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Jim Buffalo – 8. Abenteuer – Kapitel 1

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Das Grab im Keller
Das 8. Abenteuer Jim Buffalos

1. Kapitel

Der Wucherer

»Es gibt drei Sorten von Menschen«, philosophierte Dufferin, New Yorks tüchtigster Polizeiinspektor.

»Und die wären?«

»Die erste Sorte ist die seltenste Ware, das sind die Uneigennützigen!«

»Die zweite?«

»Die zweite, das ist die Durchschnittsware, die Nach- und Vorteile aufnehmen, wie es gerade kommt. Und die dritte Sorte, das ist die Gefährlichste: Das sind Verbrecher, die teils in Frack und Zylinder, teils mit Knüpftuch und Ballonmütze dem anderen das Leben schwer machen.«

Jim Buffalo, der in des Inspektors Zimmer Platz genommen hatte, schüttelte den Kopf.

»Seit wann halten Sie Vorträge über die Charaktereigenschaften Ihrer teuren Mitmenschen?«

»Vorträge? Nein – aber der Zufall ließ mich solche Betrachtungen anstellen. Oder auch nicht einmal der Zufall – der krasse, bittere Ernst des Lebens war es, der mir diese Worte eingab.«

»Jetzt weiß ich wirklich nicht, Dufferin, ob Sie gemütskrank oder normal sind«, knurrte Jim Buffalo. »Was gehen Sie wie eine Katze um den heißen Brei herum? Ich sehe doch, dass Sie irgendetwas auf dem Herzen haben, was ausgesprochen werden will. Was meinen Sie denn mit dem krassen Ernst des Lebens? Hat Ihnen der Hauswirt die Wohnung gekündigt?«

Dufferin lächelte schwach.

»Nein«, erwiderte er, »aber gestern war eine Dame hier bei mir …«

»Sieh einer an! Das ist also der krasse Ernst des Lebens! Sie wollen wohl heiraten?«

»Mit Ihnen ist heute nicht zu reden!«

»Ganz im Gegenteil, mein Lieber«, erwiderte Jim Buffalo. »Mit mir können Sie jederzeit reden, ebenso wie mit Mister Cliffer.«

Mit einem Schrei sprang Dufferin auf.

»Wie? Mit wem?«

Buffalo machte ein verwundertes Gesicht.

»Hören Sie denn so schwer? Wie mit Mister Cliffer, sagte ich. Kennen Sie als Polizeibeamter Mister Cliffer nicht? Mister Thomas Grey Cliffer?«

Dufferin griff sich an den Kopf.

»Ist das nun Zufall, dass Sie ausgerechnet in dieser Stunde diesen Namen aussprechen, oder treibt hier der Teufel wieder einmal sein Spiel?«

»Lassen Sie den Teufel dort, wo er ist«, sprach Buffalo. »Wenn Sie mir nun aber nicht augenblicklich erzählen, was los ist, dann haue ich hier die ganze Einrichtung kurz und klein!«

Dufferin nickte hastig.

»Passen Sie auf. Gestern kam eine Dame zu mir …«

»Ich weiß … ich weiß … weiter doch …«

»Diese Dame, Eleonore Gardy mit Namen, erzählte mir Folgendes: Durch den Tod ihrer Mutter kam sie in Geldschwierigkeiten. Sie wusste bald nicht, wie sie das Nötigste zu ihrem Lebensunterhalt herbeischaffen sollte. Da verfiel sie durch ein Inserat auf Mister Thomas Cliffer, den ich schon seit Jahren im Verdacht habe, dass er unsaubere Geschäfte macht, Wuchereien vollführt und außerdem seine Klienten, die sich in großer Anzahl an ihn wenden, betrügt.

Auch in diesem Fall ging es genauso zu. Heute habe ich den Beweis erhalten!

Thomas Cliffer hat die junge Dame um ihren gesamten Schmuck betrogen! Heute nun erfahre ich, dass Eleonore Gardy verschwunden ist. Es würde zu weit führen, Ihnen alles ausdrücklich zu schildern, aber eines steht fest: Cliffer muss das Handwerk gelegt werden.

Leider genügen die Beweise, die ich habe, nicht, um den Schurken restlos zu überführen. Ich weiß auch nicht, ob das Verschwinden der jungen Dame mit ihm zusammenhängt. Aber einst steht fest: Er muss beobachtet werden.

Wohl kein Geldverleiher ist in New York so sprichwörtlich bekannt wie Cliffer. Er versteht es, sich durch ein wohlwollendes Getue in die Herzen derjenigen einzuschmeicheln, die bei ihm Hilfe suchen und ihm Gegenstände verpfänden, dass er der gute Mensch ist und ihm dadurch keiner misstraut.«

Dufferin machte eine Pause.

»Das ist also der krasse Ernst des Lebens?«

Dufferin nickte lebhaft.

»Glauben Sie es mir oder glauben Sie es mir nicht: Ein Verbrecher im richtigen Sinne des Wortes ist mir lieber als ein solcher, der sich seinen Mitmenschen gegenüber als liebende, fürsorgliche Persönlichkeit hinstellt.«

»Das glaube ich Ihnen gern«, erwiderte Jim Buffalo. »Mir geht es nicht anders. Lieber einen offenen Kampf als ein heimtückisches Schleichen! Mister Cliffer ist also ein Halsabschneider? Hm, das hätte ich ihm, offen gestanden, nicht zugetraut.«

»Wollen Sie mir helfen?«

»Inwiefern?«

Dufferin fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Wollen Sie den Fall übernehmen?«, murmelte er dann.

»Recht gern – aber eine Frage, ja?«

»Fragen Sie.«

»Warum rücken Sie dem Wucherer nicht selbst auf den Leib?«

Da sank Dufferins Stimme zu einem Flüstern herab. »Weil … er … mein eigener Onkel ist!«, murmelte er mit dumpfer Stimme.