über dessen Gesicht. Dann hob er die Waffe, zielte lange und schoss aus kürzester Entfernung in die Stirn. Blutspritzer sprenkelten die Umgebung, und zugleich klang ein mattes Keuchen von den anderen, die noch auf dem Boden lagen. Sechsmal machte er hochgewachsene Mann das und jedes Mal sagte er etwas. Es war stets derselbe Satz, zwei Worte nur, die müde und undeutlich über die Lippen kamen – die Litanei eines verzweifelten, ungläubigen Priesters, der das Sakrament der Vernichtung spendet.

Steele verstand genug Russisch, um für sich diese beiden gleich bleibenden Worte zu übersetzen. Sie lauteten: für Pjotr. Als der sechste Schuss die Stirn des letzten Opfers zertrümmert hatte, begann der Hüne erneut mit langsamen, tranigen Bewegungen, seine Waffe zu kontrollieren. Er stand mit gesenktem Kopf und kraftlos hängenden Schultern da und schien geschrumpft zu sein.

 

Ein Rascheln neben sich ließ Steele zusammenzucken. Der zweite Mann war neben ihn getreten und zog ihn hoch. Dann bückte er sich und schnitt Steeles Fußfesseln durch. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Zwischen dem schwarzen Stoff der Maske, die nur einen schmalen Schlitz frei ließ, entdeckte Steele große, dunkle Augen. Der Mann wandte sich ab, machte einige Schritte, öffnete dann eine Tasche und wirbelte herum. Etwas klatschte gegen Steeles Brust. Als er erstaunt an sich herabblickte, sah er ein Verbandspäckchen zu seinen Füßen. Der Mann beobachtete, wie sich Steele bückte und es aufhob, danach machte er eine eindeutige Handbewegung. Die Übersetzung der Geste hätte gelautet: Verzieh dich so schnell wie möglich und vergiss alles, was du gesehen hast.

Ohne Zögern setzte sich Steele in Bewegung. Seine Füße waren immer noch taub. Er stolperte mehr, als dass er lief. Nach einer Weile drehte er sich um. Zwischen Baumstämmen und Unterholz konnte er noch die Lichtung erkennen. Der Hüne stand zwischen den leblosen Körpern. Mit einer weiten Handbewegung – einer Mischung aus Pantomime, Schmierentheater und Marktschreiergestik – schwang er die Pistole durch die Luft und steckte er sich die Mündung in den Mund. Nein, er steckte nicht, er rammte. Er rammte sich das Metallrohr in den eigenen Schlund, als wäre dieses schon ein fremder Teil, eine Prothese, jedenfalls nichts, was mit ihm noch zu tun hatte. Er wartete, etwas ließ seine Schultern zucken, schließlich zog er den Abzug durch und dort, wo die Maske seinen Hinterkopf verdeckte, brach ein Vulkan aus Stofffetzen, Blut, Knochen und Hirn auf und spie einen rötlichen Nebel, der wie ein Vogel aus einem Albtraum in der Luft schwebte, während der Riese schon zusammenbrach.

Mit großer Anstrengung trieb sich Steele weiter. Nun konnte er den Schmerz nicht mehr unterdrücken. Die Wunden brannten und pochten. Jeglicher Schmerz, den Jeremy Steele in den letzten Jahren ignoriert hatte, schien nun zurückzukehren und herrisch sein Recht zu fordern.

Noch ein anderer Schmerz stieg auf wie eine Schlammwolke vom Grund eines faulenden Teiches. Es war nichts, das körperliche Ursachen hatte. Aber Steele erkannte, dass durch irgendeine Laune eines unverständlichen Schicksals etwas mit ihm geschehen war. Er hatte etwas miterlebt, das ihm völlig zuerst unverständlich erschien. Nun aber musste er sich eingestehen, dass dieses irre, wahnwitzige, grausame Drama ein Spiegel war. Und darin, vielleicht zum ersten Mal seit Jahren, konnte er sich selbst erkennen.

 

Jeremy Steele stampfte durch den Wald. Er hatte keine Richtung und kein Ziel, sondern wollte nur Abstand zwischen sich und diesem Schlachtfeld, auf dem sich die Mörder selbst mordeten, bringen. Der Boden schwankte unter seinen Füßen. Manchmal schien er zu weichen, wie eine Schiffsplanke bei Seegang und Steele kam ins Stolpern, weil sein Tritt erst viel später als erwartet auf Widerstand traf, dann wieder schüttelte es ihn durch bis in die Haarspitzen, weil der Grund ihm heimtückisch entgegen zu kommen schien.

Er lehnte sich an einen Baum. Er musste nachdenken, er musste sich zurechtfinden. Zuerst wurde ihm klar, dass heute noch heute war. Er hatte keine Nacht ohnmächtig verloren, denn der Wetterdienst hatte für die Nacht und den folgenden Tag eine wesentliche Wetterverschlechterung angekündigt, von der jetzt noch nichts zu bemerken war. Also waren ihm höchstens einige Stunden verloren gegangen.

Vielleicht nicht einmal so viel, denn das Tageslicht war noch nicht durch die sinkende Sonne vermindert. Nachdem er sich sozusagen in der zeitlichen Dimension zurechtgefunden hatte, war auch der nächste Schritt keine Frage mehr. Er musste abwärts gehen, in Richtung Tal, und er musste einen Wasserlauf finden. Anhand dessen Strömungsrichtung könnte er sich orientieren. Steele stieß sich von dem Baumstamm ab. Ein Harztropfen klebte seine Kleidung an der Rinde fest, und diese ließ sich erst nach einem heftigen Ruck los machen. Vom eigenen Schwung getrieben, torkelte Steele zu Boden. Unbewusst stierte er für einige Sekunden den Baum an und fühlte den heftigen Wunsch, diesen hölzernen Gegner mit bloßen Händen anzuspringen und zu vernichten.

Seine Nieren schmerzten und zeigten ihm, worauf es wirklich ankam. Er war völlig ausgetrocknet und musste dringend Flüssigkeit aufnehmen. Gekrümmt, die eine Hand fest in den Rücken gepresst, stampfte Steele weiter. Er brauchte nicht lange zu warten, bis er auf ein Rinnsal traf, das nicht mehr als armdick über den Boden plätscherte. Wie ein Fluss hatte es sich einen Canon geschaffen. Steele folgte dem Wasserlauf bis zu einer Stelle, an der der felsige Untergrund an die Oberfläche trat. Hier konnte er einige Kiesel wie eine Staumauer errichten und zugleich mit der gesunden Hand eine Kuhle in den Boden kratzen. Ungeduldig, aber beherrscht wartete Steele, bis sich dieses Bassin gefüllt hatte und die Schwebstoffe sich abgesetzt hatten. Dann warf er sich ächzend auf die Knie, stützte sich mit einem Arm ab und schlürfte das Wasser mit den Lippen auf.

Die Flüssigkeit trug die Botschaften von Tannennadeln und Pilzen, feuchter Erde, kalkigem Gestein, Moosen und Farnen auf seine Zunge. Es war ein reicher und frischer Geschmack, ähnlich dem von gutem Brunnenwasser. Einen Moment lang blitzen durch den Geschmack auf seiner Zunge Erinnerungen auf – Bilder von Wanderungen mit seiner Familie: die Kinder, die von der Aussicht, Bachwasser zu trinken, begeistert waren, und eine entsetzte Helena, der die Namen fürchterlichster Krankheiten und widerwärtigster Kleinstlebewesen nur so von den Lippen sprudelten.

Steele schüttelte wütend den Kopf und konzentrierte sich auf das Trinken. Als sich sein Bauch wölbte und gegen den Gürtel drückte, erhob sich Jeremy Steele. Die Nierenschmerzen waren verschwunden, dafür pochte es nun heftig in seiner linken Hand. Mit einem Tritt beförderte Steele die Kiesel in das Unterholz und gab dem Rinnsal den Weg wieder frei. Nach kurzer Zeit traf er auf einen Bach. Das Ufer war schlammig und mit Farnen und Gestrüpp bewachsen. Trotzdem kam Steele gut vorwärts. Dann schoben sich von beiden Seiten Felsen wie halb geöffnete Schleusentore in den Weg. Steele musste wohl oder übel in den Bach springen. Das Wasser reichte ihm an der engen Stelle bis zur Brust, und auch die Strömung entwickelte eine beachtliche Kraft.

 

Schritt für Schritt tastete sich Steele durch den schlammigen Grund vorwärts. Ein Stein ließ ihn stolpern, er schlug prustend nach vorne und verschwand im Wasser. Die Strömung riss ihn augenblicklich mit, drückte ihn unter die Oberfläche, wirbelte ihn herum und nahm ihm die Orientierung. Bevor Steele seine Situation erfassen konnte, schlug sein Rücken gegen den abgeschliffenen Felsen. Hilflos wurde er immer fester in eine Höhlung gepresst. Sein Schädel krachte gegen felsigen Widerstand, Lichtblitze zuckten vor Steeles Augen, seine Lungen begannen zu brennen. In seinen Ohren rauschte und brandete das Wasser, ein Wirbel milchiger Flüssigkeit, durchzogen von Luftblasen, Schwebeteilchen und Moosfetzen toste um ihn herum.

Du bist dabei zu ertrinken, meldete sich eine unbeteiligte Stimme in Steeles Hirn, und das hochnäsige Desinteresse dieser Meldung machte Steele furchtbar wütend und trieb ihn zu einer letzten Anstrengung. Er gab allen Widerstand auf und ließ sich mit angezogenen Beinen gegen die Felswand treiben. Als er Widerstand spürte, stieß er sich mit der verbliebenen Kraft seiner Oberschenkel vorwärts – gegen den Ansturm des Wassers, dorthin, wo in dem milchigen Wirbel ein Punkt größter Helligkeit zu sein schien. Sein Rücken schrappte an einer Kante entlang, aber Steeles Kopf durchbrach die Oberfläche, und er schnappte mit einem lauten, fast tierischen Jaulen nach Luft.

Jetzt verstand er auch, was geschehen war. Der Bachlauf machte innerhalb der Felsen einen scharfen Knick, und die Wucht des Wassers hatte an der Prallstelle über Jahrzehnte und Jahrhunderte eine Höhle unterhalb der Oberfläche ausgewaschen. Eine Falle, in die ihn das Wasser hineingepresst hatte wie einen Korken in einen Flaschenhals. Kraulend hielt sich Steele über Wasser, bis er sein Knie gegen den Boden schlug und er sich wie ein gestrandeter Wal in einem seichten Becken wiederfand, in dem das Wasser harmlos über unschuldige Kieselsteinchen plätscherte. Die Ufer stiegen sanft an und waren wieder von Farnbüschen überwuchert. An einer Stelle allerdings bedeckte schwarzer Morast den Waldboden.

Steele stolperte mühsam vorwärts, rutschte über Steine und konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten. Dutzende kleiner gespaltener Hufe hatten den Boden zu einer schlammigen, kotigen Masse zertreten. Wie ein Fluss, der sich zur Mündung hin verbreitet, kam die Spur aus dem Dickicht und lief direkt am Wasser zu einem breiten Delta auseinander, wo die Tiere nebeneinander getrunken hatten. Es war nicht einmal der Mühe wert, sich über die Spuren Gedanken zu machen. Der Geruch, der über der Stelle hing wie ein zerschlissener Stofffetzen, machte für Steele alles klar. Hier hatten Schafe ihre Tränke. Und wo Schafe waren, mussten auch Menschen sein.

Vielleicht war es nicht unbedingt die Art von Menschen, die Steele jetzt brauchte, aber er hatte keine andere Wahl. Er stapfte die ausgetretene, rutschige Fährte entlang. Nach einiger Zeit – Steele konnte nicht sagen, ob es sich um Minuten oder Stunden handelte – hörte er Hundegebell und dann das Blöken einer vielköpfigen Herde. Er trat auf eine Lichtung. Das helle Licht blendete ihn. Für einen Moment blieb er stehen, spürte Sonnenschein, der ihm das unpassende Gefühl wohliger, sich anschmiegender Wärme vermittelte, und hielt aus zusammengekniffenen Lidern Ausschau nach den Tieren.

 

Er entdeckte sie auf der Gegenseite. Der Tag war noch warm genug, um die Schafe in den Schatten zu treiben. Zwei oder drei Hunde heulten auf, kamen aber nicht näher. Steele machte einige Schritte vorwärts und blieb dann wie angewurzelt stehen. Bevor er noch die Stimme hörte und registrierte, was sie sagte, hatte er ein anderes Geräusch vernommen, das Knacken, mit dem der Hahn einer schweren Schrotflinte gespannt wurde.

Die Stimme kam denn auch später als erwartet. Überraschungseffekt, dachte sich Steele, was sollte man auch sagen, wenn man ein Hände hoch oder ein lässiges Ich würde an deiner Stelle in die Wolken greifen, Kumpel auf den Lippen hatte und dann mit vorauseilendem Gehorsam konfrontiert wurde? Jedenfalls hatte das Geräusch etwas Beruhigendes an sich. So eine schwere Flinte war nicht die Art von Waffe, mit der jene flotten Jungs hantieren würden, die nunmehr ein ebenso plötzliches wie verdientes Ende gefunden hatte. Nein, in diesem Fall hatte eine solche Kugelspritze den Ruch von ehrlicher, männlicher Wehrhaftigkeit. Und das bedeutete, das Steele immerhin die besten Chancen hatte, von vorne erschossen zu werden.

»Gut so«, lobte die Stimme. »Und nun langsam umdrehen.«

Männlich, zwischen vierzig und sechzig Jahre alt, lückenhaftes Gebiss, starker Raucher, ein Elternteil aus Sardinien – das waren die Schlussfolgerungen, die Steele aus dem Klang der rauen Stimme zog, während er sich langsam umdrehte.

Der Mann, der einige Meter entfernt stand und mit einer Lupara auf Steeles Brust zielte, hätte mit seiner legeren Kleidung bei jeder Vollversammlung der Vogelscheuchengewerkschaft Unwillen erregt. Er trug uralte, genagelte Bergschuhe, die mit Paketkordel notdürftig geschnürt waren, Kordhosen von unklarer Grundfarbe, aber einer putzigen Auswahl von Flicken, deren Muster von geblümtem Rosa bis zu feinem Nadelstreifen reichte, ein grob kariertes Hemd und eine grüne Kordweste. Letztere war neu und noch ohne Flicken und überraschte vor allem mit dem Anblick einer schweren goldenen Kette, die sich schimmernd zwischen Knopfloch und Uhrentasche entlang hangelte. Ein breitkrempiger Berghut verdeckte den größten Teil des Gesichtes des Mannes. Aus seinem Schatten ragte nur ein spitzes, stoppelbärtiges Kinn heraus und zwei Äuglein glitzerten hellwach wie sorgfältig polierte Kiesel auf einem Bachgrund.

»Versuch’s erst gar nicht!«

Die Vogelscheuche hatte Steeles abschätzenden Blick, der die Entfernung zwischen sich und dem anderen abmaß und ihn Sprünge und Viertelsekunden unterteilte, aufgefangen und richtig verstanden. Keiner, den man unterschätzen durfte.

Steele stand mit abgespreizten Armen da und kam sich selbst unendlich blöde vor. Die Position erinnerte ihn an einen dieser unsäglichen Werbespots im Fernsehen – auch nach vierundzwanzig Stunden versagt mein Stinkestopp-Deo nicht und bewahrt mich vor peinlichen Schwitzflecken.

»Darf ich die Arme runter nehmen?«

»Nein.«

»Hören Sie, ich weiß nicht, was Sie wollen, aber ich schätze mal, es könnte Ärger geben, wenn Sie harmlose Wanderer auf diese Art belästigen.«

»Harmlose Wanderer, eh?«

Der Mann mit der Waffe kicherte und gluckste. Sein Adamsapfel fuhr wie ein hysterischer Aufzug an seinem dürren Hals entlang. »Harmlose Wanderer sehen anders aus, so weit ich mich erinnere. Sind seit Jahren nämlich keine mehr vorbei gekommen.«

»Ich habe mich verirrt.«

»Sie habe sich sogar gewaltig verirrt.«

»Ich bin in diesen Bach gefallen, irgendwo dort hinten. Hören Sie, ich will nur zurück zur Straße. Dort steht mein Auto. Also, zeigen Sie mir die Richtung und bitte ohne Tricks und dann sind Sie mich los.«

»Klingt wirklich gut. Klingt so, als ob ich Ihnen nur die Straße zeigen müsste und dann bin ich Sie los, nicht wahr?«

»Korrekt. Und wo ist jetzt das Problem?«

»Oh, viele Probleme, große Probleme.«

»Sieht so aus, als hätte ich genügend Zeit, um alle anzuhören?«

»Ach was, wir kürzen ab. Wir fangen damit an, dass sich in letzter Zeit hier eine Menge Gesocks rumtreibt. Zweibeiniges Gesocks, ich hoffe, Sie verstehen, was ich meine.«

»Nicht ganz.«

»Sehen Sie, wenn man so oft alleine ist, dann verlernt man doch tatsächlich, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Ich meinte Gesocks – und damit meine ich Leute wie Sie!«

»Ich bin ein harmloser Wanderer, der nur noch den einen Wunsch hat, möglichst schnell zu seinem verdammten Wagen zu kommen.« Steele quetschte den letzten Satz wie ein unverdauliches Fleischstück zwischen den Zähnen hindurch. Sofort merkte er, dass der andere seine Wut bemerkte.

Der Mann kicherte. »Harmloser Wanderer. Und so harmlos, dass er still steif und starr steht, wenn er nur den Hahn meiner Flinte knacken hört. Ist mir irgendwie nicht harmlos genug …«

Steele schwenkte seine verletzte Hand in Richtung auf den Hirten. »Kann nichts dafür, dass ich mal in der Armee war, Mann! Sehen Sie her, was soll ich mit dieser Hand wohl groß anrichten? Eines Ihrer Schafe belästigen?«

»Ei, ei, die Hand sieht wirklich nicht gut aus.«

»Die Hand fühlt sich auch nicht gut an.«

»Na schön, lassen Sie den linken Arm runter. Wo haben Sie sich verletzt?«

»Ich bin dem begegnet, was Sie Gesocks nennen.«

»Und dann?«

»Ich bin abgehauen.«

»Werden Sie verfolgt?«

»Nein.«

Was macht Sie so sicher?«

»Weil die Typen inzwischen schon nach Fäulnis stinken. Um das ganz klar zu machen, ich war es nicht.«

»Wer dann?«

»Zwei Maskierte. Der eine hat sich selbst erschossen. Der andere ließ mich laufen. Warum sollte der mich dann verfolgen? Außerdem bin in den Bach gestürzt und mitgerissen worden. Da kann kein Verfolger so schnell mithalten.«

»Na schön, und was treibt Sie dazu, durch diese Gegend zu wandern?«

»Ich suche einen Mann.« Steele machte eine Pause und setzte wieder einmal alles auf eine Karte. »Ich suche den Mann, der Ihnen die Uhr geschenkt hat.«

Der Hirte wirkte nicht sonderlich überrascht. Er ließ sein gurrendes Kichern hören, dass in Steeles Ohren einen unangenehmen Beiklang von allzu großer Einsamkeit und latentem Irresein hatte, und schwenkte den Lauf seiner Lupara, der angesägten Schrotflinte ein wenig höher.

»Wie hieß denn der Mann, der mir dieses Geschenk gemacht hat?«

»Ido Pinazzi. Und er wollte mich sprechen.«

Der Hirte richtete die Flinte gegen den Himmel, sicherte vorsichtig den Hahn, klappte das Gewehr dann auf und hängte es sich über die Schulter.

»Gehen wir«, sagte er knapp.

 

Die beiden Männer strichen durch das kniehohe Gras und gelangten zu einem Lagerplatz.

Eine Zeltplane, aufgespannt zwischen zwei Bäumen, schützte einen alten Armeeschlafsack.

Davor knisterte ein kleines Feuer und wärmte eine blau emaillierte Kanne. Zwei verrußte Töpfe, ein Aluminiumteller, ein Campingbesteck und ein kleiner Rucksack komplettierten die Einrichtung.

»Hübsch eingerichtet«, sagte Steele. Er wartete auf die Reaktion des Hirten und entspannte sich, als er nur ein Kichern hörte.

»Früher hab’ ich nur ‘ne Decke gehabt. Aber jetzt bin ich froh über den Schlafsack und die Plane. Man wird nicht jünger. Hab mir sogar richtiges Toilettenpapier gekauft, dreilagig oder so.«

»Na, mehr Luxus geht ja nicht.«

»Jedenfalls brauche ich nicht mehr. Sie sind der Mann mit dem ausländischen Namen. Komisch, Sie haben keinen Akzent, sonst wäre ich eher drauf gekommen.«

»Hat Pinazzi mich erwähnt.«

»Hat er. Aber bevor ich das erzähle, kümmere ich mich mal um Ihre Hand.«

Der Hirte, der sich schließlich als nennen Sie mich einfach Sandro vorstellte, wühlte in seinem Rucksack und brachte eine Blechdose zum Vorschein, auf der noch Spuren der Banderole von einem früheren Leben als Tomatensuppenbehälter berichteten. Ohne sich weiter um Steele zu kümmern, als müsste er eines seiner Tiere verarzten, holte er mit dem Finger eine dunkelbraune Schmiere aus der Dose und strich sie auf Steeles Wunden.

Der Schmerz ließ Steele steif werden wie ein Stück altes Holz, aber bald verebbte das Brennen und machte einem Prickeln Platz, das nicht einmal unangenehm war. Bald konnte Steele seine Hand vorsichtig bewegen.

Sandro kochte unterdessen einen Kaffee, der schrecklich bitter und ungeheuer stark war, und bei dem das Kaffeepulver zwischen den Zähnen knirschte. Der Hirte hatte eine etwas verwirrende Art, die Anwesenheit Steeles scheinbar völlig zu ignorieren und ihn dann nur, wie in hellen Momenten der Erinnerung, mit einer Tasse und einem Stück Brot zu versorgen.

»Dieser Pinazzi tauchte vor ein paar Tagen hier auf«, sagte Sandro plötzlich. »Taumelte wie ein Gespenst auf die Wiese. Er war völlig fertig und zu schwach, um sich überhaupt bemerkbar zu machen. Die Hunde haben angefangen zu bellen. Sonst wäre er wohl hier im Gras krepiert und ich hätte nur den Kadaver gerochen …«

Sandro schlürfte versonnen den Kaffee aus der verbeulten Blechtasse. Einer seiner Schneidezähne war ausgefallen, und die schwarze Brühe gurgelte mit einem Pfeifen durch die Lücke.

»Und dann?«

»Nichts und dann. So wie der aussah, hätte ich ihn in meine Spezialsalbe einlegen können und es hätte nichts genutzt. Ich hab’ ihm was zu trinken gegeben. Seltsamer Typ das. Stellte sich noch so richtig vor. Muss man sich mal vorstellen: Kommt der Kerl völlig abgerissen und in Krankenhausklamotten aus dem Busch und flüstert dann: Gestatten Sie, mein Name ist Ido Pinazzi. Ein kompletter Spinner.«

»Hat er noch mehr gesagt?«

»Er hat. Aber das meiste war unverständlich. Er phantasierte. Na ja, manchmal war er völlig klar und dann sackte er wieder ab. Schwafelte ständig etwas von Verschwörung,

Geheimbund und dass er einen Jerome Steve sprechen müsste und dass die hinter ihm her wären und dass sein Koffer weg wäre.«

»Er sprach von Jerome Steve?«

»Ich kann mir die ausländischen Namen nicht merken. Ich merke mir nicht mal die Namen von den fremden Fußballsöldnern.«

»Sprach Pinazzi vielleicht von Jeremy Steele?«

»Das sind Sie, ja? Klingt tatsächlich so, wie er es sagte. Ja, doch, ich glaube das ist der Name.«

»Wo haben Sie Pinazzi hingebracht?«

»Ja, wo wohl. Das war noch so ein Drama. Er wollte zu keinem Arzt. Er tobte regelrecht herum, als ich von einem Arzt sprach. Der Mann hatte panische Angst, vor wem oder was auch immer. Na ja, so wie er aussah, war sowieso nichts mehr zu machen. Ich habe ihn zum Hospiz Heilige Mutter Gottes von der allumfassenden Gnade gebracht. Das liegt in nächster Nähe. Und war genau das, was er brauchte.«

»Wieso das?«

»Das ist ein Sterbehospiz. Verstehen Sie, die versuchen erst gar nicht, die Kranken noch aufzupäppeln.«

»Das würde bei Pinazzi wohl auch nicht mehr funktionieren.«

»Woher wollen Sie das wissen?«

»Ich war im Krankenhaus, in dem er vorher lag. Die Ärzte hatten ihn schon mehr oder weniger abgeschrieben.«

»Dadurch, dass er hier durch den Wald stiefelte, ist er auch nicht gesünder geworden. Nun ja. Er hat mir die Uhr wirklich geschenkt. Aus Dank, dass ich ihn in das Hospiz gebracht habe. Und wenn Sie noch den Hauch einer Chance haben wollen, dann müssten wir uns nun auf den Weg machen.«

Steele zuckte mit den Schultern. »Sie sind der Chef.«

 

Ein Trampelpfad, der manchmal als kaum sichtbarer Streifen durch das Unterholz führte, brachte die beiden Männer zu einem Wirtschaftsweg. An einem Baum gelehnt wartete eine Vespa. Allein schon dadurch, dass sie uralt und stark verrostet war, dokumentierte dieses Fahrzeug, das es Sandro gehörte. Dort, wo eigentlich der Soziussitz sein sollte, war eine breite Holzkiste befestigt. Stroh und vor allem Schafkot machten Steele klar, dass dieses Kompartiment für die vierbeinigen Schützlinge Sandros vorgesehen war. Die beiden Männer wechselten einen Blick, Sandro setzte ein schiefes Grinsen auf, und Steele schwang ein Bein über den Rand des Holzbehälters und bemühte sich, irgendeine Sitzposition zu finden, die ihm den unmittelbaren Kontakt mit den schäflichen Hinterlassenschaften ersparte. Es gelang ihm nur unvollkommen. Unterdessen hantierte Sandro mit verschiedenen Hebeln und trat mit ständig poetischer werdenden Flüchen auf den Kickstarter. Schließlich sprang der Zweitakter an und hüllte die Stelle des Geschehens in stinkenden, hellblauen Abgasqualm.

»Halten Sie sich fest«, schrie Sandro und gab Gas.

Steele konnte sich nur noch festklammern, so weit es seine verletzte Hand und seine schwindenden Kräfte erlaubten. Er hatte sich mit dem Rücken zum Fahrer postiert, und nun erwischte ihn jedes Schlagloch und jeder Sprunghügel unerwartet und schleuderte ihn hin und her.

Als sie eine Straße erreichten, kam sich Steele vor, als wäre er eine Jeans, die gerade stone-washed worden war. Kurz darauf sehnte er sich nach dem unebenen Untergrund zurück, denn Sandro legte Zeugnis ab für die genetisch bedingte Affinität des Südländers für den motorisierten Rennsport und stach mit Vollgas und irrem Tempo in die Kurven. Steele holte sich einen steifen Hals, und Fliegen knallten gegen seine Stirn, weil er jetzt ständig über die Schulter nach vorne peilte und sich dann wie ein Beifahrer im Gespannrennen in seiner Holzkiste auf die Seite legte.

Auf diese Weise erreichten sie Steeles Wagen. Die Seitenscheiben waren eingeschlagen und die Sitze aufgeschlitzt, aber egal was sie auch immer gesucht haben mochten, sie konnten es nicht gefunden haben. Es war nämlich nichts da. Das Versteck mit dem Ersatzschlüssel und den Papieren, die Steele einige Meter weiter unter eine Baumwurzel geschoben hatte, war unberührt.

Sandro und Steele wuchteten den Motorroller in den Kofferraum und machten sich auf den Weg zum Hospiz. Die Kofferraumklappe schepperte bei jeder Unebenheit.

Das störte Steele weniger als Sandros Manier, sich halb aus dem Seitenfenster zu beugen, in den scharfen Fahrtwind zu grinsen und vor jeder Kurve mit der flachen Hand auf das Dach zu schlagen, so als müsste er einen müden Gaul antreiben.

 

Ihr Weg führte sie eine Strecke zurück und dann über immer enger werdenden Straßen, Sträßchen und Wege in ein einsam gelegenes Seitental. Selbst für einen Fahrer wie Steele – der sich im Übrigen nicht lumpen ließ und Sandros Gier nach Geschwindigkeit mit der Ernsthaftigkeit eines Führerscheinneulings bei einem illegalen Rennen nachkam – war hier Schritttempo angesagt. Hinter einer Kurve öffnete sich der Blick auf eine Gebäudegruppe, die ein Sammelsurium aller Stilarten darstellte, die im letzten Jahrtausend in dieser Weltgegend en vogue waren. An eine winzige romanische Kapelle war ein gotischer Turm gesetzt, dessen Haube wiederum im Barockstil umgestaltet worden war, sodass die Gesamtkomposition ungefähr so überzeugend wirkte wie eine der schrillsten Hutkreationen in Ascot. Daneben stand ein Gebäude im frühen Renaissancestil, an das sich ein neogotischer Trakt anschloss, der mit einem modernen Vorbau versehen war.

»Das war mal eine Klause von so einem Einsiedler. Dann kamen Mönche, von ich weiß nicht welchem Orden und dann Nonnen«, erklärte Sandro.

Als Steele den Wagen neben dem Vorbau geparkt hatte, hob Sandro seinen Roller aus dem Kofferraum und ließ den Motor an.

»Ich darf meine Tiere nicht so lange allein lassen«, rief er durch den Motorenlärm und brauste davon, ohne Steele Zeit für ein weiteres Wort zu geben.

Der huschte hinter ein Gebüsch und zog sich die Ersatzkleidung an, die man ihm freundlicherweise nicht gestohlen hatte. Der zerknitterte blaue Anzug passte zwar wenig zur Umgebung, aber wirkte wenigstens vertrauenerweckender als die nassen verschmutzten Fetzen, die er vorher trug.

Steele betrat durch eine verglaste Schwingtür den Vorbau. Stille umgab ihn. Eine Stille, die aus den Poren jedes Steines zu drang, die sich in dem Schimmer der polierten Fußböden spiegelte und mit dem Geruch von Desinfektionsmitteln durch die Luft schlurfte. Nirgendwo war ein Mensch zu sehen. Es gab keine Klingel, keine Sprechanlage, keine Videokamera, die den Eingangsbereich überwachte. Es gab nur den kahlen Vorraum und einen langen Flur, der sich in den Tiefen des Gebäudes verlor.

Schließlich erklang ein leises, hastiges Trippeln.

Die Gestalt, die am Ende des Flures um die Ecke bog, wirkte beim ersten Augenschein monströs und erschreckend. Ein ungestaltes farbloses Ding, das sich flatternd näherte.

Tatsächlich handelte es sich um eine harmlose Nonne mit jungem, frischem Gesicht, das unter der flügelartig ausgestellten Kopfbedeckung aus weißen gesteiftem Leinen wie eine Blume unter einem drohend kippeligen Felsen wirkte. Ein Kragen bedeckte die Schultern der Nonne, ein weites fließendes Gewand verbarg alles, was den Verdacht der Körperlichkeit erregen konnte. Unter den zahllosen Falten des groben Stoffes hätte sich ein Leib aus Äther und Luft verbergen können. Allerdings verriet der Blick, mit dem die junge Nonnen Steele betrachtete, dass sie zumindest die lässliche Sünde der Neugier noch nicht ganz überwunden haben konnte.

Steele erklärte ihr sein Anliegen und die Nonne klatschte etwas theatralisch in die Hände.

»Sie sind es tatsächlich? Er hat viel von Ihnen geredet, so viel. Sie müssen ein guter Freund von ihm sein. Wie gut, dass Sie den Weg noch gefunden haben. Wie sehr wird das Herrn Pinazzi freuen und ihn auf seinem letzten Weg trösten. Leider ist er schon schwach zu sprechen, wissen Sie!«

Die Nonne flatterte eifrig den Gang hinunter, um die Mutter Oberin zu holen und ließ Steele allein.

 

Die Stille kehrte zurück. Das Rauschen des Windes in den Bäumen, das durch die Eingangstür gedämpft zu hören war, gehörte zu einer anderen Welt. Hier drinnen schien alles an Schwere zu gewinnen, jede Sekunde wurde zwischen den stummen, uralten Mauern eingedampft und wurde zu zäh einem rinnendem Sirup. Das Leben war hier schon zum Fremdkörper geworden, man wusste mit lebendigen Wesen nicht viel anzufangen, versteckte sich unter rauschenden Stoffbahnen und kümmerte sich um diejenigen, die an der Schwelle des Jenseits standen.

Steele kam sich vor wie ein verirrtes Insekt, eingeschlossen in eine harte, kristalline Masse. Erneut verging eine Weile, bis schließlich eine Gestalt am Ende des Flures erschien und Steele zu sich heranwinkte.

Sie unterschied sich durch einen schwarzen Überwurf und ein großes Kreuz an einer Halskette schon von Weitem von der jungen Nonne. Im Näherkommen gewann Steele den Eindruck, dass diese Mutter Oberin auch schon von dem Prozess der Kristallisierung, der in diesem Haus vonstattenging, erfasst worden war. Sie hatte ein kleines, fast faltenloses Gesicht, das ehedem sehr hübsch gewesen sein mochte. Nun wirkte es auf Steele eher abstoßend oder zumindest furchterregend, denn es war das Antlitz einer alten Frau, an dem die Spuren der Jahre abgeperlt waren wie Wasser von einem Blütenblatt. Für Steele lag darin etwas Feenhaftes, Unsicheres, Unbestimmtes. Diese Frau gehörte scheinbar nicht zu der Welt der Menschen, in der sich die Jahre mit ihrem Guten und Schlechtem in die Gesichter kerben und zeigen, dass man die Jahre erlebt und nicht nur abgelebt hat. Während er leise und höflich sein Anliegen vorbrachte, spürte Steele den heimlichen Schauder, als sähe er sich hier mit einem Wesen konfrontiert, das aus einer anderen Dimension stammte, das nicht von dieser Welt war. Das sich über die Sterbenden beugte, dem verlöschendem Atem zitternder Lippen lauschte, erloschene Augen zudrückte und dabei unbeteiligt zu bleiben schien wie ein schlanker, heller Fisch, den die kühlen Gewässer seines Glaubens – oder was es auch immer sein mochte – für allen Anfechtungen schützte.

»Folgen Sie mir bitte«, sagte die Oberin und wandte sich zum Gehen. Ihre Stimme entsprach mit geradezu erschreckender Genauigkeit ihrem Erscheinungsbild. Eine hohe Stimme, leise und klar, zerbrechlich wie Glas und dabei schneidend und durchdringend, und jedes Wort war wie eine polierte, vollkommene Perle, die aus ihrem Mund auf den glänzenden Flurboden herabfiel und als Echo durch die Stille davonhüpfte.

Der Gang, den sie hinabschritten – Steele mit weiten, hämmernden Schritten, die Nonne fast lautlos, nur von dem Rauschen ihres Gewandes begleitet – mündete in einen weiteren Gang. Steele hatte sich von außen ein Bild des Gebäudekomplexes gemacht und musste nun feststellen, dass die Anlage viel weitläufiger und verwinkelter war, als er sie sich vorgestellt hatte. An einer Stelle konnte er erkennen, dass sie sich ihn ein Gebäude aus einer anderen Bauepoche begaben, weil die hohen Mauern des Ganges von gotischen Halbsäulen unterbrochen waren und die Decke aus Spitzgewölben gebildet wurde. Ansonsten blieb das Aussehen des Ganges immer gleich: Er war schmal wie eine Schlucht, die kahlen Mauern stiegen vier oder fünf Meter hoch bis zur Decke. Auf der einen Seite waren direkt unter der Decke Fenster, durch die ein diffuses Licht fiel, auf der anderen Seite führten schwere dunkle Holztüren zu den angrenzenden Räumen. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln, nach Krankheit und Vergänglichkeit, lag wie ein übler Weihrauch über allem.

 

Inzwischen überkam Steele der Verdacht, dass er in die Irre geführt wurde, dass sie kreuz und quer durch die Anlage schritten und immer wieder dieselben Gänge betraten. Am Ende eines Querganges erblickte er die dürre Gestalt eines Mannes in einem Nachthemd, der verwirrt zu ihm herüberschaute.

Endlich hielt die Oberin vor einer Tür an und deutete mit einem sanften Kopfneigen darauf. »Er ist sehr schwach, strengen Sie ihn nicht an«, mahnte sie und ging.

Steele hatte nicht damit gerechnet, allein gelassen zu werden und zögerte. Dann klopfte er und wartete, bis ihm klar wurde, dass er keine Antwort erwarten konnte.

Hinter der Türe verbarg sich ein großer Saal. Eine schwere Säule stützte die Gewölbedecke in der Mitte, auf gegenüberliegenden Seite verbargen weiße bodenlange Vorhänge eine Fensterwand. Der Stoff wallte, wölbte und bewegte sich, als würde dahinter ein heftiger Kampf stattfinden. Ein leises Stöhnen lenkte Steeles Aufmerksamkeit in Richtung auf einen ebenfalls von Vorhängen abgetrennten Winkel des Saales, den er wegen der Säule nicht sofort entdeckt hatte.

Ein eisernes Krankenhausbett verbarg sich dahinter. Unter einem gewaltig aufgeplusterten Federbett, das wie ein fetter brütender Vogel wirkte und die Sicht verdeckte, erklang das Stöhnen. Erst nach einigen Schritten bemerkte Steele, wie zögernd und ängstlich er sich plötzlich bewegte. Er straffte sich und trat an das Kopfende des Bettes. Er wusste selbst nicht, was er erwartet hatte, aber der Anblick, der sich ihm nun bot, versetzte ihn geradezu in Panik. Es war die teuflische Karikatur eines menschlichen Kopfes, die dort auf den sauberen und sorgfältig geglätteten Kissen lag. Ein kahler Schädel, ein halb zur Seite gedrücktes Gesicht mit einem Kinn, das herunterhing, offene, spröde, aufgesprungene Lippen, die einige gelbe Zähne in einem eiterbedeckten Zahnfleisch offenlegten. Alles wirkte verschoben und verdreht, als hätte ein Kind dieses Gesicht aus Knetwachs geformt und es dann in spielerischer Willkür wieder zerstört. Auf dem Schädel war die Haut an einigen Stellen aufgeplatzt und schimmerte in mattem Fleischrot und Blau. Ein rosafarbener Kranz von Desinfektionsflüssigkeit umrahmte die offenen Wunden. Unter der bleichen Gesichtshaut wucherten knollige Fleischklumpen, pilzförmiges, nutzloses Fleisch, von einem gierigen blauen Adergeflecht durchzogen, durch die sichtbar das Blut pulste. Dieses Pulsieren und der röchelnde Atem, der übel riechend aus dem offenen Mund kollerte, überzeugten Steele, dass dieser Mann noch lebte. Dieser Mann – dieser Mann war Pinazzi.

Durch die Verwüstungen der Krankheit hindurch erkannte Steele das Gesicht. Er hatte es geschafft. Wider alle Wahrscheinlichkeit, unter Lebensgefahr und durch eine Reihe von unglaublichen Zufällen stand er am Ende dieses Tages neben dem Bett von Pinazzi. Und es war alles vergeblich gewesen.

Steele konnte ein bitteres Lachen nicht unterdrücken. Die Anstrengung der letzten Zeit bedeckten seine Kehle wie bitterer Staub, und nun musste er ihn hinauslachen. Was für eine gigantische überflüssige und idiotische Lachnummer das doch alles war.

Das eine Augenlid Pinazzis war durch ein Geschwür überwuchert, aber das andere begann nun zu flattern, öffnete sich einen Spaltbreit, ließ einen trüb weißen Glaskörper schimmern, schloss sich wieder. Der rasselnde Atem setzte aus, ein Seufzer stieg aus dem Mund des Mannes, dann riss er plötzlich das gesunde Auge auf und fixierte Steele.

»Sie sind Steele …«

Steele musste den Satz mehr von den Lippen lesen, als dass er ihn hörte. Er vermochte nur zu nicken.

Pinazzi ruckte stöhnend und unendlich mühsam den Kopf einige Zentimeter zur Seite und deutete mit dem Blick des einen Auges an, dass sich Steele auf sein Bett setzen möge.

»Ich bin Jeremy Steele … Die Nonnen sagten mir, dass Sie nicht mehr reden könnten …«

»Musste Kraft sparen … außerdem gibt’s mit den Nonnen nichts zu bereden. Gute Menschen … fromme Frauen … sehr … langweilig. Wer hat Sie hierhin gebracht?«

»Ein Hirt, er nannte sich Sandro.«

»Ah ja. Er hat mir meine Uhr geklaut. Egal, was brauche ich noch eine Uhr. Kommen wir zur Sache. Kommen Sie näher, … kann nicht laut sprechen …«

 

Eine Ausdünstung von Krankheit und Verfall umgab Pinazzi wie Fieberluft über einem Sumpf. Es kostete Steele Anstrengung, seine instinktive Abscheu zu überwinden. Für einen Moment empfand er tiefe Hochachtung vor den Bräuten Christi, die sich Tag für Tag der Tatsache der menschlichen Vergänglichkeit stellten. Er brachte seine Gesicht nahe an die zerstörte Fratze Pinazzis.

»Ich weiß, dass Ihre Familie bei dem Absturz … das Flugzeug … es war keine Bombe.«

»Was dann?«

»Es war … ein Jagdflugzeug …«

Jedes Wort Pinazzis kam als heiseres Geflüster, begleitet von schrillem Pfeifen aus einer zerfressenen Kehle. Steele musste die Laute wie eine Fremdsprache für sich übersetzen.

Enttäuschung überkam ihn wie eine kalte Dusche. Vergeblich – Pinazzi war ein Dampfplauderer, ein Schwätzer, einer, der nichts wusste. Es war kein Jäger, der für den Absturz des Passagierflugzeugs verantwortlich war. Am Anfang – wie lange war das her?, hatte er sich einen NATO-Offizier vorgeknöpft, der etwas von libyschen Kampfjets in Küstennähe brabbelte und von NATO-Einheiten, die zur Abwehr aufgestiegen wären.

Damals glaubte Steele noch, der Lösung ganz nahe zu sein. Die Situation schien offensichtlich – feindlicher (oder im offiziellen Militärjargon unfreundlicher, weil kein erklärter Kriegszustand herrschte) Eintritt in den Luftraum, ein fremdes Militärflugzeug im Schatten einer regulären Linienmaschine, unklare Befehlslage – waren es vielleicht gar Offiziere, die sich in den Westen retten wollten, nachdem bekanntermaßen zu dieser Zeit Unruhen in der Luftwaffe ausgebrochen waren? – verschiedene West-Staffeln von verschiedenen Fliegerhorsten, die sich gegenseitig bei der Bereinigung der Angelegenheit ausstechen wollten, allen voran natürlich die Cowboys, von denen die Air Force und die Navy-Flieger miteinander konkurrierten, Politiker, die zu Entscheidungen gedrängt wurden, die sie nicht fällen konnten, die aber andererseits den Ablauf des rein militärischen Abwehrmechanismus behinderten und veränderten, Chaos auf den Funkkanälen, Funkausfall wegen starker Sonnenwindaktivitäten – und irgendwann verlor einer die Nerven, feuerte eine Rakete ab, weil er ein Radarsignal im Anflug auf einen Flughafen zu erkennen glaubte und damit war die Sache erklärt.

Später dann kamen Steele Zweifel, ob diese ganze Sache nicht einfach ein Popanz war, aufgebaut von Teilen der Medien, die Italien aus der NATO heraus haben wollten oder zumindest ein Klima schaffen wollten, in dem die anderen NATO-Partner das Stiefelland mit Misstrauen beäugen mussten. Klare Beleg für die Luftkampftheorie gab es nicht, und Steele wusste, dass er sie gefunden hätte, wenn sie existiert hätten. Nein, die libyschen Kampfjets waren eine Fata Morgana. Und nun tischte ihm Pinazzi diesen Uralt-Quark wieder auf.

Der Kranke hatte den unwilligen Ausdruck auf Steeles Gesicht sofort bemerkt. »Es ist sicher … ein Abschuss durch eine Rakete …«

»Ich habe nachgeforscht, glauben Sie mir. So gut können die Verantwortlichen der NATO die Sache nicht vertuschen, dass ich nicht irgendwas bemerkt hätte.«

»Nicht NATO, nicht NATO …«

»Wer dann? Libyer? Israelis vielleicht?«

»Franzosen …«

»Ich sagte doch, ich habe alles durchwühlt, was irgendwie für die NATO fliegt …«

»Diese Einheit … flog nicht für die NATO … hatte damit überhaupt nichts zu tun. Sie lief … unter dem Etikett … Nationales Sicherheitsprogramm, verstehen Sie …«

»Ich verstehe nicht.«

»Die Atombomber … und alles, was damit zu tun hat. Seit de Gaulle … gibt es einen Bereich, der vor allen Verbündeten streng geheim gehalten wird. Suchen Sie dort weiter …«

»Woher wissen Sie das. Wie sind Sie an die Information gekommen?« In seiner Erregung erhob Steele seine Stimme und lauschte nun erstaunt dem rollenden Echo aus den Winkeln des großen Saales.

Pinazzi antwortet nicht. Sein Atem wurde zu einem heulenden und gurgelndem Luftschnappen, seine Augen begannen glasig zu werden.

Nach langer Zeit bewegte er wieder die Lippen. Speichelfäden zogen sich von Oberlippe zu Unterlippe und schienen die leisen Worte in einem Netz abfangen zu wollen.

»Journalist … Kollege … rief mich an, wir trafen uns … er gab mir Unterlagen. Drei Tage später hatte er einen tödlichen Autounfall … war betrunken, angeblich. Er konnte keinen Alkohol … vertragen … ihm wurde davon schlecht, das weiß ich sicher … wollen Sie mehr Beweise …«

»Wo sind die Unterlagen?«

»Koffer … hab ihn verloren … die werden ihn jetzt schon haben …«

»Dann sind die Unterlagen verloren.«

»Koffer ist gesichert … wird Tage dauern, bis sie das System durchschauen und knacken … sonst Bumm … ich habe gelernt … zu spät allerdings. Hören Sie, Steele … alles was in Zeitungen über den Absturz stand … entweder reine Lüge oder bewusste Verschleierung … merken Sie. Koffer ist gesichert … wird Tage dauern, bis sie das System durchschauen und knacken … sonst Bumm … ich habe gelernt … zu spät allerdings. Hören Sie, Steele … alles was in Zeitungen über den Absturz stand … entweder reine Lüge oder bewusste Verschleierung … merken Sie Verschleierung. Haben versucht den Kollegen zum Trottel zu machen … ich ahne, wer dahinter steckt … zu spät jetzt. Beispiel … Kornkreise, kennen Sie ja? Kreise im Kornfeld … waren vor einiger Zeit die große Nummer in den Medien. Der Kollege macht einen Bericht über … diese Kreise … in der Nähe eines Besitzes eines … Conte di Saloviva. Dann, zwei Tage später … großer Aufruhr in Privatkanälen und … den einschlägigen Illustrierten … Jugendliche berichten, sie hätten … diese Kreise aus Jux gemacht. Habe nachgefasst … die Jugendlichen sind für die Aussage bezahlt worden … zugleich konnte man den … Conte als alten Spinner darstellen …«

»Warum?«

»Das Land … wollen das Land …«

»Wer will das Land? Und warum?«

»Weiß nicht … irgendwas ist mit dem Besitz … weiß nicht … vermutlich mit Kornkreisen was zu tun … die Kreise waren echt, wissen Sie … kein Jux, … echte Kreise, viele in der Umgebung … Conte.«

»Wer steckt dahinter? Wer?«

»Weiß nicht … Mailänder Immobilienfirma … hat Verbindungen nach Indien … Matanka. Matanka … Unterlagen im Koffer … mit Sexfotos Aktionäre erpresst … feindliche Übernahme von … von …«

Steele legte ein Ohr auf die Lippen Pinazzis. Der mühsame Atem heulte fieberheiß auf seiner Haut.

»Eridion …«, flüsterte Pinazzi.

 

Der Name löste in Steele eine Erinnerung aus. Eridion. Hersteller von Rechnerbauteilen, Computerchips, Elektronik für militärische Funktelefone. Weltmarktführer. Ja, da war etwas gewesen. Aufruhr auf den Wirtschaftsseiten, der sich bis in die Titelseiten vordrängte. Eine feindliche Übernahme, zumindest schien es zuerst so und dann kam der überraschende Schulterschluss mit dem Konkurrenten und Eridion war geboren. Stimmt … und die Inder mischten mit, auch daran erinnerte er sich. Aber das die Inder mehr drauf haben als zwanzig Jahre auf einem Bein zu stehen und Hockey zu spielen, war inzwischen auch zu Steele vorgedrungen.

»Eine Frau …« Die Stimme war nur noch ein Hauch, der kaum noch von dieser Welt war. Pinazzis Augenlid flatterte, dann schloss es sich.

»Was ist mit dieser Frau?«

»Sie sucht … sucht wie Sie … Ausländerin … Nachforschungen über Absturz … und so … ich glaube, ihr Name ist … ihr Name ist … ist …«

Angestrengt lauschte Steele, lauschte und lauschte und erkannte dann, dass der Atem ausgesetzt hatte. Es war zu Ende. Kaum merklich sackte Pinazzis Kopf zur Seite. Das Pulsieren in dem bläulichen Adergeflecht hatte aufgehört. Für einen Moment schienen die schwärenden Wunden und klumpigen Wucherungen auf dem zerstörten Gesicht an Farbe zu gewinnen, wie ein letzter böser Triumph oder wie die hohnvolle Schminke für den Hanswurst eines Schmierentheaters.

Geradezu befreit stand Steele auf und trat zu den Vorhängen. Er schob einen Teil zur Seite und schaute durch das hohe Fenster auf einen Hof, der allseits von kahlen Mauern umgeben war. Aus diesem Gebäude schien es keinen Ausblick zu geben und keinen Ausweg. Oder nur den Ausweg, den Ido Pinazzi gewählt hatte.

Vor der Tür wartete Steele, bis die Mutter Oberin wieder heranschwebte. Sie sprachen nicht miteinander, sondern verständigten sich durch Blicke. Er folgte der verhüllten Gestalt und empfand tiefe Erleichterung, als er den Ausgang erreicht hatte. Mit einem Kopfnicken wurde er verabschiedet. Noch einmal blickte Steele auf das glatte Gesicht und stellte sich, wie in einer plötzlichen Vision, den Körper vor, der unter dem Stoff verborgen sein musste. Es war ein alabasterweißer, fast durchscheinender, zarter Körper und auf dem Rücken klebten noch feucht die durchsichtigen Insektenflügel eines Todesengels.

Fortsetzung folgt …