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Turnier- und Ritterbuch – Teil 4

Heinrich Döring
Turnier- und Ritterbuch
Verlag von E. F. Schmidt, Leipzig
Sitten und Gebräuche des Rittertums im Mittelalter

Viertes Kapitel

Die Turniere

Es war der deutsche Kaiser Heinrich I., dem sein Zeitalter den Beinamen des Vogelstellers gab, der seine Ritter veranlasste, sich in Frieden durch allerhand Übungen zum Kampf vorzubereiten. So entstanden die unter dem Namen der Turniere bekannten Kampfspiele des Mittelalters. Reiterübungen waren anfangs die einzigen, die bei Turnieren vorgestellt wurden, und sie blieben lange Zeit die Hauptsache bis auch Kämpfe zu Fuß und allerhand Übungen, die überhaupt Darstellungen körperlicher Kraft zum Zweck hatten, allmählich vorherrschend wurden in den Turnieren. Sie dienten zur Verherrlichung von Hoffesten, Vermählungen, Belehnungen, Synoden usw., wurden aber auch oft bei Besuchen gehalten, welche Fürsten einander abstatteten. Was die Einrichtung, besonders der deutschen Turniere betraf, und zwar zur Zeit ihrer Blüte im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, so durften nur Adlige und Ritter an den Turnieren teilnehmen, jedoch nicht alle, sondern nur die, die turnierfähig waren. Die Turnierfähigkeit aber bezog sich zuerst auf Stand und Geburt. Bei Turnieren konnte nur erscheinen, wer aus altem, ritterlichen Geschlecht entsprossen und wenigstens vier ebenbürtige Ahnen aufweisen konnte. In Frankreich waren indessen schon drei hinreichend. Ausgeschlossen war von den Turnieren, wer in Städten wohnte oder ein bürgerliches Gewerbe trieb und sich mit einer Frau aus dem Bürgerstand vermählt hatte. Aber die Turnierfähigkeit bezog sich auch zweitens auf des Einzelnen Leben und Wandel. Nur wer sich als Mann gezeigt und die ritterlichen Pflichten erfüllt hatte, durfte turnieren. Vor den Schranken zurückgewiesen aber wurden Ketzer und Gotteslästerer, Kirchen- und Straßenräuber, Ungehorsame gegen Kaiser und Reich, Störer der öffentlichen Ruhe, Wortbrüchige, Meineidige, Mörder, Ehebrecher usw. Es waren aber auch viele ebenbürtige Ritter, deren Leben und Wandel untadelhaft waren, die nicht an den Turnieren teilnahmen, weil ihnen der Aufwand dabei zu groß war. Denn wenn gleich durch besondere Gesetze allzu großer Luxus bei den Turnieren streng untersagt war, damit auch ärmere Ritter mit den Reichen daran teilnehmen konnten, so hatten doch die Damen, deren jeder Ritter wenigstens zwei mit sich bringen konnte, so viel an Putz und Schmuck nötig, dass nicht jedem seine Einkünfte und sein Vermögen erlaubten, sie standesmäßig auszustatten.

Die Turnierfähigkeit in Bezug auf Stand und Geburt wurde durch die Wappen- und Helmschau untersucht, wobei jeder, der zu turnieren willens war, zuvor Schild und Helm mit den Helmzierraten und Kleinodien, die er von seinen Ahnen geerbt hatte, öffentlich ausstellen musste. Dies geschah meistens in den Kreuzgängen benachbarter Klöster. Ein Herold rief dabei die Namen der Besitzer von Schild und Wappen aus, und wer etwas gegen diesen oder jenen vorzubringen hatte, meldete es dem Turnierrichter, damit der Schuldige vor dem Turnier bestraft und zurückgewiesen werden konnte. Die Turnierfähigkeit wurde aber ferner durch die Turnierbücher oder Turnierregister unterstützt. Jeder, der an einem Turnier teilnehmen wollte, musste zuvor seinen Namen in Gegenwart dreier Herolde bei den Turniervögten in das Turnierbuch einschreiben lassen. Auf diese Verzeichnung seiner Vorfahren in jenem Buch konnte sich einer berufen, gegen dessen Turnierfähigkeit sich Zweifel und Einwürfe erhoben. Beseitigt wurden diese aber auch durch die Turnierbriefe oder die von den Turniervögten unterschriebenen Bescheinigungen, welche der Kämpfer nach dem Turnier erhielt, und die für ihn selbst und seine Nachkommen ein tadelloses Zeugnis für seine Turnierfähigkeit ablegten. In Ermangelung dieser Briefe konnte die Turnierfähigkeit auch durch Zeugen erwiesen werden.

Erhoben sich Klagen gegen einzelne Ritter, die sich zum Turnier gemeldet hatten, so mussten sie bei dem Turniergericht vorgebracht werden, welches dann die gesetzlichen Strafen über den Schuldigen verhängte. Es bestand aber dieses Gericht aus den Turniervögten, Herolden, Gerichtswärtern, Turnierknechten und einigen Dienern. Die Turniervögte, auch Turnierkönige genannt, waren in den frühesten Zeiten der Pfalzgraf vom Rhein und die Herzöge von Bayern, Schwaben und Franken. Sie trugen ihr Amt als kaiserliches Lehen und ihnen oblag, Zeit und Art des Turniers zu bestimmen und die Turnierfähigen einzuladen, was durch offene Briefe geschah. Sie hatten außerdem für das Unterkommen der Eingeladenen zu sorgen, ihre Namen in das Turnierbuch einzutragen, bei der Wappenschau zugegen zu sein, während des Turniers auf Ordnung zu sehen, die Turnierbriefe auszufertigen usw. Außerdem führten sie den Vorsitz in dem Turniergericht und übergaben den neu gewählten Turniervögten alle auf das Turnier bezüglichen Schriften. Die Herolde wurden zuvörderst dazu gebraucht, die Turniere anzusagen, was sie durch offene Briefe taten. Sie mussten aber auch bei der Wappenschau die Echtheit des Helms beurteilen, vor dem Beginn des Turniers die Gesetze mit Statuten desselben öffentlich ausrufen, die Waffen der Kämpfer untersuchen, beim Turnier selbst sie warnen und anfeuern und endlich den Namen des Siegers ausrufen. Es waren aber die Herolde ohne Ausnahme gar wohl unterrichtet, besonders erfahren in der Genealogie und Heraldik zu sein, dabei unbescholtenen Wandels, der Ehre hold, woher der Name Ehrenhold stammt, wie sie im Mittelalter genannt wurden. Mit den Namen Grieswärtel oder Kreiswärtel bezeichnete man die Aufseher des Kampfplatzes. Sie hießen auch Stäbler, weil sie Stangen oder lange Stäbe trugen, denn es war ihr Amt, während des Turniers zwischen den Schranken zu halten, die Kämpfer, wenn sie sich ernsthaft angriffen, auseinanderzubringen und den Gefährdeten zu schützen. Von niederem Stand waren die Turnierknechte, von den Stäben, die sie trugen, auch Prügelknechte genannt. Sie hielten auf Ordnung und Freiheit des Turniers, indem sie den Kämpfern die verlorenen Waffen reichten, das zuschauende Volk im Zaum hielten usw. Zu den Turnierbeamten gehörten auch die Damen, von denen sich gewöhnlich drei bei einem Turnier befanden, eine Frau, eine Witwe und eine Jungfrau. Sie waren schon bei der Wappenschau zugegen, und beim Turnier selbst überreichte eine jener Damen dem Sieger den Preis oder Dank.

Was die Ausschreibung der Turniere anbelangt, so gehörte dieselbe den Turniervögten. Gewöhnlich war jährlich ein Turnier, meistens in einer der größeren deutschen Städte, und zwar in den sogenannten Vierlanden gehalten, in Schwaben, Franken, Bayern und im Rheingau. Das älteste Turnier wurde im Jahre 938 zu Magdeburg gehalten, nach dem bei Merseburg erfochtenen Sieg über die Hunnen. Dann folgten die Turniere zu Rotenburg 912, Konstanz 948, Merseburg 968, Braunschweig 996, Trier 1019, Halle 1042, Augsburg 1080, Göttingen 1119, Zürich 1165, Köln 1179, Nürnberg 1197, Worms 1219, Würzburg 1235, Regensburg 1284, Schweinfurt 1296, Ravensburg 1311, Ingelheim 1337, Bamberg 1362, Esslingen 1374, Schaffhausen 1392, Regensburg 1396, Darmstadt 1403, Heilbronn 1408, Regensburg 1412, Stuttgart 1436, Landshut 1439, Würzburg 1479, Mainz 1480, Heidelberg 1481, Stuttgart 1484, Ingolstadt 1484, Anspach 1485, Bamberg 1486, Regensburg 1487 und das Letzte zu Worms 1487.

Der Turnierplatz, auch Turnierhof genannt, war ein oval abgestecktes Stück Feld, an dessen Enden, Schranken genannt, die Kämpfer einritten. Rings um die Bahn war ein Gerüst aufgeführt, das in Bogen und Stufen abgeteilt, mit Tapeten, Vorhängen, Panieren, Schildereien usw. geschmückt, und bestimmt zum Zuschauen für fürstliche Personen, Hofleute, Damen und alte Ritter war. Außerhalb der Bahn war das Feld weit und breit mit kostbaren Zelten und Feldgerät bedeckt. Keiner der Ritter, die zum Turnier geladen worden waren, durfte ausbleiben, wenn er nicht in Strafe verfallen wollte, wogegen fremden Rittern, wenn sie die Wappenschau bestehen konnten, erlaubt war, an dem Turnier teilzunehmen.

Auch die Knappen pflegten mit leichteren Waffen am Vorabend des Turniers, die Turniervesper genannt, ein Lanzenstechen zu halten. Ritter hatten dabei die Aufsicht, und auch Damen waren zugegen, welche den Siegern Preise überreichten. Manche Knappen, die sich besonders ausgezeichnet hatten, wurden zu Rittern geschlagen und konnten schon am folgenden Tag am Turnier teilnehmen oder erhielten wenigstens die Erlaubnis, auf dem nächsten Turnier unter den Rittern mitzukämpfen. Am dritten Tag, nach vorhergegangener Wappenschau und nach dem Knappenturnier, begann nun das Ritterturnier, auch Haupt- oder Meisterturnier genannt. Die Ritter zogen sämtlich, nachdem sie eine Messe gehört hatten, eine Trompeterschar an der Spitze und jeder seine Knappen hinter sich, prächtig bewaffnet und in langsamer Bewegung zum Turnierplatz. Dort stellten sie sich hinter die Schranken, wo sie sich noch einmal untersuchen lassen mussten, ob sie sich etwa fest an den Sattel gebunden oder sonst eine Vorkehrung an den Waffen und Zeug getroffen hatten, die gegen die Turniergesetze verstieß.

Die Turniere waren sehr verschieden, sowohl nach der Zahl der Kämpfer als auch nach der Art der Waffen. Beim eigentlichen Turnier kämpften ganze Haufen gegeneinander. Es zerfiel wieder in ein Vor- und Nachturnier. Im Vorturnier wurde, nachdem auf das Zeichen mit der Trompete, die Kreiswärtel die Schrankenseile abgehauen hatten und die einzelnen Kämpfer in die Reitbahn eingeritten waren, mit den Turnierkolben gestritten. Das waren kurze eiserne Stangen, mit Ketten an dem Panzer befestigt. Dieser Kampf dauerte oft einige Stunden, worauf mit der Trompete ein Zeichen gegeben wurde, dass er beendet sei. Nun begann der Kampf mit den Schwertern, wobei man sich die Helmkleinodien abzubauen versuchte. Es waren aber die Schwerter drei bis dreieinhalb Finger breit, oben stumpf abgeschliffen und vom Herold bei der Wappenschau als turniergerecht bezeichnet. Die Knappen mussten ihren Rittern die Waffen reichen und durch geschickte Lenkung der Rosse ihre Herrn vor den Kolbenschlägen der Gegner sichern. Sonst durften sie sich nicht in den Kampf eimischen.

Am gewöhnlichsten waren die Turniere Einzelner miteinander. Als Angriffswaffe dabei diente die Lanze ohne metallene Spitze, als Schutzwaffe Schild und Stechhelm. Aber die Arten des Lanzenkampfes (Lanzenbrechens) war wieder verschieden. Bei dem sogenannten Stechen über Schranken war auf der Reitbahn in der Länge eine Bretterwand errichtet, auf deren verschiedenen Seiten die Kämpfer in vollem Pferdelauf gegeneinander anrannten. Wer mit der Lanze den anderen so auf die Brust traf, dass derselbe vom Pferd fiel (aus dem Sattel gehoben wurde) oder dass wenigstens die Lanze zersplitterte, hatte einen ledigen Fall gewonnen. Wer die meisten Fälle gewonnen hatte (deren einer oft dreißig bis vierzig gewann) ,dem wurde Sieg und Preis zuerkannt. Bei dem sogenannten Stechen im hohen Zeug saßen die Kämpfer auf hohen Sätteln, deren Knöpfen gegenüber sich an der Pferderüstung vorn über der Brust ein hoher Vorbug erhob. Als Gesetz stand bei diesem Lanzenstechen, dass der Stoß nur zwischen die vier Glieder – auf Kopf, Schild und Brust – geführt werden durfte. Zu hoch oder zu niedrig, war ein Fehler. Die Rosse durften nicht verwundet werden, und wenn einer der Kämpfer das Visier öffnete, so durfte er nicht mehr angegriffen werden. In Frankreich war es üblich, vor dem Ende des Kampfspiels noch zu Ehren seiner Dame eine Lanze zu brechen.

Als das Kriegswesen sich allmählich änderte, wurden auch andere Kampfarten bei dem Turnier gewöhnlich: das Turnier zu Fuß mit Lanzen, Hellebarden oder Schwertern, das Berennen und Verteidigen von Türmen, Mauern, Toren, Brücken, Pässen usw., das Ringen, Springen, Rennen und Lanzenwerfen. Das Kübelturnier war eine Belustigung der Knechte und Trossbuben nach dem Turnier. Die Kämpfer pflegten sich dabei mit Heu und Stroh auszustopfen, statt der Helme umgestürzte Wasserkübel aufzusetzen und mit langen Stangen gegeneinander zu rennen. Worin das sogenannte Pfannenstechen bestand, weiß man nicht genau. Nach beendetem Turnier geschah die Ausrufung der Sieger durch die Herolde und die Verteilung des Preises (Dankes) durch eigen dazu gewählte Damen. Diese Danke für die Sieger, etwa drei oder vier an der Zahl, bestanden in kostbaren Waffen, als Helmen, Schwertern, Wehrgehängen, auch goldenen Arm- oder Halsketten, goldenen Ringen, Kränzen, gewappneten Pferden usw. All diese Geschenke wurden entweder auf dem Turnierplatz oder in einem nahgelegenen Haus unter dem Schall der Trompeten und den Freudenrufen des Volkes feierlich übergeben. Der Empfänger hatte überdies noch das Recht, die Übergeberin zu küssen und sie dann zum Tanz zu führen. Außer diesen an die Sieger verteilten Preisen gab es noch andere, wie den sogenannten Zierdank, den der erhielt, der in der besten Rüstung erschienen war, und den Ältestendank für die beim Turnier anwesenden ältesten Ritter. Auch wurden noch während und nach dem Turnier den Rittern einzelne Geschenke von den Damen erteilt oder zugeschickt, um sie zum Kampf zu ermuntern, so Schärpen, Schleier, Armbänder, Haarlocken usw. Besonders war dieses in Frankreich üblich . Nach dem Turnier wurden die Ritter von den Damen entwaffnet, mit prächtigen Kleidern geschmückt und zur Tafel geführt. Die Sieger hatten die vornehmsten Plätze und waren die Vortänzer beim Ball, der dem Turnier folgte.

So wenig im Allgemeinen bei den sogenannten Schimpfturnieren, die zur Kurzweil gehalten wurden, die Kämpfer Schaden nehmen konnten, so geschah es dennoch nicht selten, und oft wurden sogar die Turniere als Gelegenheit benutzt Rache aneinander zu nehmen. Da bedeckten denn mitunter mehrere Tote oder schwer Verwundete den Turnierplatz, wie zu Darmstadt im Jahre 1468, wo siebenzehn fränkische und neun hessische Ritter blieben. Aus diesem Grund und weil sogar Verschwörungen gegen Fürsten beim Turnier zum Ausbruch kamen, eiferten der Papst und die Geistlichkeit, ja selbst weltliche Behörden aufs Heftigste gegen jene Kampfspiele. Innozenz II. verbot im Jahre 1130 die im Turnier Gebliebenen ehrlich zu begraben, und Markgraf Friedrich von Meißen erhielt nicht eher Befreiung vom Bann für seinen Sohn, als bis er dem Erzbischof Wichmann von Magdeburg eidlich gelobt hatte, kein Turnier mehr zu halten. So sehr aber auch diese und ähnliche Hindernisse sich dem Bestehen der Turniere entgegenstellten, so wenig konnten sie das Aufhören derselben bewirken, denn sogar Äbte besuchten die Turniere. Und da zur Zeit des Papstes Innozenz III. viele Ritter wegen ihrer Teilnahme an Turnieren in den Bann getan wurden, weder das Kreuz nahmen noch durch Geldbeiträge die Heereszüge in das Gelobten Land unterstützten, milderte die Kirche wieder das strenge Verbot. Es verschwand aber allmählich unter den Adligen die Lust der Teilnahme an jenen ritterlichen Übungen, da der damit verbundene Aufwand zu groß wurde und überdies die Turniere nach Einführung neuer Kampfarten ihren Nutzen und ihre Bedeutung verloren. Wie fühlbar dieser Aufwand geworden war, beweist die Verordnung des 28. Turniers:

Damit die Armen aus der Ritterschaft mit ihren Frauen, Töchtern und Schwestern und für sich selbst dabei sein könnten und die Turniere wieder aufkämen, sei zwar den Rittern guter Samt und Perlen zu tragen erlaubt, aber sein Güldenstück oder gestickter Samt; den gemeinen Edlen aber, so wie Rittern, nur eine Perlenschnur um den Hut; auch sollten die Frauen nie über vier Röcke haben.

Auf diesem Turnier wurden nach Rügners Turnierbuch 38 abgewiesen , weil ihre Eltern seit fünfzig Jahren nicht turniert, während man auf dem 6. Turnier zu Trier 646 Helme gezählt hatte. Auf dem 30. Turnier aber finden sich wieder 456 Helme mit 3499 Rössern. Eine Turnierverordnung zu Heilbronn im Jahre 1485 bekannt gemacht, befahl, dass jährlich nie mehr als ein Turnier gehalten werden solle. In dem zu Trier vom Jahre 1473 bei der Belehnung des Herzogs Karl von Burgund durch den deutschen Kaiser Friedrich III. rannten Graf Eberhard von Württemberg und Graf Albrecht von Hohenlohe so schön, dass die Burgunder und Niederländer die deutsche Stärke und Mannheit bewunderten. Aber sie verachteten zugleich, wie der Österreichische Ehrenspiegel sagt, jener Grafen schlechten Aufzug.

Die Erfindung des Schießpulvers trug nebst den schon genannten Ursachen wesentlich zum Aufhören der Turniere bei. Das Letzte soll im Jahre 1487 zu Worms gehalten worden sein.

An die Stelle der Turniere traten die in Frankreich erfundenen Karussells, obwohl der Geschmack an jenen sich dort länger erhalten hatte als in irgendeinem anderen Land. Auch wurden dort außer den öffentlichen noch viele Privatturniere gehalten. Die Verbote der Kirche konnten auch in Frankreich nicht bewirken, dass die Turniere aufhörten, und die Begeisterung der Franzosen dafür erkaltete erst, als König Heinrich II. an den Folgen einer gefährlichen Wunde starb, die er in einem im Jahre 1559 gehaltenen Turnier empfangen hatte. Auch in Frankreich, wie in Deutschland, hatte das Aufhören der Turniere den gänzlichen Verfall der Ritterschaft zur Folge.

Von Frankreich aus hatten sich die Turniere auch nach England verbreitet, und zwar im 12. Jahrhundert unter der Regierung des Königs Stephan. Wahrscheinlich dem Pabst zuliebe wurden sie von Heinrich II. in seinem Land verboten und die englischen Ritter begaben sich nach Frankreich, wenn sie turnieren wollten. Erst Richard Löwenherz unterstützte die Turniere und gab eigene Turniergesetze. Doch machte er diese Kampfspiele zugleich zu einer Geldquelle, denn die Teilnehmenden mussten die Erlaubnis nach Rang und Stand ziemlich teuer bezahlen, ein Graf mit zwanzig, ein Baron mit zehn, ein Ritter mit ein bis zwei Mark Silber. Nach Italien kamen die Turniere in der Mitte 12. Jahrhunderts aus Deutschland und fanden an Karl von Anjou, den König beider Sizilien, einen besonderen Beförderer. Auch in den Orient wurden jene Kampfspiele durch Verheiratungen griechischer Fürsten mit abendländischen Prinzessinnen verpflanzt. So turnierten im Jahre 1326 die Savoyer Ritter bei der Vermählung der Tochter des Grafen Amadeus V., Johanna, mit dem griechischen Kaiser Andronikes III. zu Konstantinopel, und seitdem wurden noch oftmals im Morgenland Turniere gehalten.

Am glänzendsten waren sie jedoch immer in Frankreich. Dort ließen unter anderen die drei berühmtesten Ritter ihrer Zeit Boucicaut, de Roye und Sampy im Jahre 1399 öffentlich ausrufen, dass sie sich im folgenden Jahr am 20. März zwischen Calais und Boulogne einfinden und bis zum 20. April daselbst verweilen würden, um jedem Ritter, der sie aufforderte, die Spitze zu bieten. Sie sorgten für alle notwendigen Bedürfnisse, für jede Bequemlichkeit und ließen prächtige Zelte aufschlagen. In der Mitte stand ein Baum, an den jeder der drei Ritter einen Schild des Friedens und einen des Krieges aufhing; neben jeden standen zehn Lanzen, fünf scharfe und fünf stumpfe, und ihre Devisen und Wappen. Auch hing an dem Baum ein Horn, in das jeder Kämpfer nach vorausgegangener Berührung des Schildes stoßen musste. Zu diesem Pas d’armes stellten sich hundertzwanzig Ritter aus England ein; aus Spanien und Deutschland aber kamen nur vierzig. Täglich wurden gegen fünfzig Lanzen gebrochen und viele Ritter gefährlich verwundet, zuletzt auch Boucicaut und de Roye, die neun Tage zu Bett zubringen mussten, während welcher Zeit Sampy allein ihre Stelle vertrat. Auch er wurde verwundet, und nun traten jene wieder auf, und so ging es fort bis auf die drei letzten Tage, die freundschaftlich unter munteren Zechgelagen verlebt wurden. Die drei Helden wurden als die Blüte des Adels von Kriegern, Rittern und Damen begrüßt und gaben den Überwundenen Rosse und Waffen zurück, und zum Andenken noch Geschenke.

Ein ähnliches Fest gab bald danach der ritterliche König von Anjou, René, bei Saumur zu Ehren seiner Geliebten Laval, der Königin des Turniers. Das Fest dauerte vierzig Tage und blieb lange berühmt durch die außerordentliche Pracht und Verschwendung: Jeder Überwundene musste einen Diamant oder Rubin geben. 51 Diamanten und 36 Rubine wurden unter die Damen verteilt. Der Hauptdank des Königs war ein herrlicher Streithengst und ein goldenes, mit Edelsteinen geschmücktes Schatzkästlein.